Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik
Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh
17. Jahrgang
-
-N
Samstag, 6. Feber 1937
-
In Erwartung der Kolonial- Offensive Edens Urlaub Ribbentrops Benehmen bei Hofe
-
Zu der nervösen und wenig freundlichen Stimmung, auf die nach der Vitler Mebe her Botschafter Ribbentrop in London stoßen mußte, tommt feit Donnerstag die Erregung der engli schen Gesellschaft über das Benehmen Nibben trops bei dem Besuch im Königlichen Palais. Nibbentrop begrüßte den König mit dem deutschen Gruß" der vorgestreckten rechten Hand was in der englischen Gesellschaft natürlich als schwerer Verstoß gegen die guten Sitten angesehen wird. Zam zweitenmal schreiben die Blätter, habe sich der Gesandte einer fremden Macht so taktlos benommen, nicht nach Vorschrift, durch eine Verbeugung zu grüßen. Einmal sei es ein Egote gewefen, der sich vor der Königin Vik toria auf den Boden warf, diesmal sei Herr Nib= bentrop, der diplomatische Sektreisende, gegen bie Etikette varstoßzen.
Die e englischen Blätter kritisieren Nibben= trop und schreiben offen, er sei nicht mehr er wünscht"( von Baldwin wurde er seit dem Herbst nicht mehr empfangen, als er ihm sein Wort gab, es existiere kein deutsch - japanischer Vertrag und zwei Tage später diesen Vertrag unterschrieb!). Abends meldet Reuter lakonisch, es fei nicht richtig, daß Nibbentrop nicht mehr erwünscht sei, der Eindruck aber, den die Blätterstimmen hervorgerufen haben, wird dadurch kaum verwischt. Maar wirft Nibbentrop vor, daß er nationalsozialistische Propaganda mache, bat er die Opposition gegen das Kabinett nähre, daß er einen seiner Freunde( als Botschafter nach Ber lin bringen wolle. Seit dem Herbst wird ihm ja auch vorgeworfen, daß or feine Beziehungen zu Mrs Simpson diplomatisch mißbraucht und da. durch die Thronfrise verschärft habe. Ferner hetze er gegen die Sowjetunion , mit der England be= freundet sei und endlich alte er sich mehr in Berlin als in London auf.
Gefängnis für einen ehemaligen Premier
angetreterlauben Mr. Eben
dem Faux pas, bzw.
der Rückkehr Ribbentrops überhaupt, in Zusam menhang gebracht. Es scheint, daß Eden nicht gewillt ist, die Kolonialforderungen anzuhören, die Nibbentrop, wie es nun heißt, zunächst mündlich vortragen wird. 2ord Salifag, der als
und mit ihan verhandeln. Wahrscheinlich will man deutschfreundlich gält, Nibbentrop anhören verhindern, daß Berlin Eden und Frankreich für die Ablehnung der Kolonialforderungen willers verantwortlich machen kann. Wenn ein deutschfreundlicher Staatsmann fie ablehnt, wird das zweifellos besser wirken.
$ 9
Einzelprets 70 Heller( einschließl. 5 Heller Porto)
Aus dem Inhalt:
Schlappen Francos
Besser lesen, Herr Vraný!
Privat- Industrien
sabotieren die LandesVerteidigung
Nr. 32
Es war wieder ein Hexenprozeß
,, Ist es auch Wahnsinn, hat es doch Methode"
Von Friedrich Adler , Sekretär der Sozialistischen Arbeiter- Internationale( Brüssel) Die Welt ist bescheiden geworden. Man atmer Artikel im Dienste der Stalinschen Politik veröf erleichtert auf: vier Angeklagte im Mostauer Pro- fentlichte, und der Stellvertreter im Außenmin zeß tommen mit dem Leben davon, gehen" nur" sterium, Sokolnikow , gestanden, gleichzeitig für zehn Jahre in den Kerker." Nur" dreizehn im geheimen mit den Vertretern Deutschlands der Angeklagten sind erschossen worden und teilen und Japans konspiriert zu haben, um die Inter das Schicksal der sechzehn Erschossenen vom August. vention fremder Mächte in der Sowjetunion und Damals, nach dem Prozeß gegen Sinowjet schließlich deren Kriegsniederlage vorzubereiten. schrieben wir:" Solche Prozesse dürfen nicht noch Und alles dies und noch viel mehr geschah, wie einmal stattfinden, das müssen die Moskauer alle gestanden", im ausdrücklichen und direkter:
Machthaver endlich einsehen." Sie haben es nicht eingesehen. Sie haben den Prozeß gegen Pja takow, Radek usw. in genau denselben Fordigen an, daß neue Prozesse gegen Buch a ri, men durchgeführt, wie die früheren und sie künRytow, Ratowski und andere in allernächster Zukunft zu erwarten sind. Kann man es in Mostau wirklich nicht einsehen, welchen unendlichen Schaden die Sovjetunion durch diese Metho den des Gerichtsverfahrens erleidet? Verstehr man nicht, daß auf diesem Wege niemand von der Schuld der Angeklagten überzeugt wird, niemand überzeugt werden kann? Mit Ausnahme jener, deren Parteipflicht es ist, alles gutzuheißen, was Stalin tut.
