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tft eS, durch Ausbau und F e st i g u n g der Organisatio das Errungene festzuhalten und auszugestalten. Jetzt erst recht müssen die Massen gut organisiert, discipliuicrt werden, d a Errungene kann nur durch eine starke Macht er halten werden. Z�Hkifche Mebevflchk. Berlin , den 26. Juni Im Spiegel des Auslandes. Was man im Auslande über das Deutsche Reich und die deutsche Reichsregierung denkt, ist zwar unseren alldeutschen Wasser- und Landfexen gleichgiltig, allein für vernünftige Menschen ist es durchaus nicht gleichgiltig. Und insbesondere auch nicht für Menschen mit Ehrgefühl und echter Vaterlands� liebe. Die Gesittung äußert sich durch den Werth, welcher auf das Urteil und die Achtung anderer gelegt wird Und die Achtung, welche ein Staat bei den übrigen Staaten genießt, ist für die Staatsangehörigen von hohem moralischen und materiellen Wert, was jedem, der es nich schon weiß, bei einigem Nachdenken klar werden muß. Des- halb ist die Geschichte und das Schicksal derZuchthausvorlage vom nationalen Standpunkte aus so sehr zu bedauern, denn sie hat, ohne der Wirkungen im Innern zu erwähnen, im gel sammten Ausland einen,-dem Reich und dessen Regierung überausungünstigen Eindruck gemacht, und der Achtung des Auslands so großen Abbruch gethan, daß ein paar Dutzend Kiautschou - und Karolinen -Schaustücke den Schaden nicht gut machen können. Daß ein Gesetz, wie das Zuchthausgesetz, in einem civilisierten Staat überhaupt eingebracht werden konnte, be- greift man in England und Frankreich nicht. Was die meisten Zeitungen jener Länder schreiben, kann in Deutschland nicht veröffentlicht werden. Wir wollen deshalb als Probe nur einen Artikel desTemps" von Paris im Auszuge mitteilen. DerTemps" ist bekanntlich das Hauptorgan des französischen Bürgertums, gemäßigt liberal, nach Möglichkeit regierungs- treu und Deutschland gegenüber vielleicht das objektiveste Blatt Frankreichs , Deutschland sehr sympathisch und über die deutschen Verhältnisse ausgezeichnet unterrichtet. In seiner Nummer vom 23. Juni schreibt derTemps" ln seinem LeitartikelIn Deutschland " wie folgt: -- Der bloße Gedanke zu solchen Strafen(Zuchthaus und schweres Gefängnis) zu greifen, wenn nicht die Sicherheit der Gesellschaft es zu einer schmerzlichen, aber absoluten Not« wendigkeit macht, ist geeignet, alle freiheitlichen Gefühle in der deutschen Nation zu empören. Man weiß nur zu wohl, daß es sich um eine durchaus einseitige (umtatirals) um nicht zu sagen parteiische(xartlalv) Maßregel handelt� daß die durch dieses Gesetz belroffenen Handlungengegen_ die Freiheit der Arbeit" zum großen Teil Handlungen sind, die bisher bei A u s st ä n d e n erlaubt waren, und daß es keine Handlungen trifft, welche bei AuS sperrungen von den Unternehmern ausgehen. Wer sich den offenbaren Thatsachen nicht verschließt, muß einsehen, welche beklagenswerten(deplocablos) Folgen die Annahme eines solchen Gesetzes haben müßte. Es wäre einfach eine Kriegserklärung an die arbeitend en Klassen, welche sich zu organisieren suchen, und in dem Koalitionsrecht eins der nicht zahlreichen(rares) Werkzeuge ihrer Befreiung, und in dem Ausstand ein äußerstes, grausames aber wirkungsvolles Hilfsmittel finden. Es wäre eine seltsame Täuschung, wenn man s i ch einbildete, durch die Rückkehr zu den Praktiken der Aera des Belagerungszustandes und der Ausnahmegesetze könne der Fortschritt der Socialdemokratie in Deutschland aufgehalten oder verlangsamt werden. Niemals' hat die deutsche Socialdemokratie größere und raschere Fortschritte gemacht, als unter dem Regime, dessen brutaler Werkmeister Fürst Bismarck war. Einer der Gründe, die 1890 zum Aufgeben des Socialisten- gesetzes führten, war das Belvußtsein der� Not- wendigkeit friedlicher Beziehung en nicht bloß zwischen der Arbeit und dem Kapital, sondern auch zwischen den Arbeitern und dem Staat. Damals war die Erinnerung von dreißig Jahren der Unterdrückung, und von zwölf Jahren des Kampfes auf Tod und Leben(cko guerre k mort) noch ganz frisch; man hatte in den hohen Kreisen von Berlin be- griffen, daß der Zwang(I» contramts) die Wirkung hat nicht einzuschüchtern, sondern zu erbittern; daß die staatliche Autorität nie so weit gehen kann, alle Keime der Revolte zu erdrücken oder zu ersticken, daß sie aber sehr leicht den Punkt erreicht, wo alle Ge- fühle desHasseSund Zornes herausgefordert, und alle Leidenschaften entfesselt werden. Was wir seit einiger Zeit in Deutschland beobachteten, hat die Richtigkeit dieser Auffassung gezeigt.