Nr. 144.
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Jollen dat dit 16. Jahrg.
Vorwärts
Berliner Volksblatt.
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Redaktion: SW. 19, Benth- Straße 2.
Freitag, den 23. Juni 1899.
Das Zuchthausgesetz vor den Schranken Preußisch- Deutschland Regierungspolitik und höchste Regierungs
des Reichstags.
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IV.
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Und die deutsche Reichsregierung beansprucht Autorität im Innern und Achtung na ch Außen!
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
ist das Streifpoftenstehen und überhaupt eine Ueberwachung zu den in den§§ 1, 2 bezeichneten Zwecken schon an sich ein unzulässiges Kampfmittel."
mit dem Volt, sondern wider das Volt regieren ist in funst. Und so werden denn die Männer, welche in dieser biertägigen Debatte die Opfer ihres Zuchthausgesetzes geworden Herr Nieberding hat also seine Unschuld an dem Entwurfe durch sind, und vor der ganzen Welt, vor allem vor dem deutschen seine Unkenntnis glänzend bewiesen und damit sei ihm seine VerVolt ihre völlige Unkenntnis, das sociale Problem zu ertretung der Spottgeburt vergeben. Wenn er es ein Schlagwort fassen und es politisch zu behandeln, aufs augenfälligste genannte, daß man die Vorlage als Ausnahmegesez bezeichne, es sei zeigt haben, im Amt bleiben. one toprak formal fein Ausnahmegesez, so fämpft er gegen eine Behauptung, die niemand gemacht hat. Die Vorlage ist weit schlimmer als ein formales Ausnahmegesetz, es wirkt in der Pragis als ein Ausnahmegesetz unter der perfiden Vorspiegelung gleichen Rechts. Und diese Wirkung, daß lediglich die Arbeiter durch das Gesetz getroffen werden, hat auch Herr Nieberding heute wieder mit erquickender Offenheit ausgesprochen. Geist der Vorlage hat er doch ergründet, wenn er auch ihren Wortlaut nicht kennt. Nachdem der Staatssekretär sich noch ein paar juristische Einwendungen gegen Aeußerungen nebensächlicher Natur abgequält, segte sich dieser Officialverteidiger, der das Studium des Entwurfs mit Fleiß unterlassen, weil er wohl einsah, daß er bei genauer Kenntnis ihn überhaupt nicht mehr zu verteidigen vermöchte.
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Dent
Vier Tage um einen Kadaver totzuschlagen das ist wirklich viel. Angenehme Arbeit war es nicht, aber sie war notwendig und darum nüzliche Arbeit. Der vierte Tag war vergleichsweise ruhig wie der römische Cirkus ruhig war, wenn der Kampf vorüber und nur noch Sterbende und Leichen den Boden bedeckten. Von Kampf konnte nicht mehr die Rede sein. Der zweite Redner der Socialdemokratie, Heine, fand nur noch einen Kadaver. Und das Zuchthausgesetz war nicht der einzige Leichnam. So fiel unserem Genossen die Aufgabe des Todtenrichters zu: er faßte noch alle Anklagen zusammen, und die Anklagen waren so Der vierte Tag der Zuchthausdebatte brachte zunächst eine Entschwer, und die Thatsachen, die er zu ihrer Begründung vor- täuschung: Graf Bofadowsky las nicht die von ihm telegraphisch brachte, so wuchtig, daß sie sich über dem häßlichen Leichnam eingeforderte Auskunft über die terroristischen Schulkinder- Greuel vor, so wie ein Berg auftürmten ähnlich den Steingrabhügeln der sich in einer