Auftrag Leon Tropkis, deſſen Hauptziel die Wiederherstellung des Kapitalismus in der Sv wjetunion ſei.
Selbstbeschuldigungen und Denunziationen an Alles das, was die Angeklagten in ihren derer vorbrachten, erscheint so ungeheuerlich, so unfaßbar, daß der normale Europäer daran verziweifelt, es zu verstehen. Aber die Kenner der Mostauer Prozesse haben einen höchst einfachen Führer durch diese Wirrnis. Alles, was sich in der letzten Jännerwoche vor dem Moskauer Gerichte zugetragen hat, hat sich nämlich schon e in malingenau denselben Formen, mit genau denselben Beschuldigungen, mit genau derselben Rollenverteilung vor sechs Jahren in Eine Woche lang hat man aus Moskau die Moskau abgespielt. Der einzige Unterschied find schlimmsten Antlagen, die man sich nur vorstellen ein paar Namen. Was heute dem.„ Troßfismus“ fann, gehört. Die Angeklagten legten das Ge zur Last gelegt wird, soll damals der Mensche ständnis ab, daß sie sich aller nur denkbaren Ver- wismus" verbrochen haben. Wer die Anklag= brechen gegen ihr eigenes Land, gegen die Sowjet- schrift, die Prozeßverhandlungen und das Urteil union , schuldig gemacht. Der stellvertretende Volts- von 1931 heute wieder liest, wird mit steigendem fommissär für Schwerindustrie, Piatatow. Erstaunen erkennen, daß alles damals schon da aeftand, daß er planmäßig
gegeben habe, Gabolagraffe in Jahre Aufträge geweſen, was die Welt im jeßigen Prozeß; gegen
unterstellten Tropti in Bestürzung versetzt. Es wäre ver Betrieben durchzuführen, die merkwürdigerweise lockend, die Zitate aus den beiden Prozessen neben stets gelangen, ohne daß sein Vorgeseßter, der einanderzuseßen und den Beweis so in jeder Ein Volkskommissär Ordschonitidse auch nur zelheit zu führen. Wir müssen darauf aus Raumdas Geringste bemerkte. Serebrjakow, einer gründen verzichten und begnügen uns, aus der der Hauptverantwortlichen für das Eisenbahn- Pratba" vom 27. Feber 1931 das Resumé der wesen, gestand, daß er Zugsentgleisungen plan- damaligen Anklageschrift zu zitieren: mäßig und im größten Stil organisiert habe. Der Hauptoffiziofus des Regierungsblat tes swestija", Karl Radet, der unermüdlich
Ein sensationeller Artikel Coudenhove - Kalergis
Paris . Francois Marsal , der kurz nach den Kammerwahlen des Jahres 1924 vorübergehend französischer Ministerpräsident war, ist gestern zu zwei Jahren Gefängnis bedingt Wien. ( Tsch. P.-B.) In seiner Nevue die Tschechoslowakische Republik. Zweifellos ist verurteilt worden. Als Vorsitzender des Verwal=" Paneuropa" veröffentlicht der Präsident der heute die Gefahr einer Bolschewisie. Paneuropa- Union Coudenhove kalergi rung Deutschlands entweder durch einen tungsrates der Gesellschaft zur Erzeugung elet- einen Artikel, in welchem er sich gegen die natio- Linksruck des Nationalsozialismus oder durch trischer Stabel mißbrauchte er das Vertrauen der nalsozialistische Propagasiba wendet, die derzeit einen verlorenen Krieg größer als die GeAktionäre dadurch, daß er das Aktienkapital der von Berlin aus gegen die Tschechoslowakei insze fahr einer Bolschewisierung der Tschechoslowakei . Geſellſchaft in andere ähnliche Geſellſchaften in- niert wird. Er schreibt u. a.: Seit dem Tobe Doll- Gegen die Kriegsgefahr hat sich die Tschechoslo vestierte und dadurch das Gesetz über die Aktien- fuß' hat die deutsche Propaganda in Mitteleuropa wakei