Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh

Redaktion und Verwaltung: Prag XII., Fochova 62

17. Jahrgang

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Telephon 53077 Herausgeber: Giegfried Taub

Verantwortlicher Redakteur: Rarl Rern, Prag

Samstag, 13. März 1937

Die Offensive zum Stehen gebracht

Der Nordflügel hält stand Schwere Verluste der faschistischen Invasionsarmee 22 Tanks zerstört

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General Mia ja und seine heldenmütigen Truppen haben sich der furchtbar schwierigen Aufgabe, die aus dem Flankenangriff Molas bei Guadalajara entstanden ist, gewachsen gezeigt. Die Rebellen, von italienischen Generalstäblern nunmehr besser geleitet als bisher unter den an­gestammten Führern, hatten versucht, zunächst durch die heftigen Angriffe am Jarama , südlich von Madrid , die Verbindung der Hauptstadt mit Valencia abzuschneiden. Das gelang nicht in dem erstrebten Ausmaß, die Verbindung ist zwar er schwert, aber nicht abgeschnitten und die Offensive wurde durch kühne Gegenangriffe zum Stehen gebracht. Immerhin waren aber nun beträchtliche Teile der Verteidiger auf dem Südflügel gebunden. Das benützten die Leiter der Invasions= armee, um die schnell beweglichen italienischen Divisionen, die vor Malaga gekämpft hatten und die man nach Madrid gezogen hatte, durch das Gebirge zu führen und in überraschendem Stoß in vier Kolonnen gegen die Nordflanke der Madrider Front bei Guadalajara ( auf der Straße nach Siguenza ) anzusetzen. Dieser Stoß sollte Miaja völlig überrumpeln, die schwachen Linien der Volksarmee im Norden zerreißen und tief in den Rücken der Madrider Zentralstellung bringen. Nur ruhige Nerven, Umsicht und rasches Handeln konnten nun die Lage wiederherstellen. Miaja hat es anscheinend verstanden, genügend viele Reserven und in genug rascher Konzentration an den entscheidenden Stellen einzusehen. Damit hat er den Vormarsch der Armee Mola nach gewissen Anfangserfolgen der Angreifer bei Guadalajara zum Stehen gebracht. Auch dort entwickelt sich eine blutige und schwere Stellungs­der vernichtende Stoß in den Rücken ist aufgefangen. Der Todesmut der verlorenen Bataillone, der ,, Löwen von Alicaute" und der ,, Moten Löwen" von der internationalen Brigade, die um= fichtige Leitung Miajas und die natürliche Kräfteerfchöpfung, mit der jeder Angriff nach einigen Tagen rechnen muß, haben die Schlacht zum Stehen gebracht, che das operative Ziel Francos erreicht, che der strategische Erfolg ausgereift war.

nenwerfer gelang es den Regierungstruppen nach furzem Kampfe die vom Generalstab bestimmten Positionen zu erobern. Die Aufständischen unter­

Einzelpreis 70 Heller( einschließt. 5 Heller Porto)

Aus dem Inhalt:

SdP- Advokat wegen Ver­untreuungen suspendiert

Osterferien des Parlaments

Die Industriellen gegen Arbeitszeitverkürzung

Nr. 62

Die Totalitätspartei

nahmen mehrere ziemlich heftige Gegenangriffe, in Nöten

doch waren diese Angriffe nicht stark genug, um die verlorenen Positionen zurückzuerobern. Wäh­rend des ganzen Vormittags steigerte sich ständig die Artillerietätigkeit in diesem Abschnitt.

Auch in der Universitätsstadt und in ihrer Umgebung entfalteten Maschinengewehre und In­fanterie eine ungewöhnlich lebhafte Kampftätig­keit, insbesondere in der Umgebung der neu er­oberten Positionen an der Stelle, wo die Spreng­truppen die landwirtschaftliche und die Bauschule in die Luft sprengten.

Zwei Holländer

leiten die Kontrolle Haag. Der Londoner Nichteinmischungsaus­schuß wird den Kontreadmiral Van Dulm zum Hauptadministrator für die Durchführung der vereinigten Kontrolle der spanischen Land­und Seegrenzen bestimmen. Montreadmiral Eli­fontrolle ernannt werden. Die beiden Holländer sollen die Einladung zur Uebernahme dieser werden am Montag in London eintreffen. Funktionen bereits angenommen haben. Sie

schlacht. Die Lage der Hauptſtadt, die enger umklammert ist als bisher, iſt ſchwierig genug, uger vier wird zum Hauptadminiſtrator für die See­

Madrid.( Havas.)

