Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republil

Erscheint mit Ausnahme bes Montag täglich früh

Einzelprets 70 Heller( einschließt. 5 Heller Porto)

Aus dem Inhalt:

Zuckerverbilligung auch

vom Ausschussplenum einstimmig befürwortet

3500 Eisenbahnunfälle auf Trotzkis Konto

Kabinettskrise in Belgien

Redaktion und Verwaltung: Prag XII., Fochova 62

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Telephon 53077 Herausgeber: Siegfried Taub

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Verantwortlicher Redakteur: Rarl Rern, Prag

17. Jahrgang

Abermals erfolglose

Angriffe Francos

Madrid. Der Ausschuß für die Vertci. bigung Madrids veröffentlichte Mittwoch nach­mittags folgenden Bericht über die vor vier Ta­gen begonnenen Kämpfe um Aranivez.

Die Regierungsabteilungen haben dem An­griff der Aufständischen viele Stunden standge­halten, worauf sie selbst am linken Flügel des Feindes zum Gegenangriff übergin­gen. Sie zwangen den Feind, um einige Kilo­meter zurückzuweichen. An den übrigen Fronten herrschte Ruhe.

Meldungen aus Gijon zufolge entfalten die bei Oviedo operierenden Regierungsabtei­lungen einen erhöhten Druck. Ihre Artillerie, die in Stellungen placiert ist, von denen aus sie die Gegend beherrscht, beschießt die Gebäude, in wel= chen die Aufständischen konzentriert sind.

Die Aufständischen verlagern nunmehr die Front von Madrid in der Richtung zum Mittel­ meer und üben hauptsächlich zwischen Jaén und Malaga einen Drud aus. Es ist zweifellos die Absicht General Francos, Jaén vom Süden und Malaga vom Norden her zu umzingeln und so den Fall dieser beiden bedeutsamen Städte her­beizuführen. Die Regierungsabteilungen fehen fich hartnäckig zur Wehr und unternehmen an einigen Frontabschnitten auch Gegenan= griffe, so insbesondere bei Poreuna im West­teile der Provinz Jaén .

Bet den lebten Hausdurchsuchungen in der Wohnung des Antonio Primo de Rivero, des Führers der ehemaligen spanischen Phalange, wurde hinter einem großen Velasquezbild ein Naum voll von Waffen und Dokumenten auf­gedeckt, die die Teilnahme Antonio Primo de Niveras an dem spanischen Aufstand beweisen.

Wer hat Nawaschin

ermordet?

Paris.( Tsh. P. B.) Die Untersuchung des Mordes an Dimitrij Nawaschin hat keine Fortschritte gemacht. Die Polizei verhört verschie­

dene Personen, hauptsächlich aus den Reihen der

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russischen Emigration aller Abstufungen bis zu den Trotzkisten. Die Mehrheit der Mitglieder der ruffischen Kolonie und der Emigrantenpresse in Paris neigt der Ansicht zu, daß Nawaschin von sowjetischen Polizeiagenten beseitigt worden ist. Demgegenüber behaupten die Organe der Linken, daß Nawaschin niemals seine Beziehungen mit den Sowjets abgebrochen habe. Der Sohn Trotz­fis, der in Paris unter dem Namen Sedlow als Student lebt, erklärte beim Polizeiverhör, daß er Nawaschin nicht gekannt habe, und daß auch sein Vater mit ihm keine Beziehungen unterhielt. Der sozialistische Populaire" betont neuer­lich die systematische Agitation Nawaschins ge= gen den Hitlerismus. Das Blatt erklärt das 2a= waschin an der Spitze des Ausschusses zur Vertei­digung der Rechte der Ifraeliten in Mittel- und Ostenpropa gestanden habe und daß dieser Aus­schuß hauptsächlich der systematischen Hitlerpropa­ganda in den Staaten Mittel- und Osteuropas entgegengetreten sei. Nach den Aussagen einiger Beugen waren in der letzten Woche an Nawaschin Zeichen bedeutender Besorgnis zu erkennen. Des­halb forscht die Polizei unter den Berfonen, mit denen der Ermordete in feinen letzten Tagen ver­fehrte oder forrespondierte.