in dreifacher Weise gesichert: durch ihr gesellschaften verleẞte. Francois Marsal gehörte ein neues Objekt für ihre Angriffe gefunden, Bündnis mit der Kleinen Entente , durch ihr zu der Gruppe der„ Republikanischen Union" nämlich die Tschechoslowakei . Berlin sucht der Bündnis mit Sowjetrußland, durch ihr Bündund war ein vertrauter Freund des ehemaligen Welt glauben zu machen, die Tschechoslowakei sei nis mit Frankreich und durch ihre Freundschaft Präsidenten der französischen Republit, Mil- ein bolichewistischer Keil mitten in Europa . Die mit England. Dieses Bündnissystem einzige Tatfache, auf die sich diese ganze Ram - wird ergänzt durch eine erstklassig pagne zurückführen läßt, ist das tschechoslowakisch- organisierte und gerüstete Armee. ruffische Defensivbündnis. Dieses Bündnis, das In diesem Sinne ist Prag nicht die Wacht Mosnie praktische Folgen aben kann, solange faus, sondern die Wacht Europas .
levand.
Annäherung
Tämpfer einer europäischen Föderation und die wahren Erben des größten Euro päer 8 Z. G. Masaryks" find.
*
Deutschland feinen Angriffskrieg führt, hat mit Coudenhove versichert, daß Präsident Be- der tschechoslowakischen Innenpolitik ebensowenig ned, bak Dr. Sov za und Dr. Krofta BorAnkara.( Havas.) Regierungskreise treten zu tun, wie das analoge Bündnis Frankreichs . entschieden gegen gewisse ausländische Auslegun- Die zweite Tatsache, die als angebliche Bolschegen der derzeitigen Verhandlungen zwischen Sta- wisierung der Tschechoslowakei umgedeutet wird, lien und der Türkei auf, denen zufolge es das ist, daß die Tschechoslowakei die einzige DemoBestreben Italiens sei, die Türkei dem Einfluß fratie Mitteleuropas geblieben ist und es in Berder Sowjetunion zu entziehen. Die türkischen lin üblich ist, eine Demokratie als' Brutstätte des Die Aeußerung Coudenhove- Kalergis , des Regierungskreise erklären: Zweck der Unterre- Bolfchewismus zu betrachten. Ein Blick auf die fen Urteil für die seiner Pan- Europa- Bewegung dungen des Außenministers Nuschdy Aras mit Schweiz , auf England, auf Skandinavien , genügt, naheſtehenden Kreise besonderes Gewicht haben dem italienischen Minister des Aeußern war der um diese Behauptung zu entkräften. Was aber wird, ist umso interessanter, als gewisse österreiGedankenaustausch über einen eventuellen Beitritt die tfche choflowatifche Demstratie chische Blätter in der letzten Zeit sehr bereitwil Italiens zum Abkommen von Montreux und betrifft, so ist sie dem Bolschew is mus lig, auffallend bereitwillig die albernsten Goeb Prüfung der allgemeinen Probleme der Sicher- ebenso fremd wie die Demokratie bels- Lügen über die Tschechoslowakei aufgenomheit sowie Festigung des Friedens im Ostteil des der nordischen Königreich e, Eng- men und verbreitet haben. Nicht nur die getarnte Mittelländischen Meeres. Diplomatische Kreiſe land und der Schweiz . Heute gehört die Nazipreſſe tat dies, sondern vor allem Fun sind der Ansicht, daß die Möglichkeit nicht aus- fchechoslowakische Republik zu den gefestigteſten der s„ Reich 3 po ſt", von der allerdings vergeschlossen sei, daß in absehbarer Zeit die Teil- Staatswefen Europas . Ihre Entwicklung ist lautet, daß sie von der österreichischen Regierung nahme an einem Nichtangriffspatt im östlichen stetig, ihre Politik und Wirtschaft stabil, keine nicht mehr als offiziös anerkannt wird und