--" So weit der Artikel desTemps". Was nun folgt, hat teils wenig Interesse für uns, und ist teils, so weit eS sich mit der Person des deutschen Kaisers beschäftigt, nicht zur Wiedergabe in einem deutschen Blatte geeignet. Bemerkt sei bloß, daß die Vorgeschichte deS ZuchthauSgefetzes wahrheits- getreu erzählt, und unter sehr scharfe Beleuchtung gestellt wird. Abgeordnetenhaus. Das Abgeordnetenhaus begann heute die zweite Lesung eineS AuSführungSgesetze« zum Bürgerlichen Gesetz» buch. Bei der umfangreichen Vorlage, die m der Kommission eine eingehende Berawng erfahren hat, handelt eS sich hauptsächlich um specielle juristische Fragen. Von allgemeinem Interesse ist der Artikel 14, der sich mit dem Gesinderecht befaßt, und zu welchem die Kommission dm Zusatz beschlossen hat:Der Dienstberechtigte kann seine Entschädigungsanspriiche Ivegen Verletzung der dem Gesinde aus dem Dienstverhältnis obliegenden Ver- pflichtungen gegen dessen Lohnforderung aufrechnen." Während also sonst die Lohnforderungen für unpfändbar gelten. ist hier eme neue reaktionäre Ausnahmebestimmung für das Gesinde zu Gunsten der Herrschast geschaffen. Da- durch, daß daS Plenum gegen wenige Stimmen unter ausdrücklicher Zustimmung deS Justizministers Schön st edt dem Beschluß seiner Kommission beitrat, hat es voi, neuem den Beweis für seine Rück» pändigkeit auf wirtschaftlichem Gebiete bewiesen. Eine lebhafte Debatte riefen die von der Anlegung der Mündelgelder handelnden Artikel 71 bis 74 hervor. Arttkel 72 giebt an, welche Forderungen und Wertpapiere außer den un Bürgerlichen Gesetzbuch genannten als mündelsicher anzusehen find. Entgegen der ursprünglichen Regierungsvorlage hat die Kommission auch die Hypothcken-Pfandbriefe und Kommunal. obligationen preußischer, unter staatlicher Aufsicht stehender Wien « Hypothekenbanken für mündelsicher erklärt. Die Agrarier, die von dem lebhasten Wunsche beseelt find, ihre landschaftlichen Pfandbriefe als sicherer betrachtet wissen zu wollen wie die Hypotheken-Pfand- briefe, beanttagten, die Regierungsvorlage wiederherzustellen. Die sehr erregte Debatte, in die auch die Minister Frhr. v. Hammer» stein und Schön st edt eingriffen, um daS verlangen der Agrarier »U unterstützen, wird morgen fortgesetzt werden. Tie Treiber. Die Scharfmacherpresse ist durch die Niederlage des Zuchthausgesetzes nicht entmutigt. Sie hofft auf einen Um- schwung der Parteistiinmungen im Verlaufe der langen, vom Centrum gewährten Frist, und betreibt ihr Hetzwerk mit un- geschwächtem Eifer. So veröffentlichen dieB. N. N." eine längere Zuschrift, in der es u. a. heißt: Diese Gedanken(des Zuchthausgesetzes) müffen verkörpert. sie niüssen Gesetz werden, wenn die nationale Arbeit, wenn unser Wirtschaftsleben gedeihen und fortschreiten soll. Ter Kampf beginnt erst; er wird von allen denen, die ohne Voreingenommen- heit den offenen, klaren Blick für die Anforderungen deS prak­tische» Lebens bewahrt haben, mit aller Entschiedenheit weiter «nd sicher zum Siege geführt werden." Die Arbeiterschaft erkennt aus solchen Aeußerungen, wie gefährlich es wäre, in dem Kampfe gegen das Knebelgesetz zu rasten I Deutsches Aeich. Neuer Wahltermin. Die Nachwahl für den S. sächsischen Reichstags-Wahlkreis Pirna war, wie wir mitteilten, auf den 12. Juli angesetzt worden. Wir bezeichneten diesen Termin als un- gesetzlichen, da die erforderliche Aufftellung