norddeutschen Stadt zugetragen haben. Er hat also die alten Kelten. Die Regierung gab den Leichnam auch preis. schönen Staatsgelder für die Telegramme umsonst verthan. Dafür Sie führte nur noch ein Rückzugsgefecht, anstandshalber, um aber bewies der Herr Graf den guten Geschmack, die zweistündige Rede Der fächsische Bundesbevollmächtigte Fischer war dann so den Schein einigermaßen zu wahren. Allein auch das Rückzugs- unseres Genossen Heine, mit der die Verhandlung begann, mit der ges liebenswürdig, dem Rechtsanwalt Heine ins Garn zu gehen. gefecht führte sie schlecht- ebenso schlecht wie das Hauptgefecht. spanntesten Aufmerksamkeit von Anfang bis zu Ende zu begleiten. Heine hatte gelegentlich, aus besonderen Gründen, behauptet, die ReHerrn Nieberding sah man es noch mehr als am zweiten Das war unstreitig der beste Einfall, den Graf Posadowsky während dacteure des königlichen, Dresdner Journals" seien Beamte. Mit großer Tage an, daß er an seiner Aufgabe keine Freude hatte und der vier schweren Tage gehabt hat. Und als Heine geendigt, hatte der Emphase erklärte Fischer; ein ahmungsloses Opfer des Advokatennur widerwillig eine peinliche Pflicht erfüllte. Herr Woedtte, Herr Staatssekretär sich offensichtlich völlig überzeugt, daß die Vor- geschicks, Heine sei miserabel unterrichtet die Redacteure des Direktor im Reichsamt des Innern, war in keiner besseren lage, die er aus staatsrechtlichem Zwang vertreten zu müssen glaubte, amtlichen Blattes seien teine Beamten. Nebenbei stellte sich Herr Verfassung als Herr Nieberding; und der sächsische Regierungs- das mißratenste Geschöpf sei, das jemals in Vorzimmern und Amts- Fischer uns als der zäheste und fleißigste Leser des„ Vorwärts" vor. bevollmächtigte Fischer, der den Glauben an seine Wunder- stuben ausgeheckt worden. Posadowsky schwieg, senkte sich immer Er meinte nämlich:" Wenn ich alles, was im„ Vorwärts" steht, fraft verloren hat, versuchte sich freilich mit mäßigem Er- tiefer über die vor ihm liegenden Papiere und seine Stirn und mit meiner Meinung nicht übereinstimmt, als Unverschämtheit folg in der Rolle des Lustigmachers. rötete sich wir nehmen die ehrenvollsten psychologischen bezeichnen wollte, so hätte ich den ganzen Tag nichts weiter Aus den Kreisen der Abgeordneten erhob sich am vierten Motive für diesen Farbenwechsel an. An diesem Tage zu thun, als diesen Ausdruck zu gebrauchen." Er liest mithin den ganzen und legten Tag nur ein Mann ein Konservativer und fah ihn nicht mant wieder das Wort ergreifen. Auch Tag den„ Vorwärts" ein Uebermaß, das wohl verschuldet, daß ein Zünftler: Herr Jacobstötter, der für alle sonst am Bundesratstische lauschte man, wie unten im Saale , der er von der Lektüre nicht den rechten Ertrag und Erfolg hat. Schäden der Zeit das Doppelrezept hat: Polizei und Rede Heines mit größter Andacht; es herrschte unter den GeheimMit Todesverachtung stürzte sich als dritter Mann der Regierung Innungen, welch lekteres Wort ein verschämter Name ist für räten fortwährend eine lebhafte Bewegung, und wie in einem auf der Direktor im Reichsamt des Jnnern, Wödde, in den VerteidigungsZwangszünfte. Gegen die Regierung sprechen die beiden gestörten Ameisenhaufen, suchten sie die bloßgelegten Ameiseneier fampf. Er holte