Sozialdemokrat

Sentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republi Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh

-

Redaktion und Verwaltung: Brag XII., Fochova 62 Telephon 53077 Herausgeber: Siegfried Taub- Berantwortlicher Redakteur: Rarl Rern, Prag  

17. Jahrgang

Die nationalen

Verhandlungen

Heute mittags begeben sich die drei deutschen  Minister, die Dbmänner der parlamentart schen Klubs der deutschen   Regierungsparteien und die drei sogenannten jungaktivistischen Boli tiker zum Ministerpräsidenten ins Kolowrat Balais, um ein Memorandum zu überreichen, welches einige dringende Forderungen der deut. fchen Koalitionsparteien im Hinblick auf die natio­nalen Verhältnisse enthält. Von der deutschen  fozialdemokratischen Partei nehmen an der Vor Sprache Minister Dr. Czech und die Abgeord= neten Taub, de Witte und Jaffch teil.

Mit dem heutigen Tage also werden die nationalen Verhandlungen eröffnet, über die seit Wochen gesprochen wird. Es handelt sich hiebei darum, eine wirkliche nationale Befriedung burchzuführen, einen Rustand zu schaffen, der in ben deutschen   Bürgern dieses Staates das Gefühl wirklicher Gleichberechtigung herbeiführen soll.

Die deutschen   Regierungsparteien haben Hiebei das Ziel, der Formel Gleiche unter Glei­chen Leben zu verleihen und solche Verhältnisse herbeizuführen, daß der Deutsche   in dem Staat nicht etwas fremdes spüre, das ihm oft durch wegs in Gestalt andersnationaler Staatsorgane entgegentritt, sondern daß er mitregiere und mitverwalte. Die fahtvere Krife der Wirt­beutschen Gebietes eine Katastrophe war, hat uns gezeigt, welch mächtigen Einfluß der Staat auf die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt ausübt und daß eine Benachteiligung des deutschen   Elemente Hunger und Verstpeiflung für tausende braver, arbeitsamer deutscher  , Menschen bedeuten kann.

Es find also wichtige wirtschaftliche, national politische und Kulturinteressen, um die es geht, und es ist im Inte: cffe der Demofratie und des nationalen Friedens, daß die Besprechungen des Ministerpräsidenten mit den deutschen   Vertretern zu einem positiven Resultat führen. Das würde die Demokratie im deutschen   Volke befestigen und für alle realpolitischen, ehrlichen, arbeitswilligen aufbauenden Elemente des Sudetendeutsch­

tuns eine Stärkung sein. Bon ber Ginſicht ber

Mittwoch, 27. Jänner 1937

Einzelprets 70 Heller( einschließl. 5 Heller Porto)

Aus dem Inhalt:

Was wird nach dem spanischen Krieg?

Die Sintflut am Ohio

53 Tote

einer Grubenkatastrophe

Nr. 23

Das Rätsel um den Tod Nawaschins Gärendes Japan  

"

dern enthüllte und systematisch anprangerte und daß er ein offener Feind des deutschen   National sozialismus war. Der fozialistische Bopulaire" ftellt in ciner fetten Ueberschrift die Frage, ob Nawafchin nicht das Opfer der deutschen   geheimen. Stantspolizei fei.

GPU oder Gestapo   als Mörder Paris  . Die Ursachen der Ermordung bes russischen Schriftstellers und Journalisten Dimi trij Nawaschin bleiben noch ungeklärt und die Polizei ist bei ihren Untersuchungen noch auf fei­ner bestimmten Spur. Die Polizei scheint über zeugt zu sein, daß es sich um einen politi fchen Mord handelt, doch wurde bisher nicht festgestellt, welcher politischen Gruppe oder Partei der Ermordete angehörte.

Einige hervorragende französische politische Persönlichkeiten, mit denen Nawaschin regelmäßige freundschaftliche Beziehungen unterhielt, so z. B. Minister für Volkswirtschaft Spinaffe, wel cher eben Montag mit ihm zu Mittag essen sollte. die ehemaligen Minister de Monzie und Paul Reynaud  , der Direktor des Blattes La Ne publique" Emil Roche und andere würdigen durchwegs die hervorragenden wissenschaftlichen Kenntnisse Nawaschins und nehmen gleichfalls cinen politischen Mord an,

In ruffischen Emigrantenkreisen und in der Pariser nationalistischen Bresse ist man der Ueber­zeugung, daß Nawaschin von der GPU( der fowjetruffifchen beseitig

Geheimpolizei)

Das gleiche Blatt schreibt, daß Nawafchin und feine Mitarbeiter vor zwei Jahren sehr wich tige Nachrichten über die militärischen Vorberet tungen Deutschlands   erhalten haben. Kurz dar auf fei einer der Mitarbeiter Nawafchins unter sehr geheimnisvollen Umständen ermordet wor­ben.