Seiten der Aragonstraße ihre Tätigkeit entfaltet.

diefe

Mussolini In Nordafrika

Außenpolitik und Margarine

Es ist bekanntlich leichter, in Versammlun gen radikale Reden zu schwingen als sie in der praktischen Politik zur Geltung zu bringen. Das erfährt die SdP in einer ganzen Serie von pein­lichen Mißerfolgen, die ihren Weg begleiten. Hen lein hat nach dem Feberpaft in Aussig große Töne angeschlagen und den ersten Versuch zu einer ehrlichen Versöhnung der Völker dieses Staates mit seichten Glossen über die Passivisten" und schließlich mit der Drohung erwidert, man solle ihn und seine Mannen nicht zur Verzweiflung treiben".

Mit solchen Schlagern läßt sich gewiß vor einer urteilslosen Zuhörerschaft billiger Beifall im Angesichte der politischen Gegner ist mit De­erringen. Auf dem Boden des Parlaments und magogie allein nicht auszukommen. Das mußten auch die Herren Kundt und Dr. Peters während der letzten Debatte des Außenausschusses erfahren.

Sundt versuchte wieder einen undurchsich­tigen Schleier über die wahren außenpolitischen Ziele der SdP zu breiten. Statt zu den bren­nenden Problemen der Friedenserhaltung Stel­lung zu nehmen, führte er eine breite juristische Argumentation über die internationale Rechts­

Nom. Mussolini traf Freitag früh an Bord ſtellung der Minderheiten, insbesondere der Su­des Streuzers Pola" zusammen mit den Einhei- Stránský, Professor de o zák. Dr. Mares detendeutschen. Einige tschechische Redner, so Dr. ten der 1. Division im Hafen von Tobru kein. Die in Libyien stationierte Flotte begrüßte den ließen es sich nicht verdrießen, auf den klaffenden Duce mit Ehrensalven, während das libysche Unterschied zwischen den Wundgebungen der ver­Luftgeschwader über der Flotte freuzte. An schiedenen SdP- Führer hinzuweisen und daran Bord des Dampfers Citta di Genova" find 140 recht unangenehme Fragen zu knüpfen. Den Hen­italienische und ausländische Journalisten bereits lein- Leuten wurde dabei mit aller Deutlichkeit gesagt, daß ihre Bestrebungen mit den Lebens gestern in Tobruk eingetroffen. interessen der tschechoslowakischen Demokratie im mer mehr in Widerspruch geraten.

Gegen 15 Uhr pen benützten diese Verschiebungen ber Streit. ( Donnerstag) ging das intensive Feuer am träfte der Aufständischen und unternahmen nach­Guadalajara- Abſchnitt in eine heftige Offensive mittags ihrerseits einen Gegenangriff v von der über. Von Artillerie unterſtüßt, rückten 32 Auf- Flanke. Abends dauern die Kämpfe noch an. Wie ständischen- Tanks gegen die republikanischen die lehten Nachrichten besagen, wurden die Ver­Schützengräben vor. Die Artillerie bereits teidigungspositionen der Madrider Armee an vom frühen Morgon au ohne Untering, an beiben einer Stelle eingedrückt. An den Frontabschnitten füblich von Madrid Die Republikaner fetten hartnäckigen Widerstand war es Freitag vormittags ruhiger als in den entgegen. Die Aufständischen wiederholten vier- lekten Tagen, mit Ausnahme der Universitäts­mal ihren Angriff und wurden viermal zurück- stadt und des Jaramaufers. Am Jaramafluf Muffolini begab sich in Tobruk an Land und geschlagen. Die republikanische Artillerie bewies führten die republikanischen Truppen mehrere fuhr nach der 135 Km..von Tobruk entfernten eine große Wirksamkeit. Die Augenblicke des- prachtvolle Angriffe gegen die Linie des Feindes italienisch ägyptischen Grenz­gerns in den aufständischen Reihen benützend, zwischen der Eisenbahn und dem Abhang des Süit a dt Am se a t, um die Einweihung der 1900 unternahmen die Republikaner an der linken gels Pingarron durch. Das Ziel dieser Angriffe Km. langen Küstenstraße vorzunehmen. Front einen heftigen Gegenangriff. Freitag, zei- war die Eroberung einiger vorgeschobener Posi­tig morgens, wurde der Kampf mit der gleichen tionen, die sich am Abhang der Hügel in der Rom . Der österreichische Staatssekretär Zer­Heftigkeit und Grausamkeit fortgefeht. Es ver- Richtung gegen Jarama befinden. Mit Unter- natio wurde am Freitag vom italienischen lautet daß die Republikaner an einigen stützung der Maschinengewehrnester und der Mi- Außenminister C i ano empfangen. Stellen einiges Terrain gewonnen haben. Ferner heißt es, daß während der letzten vier Tage die Aufständischen 3000 Tote und Ber­lette einbüßten. Freitag wurden neun Aufstän- Folge der britischen Aufrüstung:

