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Sonntag, 28^ Mürz 1V37
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Vie l.ehre von Brihuega Der militärische Wert der faschistischen Armeen.
Durch ihre spanische Intervention haben die beiden europäischen   Haupt-Diktaturländer sich nicht allein moralisch kompromittiert. Sie haben wohl einmal mehr ihre skrupellose Raub- unp Abenteurerpolitik zur Schau gestellt; zugleich aber ist die Welt auch gewahr geworden, wieviel Bluff hinter ihrem großspurigen Auftrumpfen mit den Mitteln der Gewalt steckt: diese Mittel stellen sich, so kostspielig sie auch sind, so sehr sie Wirtschaft und' Finanzen der Diktaturländer ruiniert haben, keineswegs als unwiderstehlich heraus. Gerade Spanien   lehrt.:' ' die Diktaturen sind selbst rein mUitärisch sehr viel schwächer, als sie einer«ingeschüchterten Welt weiSmachen wollen.. Zuerst war es die deutsche Aufrüstung, die ihre-schwachen Punkte offenbarte. Ganz im Ge­gensatz zu dem eingebildeten Gerede von den»un­nachahmlichen Wundern der deutschen Technik" stellte sich eine überraschende Minderwertigkeit des deutschen Rüstung-- Materials auf mehr als einem Gebiet heraus, namentlich aber auf dem Gebiet der KriegS-Luftfahrt. Mag das überhastete Tempo der deutschen   Wiederbe­waffnung als Entschuldigung dienen- Tatsache bleibt: zu der Zeit, als der Angriff der deutschen  Luftwaffe von den in Frage kommenden Nach­barländern am meisten gefürchtet wurde, hätte ein Luftkrieg wahrscheiylich in einer vernichten­den deutschen Niederlage geendet. Ebenso wären die deutschen Tanks im Kriegsfälle vor der ersten gegnerischen befestigten Linie als hilflose Wracks liegen geblieben. Hat so der Nimbus der deutschen Bewaff­nung erheblich gelitten, der Nimbus des deut­schen Militärs blieb relativ unangetastet, weil es
seien wir ehrlich: fast die ganze Welt, ist auf die Prahlerei deS Faschismus mit seiner an den'Abes­siniern bewiesenen Unüberwindlichkeit hereinge­fallen, Nun sollte.an den spanischen Milizen der zweite Beweis für die unwiderstehliche Kraft des faschistischen Militärs erbracht werden. Was ließ sich anders erwarten, als daß diese ungeschulten, schlecht:bewäffneten Haufen eines VolkSheereS von den kriegSgeübten faschistischen Söldnern ebenso in die Pfanne gehackt lvürden als die halbnackten Abessinier? Aber cs ist sehr viel anders ge­kommen: bet Brihuega Halen die Divisionen Mussolinis vor. den verachteten Milizen Fersengeld geben müssen; trotz ihrer. Motorisierung, trotz ihrer allermodern­sten Bewaffnung haben sie eine unbestreitbare Niederlage, einkassiert, Wundern kann das nur den, der blind an die»Wunder" der Diktatur geglaubt hat. Die militärische Kraft eines Staates hängt nun ein­mal nicht von den Deklamationen eines Duce oder eines»Führers", sondern von sehr realen Um­ständen ckb. Mit dem Phanwm einer Wiederher­stellung deS'altrömischen Weltreichs mag man Schullehrer und(wahrscheinlich noch eher) Schul, linder begeistern; aber der Arbeiter, der indu» strielle wie der Landproletarier, spürt zunächst den schweren Druck der Kosten dieser Eroberungspoli­tik. Wenn der Italiener im neunzehnten Jahr­hundert ein schlechter Soldat war, so lag das nicht an irgendwelcher Minderwertigkeit des italieni­schen Bolkscharakters, als vielmehr an der Tat­sache, daß das Gros der italienischen BolkSmasse aus zerlumpten/ ausgemergölten Analphabeten be­stand. Hat Mussolinis Diktatur daran etwas
Katholische Priester in der spanischen   Volksfront
P. Juan Garcia Moraleim Gespräch mit einem englischen Journalistent Sie müssen wissen, daß viele spanische Priester auf der Seite des Volkes stehen"