seine Inspiration von der Kornblume in seinem Knopflegten Redner des letzten Tages: der Welfe Hodenberg ihres schöpfungseifrigen Fleißes vor dem wühlenden Stock des gefähr- loch. Er sprach mit einem wunderlichen Selbstbewußtsein von dem in furzer und scharfer Erklärung, und der Centrumsmann lichen Spaziergängers in Sicherheit zu bringen. Herummäkeln und Herumnörgeln an der Denkschrift, ohne daß Pichler, welcher sehr wirksam den Jacobstötter abfertigte Aus Heine sprach der gebildete Mann, der scharfsinnige Jurist ihm auch nur die Widerlegung eines einzigen Angriffes gelang. und in kräftigen Ausdrücken den durch Liebers Auftreten wohl und der überzeugte Vertreter der socialistischen Weltanschauung. Das Hoffen wir, daß er demnächst eine Anti- Zuchthausvorlage zu verteidigen begründeten Vorwurf abzuschwächen versuchte, hinter den intellektuelle Gewissen der Mehrheit des Reichstages ist denn doch so haben wird. Dann braucht er auch nicht, wie heute, ein Preislied freiheitlichen und radikalen Worten des ersten Centrumsredners entwickelt, daß es sich den Argumenten des Redners nicht verschloß. auf die Edelsten und Besten zu singen, auf die arbeitswilligen habe sich die Absicht versteckt, der Regierung schließlich doch auch auf der Rechten vergaß man das dünkelhaft geistlose Grinsen, Streitbrecher. ein Gesetz gegen das Koalitions- recht zu apportieren. mit dem man sonst gern socialdemokratische Kritik begleitet. Mit Endlich kam auch noch ein Zuchthausretter aus dem Hause zu Das parlamentarische Schlußergebnis war, was nach überlegenem Humor geißelte Heine die Vorlage, die Denkschrift und Worte: Der konservative Zünftler Jacobs tötter, der die Vorsolchen Verhandlungen sein mußte: der Antrag der Konser - ihre Verteidiger am Ministertisch und im Saale. Graf Ballestrem, lage als eine Erlösung der Handwerker von dem Terrorismus der vativen, die Zuchthausvorlage vor eine Kommission zu ver- der im übrigen an Heine seine Disciplinkunst nicht beweisen konnte, Gesellen feierte, den Nationalliberalen ins Gewissen redete weisen, hatte den ganzen Reichstag gegen sich mit alleiniger vermehrte das Lexikon der unparlamentarischen Ausdrücke durch die echte Kreisblatt- Rede wider die Socialdemokratie. In einem einzigen Ausnahme der zwei konservativen Fraktionen, der Anti- Feststellung, daß man Mitglieder des Hauses nicht mit Don Quigote und zermalmenden Satz faßte der Welfe v. Hodenberg sein Todesurteil semiten und des Häufleins der nationalliberalen Secessionisten Sancho Pansa vergleichen dürfe. Herr Arendt ist also nicht der über die Vorlage zusammen. Den Beschluß machte der bayrische Centrumsimter Führung des an chronischer Mandatsfäule leidenden Sancho Panja des konservativen sinnreichen Ritters; freilich ist er mann Pichler, der schärfer und gerader der Vorlage zu Leibe ging und Herrn Möller, Ideal des rheinisch- westfälisch- saarabischen ja auch bisher nicht katholisch, ein Beweis, daß das Centrum schließlich die Regierung zur Zurückziehung der Vorlage aufforderte. Unternehmertums. immer noch nicht einflußreich genug ist. Eine Aeußerung Bichlers veranlaßte den schwer verletzten Handelsminister Brefeld zu einer kurzen Entgegnung, in der die Aufregung des Wundfiebers fast ängstigend zum Ausdruck kam.