An politischen Stellen hegt man bereits Zweifel, ob der Mörder wird ergriffen werden tünnen, es wäre denn, daß irgendeine unvor­hergesehene Wendung eintritt. Diese Stellen sind der Meinung, daß es sich um einen wohlvorberei­teten Mord handelt, wobei alle Maßnahmen ge­troffen wurden, um eine Ergreifung des Täters zu verhindern.

Oesterreichisch - deutscher

Handelsvertrag

Wien . Der neue österreichisch - deutsche Han­delsvertrag wurde Mittwoch nachmittags im Bundeskanzleramte unterzeichnet. Für Desterreich unterzeichnete ihn der Staatssekretär Dr. Schmidt, für Deutschland Botschafter von Pa pe n.

Donnerstag, 28. Jänner 1937

Ein historischer Tag

Nr. 24

Feierliche Uebergabe des deutschen Memorandums

Dr. Hodža: Der Erfolg der Aktion gesichert" Prag . Mittwoch, 27. Jänner d. 3. erfolgte im Ministerratspräsidium die feierliche Ueberreichung der Denkschrift, die die nationalpolitischen An­träge der deutschen Koalitionsparteien enthält.

An der Vorsprache beim Ministerpräsidenten nahmen die Minister Dr. Czech, Dr. Spina und 3ajiček und

für die Deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei die Abgeordneten de Witte, Jaksch und Taub,

für die Deutsche christlichsoziale Volkspartei der Vorsitzende Stolberg und die Abg. Dr. Luschka und Schütz,

teil.

für den Bund der Landwirte der Vorsitzende Hacker und Abg. Zierhut

Punkt 1 hr mittags sprach die Delegation beim Ministerpräsidenten vor. Die Vorsprache nahm folgenden Verlauf:

Als erster ergriff Minister Dr. Czech

3u folgenden Ausführungen das Wort:

,, Namens der drei Minister und im Einver­nehmen mit den drei deutschen Koalitionspar teien übereiche ich die von ihnen gemeinsam er­arbeiteten nationalpolitischen Anträge. Wir

überzeugt, daß damit eine bebeu­tungsvolle, historische inner­politische Wende beginnt, wie sie von Millionen unserer Staatsbürger heiß erfehnt wird.

Das wünschen wir, sehr geehrter Heri Ministerpräsident, dem tschechischen Volke, dem

Am gestrigen Tage, dem 27. Jänner 1937, hat sich ein für die Innenpolitik dieses Staates und die künftige politische Entwicklung der Repu­ blik bedeutsames Ereignis vollzogen: Vertreter der drei deutschen Regierungsparteien haben dem Ministerpräsidenten ein Memorandum überreicht, welches einige nationale Forderungen enthält, von deren Erfüllung die Ueberreicher ein besseres Ver­hältnis der Deutschen zur führenden Staats­nation, eine Besserung der sozialen Lage des Su­detendeutschtums und die Verwirklichung des Grundsatzes von den Deutschen als der zweiten Staatsnation erhoffen. Wir wollen heute keinen übermäßigen Optimismus predigen: die Erfah rung hat uns in den letzten Jahren gelehrt, daß blindes Hoffen leichtfertig und darum verderblich ist, daß man die realen Tatsachen niemals über­sehen darf. Aber die tapferen Worte des Minister­präsidenten Dr. Hodža der sich da anschickt, eine geschichtliche Prüfung seines staatsmännischen Sönnens abzulegen. werde und müsse, zeigen, daß die Voraussetzungen daß das Werk gelingen günstig sind für den Beginn einer neuen Aera der tschechoslowakischen Innenpolitik.

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wollen fie mit einigen knappen Sägen einbebeutschen Bolle, Ohnen, aber auch uns, die wir zuberſicht getan wird

gleiten.

Das erste Wort gilt der Feststellung, daß bie Initiative zu diesen Verhandlungen vom Präsidenten der Republik und Ihnen, sehr ge­ehrter Herr Ministerpräsident, ausgeht. Das gibt einen guten Ausblick. Das läßt einen gün­stigen Verlauf der Verhandlungen erhoffen. Die Verhandlungen stehen in einem guten Beichen:

mit Freude dabei am Werke find. Das geben wir unseren Anträgen als Ge­leit auf den Weg."

Minister Dr. Spina und Abg. Dr. Luschka

verwiefen als Klubobmänner auf die große Be­deutung des Werkes und die Erwartungen, die im fudetendeutschen Volke daran geknüpft wer­

-ONZOO

Wem fällt das Verdienst zu an dem Schritt, der da von beiden Seiten mit Entschlossenheit und hen Volt vor allem zwei Män= nern: dem Präsidenten der Republik und dem Ministerpräsidenten. Der Präsident hat sowohl als seinerzeitiger Außenminister als auch später als demokratisches Staatsoberhaupt die Bedeu­tung des Verhältnisses von Tschechen und Deut­ schen voll anerkannt. Er ist unter die Deutschen gegangen und hat ihnen vorgetragen und mit ihnen gesprochen und er hat im Geiste semes großen Vorgängers seine politische und mora lische Autorität dazu benüßt, im tschechischen Volk für das Verständnis des deutschen Problems zu werben. Er hat in Reichenberg im vergangenen

Vor allem im Zeichen der trotz aller ideologischen Gegensätze der deutschen Parteien den. ohne alle Schwierigkeiten erarbeiteten Verstän Sie erklärten die Einsatzbereitschaft der bigung über diese Anträge. Dann aber auch deutschen Parteien für die vom Ministerpräsiden- Sommer geradezu feierlich seinen Willen kundge­Zeichen des erfreulichen Umten eingeleitete und von deutschen Koalitionspartan, der in der Verfassung verheißenen nationalen hinge§, der sich hinsichtlich der natio- teien vorbehaltlos aufgegriffene Befriedungs- Gleichberechtigung Blut und Leben zu verleihen.

Sie appellierten an die Großzügigkeit und Autorität des Ministerpräsidenten, die demotra tifche Verständigungsaktion zwischen den tschechi fchen und deutschen Koalitionsparteien, der histo­rifche und internationale Bedeutung zukommt. sum gedeihlichen Abschlusse zu führen.

Er hat durch seine grundsätzliche demokratische Einstellung die demokratische Lösung der nationa­len Frage, die eine soziale Frage der deutschen Bevölkerung ist, in die Wege geleitet. Ein glüd­licher Zufall ist es auch, daß Beneš einen Mini­sterpräsidenten gefunden hat, der nicht ein All­tagspolitiker, sondern ein weitblickender Gestal­ter ist, der versteht, was die Befriedung des Su­detendeutschtums für den Staat bedeutet, der Mut hat, das zu tun, was für die Gesamtheit von Vor­teil ist und der auch Initiative hat. Daß sich Dot­

nalpolitischen Befriedung unseres Staates in- aftion. nerhalb des tschechischen Volkes vollzogen hat. Wir gehen mit dem Bewußtsein in die Ber­handlung, daß die Deutschen ein Staatsvolk sind. Daraus ergibt sich dann ihre gleiche rechtliche Stellung im Staate. Was wir wollen, das ist die Verständi gung der Wölfer auf demokra= tischer Grundlage, mit demokra­tischen Methoden und im demokra tifchen Geist c, der sich in der Person unseres ersten Präsidenten Thomas G. Ma- antwortete im Wesen auf die vorstehenden Aus- tor Hodža so hinter das Werk stellt, wie er es in faryt und des jetzigen Präsidenten der Repu­ blik Dr. Eduard Benes so herrlich ver­förpert.