bischen- Tanks vernichtet oder unbeweglich gemacht, so daß vom Anbeginn der Schlacht 22 Aufftän­dischen Tanks kampfunfähig geworden sind.

Andujara.( Havas.) Bei einer Erfun­digungsoperation der Abteilungen republikanischer Kavallerie wurden 35 Leichen von Marokkanern gefunden. Bei dem Angriff auf Villa Nueva del Duque hatten die Aufständischen große Verluste zu verzeichnen. Die Zahl der Toten und Ver­letzten wird mit rund 300 beziffert. Die Angriffe der Aufständischen im Abschnitt Bozoblanco hat­ten in der letzten Woche den Verlust von rund 1000 Toten und Verletzten zur Folge.

Bilbao.( Havas.) Einer amtlichen Mel­dung der interimistischen Regierung in Euskadi zufolge haben die Artilleriebatterien der Regie­rung an der Avala- Front das feindliche Haupt­quartier bei Salinas vernichtet.

Die Angriffe

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Berlin und Rom wollen über Locarno II verhandeln

Aus guten Gründen stellte Genosse als ch die Anfrage, ob Herr Rutha von seiner Partei ermächtigt worden sei, in London zu erklären, daß sich Henlein mit Prag nur dann verständigen fönne, wenn die Tschechoslowakei ihre Bündnisse mit Paris und Moskau löst und sich in das Schleptau Bevlins begibt. Die Mitglieder des Außenausschusses waren nun darauf gespannt, wie sich der nächste SdP- Redner zu den gestellien Anfragen äußern werde. Dr. Peters, dem diese Aufgabe oblag, sprach recht sachlich, zurückhaltend und defensiv. Man merkte es diesem ehemals attivistischen Politiker an, daß ihm der Versuch aussichtslos erschien, die Aussiger Tiraden in gangbare politische Münze umzuprägen. Sand­ner gab er wegen der Behauptung, die aktivi­stischen Parteien hätten mit dem eingeleiteten Berständigungswerk Volksverrat" begangen, glatt preis. Peters meinte, das hätte Sandner

Berlin.( Deutsches Nachrichtenbüro.) Der träge und Ehrenworte bluffen zu lassen. Diese ,, auf der Tribüne" gesagt, in Aussig sei es aber Reichsminister des Auswärtigen Freiherr von Deutung hat die größte Wahrscheinlichkeit für sich. nicht wiederholt worden. Man wird sich Neurath hat Freitag dem hiesigen britischen Bot- In Westeuropa eine Atmosphäre der friedlichen für die Zukunft merten müffen, fchafter Sir Eric Phipps ein Memorandum über Verständigung zu erzeugen, die Engländer in daß auch eigene Klubtollegen die Frage des Abschlusses eines neuen West Sicherheit zu wiegen und an militärischen Vor- nicht ernst nehmen, was err pattes übergeben, das in Fortsetzung des bis- kehrungen zu hindern und während dieser Zeit die Sandner von der Tribüne des herigen Meinungsaustausches den Standpunkt der günstigste Gelegenheit zu einem Vorstoß in Parlaments herab erzählt. Auf Meichsregierung zu den Vorschlägen der anderen Donau - Europa abzupassen, das läge ganz auf der die Anfrage des Genossen Jatsch eingehend, be beteiligten Regierungen darlegt. Dies ist im Linie der Hitlerschen Außenpolitik! In diesem tonte Dr. Peters, Rutha hätte in London keines invernehmen mit beritalieni Zusammenhang ist es nicht uninteressant, auf die wegs die Lösung der Bündnisse mit Paris un d schen Regierung erfolgt, die auch ihrerseits Gerüchte hinzuweisen, die einen deutschen Vorstoß Most au gefordert, sondern eine Verständigung der britischen Regierung ein Memorandum über auf Prag oder Wien für die Zeit der englischen Prags mit Henlein im Rahmen dieser die Frage des Westpaktes übermittelt hat. Strönung prophezeien. Solche Gerüchte haben Bündnisse für möglich erklärt. Jaksch fragte heute meist leider viel mehr Substanz als die darauf: Kommt diese Feststellung schönsten diplomatischen Noten oder Reden. auch in die Zeitung?" Dr. Peters bejahte dies vor dem ganzen Außenausschußz.