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Nicht einmal einer Kommissionsberatung wert gehalten, Der heutigen Rechtsprechung widmete auch Heine feine Kritik das vornehmste gesetzgeberische Wert der Reichsregierung in und erwähnte den Umschwung der Judikatur seit der Kaiserrede hin. dieser Session! Nicht einmal der Ehre eines ehrlichen Be Gegenüber dem Gerede von den„ bezahlten Agitatoren" wies er Der Antrag Levego w auf Kommissionsberatung gräbnisses gewürdigt die Heilsmaßregel, an welcher die darauf hin, daß auch die Agitatoren der Regierung, die Minister 2c. wurde gegen die beiden konservativen Parteien und etwa ein Duzend deutsche Reichsregierung seit fast einem Jahrzehnt im bezahlt sind. Der Unterschied ist allerdings, wie wir hinzufügen, nationalliberaler Gegner der Bassermannschen Richtung abgelehnt. Schweiße ihres Angesichts gearbeitet hat die Maßregel, daß sie recht einträglich bezahlt sind und im Gegensatz zu den Agi- Die zweite Lefung wird also nach der Vertagung im Herbst gleich an der Herr von Berlepsch, heute der schnöde Verleugner tatoren nicht immer nur das vertreten, von dessen Güte sie überzeugt das Plenum beschäftigen. Inzwischen aber wird das Volk feines Kindes!, vor 9 Jahren seine Kraft und sein bestes find. Heine hob hervor, daß gerade die Berliner Bauunternehmer die General debatte fortfeßen... Können versuchte, für welche Herr von Stumm über ein an der Spige der Arbeiterhezzer marschierten, die doch wahrlich am Jahrzehnt lang unablässig mit heißem Bemühen gewühlt, wenigsten das Recht hätten, Moral zu predigen. Mit eindringlicher gebohrt, Maulwurfsarbeit verrichtet hat, die Maßregel. Wärme schilderte Heine am Schluß den Kulturiert der Arbeiterwelche den Schlußstein und das Schirmdach der herrlichen organisationen und die Kulturschädlichkeit der von der Regierung gedeutschen Polizei- Socialreform bilden, den socialen Frieden hätschelten Arbeitswilligkeit. Die Zuchthausvorlage sei der Anfang begründen, die Einigkeit der staatserhaltenden Parteien der Revolution, der Revolution von oben, und sie würde eine herbeiführen, und die deutsche Socialdemokratie zerschmettern, Rechtsprechung zur Folge haben, die der des französischen Revolutionsgermalmen, aus der Welt wegblasen sollte. tribunals vor 100 Jahren gliche, nur daß hier nicht die geschicht lichen mildernden Umstände vorlägen, die man jener Rechtsprechung zuerkennen muß.
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Da liegt sie, auf den Kehrichthaufen geworfen von dem deutschen Reichstag, gebrandmarkt von den Vertretern des gesamten deutschen Volks, mit Ausnahme einer winzigen berurteilt von Minderheit der rückständigsten Elemente, der ungeheuren Mehrheit des deutschen Volks. Und als Siegerin über der Leiche steht lachend die Social demokratie, und die staatserhaltenden Parteien haben in ihrer Mehrheit die Regierung im Stich gelassen und der Socialdemokratie geholfen, die Maßregel, durch welche sie vernichtet werden sollte, totzuschlagen. Nie hat eine Regierung eine gründlichere, Niederlage erTitten. Und müssen wir hinzufügen- nie hat eine Regierung ihre Niederlage so wohl verdient. Was aber nun?
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Heines Rede trieb drei Regierungsvertreter nach einander zum Wort. Zunächst sprach Herr Nieberding, um durch die That zu seiner Rechtfertigung zu beweisen, daß der Vertreter des Reichs
Justizamts nicht nur an der Zuchthaus - Vorlage unbeteiligt gewesen ist, sondern daß er sie sogar bis zum heutigen Tage nicht einmal fennt. Dieser Verteidiger der ZuchthausBorlage hat bislang keine Ahnung von dem Wortlaut des§ 4 und seiner amtlichen Begründung! Herr Nieberding meinte, Streifpostenstehen wäre nicht unter allen Umständen durch die Vorlage strafbar gemacht, sondern nur, wenn dadurch Zwangseinwirkungen im Sinne der§§ 1 und 2 begangen würden. Nun aber heißt es im § 4 wörtlich:
" Der Drohung im Sinne der§§ 1 bis 3 wird die planmäßige leberwachung von Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Arbeitsstätten, Wegen, Straßen, Plätzen, Bahnhöfen, Wasserstraßen, Hafen oder sonstigen Verkehrsanlagen gleich geachtet." Das heißt: Streifpostenstehen ist unter allen llmständen strafbar.
Ju Frankreich sehen wir soeben, wie eine Regierung, die in einer vergleichsweise untergeordneten Frage mit wenigen Stimmen in der Minderheit blieb, sofort ihre EntTassung nahm, um anderen Männern Platz zu machen, die mit dem Willen und den Stimmungen der Parlaments- Es hätte ja auch gar keinen Sim, Streikpostenstehen nur dann für Majorität besser übereinstimmen. strafbar zu erklären, wenn es mit Drohungen usw. verbunden wäre.
Wird die deutsche Regierung, die eine taufend- Dann fiele es schon unter die§§ 1 und 2 und bedürfte teiner bemal wuchtigere Niederlage erlitten hat in einer Frage, sonderen Bestimmung. Der§ 4 wäre überflüssig. Ueberdies befagt die ihren eigenen Worten in der Thronrede nach eine das auch die Begründung, auf die sich Herr Nieberding unLebensfrage für den Staat und die Gesellschaft war, verständlicherweise berief, ganz ausdrücklich und unzweideutig: wird die deutsche Regierung jegt zurücktreten? Wir wären Thoren, wenn wir es glaubten. Nicht
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Auch dann, wenn die Bostenstehenden sich der Drohungen, Ehrverlegungen oder Thätlichkeiten gegen Arbeitswillige enthalten,
Politische Uebersicht.
Berlin , den 22. Juni. Preußisch- offiziöse Drohungen. Schweinburg schreibt in den Berliner N. Nachr.", dem Organ des in der Zuchthausdebatte übel zugerichteten Centralverbandes der Industriellen:
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„ Der peinliche Zusammenstoß zwischen dem preußischen Handelsminister und dem Reichstags- Präsidenten in der heutigen( Mittwochs)-Reichstagssigung dürfte voraussichtlich mit dem stattgehabten Wortwechsel fachlich noch nicht erledigt fetu. Graf Ballestrem hat im Gegensatz zu seinen Vorgängern fürzlich Kaisers und damit die Person des Monarchen in die Debatte zu den Socialdemokraten und der sonstigen Linken freigegeben, Reden des ziehen, sobald diese Neden durch Abdruck im Reichs- Anzeiger" als beglaubigt anzusehen seien. Der erste derartige Fall trat heute prattischein. Der preußische Handelsminister legte mit vollem Recht gegen dieses Verfahren Verwahrung ein. Denn es wird damit die Tradition des Reichstags in autimonarchischer Richtung durchbrochen, und seine Beziehungen zu der Gesamtheit der deutschen Fürsten und der verbündeten Regierungen erleiden damit eine starke Verschiebung. Die Geschäftsführung des Grafen Ballestremt gewährt, wie auch der gestrige Tag wieder erwiesen hat, dem Lärmbedürfnis der Linken einen auffallend weiten Spielraum. Die Person des Kaisers ist dem Reichstage gegenüber durch den Reichskanzler bezw. durch die preußische Vertretung im Bundesrat gedeckt. Kritiken kaiserlicher Reden und Handlungen im Reichstage müssen die Grundlages unseres Verfassungslebens in ihren Tiefen erschüttern, derartige folgenschwere Maßnahmen dürfen nicht von dem Gutdünken des jeweiligen Reich 3- tags Präsidenten abhängig sein. Graf Ballestrem verlangt den Abdruck der betreffenden Rede im„ Reichs- Anzeiger", feinem Nachfolger erscheint vielleicht auch diese Schranke bereits für überflüssig. Hier heißt es principiis obsta, und wir hoffen, daß die preußische Regierung der Reichstagspolitik" auf der
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