und Auslegung neuer Wählerlisten nicht möglich war. Wir erfahren telegraphisch aus Dresden , daß die sächfische Behörde den Fehler erkannt, den un- gesetzlichen Wahltermin zurückgezogen und einen neuen auf den 18. September angesetzt hat. Es ist erfreulich, daß sich die sächsische Regierung von der Partei, die sie alsPartei der Ungesetzlichkeit" verfehmt, über das, was gesetzlich ist, belehren läßt. EinDe »rschrift"-Richter. Unser Parteigenosse S w i e n t y wurde vom Schöffengericht in Halle a. S. zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt, weil er als ver- antwortlicher Redacteur desVolksblatt" eine Nottz abgedruckt hatte, in der die Zimmerer aufgefordert iverden, nicht die Plätze ihrer aus ständigen Kollegen zu besetzen, und in der der Name eines Zimmer- meisters, der in auswärtigen Blättern Streikbrecher suchte, genannt wird. Das Gericht sah hieringroben Unfug". Den Nach weis, daß die Notiz desVolksblatt" eineBeunruhigung der Bevölkerung" hervorgerufen hat, führt das Gericht u. a. durch olgende Betrachtung: DasVolksvlatt" ist das meistverbreitete Organ der hiesigen socialdemokratischen Partei und wird namentlich von Arbeilern gelesen, selbst wenn sie nicht sich jener Partei angeschlossen haben. Solche Leser des.Volksblattes" werden auf Grund von derartigen Zeitungsartikeln geradezu wider ihren Willen gezwungen, der Arbeit fernzubleiben. Bei der strengen Aufsicht, die die Partei ausübt, sind Arbeiter, welche einem Ausstände sich nicht anschließen, körper liehen Mißhandlungen und Beschimpfungen, wenn nicht noch Schlimmerem ausgesetzt. Die sogenannten Stteikposten beobachten z. B. die Bauten, welche seitens der Arbeiter gesperrt sind, auf das genaueste und suchen die Arbeitenden auf alle Weise zur Niederlegung der Arbeit zu veranlassen. Fügen sich solche Arbeiter nicht, sind sie erfahrungsmäßig Drangsalierungen aller Art ausgesetzt. Also können(ich auch diejenigen Zimmerleute, welche gesonnen sind, bei Zabel in Arbeit zu treten, in Angriff versetzt fühlen. Damit ist der Thatbestand des groben Unfugsparagraphen gegeben. Mit Rücksicht darauf, daß dasVolksblatt' alS ein Hetzblatt schlimmster Sorte zu betrachten und der Angeklagte mehrfach vorbesttast ist, wurde von einer Geldstrafe Abstand genommen und sofott auf 14 Tage Hast erkannt." Das ist ganz Geist vom Geiste der wundersamen Zuchthaus Denkschttst I_ Unnütze Hände. Ein Akademiker sendet uns folgende Nottz: Bei den Reichstagsverhandlungen über die Zuchthausvorlage erwähnte der Abgeordnete Heine auch den Abschnitt der Denkschrift, welcher von dem Beschreiben der Wände an gewissen Otten handelt. Ich möchte dem Verfasser der Denkschrift empfehlen, gewisse Orte an einem gewissen staatlichen Institut zu besuchen; da könnte er was erleben I Ick meine die Universität, und die Verfasser der betr. Inschriften sind die Studenten, aus welchen sich dereinst der og. gebildete Stand rekrutiett, die Lehrer, Aerzte, Junsten, Geheim- räte ec. Ich will Ihr Blatt nicht durch Wiedergabe der dort ausgeschriebenen Schmutzverse besudeln; eine Fülle von Material steht zur Verfügung. Zuschnften wie: Schlagt alle Judenhunde tot und dergleichen, zeigen jedenfalls zur Genüge, weß Geistes Kinder jene Schmierfinken sind. Es zeugt dies von einer Verrohung gerade unter den angeblich Gebildeten, die 'chon, ich möchte fast sagen, der Beutteilung der Irrenärzte anheim fällt. Und diese Leute wagen es dann, wenn sie in ältere Jahr- gänge eingetreten sind, über Verrohung in Arbeitettreisen zu zetern l Herr Miquel, der agrarische Herr Miguel, der den Groß- grundbesitzern gern jeden Wunsch erfüllt, den er ihnen von den Augen ablesen kann, hat sich nun doch die Ungnade der Agratter zu- lezogen, weil er sich vermessen hat, w der Kanalkommission sie Unmöglichkeit darzulegen, alle agrattschen Kompensations-Forde- rungen zu erfüllen. DieKorresp. de» Bundes der Landwitte' 'chreibt: Herr v. Miquel hat eS sich selbst zuzuschreiben, wenn er nunmehr das Vertrauen