Der Gerichtsarzt fonstatierte nach der Ob duktion des Leichnams Dimitrij Nawafchins, da diefer nicht durch Revolverschiffe, fondern durch einen Dolch st i ch oder durch den Stich mit einem anderen scharfen Gegenstand ermordet wurde.

Die nach den Urfachen der Ermordung Nawa fchins forschende Polizei schließt außer der Mög­lichkeit eines politischen Mortes auch einen Mord aus persönlichen Beweggründen oder einen Nache akt nicht aus. Es murde festgestellt, daß Nawa­fchin, der ehemalige Bankdirektor, auch Gelber worden ist. Nawafchin, ein ehemaliger Fühlich, die er oft erst durch Drohungen wieder her­rer der Sowjets, trennte sich von ihnen und unter- einbringen konnte. Es ist deshalb nicht ausge­fich um hier Bewegung, darunter auch einigen, die foben in Moskau   vor Gericht stehen, sondern auch it fort­schrittlichen Mitgliedern der ruffifchen Emigration freundschaftliche Beziehungen.

Andere machen aufmerksam, daß Nawafchin die acheime nationalsozialistische Bropaganda in Bußland. Bolen. Defterreich und in anderen Läns

folgten Schuldners oder eines ehemaligen Ange stellten der Bank, in der er Direktor war, aber vielleicht um einen ruffifchen Flüchtling handelt Die Polizei forscht deshalb nach allen Einzelhei ten in den Dokumenten des Ermordeten. Die Vermutung eines volitischen Mordes bleiht jedoch auch weiterhin als die wahrscheinlichste aufrecht.

Ist Frankreichs   Armee gerüstet?

Debatte In der Pariser Kammer

Kammer

mittags die Interpellationen über bie 2 at to milfe eine ſtarte Armee befiken. Die Reſtrebuit tschechischen Parteien hängt also nicht wenig ab. n al verteidigung aufgenommen. Die gen der Regierung und des Parlamentes müssen Amtlich wird über die Vorsprache gemeldet: Interpellationen, welche sehr ruhig und fachlich alles Versäumte schnell nachholen und alles fin find, haben einen technischen, man lann sagen, faſt einen ordnungsmäßigen Ausbau einer starken Der Vorsitzende der Regierung Dr Milan akademischen Charakter. Armee aufwenden. Die Regierung miiffe alle mos Hodža wird Mittwoch den Besuch von Vertreter Der Deputierte der linken Mitte J a cquis dernen Errungenschaften auf allen Gebieten in der deutschen   Regierungsparteien empfangen, bir not bedauert, daß die Meinung vorherrschend ist, militärischer, flugtechnischer und marinetechnischen ihm einen gemeinsam redigierten Entwurf als daß die französische   Armee ständig defensiv Sinsicht unterſtüßen. fachliche Grundlige für Besprechungen über die und paffib und ungenügender­Regelung einiger Fragen der Minderheitenpolitil maßen attiv sei. Er ist der Ansicht, daß das überreichen werden. Der Borsißende der Regie­rung wird dieses Elaborat einem Studium unter gegenwärtige Befestigungssystem zwar Frankreich  )

Als Rennaub die Bassivität kritisierte. mit welcher Frankreich   den deutschen   Schritt vom 7: März vergangenen Jahres 8.( Befehung der

( G. B.) In dem Augenblicke, da diese Reis len geschrieben werden, ist es noch unbekannt, welche Lösung die japanische Regierungsfrise fins den wird. Eins ist aber klar: Die dritte Bea a m tenregierung, die Japan   seit dem 15. Mai 1982, an dem der Ministerpräsident Inukai ermordet wurde, erlebt, die Regierung Sirota- Arita Baba Terauchi, ist nicht langlebiger gewesen als ihre Vorgängerinnen. Der leßte Grund für die Kurzlebigkeit der japa nischen Beamtenregierungen ist darin zu suchen, daß sie auf dem Grundsaß der vollkommenen ge genseitigen Paralysierung aller maßgebenden nationalen Kräfte aufgebaut sind. An der Regierung Hirota waren auch die beiden alten Parteien beteiligt, aber diese Beteiligung gab der Regierung feineswegs einen parlamen tarischen Anstrich. Ganz im Gegenteil, die Teil nahme der Führer der beiden Parteien, die in der legten Zeit einander besonders scharf befehdeten, nahm dem Parlament jede Bedeutung. schaltete es vollkommen von jeder Kontrolle aus. Das flass fische Schaufelspiel zwischen der Regierung und der Opposition, das man England abgeguck, Au haben sich rühmte. das Ablösen der einen Bars teiregierung durch die andere, das als ein be stimmter Hemmschuh für die Willkür und Korups tion angesehen wurde, hörte auf. Das war der ſtand darin, daß die zivile Bürokratie durch die militärische und umgekehrt, vollkommen gehemmt wurde. Im modernen Japan   ist die Armee wie die Marine feit je von der Regierung grundsäßlich unabhängig. Aber die Bildung einer parlamentas rischen Regierung war stets von den beiden Kla

nen der Armee und Marine abhamelen,

weil ja die beiden Wehrminister

Krei

fen stammen mußten. So war es den mächtigen militärischen Aliquen in die Hand gegeben, jede nicht genehme Regierungsbildung zu verhindern oder jedenfalls jede unbequeme Regierung in jedem gegebenen Augenblick zu stürzen.

Im Grunde genommen ist die Regierung

Sirota weber eine parlamentarische noch eine Bes

beider, ein Instrument, das vor allem dem A 11 3= gleich der widerstrebenden Interessen der mäch tigen Kliquen dienen sollte. So ist der Finanz­minister Baba, ebenso wie sein während des Putsches vom 26. Feber ermordeter Vorgänger, der Vertreter der einflußreichen Banffreife getvesen, die in der Betvilligung der uferloren finanziellen Anforderungen der militäriiden Kliquen den Ruin der Volkswirtschaft erblickten. Graf Terauch i, der Kriegsminister, ist jedoch die alle Voltskräfte in den Dienst einer größen­wahnsinnigen Außenpolitik stellen wollen. Die Diplomaten Sirota und Arita versuchen eine Vers mittlung zwischen den beiden Extremen, diese Mittellinie" fann jedoch nur Untätigkeit be deuten.

ziehen und dann über den weiteren Fortgang der bor   einem plößlichen Angriff schüßen könne, jedoch Rheinzone durch Deutschland  ) aufnahm, meldet das Sprachrohr gerade jener militärischen Streife,

Verhandlungen entscheiben.

Nachtangriff vor Madrid  abgeschlagen

Madrid  . Der Ausschuß für die Verteidi­gung Madrids   gab Dienstag mittags folgenden Bericht aus:

Nach heftiger Artillerievorbereitung unter­nahmen die Aufständischen in der vergangenen Nacht einen Angriff auf die Stellungen der Regie­rungstruppen im Abschnitt von El Pardo nord­westlich von Madrid  . Nach heftigem Kampfe wurde ber Angriff abgefölagen.

Justizminister fordert mächtige Revolutionsarmee Juſtizminister

Olivier Garcia forderte im Rundfunk von Barcelona   zur Bildung einer mächtigen Voltsarmee auf. Er erklärte u. a.: Ich war und bleibe ein Antimilitarist. Ich muß aber heute, im Sirblick auf die bedroklice Sa'. tung Deutschlands   und Italiens   und im Hinblic auf das feige Verhalten der demokratischen Läns der erklären, daß die Unabhängigkeit des ſpani schen Proletariats nur durch ein unabhängiges Spanien   garantiert werden fann.. Dieses unab händige Spanien   fann nur durch die Bildung einer machtigen Revolution 3. arme e garantiert werden." Sierauf wandte sich der Minister in seinem Aufruf an die Milizios näre, die er zu einer gemeinsamen Aktion auf­fordert, um so die Mechte zu sichern, die das Pro Tetariat errungen hat.

feine Offensivmöglichkeit biete. Reßteres fönne durch eine systematische Motorisies rung der Armes erzielt werden, die immer noch unzureichend fei.

Der Führer der Rechten, der ehemalige Mi­nister Louis Marin   fordert die Vereinigung der drei Ministerien für Nationalberteidigung, Marine und Flugtvesen und empfiehlt eine einheit liche Führung.

fich der ehemalige Ministerpräsident Flan bin au Wort. Er machte darauf aufmerksam, daß Frankreich   nicht der alleinige Signatar der Lo. carnoverträge war und daher in diese Angelegen heit nicht für sich allein handeln konnte Deshalh vorhalten. tönne man nicht nur Frankreich   allein Paffivität

Itallen über die Blum- Rede verstimmt

Die Militärfreise, die zweifellos von deutscher   Seite beeinflußt werden. entwideln eine hemmungslose Demagogie, indem sie sie Der unabhängige Deputierte der Mitte Durchseßung der wahnsinnigen Miiis Montigny stellt die Frage, auf welche Weise Rom  . Der Havas- Berichterstatter meldet tärforderungen mit raditalen Refouren das Kriegsministerium auf die ungeheueren Müs   aus Nom  , die italienischen politischen Kreis auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet vers stungen Deutschlands   antworten werde. Er er fonstatieren mit einer gewiffen Verwunderung. fnüpfen zu wollen vorgeben Das Ziel ist die Be lärt. Frankreich   müsse bereit sein. jeder Upher- daß Ministerpräsident Léon Blum   in feiner feitigung jedes Einflusses des Parlaments und der rafchung die Stirne bieten zu lönnen. Der Med Phoner Rede die französisch- italienischen Be- Parteien auf die Gestaltung der Außen, womög ner würde wünschen, daß das französische   Pars ziehungen überhaupt nicht erwähntlich auch der Innespolitik, vor allem die Beiei Tament innerhalb von drei oder vier Wochen ein hat. Infolgedeffen fönne teine italienische Reaks tigung des Budgetbewilligungsa Sonderstatut für den Krieg 3tion auf diese Rede erwartet werden, da biefe rechte 3. Es ist jedoch sehr fraglich, ob die Milis fall annehme. Rede nur geringes Interesse hervorgerufen habe tärkliquen, falls ihnen die Machtergreifung ges Der Führer der Mitte, der ehemalige Mini- und nichts an der gegenwärtigen Lare änderte. lingen   sollte, tatsächlich geneigt wären, nun etwa zu einer hemmungslosen Außenpolitit, die in einen großen Krieg münden sollte, überzugehen. Vielmehr ist in diesem Falle eine in hohem Grade opportunistische Außenpolitik zu erwarten. Die militärischen Kliquen sind übrigens untereinander uneinig, die Reibungen zwischen dem Kriegs­ministerium und der Generalität sind in der leß ten Zeit feineswegs geringer geworden. Entlas fungen und Verseßungen der Offiziere werden non Terauchi in einem bisher noch unbekannten Um­fange betrieben. Terauchi felbst ist wegen feines Opportunismus in den Offizierskreisen sehr un­beliebt.

Amerika   rechnet dauernd

mit 5 Millionen Arbeitslosen

Washington  . Der Kreditausschuß des Repräs Hopkins sieht bei dem jeßigen Stand der fentationshauses. forderte einen Zusabkredit von amerikanischen   Wirtschaft unvermeidliche periodi 790 Millionen Dollar für die Arbeitslosenhilfe sche Krisen voraus. Für das Jahr 1987 nimmt bis 80. Juni an. Sopkins eine Arbeitslosenzahl von etwa bis Nach einem Bericht des Direktors ber staat­tha 6,5 bis lichen Administrative Hopkins wird auch in Bu- 7.5 Millionen an. Die amerikanische   Industries Alle maßgebenden Kreise haben Angst vor tunft bei günstiger Konjunttur mit einer erzeugung müßte nach Soptine im Jahre 1937 einer wirtlichen Entscheidung. Des ständigen Arbeitslosenzahl von etwa fünf gegenüber dem Vorjahre um 45 Prozent steigen. halb ist eine Lösung auf einer Mittellinie das Millionen zu rechnen sein Diefe Riffer damit die Zahl der Arbeitslosen auf den Stand wahrscheinlichste. In diesem Zusammenhange bebeute ein Minimum und werde durch vom Jahre 1929, d. i. auf 1,8 Millionen, zurüd- tauchte wieder der Name des Prinzen Fumimaro febe Wirtschaftskrise eine Erhöhung erfahren. gehe. Konoyé, des Präsidenten des Oberhauses, auf.