Spanische Frauen Momentaufnahme eines Engländers während des. Bombardements
bisher noch nicht in Massen eingesetzt wurde.. Da­gegen ist dies mit italienischen Truppe» geschehen. ES waren nicht gewöhnlich«, sondern motorisierte Elite-Divisionen, die im Norden Madrids   in den Kampf geworfen wurden. Der Italiener hat während des ganzen neunzehnten Jahrhunderts nicht als guter Soldat gegolten. 1869 und 18SS konnten die Italiener   ihre Unab- hängigkeit gegen Oesterreich   nur dank ftanzösischer, bzw- preußischer Hilfe erringen. Auch Im Wett­krieg waren die.Militärischen   Leistungen der Groß­macht Italien   sehr bescheiden: Mit Einsatz ihrer gesamten Armee vermochte sie dle Jsonzofront der gttichzeitig gegen Rußland   und Serbienkämpfen» den Oesterreicher nicht zu durchbrechen; ja nach, dem Ausscheiden Rußlands   aus der Ententefront, wurden die Italiener sogar bis zur Piave zurück­geworfen, und kamen dort nur dank französischer Waffenhilfe zum Stehen. Natürlich.war dies militätische Versagen nur darauf zurückzuführen,"daß" Italien   damals noch keinen Mussolini   an der Spitze Haftel Nun aber ist. den Italienern In fünfzehn- Jahren Diktatur der Heldengeist der römischen LegiöNen- eingeimpft worden und italienische Niederlagen kann ds seit­dem.nicht mehr-gtzben. Erster Beweis: der Sie« geSzug in Abessinien. Allerdings gilt für die Diktaturen in-hervor­ragendem Maße das Wort aus Schillers ,Räü» bern  ":-»Bei nackten Nonnen habt Jhrein-großeS Maul..'." Wobei- man statt»Nonnen" nur Wilde"«inzufetzest braucht, Muflolirtzs Presse konnte sich kaum.genüg des Sieges Über undiszi­plinierte aftikmiische Stämme, brüsten; die, z. T. mit Steinschloßflinten'gegen.'< Maschinengewehre kämpften, die nicht einmal vonder Existenz der Giftgase, geschweige denn- voln.Schutz dagegen etwas wußten, die nicht ein' einziges Flugzeug, Nicht einen einzigen Tanl besaßen' usw. usw. Aber,
geändert?' Im Gegenteil! Sie hat die von der modernen Arbeiterbewegung geschaffenen Ansätze einer Besserung zugleich mit jener brutal zerschla­gen. Mussolini  , mag seine Sklaven dritten, ein­schüchtern, er mag. ihnen die modernsten Waffen in die Hand geben; r- nur Begeisterung für seine Sache sann er. ihnen nicht einprügeln.. Das Verhalten der Italiener bei Brihuega ist.-dafür charakteristisch. Sicher waren«S im faschistischen, Sinne' besonders»zuverlässige" Truppen,- im Kern- aus organisierten Schwarz­
hemden zusammengesetzt, die Mussolini   nach Spa­ nien   geworfen hat. Selbst sie haben sich der Zersetzungspropaganda zugänglich gezeigt. Ganze Abteilungen von ihnen sind übergelausen, andere haben nach schwachem Widerstand kapitu­liert. Wohl noch nie in den bisherigen Kämpfen konnte die republikanische Regierung eine so hohe! Geschütz« und Gefangenenbeute melden wie bei Brihuega; ein Beweis, wie schlecht die Italiener gestanden, wie fluchtartig sie den-'Kampfplatz ge­räumt haben. Dadurch gewinnt dies Gefecht historische Be­deutung weit über seine unmittelbare militärische hinaus, Es zeigt: die Truppen der faschistischen Diktatur sind-keineswegs unbesiegbar, sondern sie find sogar außerordentlich rasch demoralisiert, sobald sie auf energischen Widerstand stoßen. Offenbar hatten Mussolini  ? Eliteformationen jede Kampflust verloren, als sie sich anstatt der erwar­teten»nackten Wilden" todesmutig und begeistert für-ihre Sache- eintretenden modernen Soldaten gegenüber sahen. Dabei wollen wir den Kampfwert der repu» blllanischen spanischen   Milzen keineswegs-über­schätzen. Noch vor einigen Monaten war er sehr gering, und er hat sich nur Schritt für Schritt ge­hoben. Noch jetzt fehlt es den