Bei der Verfassung unferer Anträge sind wir vor allem von den brennenden wirtschaftlichen und nationa politifden Notwendigkeiten unferes Voltes ausgegangen und haben auch jene Probleme nicht außer acht gelaffen, die sich aus dem Zusammenleben der Wölfer dieses Staates von selbst ergeben.

Es wird nun die Sache der Ber. handlun ngen fein, bas, was wir an Grundsätzlichem in unseren Anträgen ausge­sprochen haben, zu prüfen, zu analysieren, durch tonkrete Entscheidungen aufzufüllen und zu verwirklichen.

Bielfach handelt es sich in unseren Anträ gen nur darum, an das Bestehende anzuknüp­fen ober, was bereits im Werden ist, zu unter­mauern und ihm auch ein gesichertes finanziel les Fundament zu geben. Dies gilt insbeson­bere von den Fragen der

genborganifation, bles sit Ja

gilt aber

ganz besonders von den fo brennenden Fragen der Wirtschaft, bei denen wir mit dem vollen Einverständnis aller Teile rechnen zu fönnen glauben.

Der Vorsitzende der Regierung Dr. Milan Hodža

führungen folgendes:

Die Tschechoslowakische Republik ist fä­hig, ihre Minderheitsprobleme auch in jenen Abschnitten der öffentlichen Verwaltung zu re­geln, in denen dies bisher nicht erfolgt ist.

Ich übernehme daher Ihre Dantschrift in bem Bewußtsein, daß wir damit eine für den Staat und für das deutsche Voll der Republik überaus wichtige Aktion ein. Teiten.

seiner Antwort auf die Ansprachen der aktivisti­schen Politiker getan hat, bedeutet eine nicht zu unterschäßende Hilfe für die große Aufgabe, an welche die drei deutschen Regierungsparteien her­angetreten sind.

Die deutschen Aktivisten sind es auf der deut­schen Verhandlungsseite, welche heute mit Stolz und Genugtuung auf das begonnene große Werk hinweisen können. Seit Jahren haben sie allen Eifer und alle Zähigkeit darangeseßt, um im tschechischen Volke und bei den tschechischen Poli­tikern das Verstehen der schwierigen sozialen und nationalen Lage der großen deutschen Minderheit Soweit sich schon jetzt konstatieren läßt. wachzurufen. Es hat Augenblicke gegeben, in geht die Denkschrift in ihren Forderungen von denen manche von uns kleinmütig geworden sind der jetzigen Gesetzgebung aus. Damit ist und geglaubt haben, es werde niemals gelingen, der Erfolg der Aktion gesi- die Tschechen von dem schweren Schicksal zu über­chert, denn wir können der konstruktiven zeugen, das unserem Volte insbesondere in den letzten Jahren geworden ist. Wie viele Konferen= Minderheitspolitik teine festere Grundlage ge- zen haben die Sozialdemokratie und die Gewerf­ben, als es bie 18 es die Verfaffung der Tschechoslowakischaften veranstaltet, in dem wir das Leid und das schen Republik ist. Wenn Sie also die Minder­heitenforderungen auf diese Grundlage stellen, will ich sie zum Gegenstand der Verhandlung an allen zuständigen Stellen machen!

Der Ministerpräsident verabschiedete sich so­dann von der Delegation mit den Worten: Seien Sie überzeugt, meine Herren, daß die Gelingt dann das nunmehr in die Wege Sache nicht scheitern wird und geleitete Berständigungswert, dann sind wir nicht scheitern darf!"

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Elend unserer Menschen mit aller Eindringlichkeit geschildert und dennoch geglaubt haben, wir seien daß keinerlei ernste politische Arbeit umsonst ge Prediger in der Wüste. Aber es zeigt sich auch hier, tan ist und daß oft nach Jahren des Wartens und Hoffens doch der Tag kommt, an dem der Baum, den man gepflanzt, gehegt und gepflegt hat, die Blüten zeigt, aus denen die Frucht er­

wachsen wird.

Es sei auch einmal ausgesprochen, daß es in allen Kreisen des Sudetendeutschtums, die nicht