Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh

Einzelpreis 70 Heller( einschließl. 5 Heller Porto)

Aus dem Inhalt:

Herr Rutha

als blinder Passagier

Sonntags- Arbeitersendung über Liblice

Prager Gangster überfallen Bankfiliale

Der Mieterschutz für die Zweizimmerwohnungen

Redaktion und Verwaltung: Prag XII., Fochova 62 17. Jahrgang

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Telephon 53077

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Herausgeber: Siegfried Taub - Verantwortlicher Redakteur: Rarl Kern, Prag Freitag, 9. April 1937

Präsident Dr. Beneš

Nr. 84

Die Partei für die Etrich- Arbeiter Eine Mahnung

zurückgekehrt Im Großbetrieb der Firma Etrich, einer Brag, Um 15.45 Uhr traf der Sonderzug Die Situng des Vollzugsausschusses der greifen, damit den berechtigten Forderungen Jutespinnerei und-Weberei in Jungbuch bei mit dem Präsidenten der Republik Dr. Bene Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei der Arbeiter und Arbeiterinnen nach) men- Trautenau , sind am Montag etiva 1000 Arbeiter und feiner Begleitung wieder auf dem Wilson- hat sich mit dem spontanen Streik der Arbeiter- fch en tu ürdiger Behandlung und in Streit getreten, nachdem Verhandlungen, die Bahnhof ein. Auf dem Bahnsteig hatte eine Ehren- fchaft bei der Firma Etrich in Jungbuch be- einer ihrer Arbeitsleistung entsprechenden in der Vorwoche geführt worden waren, an der kompagie des 28. Infanterieregimentes mit Mufik Hartnäckigkeit der Firma, die vom Sekretär des und Fahne, die Generalität mit den Generalen füßt und beschloß, den kämpfenden Arbeitern Entlohnung Rechnung getragen wird. Deutschen Hauptverbandes der Industrie", Dr. Syrový und Krejči und Vertreter der und Arbeiterinnen ihr volles Verständ- Die Situng richtet an die Arbeiter den Stade , beraten wird, gescheitert sind. Die Polizeibehörden mit dem Polizeipräsidenten nis für ihren Verzweiflungs- Appell, Ruhe und Besonnenheit Empörung der Arbeiter, die ihren Ausdruck in Dr. Charvát Aufstellung genommen. Im Bahn- kampf zum Ausdruck zu bringen. zu bewahren und sich von demagogischen der spontanen Arbeitseinstellung findet, hat ihren hofssalon hatten sich Vertreter der Präsidien bei- Mit großer Empörnng wendet sich Provokationen und heuchleri- Grund in den skandalösen Verhält= der Kammern, die gesamte Regierung mit Doktor der Vollzugsausschuß gegen die in diesem Be- schen Sympathiekundgebungen nissen in diesem Betriebe, die eine Hodža an der Spitze und Vertreter der Prager triebe herrschenden Arbeitsmethoden und das gewisser Parteien, in deren Kreisen sich viele wahre Schande sind. Zentralämter eingefunden, ferner der französische unerträgliche System der Behand- Unternehmer und Antreiber befinden, nicht Um diese Zustände zu verstehen, muß man Gesandte und die Geschäftsträger der jugoslawi- lung der Arbeiter und besonders der Frauen irreführen zu lassen, sondern Disziplin zu plak rücksichtsloser Rationalisierungsmaßnahmen wissen, daß gerade die Textilindustrie der Schau­und Mädchen. halten und den Weisungen der zuständigen Ge- ist. In vielen Betrieben ist das Bedeaursystem Der Vollzugsausschuß erwartet von allen werkschaftsorganisationen, der Union der eingeführt worden, das nichts anderes ist als eine zuständigen Stellen ein energisches Ein- Textilarbeiter, Folge zu leisten.

schen und der rumänischen Gesandtschaft..

Der Präsident wurde von Dr. Hodža, Mi­

niſter Machnik und dem jugoslawischen Charge

d'Affaires Dr. Božič beim Verlassen des Zuges begrüßt. Nach dem Abschreiten der Ehrenkompa­

gnie erfolgte im Bahnhofsfalon eine fehr herzliche Fortdauer der Verhandlungen

Begrüßung mit den beiden Kammerpräsidenten, dem franzöfifchen Gesandten und den Regierungs­mitgliedern. Frau Benešová wurde indessen von

Tellwelse Annäherung- noch keine Einigung

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den anwesenden Damen begrüßt; die Senatorin Donnerstag fanden bei der Bezirks-| bucher Etrich- Arbeiter verhandelt werden. Blamínková überreichte ihr namens des Frauen- behörde in Trautenau wieberum Berhandlungen der Betrieb bleibt nach wie vor von Nationalrates einen Blumenstrauß. Der Präsident über die Forderungen der streikenden Arbeiter bei der Arbeiterschaft besetzt. Die Lebensmittel­fuhr dann mit feiner Begleitung in Autos auf die Etrich in selang, eine teilweiſe Annäherung über der fämpfenden Belegschaft ist unentwegt gut. Jungbuch statt.

zufuhr funktioniert klaglos und die Stimmung Burg. Vom Bahnhof bis zum Wenzelsplatz stan­den trotz der ungünstigen Witterung dichte Reihen einige Forderungen herbeizuführen, zu einer Weiter sind für Samstag Lohnverhandlungen der Bevölkerung Spalier. Einigung ist es jedoch noch nicht gekommen, mit den Flachs- Spinnereien und für Mittwoch Die Rückreise führte über Slawonisch- Brod da noch einige Forderumgen der Streikenden nächster Woche mit den Garn- Bleichen angesetzt. und Agram nach Marburg , bis wohin den Prä- offen find. Die Union der Textilarbeiter verlangt für die Ar­sidenten eine Reihe hoher jugoslawischer Funktio­Am Dienstag nächster Woche finden Ver- beiter aller Branchen die Vorkrisenlöhne, was näre mit dem Eisenbahnminister Dr. Spaho en Schöhung der Löhne der drei einer Lohnerhöhung von 30 Prozent rinnen. Es ist geradezu unmenschlich, welch för. an der Spize begleitete. Die Fahrt durch Dester= Gebiet Trautenau - Hohenelbe gleichkommt. Zu unserem Bericht von gestern reich führte über Graz und Linz . Auf dem Grenz- statt. Erst nach Abschluß dieser Verhandlungen ist richtigzustellen, daß die Arbeiter nicht fünf, fon­bahnhof in Oberhaid und in Budweis erfolgten wird über die besonderen Forderungen der Jung- dern 25 Prozent Lohnerhöhung fordern. Begrüßungen durch die offiziellen Persönlichkei ten und ein zahlreich erschienenes Publikum. Auch in Tabor wurden dem Präsidenten von der B völkerung herzliche Ovationen bereitet.

Der Gegenbesuch

erst in einem Jahr?

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Prag . Vor der Abreise des Präsidenten Dr. Beneš aus Belgrad wurde wie gemeldet zwischen ihm und dem Prinzregenten Paul der Besuch des Prinzen in der Tschechoslowakei vereinbart. Den Informationen des Tsch. P.-B. zufolge wurde als geeigneteste Zeit dieses Besuches entweder der Herbst des heurigen Jahres oder das Frühjahr des nächsten Jahres festgesetzt. Das wahrscheinlichste Datum des Befuches ist Ende Maioder Anfang Junideskommen= den Jahre 8.

Nazi- Gerüchte über Hodžas Wiener Besuch

Sitzung der

Partei- Exekutive Prag . Am Donnerstag fand im Klub un­ferer Abgeordneten eine Sitzung des Vollzugs­ausschusses unserer Partei statt, in welcher der Parteivorsitzende Genosse Dr. Czech einen aus­führlichen Bericht über alle aktuellen wirtschaft­lichen und politischen Fragen erstattete. Der Vollzugsausschuß nahm sodann einen Bericht des Genoffen reiči über den Streit bei der Firma Etrich in Jungbuch entgegen und faßte feine Stellungnahme in einer Entschließung zu sammen, die wir an anderer Stelle wiedergeben. Genosse de Witte berichtete über die Lon­boner Tagung der Internationale, worauf Ge­noffe Paul über seine Reise nach Spanien referierte.

unbedenkliche, hemmungslose Ausbeutung der Muskeln und Nerven der Arbeiter und Arbei= terinnen. In Jungbuch ist man vor einiger Zeit in der Jutemeberei vom Zweistuhl zum Vier­stuhlsystem übergegangen, d. h. ein qualifizierter Weber muß statt zweier Webstühle vier, und zwar breite Webstühle bedienen. Dabei hat man den Leuten die früheren Aushilfen bis auf einen sog. Lehriveber weggenommen. Die Ingenieure haben zwar ausgerechnet, daß durch den Hilfsweber Handgriffe erspart werden, es hat sich aber her­ausgestellt, daß ohne Gefährdung der Gesundheit vier Jutewebstühle von einem Vollweber auf die Dauer nicht bedient werden können. Ebenso be= deuten die automatisierten Spinnmaschinen eine wesentlich größere Anstrengung für die Spinne­perlich Arbeit man von den Frauen ver langt, wie da die Arbeiterinnen die schwersten Ballen heben müssen. Ebenso müssen junge Menschen schivere. Störbe heben eine Arbeit, die für kräftige erwachsene Arbeiter gerade genug Der Vollzugsausschuß befaßte sich sodann ist. Das Pflaster in den Arbeitssälen weist Löcher mit dem Problem der öffentlichen Arauf, welche die Arbeit geradezu zur Gefahr betten, obei insbesondere darauf hingewiefen machen. Bezeichnend für die Firma sind die Slo­wurde, daß bei der Verwaltung des staatlichen settanlagen, die so beschaffen sind, daß in der Straßenfonds zahlreiche durchführungsreife angrenzenden Arbeitsstätte ein Straßenprojekte wegen Mangel an Mitteln un erledigt bleiben. Ueber Antrag des Genoffen at fch wurde beschlossen, entsprechende Schritte einzuleiten, damit der staatliche Straßenfonds im Wege einer Anleihe die notwendigen Mittel für die Durchführung der vorbe­reiteten Straßenbauprojekte, namentlich in den deutschen Notstandsgebieten, zur Verfügung gestellt erhalte.

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estant ist, der Uebelkeit hervor= ruft und den Aufenthalt dort zu einer Qual für Männer und Frauen macht. Innen sind die se losetts jahrelang nicht geweißt worden, obzwar die Arbeiter auf den Schmutz wiederholt aufmerksam gemacht haben. Das sind. Verhältnisse, wie sie in den Fabriken in den acht­ziger Jahren geherrscht haben und aus der sozia­ listischen Literatur bekannt sind.

Alle Berichte löften eine rege Aussprache aus, an der sich sämtliche Mitglieder des Voll- beiter und insbesondere der Ebenso ist die Behandlung der Ar­zugsausschusses beteiligten. Im übrigen wurde eine Reihe organisatorischer und adminiſtrativer würdige. Die Vorgesetzten glauben, daß die Arbeiterinnen eine menschen un

Angelegenheiten erledigt.

Prag . Das tschechoslowakische Pressebüro ist ermächtigt, zu den in einigen deutschen Pro­vinzblättern erschienenen Nachrichten betreffend den letzten Aufenthalt des Vorsitzenden der Ne­gierung Dr. Milan Hodža in Wien zu erklären, Anduja.( Agence Espagne.) Von Stunde| daß der Vorsitzende der Regierung keinen zu Stunde vergrößert sich das Ausmaß des Sieges Vertreter der Familie Habsburg der Regierungstruppen bei Chimorra und Villa­empfangen hat und daß sämtliche an diese harta. Es bestätigt sich, daß diese Niederlage der unrichtige Behauptung geknüpften Kombinationen, Nebellen fast der Niederlage von Guadalajara als ob die tschechoslowakische Regierung unter be- gleichkommt. Die Beute ist noch viel beträchtlicher, stimmten Umständen gegen die Rückkehr Otto als bisher angenommen worden ist. So erhöht sich Habsburgs nach Desterreich keine Einwendungen die Bahl der erbeuteten Geschütze neben den schon erheben würde, vollkommen wüste Erfindungen gemeldeten elf Kanonen auf zwei Flakbatterien. find und jeglicher Grundlage entbehren.

Der Sieg von Chimorra

Ebenso wurden bis jetzt acht Tanks eingebracht.

Die Duelle dieser wie der meisten falschen Neben einer sehr großen Anzahl von Maschinen­und zu bestimmten Zwecken aus durchsichtigem gewehren, deren Zählung noch nicht abgefchloffen Grunde erfundenen Nachrichten scheint der sehr ist, wurde ein ganzer Fahrpark an Lastautos er­ausgebreitete Nachrichten Apparat der beutet. Neben den schon gemeldeten großen Muni­Münchner Neuesten Nachrichten" zu tionsvorräten sind auch mehrere Lebensmittellager fein, der mit dem der 3 eit" ziemlich identisch in die Hände der Sieger gefallen. ist. In den Meldungen hieß es beispielsweise, Hodža habe mit dem Herzog von Hohenberg kon- Reglerung wieder nach Madrid ? Reglerung wieder nach Madrid ? feriert und ihm zugesichert, daß die Tschechoslown­fei einen Teil des seinerzeit enteigneten habsbur= London . Der Korrespondent des News gischen Vermögens wieder herausgeben werde. Die Chronicle" in Valencia meldet, daß die spanische Gerüchte haben ausgesprochen provokatorischen Regierung sich wahrscheinlich zur baldigen Rück­Charakter und sollen einerseits dazu dienen, die tchr nach Madrid vorbereite. Einige Botschaften österreichisch - tschechoslowakische Verständigung zu hätten die Weisung erhalten, zu einer eventuellen torpedieren, andererseits dem Ministerpräsidenten Abfahrt in die Hauptstadt vorbereitet zu sein. Hodža persönlich Schwierigkeiten zu beretten. Bei- Diese Dispositionen seien unter dem Eindruck des des geschicht im Interesse Berlin 8, dem Optimismus getroffen worden, der durch den Er­die Henleinpresse ja bedingungslos zu Diensten folg der Regierungstruppen an der Guadalajara­steht. front hervorgerufen worden ist.

Von der Basken- Front

Madrid. ( Havas.) Wie aus Bilbao ge­meldet wird, haben aufständische Abteilungen Donnerstag einen scharfen Angriff auf den Ab­fchnitt Barazar unternommen, an dem auch auf­ständische Flieger stark beteiligt waren. Die Republikaner leisteten erbitterten Widerstand.

Erklärungen der gefangenen deutschen Flieger

Arbeiter ihre Sklaven sind, über deren Sorgen und Nöten sie ihre ordinären Wize machen kön= nen. Derartige gemeine Bemerkungen werden ganz besonders in bezug auf das Familienleben der Frauen gemacht. Daß auch versucht wird, die soziale Abhängigkeit der Mädchen und Frauen dazu auszunüßen, daß einzelne Herren ihre Lüste befriedigen, scheint zu den Einrichtungen der Firma zu gehören. Dazu kommen schließlich die niedrigen Löhne, für die schwere nerven aufreibende Arbeit, die dort geleistet wird. Die Unternehmer haben die Krise zum Abbau der Löhne mißbraucht und glauben, die Arbeiter wer­den sich Krisen- und Hungerlöhne von 70 bis 80 in Durchschnitt ewig gefallen lassen. Die Ar­beiter wollen menschenwürdig leben und sie wer­den dies im Kampfe durchseßen, wenn das die Bilbao.( Agence Espagne.) Die vier deutschen Unternehmer nicht selbst begreifen. Erst kürzlich in der Osternummer des Tepliẞ- Schönauer Fliegeroffiziere, die an der bastischen Front ge­fangengenommen worden sind, haben vor den bas- Anzeigers" hat der Sekretär des Hauptverban­tischen Behörden ausgesagt, daß die Rebellen in des der Industrie Dr. Reinhold Schmidt zuge ihrem Operationsplan für den 5. April die Ein- geben, daß sich die Kauftraft der Maſſen nicht nahme von Durango und für den 6. April den senderlich gehoben hat" und daß dies ein Hinder­Sturm auf Bilbao angesezt hatten. Die Rebellen nis der Entfaltung der Konjunktur sei. Während haben den heftigen Widerstand, den ihnen die Re- der eine Sekretär der Industriellen in der Zei­gierungstruppen entgegengesetzt haben, nicht er- tung dies feststellt, ist der andere bestrebt, jede wartet. Die Fliegeroffiziere haben weiter aus- Lohnerhöhung zu verhindern. gesagt, daß die Regierungsflugzeuge viel beffer Dieser Herr Dr. Stade, der sich den Kampf find, als die der Rebellen und die Rebellenflieger gegen jede Erhöhung der Lebenshaltung der Tey­daher die Weisung bekommen haben, wenn irgend tilproleten Ostböhmens zur Aufgabe gemacht hat, möglich, den Kampf mit der Regierungsluftwaffe ist übrigens Angehöriger jener Partei, die nun au vermeiden. Für den Zustand hinter der Re- den Streit in Jungbuch dazu benüßen will, im bellenfront ist es bezeichnend, daß einer der gefan- Trüben zu fischen und die Arbeiter mit frommem genen deutschen Offiziere, ein Fliegerhauptmann, Augenaufschlag ihrer Sympathie versichert. Wenn ausgesagt hat, er habe seit vier Tagen teine Ver- die SdP tatsächlich für die Interessen der Arbei­pflegung mehr erhalten. ter eintritt, warum übt sie nicht den Einfluß auf

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