republikanischen Truppen sehr, an qualifizierten Führern und an auSgchildeten Spezialisten für verschiedene Waf­fengattungen. Noch heute muß persönlicher Mut und Erfindungsgabe des Soldaten manchen tech­nischen. Mangel auSgleichen. Daß gleichwohl ein« solche-Truppe-raffiniert ausgebildete und bis aufs I-Tüpfelchen ausgerüstete Divisionen zu schlagen weiß, gerade daS zeigt, wie weit die Armeen der Diktatur von-Unbesiegbarkeit, entfernt sind. Daß es u. a. eine Truppe italienischer Emigran­ten, die Brigade Garibaldi   war, dieden Sieg über Mussolinis Söldner mit erfechten half, das gibt der'Sache noch eine besondere Note: sie zeigt, wie gut Emigranten sich den Haß ihrer Ttzran» nen verdienen- können. Wer die Rednergabe eines Nennt, eines Nicoletti
kennt, der wird nicht zweifeln, daß ein Paar im vordersten Graben aufgestellte Lautsprecher eine ganze Zahl von Maschinengewehren ersetzt haben dürsten! Es erhebt sich daraus die Frage: Welche Rolle wird die Waffe der Zersetzungs­propaganda erst in einem Krieg europäische« Maßstabes spielen, den die Diktaturen nicht mit Eliteformattonen allein führen können? Man muß bedenken: gerade die Soldaten der Dik­tatur ziehen in den Krieg, zwar mit dumpfem Widerwillen, aber bisher von ihrer Presse in völ­liger Ahnungslosigkeit über die wirklichen Tat- sachen und Zusammenhänge gehalten. Welche Wir­kung läßt sich erwarten, wenn plötzlich all die ihm unbekannten Tatsachen auf. den Soldaten herein­brechen, und der Grabenkrieg bietet vielerlei Gelegenheit, sie zu übermitteln. Man sage, nicht: der Soldat wird doch die Wahrheit nicht glauben. Der Lügenapparat der Diktatur sorgt automatisch dafür, daß jedes Vertrauen zu der eigenen Füh­rung verloren geht. Ein Soldat, der z. B. zu einer Hebung" abkommandiert wird und der sich dann in Spanien   wiedersindet, muß schon hierdurch jeden Glauben an das, was seine Vorgesetzten ihm sagen, verlieren. Und dann sehen ja. die Soldaten in Spanien   mit eigenen Augen, wie das, was man ihnen über die dortigen Zustände daheim er­zählt hat, der blanke Schwindel war. Und ähn­lich wird es bei jeder künftigen Gelegenheit sein, bei der die Diktatur ihre Streitkräfte zur Störung des Weltftiedens einsetzt. Nein, Diktaturtruppen sind nicht unüber­windlich, sie sind sogar relativ rasch zu demorali­sieren, wenn sie zugleich auf entschlossenen tatsäch- lichen Widerstand der ist und bleibt erstes Ge­bot und auf die Kraft einer überlegenen Idee stoßen. Denn sie selber sind ideenlose, blinde Werkzeuge, die sich wohl mit der Aussicht auf raschen Sieg und leichte-Beute zunächst in den Kampf jagen lassen, die aber, wenn beides aus­bleibt, allein noch dem Zwang und der Furcht vor den Vorgesetzten gehorchen. DaS ist die große Lehre von Brihuega.. M. imNeuen Vorwärts"/'
Terrorwelle In Lodz  Warschau  . Im Laufe der letzten zwei Tage haben die Organe der politischen Polizei-unter den Mitgliedern der Linksorganisationen, und Vereine in Lodz   zahlreiche Verhaftungen vorge­nommen. Auch führende. Mitglieder, der kommu­ nistischen   Partei und Mitglieder des Präsidiums der sozialistischen   Klassengewerkschaft der Textil­arbeiter find verhaftet worden. Zahlreiche'Ver­haftungen von Kommunisten? wurden auch M» Lemberg  , Drohobycz   und Jaslo   vorgenommen. Die-Mehrzahl der Verhafteten, würden bereits nach dem Konzentrationslager'. in Bereza- Kartuska verschickt. Auf' behördliche Anordnung wurden ferner in Lodz   und Lemberg   zahlreiche Arbeiterorganisationen und Berufsverbände un­ter der Beschuldigung kommunistischer Propa­ganda aufgelöst..
'General Mlaja dargommandgnt dar Madrider Front,.der Sieger von Brihuega