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werden schwächer Ueber den Inhalt der Note ist noch nichts Ge­naues befannt geworden und die Kommentare der Nördlich von Guadalajara haben die an- englischen Presse geben ein recht buntes und un- Baris.( Havas.) André Sully, der Ver- 3ur allgemeinen Ueberraschung war aber im Be greifenden Aufſtändischen eine neue Offenſive ein- ſicherez Bild. Während einzelne Publizisten liner Storrespondent des Excelsior", sagt in einem richt der freitägigen" Zeit gerade diese Stelle geleitet, doch war die Identität ihrer Operationen glauben, Deutschland habe sich mit dem Sowjet- Kommentar der internationalen Lage, daß Lo- der Ausführungen Dr. Peters' variiert worden. nicht mehr so heftig wie die Offensiven der letzten patt ausgeföhnt und wolle troß ihm den Westpatt carno Nr. II eine Chimäre ist. Die Tattit kann als ob nur von Frankreich und nicht von Rußland Tage. Die Angriffsfolonnen find zahlenmäßis abschließen, glauben andere in dem deutsch - italie- sich ändern, aber der Grundgedante der deutschen die Rede gewesen wäre. Man soll also wahr­schwächer und auch das eingesetzte Kriegs- nischen Schritt nur ein Manöver zu sehen. Außenpolitik bleibt derselbe, nämlich die Frie- scheinlich in Prag nicht wissen, was in London material war geringer. Trotzdem war jedoch der Ginig ist man sich darin, daß lediglich die bri- densgarantien im Osten und im Westen von ein- gesagt wurde und in London nicht erfahren, was Angriff Freitag früh sehr heftig. Die Regierungs - tische Aufrüstung betvirkt hat, daß Berlin seine ander zu trennen und den französischen und den in Prag erklärt wird. truppen hielten den Feind zurück. Auf dem gan- Reserve aufgibt und sich zu Behandlungen bereit englischen Einfluß in Mittel- und Osteuropa zu zen Abschnitt der Guadalajarafront entwickelte findet. Man nimmt auch wohl mit gutem brechen. Das neue aufgerüstete Deutschland Die Politik der Doppelzüngigkeit lohnt sich fich, sobald die letzte Angriffswelle des Feindes Grunde vielfach an, daß Berlin und Nom durch braucht keine Garantien im Westen, denn es hat der Sdß auf keinem Gebiet. Bei der bewegten zum Stillstand gebracht worden war, ein mächti- Verhandlungen und eventuell durch einen neuen, die Sicherheit, daß es nirgends überfallen werden Debatte im landwirtschaftlichen Ausschuß hat der Am frühen Nachmittag zu späterem Termin wieder zu brechenden, Ver- wird, ohne selbst einen Grund hiefür zuerst ge-' Henlein- Mann lieber in der Margarinefrage waren bie Bpfitionen im ganzen Man rechne in Berlin und in Rom mit der Ab- tien im Westen ist sehr wohl bekannt. Es ist geblasen. Von ihnen übernahm er die Behaup­neigung der Briten gegen einen Krieg, mit dem dies die Bedingung, daß Frankreich und England tung, daß die Margarine- Industrie überdimen­defensiven Charakter der englischen Rüstung und ihr vollkommenes Desinteressement an der fünf- fioniert" sei. Auch lieber forderte, daß Marga­mit der Neigung der Engländer, sich durch Ver- tigen deutschen Ausbreitung im Osten erklären. rine fünftig nur für gewisse Gruppen der Be­

fcheint, daß die Francotruppen den Freitag an­gesichts der schweren Verluste, welche sie tagsvor­her erlitten, zu einer Umgruppierung ihrer For­mationen verwendet haben. Die Regierungstrup­

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