daß Mittelmeer durchberaten werden wird, der von Revolution bedroht die Tschechoslowakei , weder sie das Blatt Papens fei( gelegentlichen der Türkei , Italien , Griechenland und Jugosla- cine nationale, noch eine soziale. Die tschechoslo- Jagbgastes in unseren Staatsforsten und interwien unterzeichnet werden würde. Offizielle watifchen Kommunisten sind eine unbemanns der gehässigen antitschechoslowatischen Kreise glauben, daß es in absehbarer Zeit zu beutende Oppositionspartei ohne Propaganda in Wien !). Umso gewichtiger ist das einem Treffen des Außenminiſters Grafen Ciano Einfluß auf die Regierung oder auf die Behör. Urteil des Oesterreichers Coudenhove- Kalergi als mit dem jugoslawischen und dem griechischen den. Es gibt wenige Staaten in Europa , die vor ein Beleg stüdim Kampf gegen die Außenminister kommen werde. einem fommunistischen Umsturz so sicher find wie wuchernde, tüdische Goebbelslüge
„ Die Aussagen der angeklagten führenden Tangjährigen Mitglieder der Menschewiki- Partei. Scher, Jlow, Ginsberg u. a., beweisen, daß die menschewistische Partei sich in ihrem Kampfe gegen die Arbeiterklasse in eine bezahlte Agentur des französischen Imperialismus, in einen unmittelbaren Verbündeten der geflüchteten Fabrikanten. Spekulanten, Kulaken und Weißgardisten verwanbelt hatte. Diese Aussagen stellen die interven= tionistische und Schädlings- Arbeit der Menschetvifi in der Sowjetunion mit Unterstützung der Zweiten Internationale und in erster Reihe der deutschen Sozialdemokratie feft. Das Ziel der Menschewiki und der hinter ihnen stehenden Zweiten Internationale war die blutige Niederschlagung der proletarischen Revolution in der Sowjetunion , die das Fundament der sozialistischen Wirtschaft voll endet. Ihr Ziel war die Otfupation der Sowjet union , ihre Aufteilung unter den internationalen Mäubern, die Rückkehr der Kapitalisten uno Grundbesitzer, Jahrzehnte weißer Terror gegen die Arbeiter und Werftätigen der Sowjetunion . Folter und Mord an den Kommunisten und den Vorkämpfern der Arbeiterklasse nach dem Lukker Vorbild."( Ueberseßung aus der„ Prawda" in der fommunistischen Inprecorr vom 3. März 1931.)
Damals, im Jahre 1931, waren wir, die Vertreter der Sozialistischen Arbeiter- Internationale, darunter bei weitem nicht in letter Linie Léon Blum und Emile Vandervelde , die im Prozeß persönlich genannt wurden, beschuldigt, die blutige Niederschlagung der proTetarischen Revolution in der Sowjetunton die Ottupation der Sowjetunion , ihre Au fo teilung unter den internationalen Räubern. die Rüdtehr der Kapitalisten und Grundbesiber" zum Ziel zu haben. Wir tannten die erbärmliche Verleumdungskampagne, die damals beim Moskauer Prozeß gegen uns geführt wurde in allen Details und man wird be greifen, daß wir von höchstem Steptizismus erfüllt find, wenn wir nun wortgetreu dieselben Anklagen in Moskau gegen Leo Troßfi erhoben hören. Den Veranstaltern dieser Prozesse mangelt es start an Originalität. Jedes Detail von 1931 wurde 1937 wiederholt. Damals erhielt das Moskauer Unionsbureau" angeblich einen„ Direftivbrief" von Abramowitsch, in dem die Einstellung auf Schädlingsarbeit und Intervention" verlangt wurde. Diesmal gestand Radet, den " Direttivbrief" von Tropki erhalten zu haben. Damals hat das Gericht natürlich den Direktiva brief nicht zu sehen bekommen, der unauffindba: