Sozialdemokrat

8entralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh

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Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub Verantwortlicher Redakteur: Rarl Kern, Prag  

17. Jahrgang

Freitag, 2. April 1937

Die Belgrader   Konferenz der Kleinen Entente

Kleinen Entente ist im voraus von Dr. Krofta jugoslawische Abkommen angeführt werden. Wenn

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Einzelpreis 70 Heller( einschließl. 5 Heller Porto)

Aus dem Inhalt:

Wiedereinführung

von Feldgerichten

Die ,, Probewahlen" der SdP

Protestaktion

der Saar- Katholiken

Kampfansage Berlins  

Ausbau

an den Vatikan?

Nr. 78

der Rechtsordnung

Schließlich muß der günstige Eindruck vermerkt werden, den heute in allen Kreisen der Kleinen En­tente Minister Krofta gleich nach seiner Ankunft in Belgrad   durch seine Erklärung an die Journalisten hervorgerufen hat und durch die er dem Charakter der gegenwärtigen Belgrader   Tagung des Stän­Die Konferenz des Ständigen Rates der garien und Jugoslawien   sowie das jüngste italienisch- Die Warnung des Ministers vor der lichen Wandlungen, welche bis an die Wurzeln Unsere Zeit ist der organischen Weiterent digen Rates der Kleinen Entente Ausdruck verlich. wicklung des Rechtes nicht günstig. Die wirtschaft= als eine Beratung ohne Senfationen ge- hinsichtlich des soeben ratifizierten italienisch- jugo- lo a rtung sensationeller. Be der Wirtschaftsordnung greifen, die raschen Ber­Tennzeichnet worden. Der Senfationen waren ja flawischen Baftes, der in Belgrad   den Hauptgegen- hlüsse und vor dem Bestreben, die periodische änderungen, welche eine Voraussicht auf längere genug vorangegangen der jugoslawisch- bulga- stand des Interesses der diplomatischen und inner- Belgraber Sizung als einen Meilenstein in der Zeit ſchier unmöglich machen, die politischen rische Patt, der italienisch- serbische Vertrag und politischen Kreise bildet, fonstatiert wird, daß der Entwicklung der Ereignisse zu bezeichnen, wurde rich- Spannungen, welche eine Verständigung über zuletzt noch die Ankündigung einer jugoslawisch- iugoslawisch- italienische Patt nichts an den von den tig verſtanden, so daß auch die gegenwärtige Konfe- großangelegte Gesetzgebungswerke erschweren, die bulgarischen Zollunion daß man auf diesem beiden Vertragsparteien früher übernommenen in- tena der Kleinen Entente   ihren üblichen Arbeits- dringenden Aufgaben des Tages, welche für sol­Gebiet wohl eingebeckt ist und sich in Belgrad   ternationalen Berpflichtungen ändert, dann muß charakter tragen wird und diejenigen eine Enttäusche Werte wenig Spielraum übrig lassen, erweisen füglich mit einer referierenden und registrierenden man annehmen, daß dieser Umstand bei den Bera- chung erleben werden, welche durch die Verbreitung sich als fast unübersteigliche Hindernisse für den Beratung bescheiden kann. Auch das Communi- tungen der drei Außenminister der Kleinen Entente   beunruhigender Nachrichten von vornherein ihre systematischen Ausbau der Rechtsordnung. qué über die Beratungen des ersten Tages betont ausdrücklich erhärtet wurde. Der neueste Versuch ausdrücklich wieder den nicht sensationel der Regelung des Verhältnisses zwischen Italien   und Yen Charakter der Tagung. Jugoslawien   kann daher nicht einmal eine Abwei­Die europäische Presse kommentiert die Bel- chung vom Organisationspakt der Kleinen Entente  grader Konferenz trotzdem sehr lebhaft. Einzelne aus dem Jahre 1933 bedeuten, durch den die Kleine französische Blätter hegen Befürchtun- Entente auch nach der formalen Seite hin auf eine gen wegen der Zukunft der Kleinen Entente  . So feste Grundlage gestellt wurde. meint Echo de Paris", daß Stojadinovič, wenn er feinen jetzigen Kurs fortfche, die Kleine Entente   sprengen würde. Demgegenüber hat schon Donnerstag in traditioneller Weise die Prager Preffe" versichert: Die Belgrader  Konferenz fann nur eine Sensation bringen: Die Sensation der Enttäuschung für jene Unent­wegten, die noch immer mit Differenzen in diesem Staatenbund rechnen."

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Die Auffassung, es gebe Differenzen, ging| bon der irrigen Voraussetzung aus, daß die Kleine Entente   eine Defensiv- Allianz mit allfeiti= gen und uneingeschränkten Garantie­beſtimmungen sei. In diesem Fall würde bie

Richtung, welche die jugoslawische Politik ange= nommen hat, allerdings einen ernsten Bruch dar­stellen. Faktisch war die Kleine Entente  ftets nur gegen den ungarischen Ne­vifionismus gerichtet und auf eine Zusam= menarbeit gegen einen ungarischen Angriff berechnet. Diese Bestimmungen bestehen weiter und niemand denkt daran, sie zu kündigen, ob­schon sie sehr viel an Aktualität verloren haben, ba eine ungarisch  - jugoslawische Verständigung unter dem auf Budapest   geübten Druck Noms und kaum in

Berlin   auf dem Wege und Ungarn   fann ber

Wirksamkeit schwächen wollten.

Nachmittags traten die Außenminister der Kleinen Entente   in Belgrad   zu einer zweiten poli­tischen Beratung zusammen und am Abend nahmen sie an einem Diner teil, das ihnen zu Ehren der tschechoslowakische Gesandte Dr. Girsa auf der tsche­choslowakischen Gesandtschaft gab.

Siegreicher Vormarsch

an der Südfront

Valencia.( Fabra.) An der Südfront schreitet die Offensive der republikanischen Trup­pen im Abschnitt Pozoblanco   fort. Negierungsabteilungen besetzten das Dorf El Soldado an der Eisenbahn, welche Pozoblanco   mit Belmez im unteren Becken Benarroias verbindet, und

eten ununterbrochen ihren Barmaris fort. Das untere Beden von Benarroia

ist ebenfalls in die Hände der Negierung gefallen. Es wurden dort viele Aufständische gefangen­genommen und viel Kriegsmaterial, darunter einige Waggons mit Lebensmitteln und Munition, erbeutet. An einigen Stellen wird der Vormarsch fortgesetzt, ohne auf den Feind zu stoßen. Dieser Umstand beweist, wie groß die Niederlage war, welche die Aufständischen erlitten haben. Die Regierungsabteilungen haben bereits El Soldado überholt und stehen acht Kilometer vor Belmez  .

Die Aufständischen gehen unter dem unaufhaltsamen Angriff der Regierungstruppen ständig zurück und lassen an Ort und Stelle große Mengen von Kriegsmaterial zurück. Es wurden auch Propagandabroschüren in italienischer und deutscher Sprache gefunden. Die Regierungstruppen haben mehr als 100 Gefallene des Feindes begraben. Es handelt sich größtenteils um Ma u= ren, Italiener und Deutsche  .

Wenn es die tschechoslowakische Gesetzgebung dennoch unternimmt, das Gesetzbuch des bürger­lichen Rechtes zu erneuern, und zugleich mit dem materiellen Recht auch das formale, die Prozeß= ordnung zu novellieren, so beweist sie damit er­neut ihren ernsten Willen, inmitten einer vom Faschismus zerrütteten Welt, in der nicht nur das geschriebene Recht, sondern was gefährlicher und folgenfthwerer ist, auch das Rechtsbewußtsein und die Rechtlichkeit untergraben wurde, die Grund­lagen des Rechtsstaates nicht nur zu bewahren, sondern noch zu vertiefen. Auch das ist Dienst an der Demokratie.

Es sind mehr als hundert Jahre verflossen, seitdem unser bürgerliches Gesetzbuch in Kraft getreten ist. Seither ist freilich die Gesetzgebung auch auf dem Gebiete des Privatrechtes feines­wegs stillgestanden. Die Entwicklung des Han­dels- und Gewerberechtes, die wirtschaftliche Ge­febgebung überhaupt,

bes modernen Arbeitsrechtes und die Entfaltung

eine Fülle von Spezialgesetzen, welche zum Teil Ver­hältnisse regeln, die dem Gesetzgeber beim Anbruch des vorigen Jahrhunderts noch gar nicht bekannt fein tonnten, haben sein Geltungsgebiet absolut und relativ eingeengt, einzelne wichtige Parteien find bereits durch die drei Teilnovellen der Jahre 1914, 1915 und 1916 modernisiert worden. Nach dem Umsturz wurde auch das Eherecht novelliert. Nur so ist es zu erklären, daß ein Gesetzbuch aus dem Jahre 1811, das für seine Zeit ein Monu= mentalwerk von höchster Qualität gewesen ist, auch bis in unsere Tage in der Regelung der im Wesen unverändert gebliebenen rechtlichen Bezie= hungen als gutes Gesetzbuch bewährt hat.

Die Basken schlagen heftige Angriffe abit nur weiter anwendbar blieb, ſondern sich Bilbao  . Nach Berichten des baskischen   und Oviedo  . In den Händen der Regierung be­finden sich Bilbao  , Santander und Sebastian und Toruna  . Gijon  , in den Händen der Aufständischen San

2. Die Mittelfront. Sie umfaßt die Frontabschnitte um die Hauptstadt herum, ferner Escorial, Guadarrama  , Somo sierra und Siguenza  .

Staaten der Kleinen Entente   zu unternehmen. Die Bertragsbestimmungen der Klei­ nen Entente   werden auch in Belgrad   keine Verteidigungskomitees haben die Regierungs­Renderung erfahren. Allerdings ist auch nicht Feindes mit schweren Verlusten abgeschlagen, ber truppen bei Gu i puz goy a einen Angriff des zu erwarten, daß sie erweitert werden. Dic Kleine Entente   ist niemals gegen eine der Mittel- an den Drahthindernissen zusammenbrach. Ein europa   benachbarten Großmächte gerichtet gewe- anderer Angriff der Aufständischen wurde bei fen und hat den Fall, sei es eines dentfchen, oder i bar abgewiesen. Einen sehr heftigen Angriff die Front bei Toledo  , Talavera, Avila  , italienischen oder ruffischen Angriffs in ihrem Statut niemals erwogen. Aus der Tatsache, daß eine Erweiterung in gewisser Nichtung wohl von bestimmter Seite wünschenswert gewesen wäre, aber nicht allfeitig gewünscht und daher auch nicht durchgeführt wird, hat man vorzeitig auf einen Bruch" geschlossen.

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entwickelte der Feind bei A l a va, wobei er von zahlreichen Flugzeugen und startem Artillerie­Feuer unterstützt wurde. Trotzdem wurde der Feind nach herorischem Rampf zurückgeschlagen. Borhuten der Regierungstruppen räumten die Gemeinden Jarinto und Maroto und gingen in neue Stellungen zurück, von wo fie fodann& um Die österreichische Presse stellt fest, daß es sich Gegenangriff übergingen. bei dem Störungsfeuer" gegen die Belgrader  Nach dem offiziellen Kommuniqué des Haupt­Konferenz um die gleichen Elemente handle, die quartiers der N or d armee befestigten Regie­sich auch in Desterreich dauernd einmischen möch- rungsabteilungen am Mittwoch die neuen Posi­ten. Die Lockerung des starren Gefüges der Klei- tionen bei Santander und schlugen einige nen Entente, die der Belgrader   Pakt gezeigt hat, Gegenangriffe der Feinde zurück. Auf dem linken werde sich nur günstig auswirken, da, fie auch der Flügel der afturischen Front verfolgten Regie­österreichischen und ungarischen Annäherung rungsabteilungen den weichenden Gegner und be­an Prag   den Weg ebne. Auch das Blatt des mächtigten sich verschiedenen Kriegsmaterials. Batikans Offervatore Romano" hofft auf eine Annäherung im Donauraum. Gegen Burgos  

Die amtliche Mittellung

über die Berhandlungen des ersten Tages lautet Tfch. P.-B.):

Belgrad  . Die erste Sizung des

der Würdigung aller großen internationalen Fragen

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An diesen Grundlagen hält denn auch unser neuer Entwurf fest. Er übernimmt die Systema­tit des alten Gesetzbuches, er bringt aber auch teine umwälzenden Neuerungen im Inhalt. Den­noch bleibt die Revision eines so großen Gesetz­gebungswerkes, dessen Würdigung im einzelnen erst nach gründlichem Studium des umfangreichen 3. Die Ost front. Sie erstreckt sich von der Entwurfes möglich sein wird, eine große juriſti­französischen Grenze über Huesca   und Sasche Leistung, um so bedeutungsvoller für unseren Staat, weil sie zugleich die Vereinheitlichung des ragossa nach Turuel. 4. Die Südfront. Sie umfaßt alle Ab- Zivilrechtes für das ganze Staatsgebiet und da schnitte im Süden Spaniens ven Cadiz über mit für die Länder des ehemals ungarischen Rech­Sevilla nach Osten bis Mala ga und nach tes zum ersten Male eine Sodifizierung des bür­Norden bis Ia en und schließt auch Gragerlichen Rechtes schafft. Und auch die Beden­tung der neuen Zivilprozeßordnung liegt vorwie nada und Cordoba   ein. gend in der Unifizierung.

Von den atlantischen und Mittelmeerhäfen besißen die Aufständischen Huelva, Cadix  , Alge= ciras und Malaga  , ferner die Balearen, die Sta­narischen Inseln und Spanisch- Marokko.

Freilich weist diese Rodifizierung eine Lücke, wie wir nicht verhehlen wollen, eine bedauerliche Lücke auf. Unserem neuen bürgerlichen Gesetzbuch werden Bestimmungen über das Familienrecht Von der Mittelfront: und damit auch über das ganze Cherecht fehlen, Der Verteidigungsausschus der Stadt weil hier die weltanschaulichen Gegensäße nicht zu Madrid   teilt mit: An der Guadalajara  - Front überbrücken waren. Es bleibt auf diesen Gebie­befekten die republikanischen Abteilungen Leten bei der bisherigen Regelung und es kommt sanca. An der Farama- Front und an der hier auch nicht zur Unifizierung. Damit wird Front von Madrid   hat sich nicht Wesentliches er aber auch der Fortschritt der Ehegesetzgebung, der im Jahre 1919 erzielt worden ist, aufrecht er­halten.

Madrid  . Die im Abschnitt bei Burgos   operierenden Regierungs­truppen find um 20 Kilometer vorgeeignet. rückt und haben einen sehr wichtigen

neueroberten

( in der deutschen Wiedergabe des Ständigen strategischen Punkt, das Dorf Sar Rates der Kleinen Entente war einem Ueberblick und gentes, besetzt. Die gewidmet, bie ber heutigen europäischen   Situation Stellungen ermöglichen der Miliz we ihr Siegel aufbrüden. Gleichzeitig geben die Ber- tere vorteilhafte Operationen gegen handlungen aber auch ein Spiegelbild dieser inter  - Burgos  . Außerdem besetten Regie nationalen Ereignisse und des Verhältnisses, welches rungsabteilungen einige minder wich­die Kleinen Entente- Staaten zu allen Problemen tige Gemeinden. einnehmen, die sie direkt oder indirekt betreffen. Hier­Her fallen zum Beispiel die Entwicklung der Greig niffe in Spanien   und die Verhandlungen um das so genannte neue Locarno  , die nach Auffassung der drei Kleinen Entente- Staaten die Sicherheit in allen Tei­len Europas   garantieren sollen.

Die augenblickliche militärische Lage in Spanien   tann wie folgt zusammengefaßt werden: Im ganzen gibt es vier Hauptfronten mit einer Länge von rund 2000 Kilometern:

Gegen Francos Piratentum

Im Bereiche des Arbeitsrechtes tritt die Be Paris. Das franzöfifche Marineministe deutung des bürgerlichen Gesetzbuches in den rium erklärt, daß die französische   Regierung den Hintergrund, denn hier überwiegt die Regelung vaniſchen Aufständischen nicht das Recht einer durch Sondergefege und nur, wo folche nicht be­triegführenden Bartei zuerkannt hat und i baß stehen oder eine bestimmte Frage nicht regeln, demnach die Beschießung französischer Kriegs- greift die Geltung der Bestimmungen unseres und Handelsschiffe außerhalb der Drei- Meilen- Gesetzbuches über den Arbeitsvertrag ein. Die zone von der fpanischen Küste dem Rechte und den bom arbeitsrechtlichen Standpunkte wünschens­Grundfäten der Schiffahrtsfreiheit widerspricht. werte Vereinheitlichung des Arbeitsrechtes hat der Deshalb habe das franzöfifche Marineministerium Entwurf nicht unternommen. Neben Widerstän= allen franzöfifchen Kriegsschiffen die Weifung den politischer Natur standen hier große fachliche erteilt, ben in der Nähe der svanischen Küfte Schwierigteiten im Wege, die sich aus der Viel­fahrenden franzöfifchen Handelsfchiffen Schutz zu gestaltigkeit der Arbeitsverhältnisse ergeben und gewähren und bei der Durchführung dieses die in diesem Rahmen nicht zu überwinden wa­Schutes eventuell auch Brachialgemalt ren. So bleiben im wesentlichen die Bestimmun gen der dritten Teinovelle, die feinerzeit eines

1. Die Nordfront oder a sturische Front. Als bedeutsame Begebenheit der lebten Beit Sie er streckt sich der Küste entlang etiva 15 Kilo tönnen der Batt ewiger Freundschaft zwischen Bul- meter westlich von San Sebastian   bis über Gijon i anzuwenden.