derjenigen Kreise verloren hat. auf die er ich bisher bei seinen politischen«kttonen stützen konnte. Ein ewisser Grad von Ehrlichkeit ist selbst in der Polittk notwendig. Wenn aber die Kreise, denen vor allem daS Wohl der produkttven nationalen Arbeit am Herzen liegt, immer und immer wieder erleben müssen, daß der Vicepräsident deS Staatsministeriums, der für die Politik in Preußen ausschlaggebend ist, zwar mit Worten immer auf ihrer Seite ist. mit der That dagegen alle ihre Absichten durchkreuzt und lediglich gxoßkapitalisttsche Interessen fördert, so ist es nur zu erklärlich, daß das Bettrauen auf die Aufrichtigkeit von Ver- prechungen vom Regierungstische aus allmählich im Schwinden be- gnffen ist." Undank ist eben der Welt Lohn l Tie Herren Studiosen der Hallischen Universität, denen es verboten wurde, unter freiem Himmel eine Bismarckrede teigen zu lassen und den Kaiser zu feiern, gehen aufS ganze. Sie jaben sich wegen jenes Verbots beschwerdeführend an den Kaiser gewandt. Was daraus werden wird, ist ab- zuwarten. Die jungen Herren in Halle scheinen ja ausgezeichnete Hatrioten zu fem. aber ihre Empörung über daS Verbot verrät nur ein sehr geringes Maß von Gerechtigkeitsgefühl. Man kann über polizeiliche Verfügungen, die daS Redenhalten unter reiem Himmel verbieten, ja gewiß der Meinung fein, daß solche Ver- ügungen gänzlich überflüssig find, und wir find dieser Meinung. Wenn aber solche Verfügungen einmal bestehen, dann müssen sie natürlich nach links und recht» gleichmäßig angewandt werden. Deswegen ollten sich die Herren Studiosi nur beruhigen. Was den Arbeitern recht sein muß, möge ihnen billig sein.-- Sonderbare Anschauungen über die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs hat das Generalkommando de» achten Armeekorps, das in Sachen des Duell» Döttng-Klöwekorn an die»Köln . Ztg." ein Schreiben aettchtet hat. in dem bezüglich der angefochtenen Haltung de» Ehrenrates versichert wird, daß ein Ausgleich nach»solch schwerer, thätlicher Beleidigung" ausgeschlossen ewesen sei. Eine Sühne konnte nur unter schweren tedingunge» eintreten.(Iy Die Bedingungen wurden vom Leutnant Döttnq, ak» dem einzig Zuständigen, ge­stellt. Beim dritten Kugelwechsel erhielt Klöwekorn einen Streisschuß leichtester Art, worauf dessen Sekundanten anmeldeten, daß sie nach dem nächsten Kugelwechsel einen Sühneversuch vorschlagen würden, welches Ansinnen von der Partei Dörings abgelehnt wurde. Beim fünften Kugelwechsel erhielt Klöwekorn den tätlichen Schuß. Eskonnte nur eine Sühne unter schweren Bedingungen eintreten". Etwas absolut Ungesetzliches und gegen das Strafgesetz- buch Verstoßendes wird hier als das einzig'mögliche bezeichnet. Trotzalledem gehören die Kreise, in denen solche Anschauungen herrschen, bei uns zu den st a a t s e r h a l t e n d e n. Tie Einführung des Post-Checkberkehrs und die Errichtung von Post-Checkämtern zum 1. Oktober d. I. ist durch die Vertagung des Reichstags bis zum November unmöglich geworden. Nach dem jetzige» Stande der Vorarbeiten dürfte die Vorlage, wie berichtet wird, in den Reichshanshalts-Entwurf für das Rechnungsjahr 1900 aufgenommen und könnte dann mit dem Inkrafttreten des Etats- gesetzes an, 1. April 1900 ihre Verwirklichung finden. Erst nach- dem die Erfahrungen von einigen Jahren vorliegen, soll die neue Eiiittchwng durch ein Reichsgesetz festgelegt werden. Regulierung der Spree . Im Herrenhause ist die folgende Interpellation eingebracht worden:Veranlaßt durch die großen Wafferschäden des Jahres 1897 hatte die Staatsregierung eine Regulierung des Spreegebietes in Aussicht genommen, einen diesbezüglichen Plan vom MeliorationS -Bauinspektor Wegner aus- arbeiten»nd diesen Plan auch einer größeren Versammlung von Interessenten vorlegen lassen. Seitdem scheinen seitens der Staats- regierung weitere Schritte nach dieser Richtung hin nicht gethan zu sein. Die in diesem Jahre erneut und vergrößert aufgettetene Waffersnot im Sprcegebiete zwingt uns zu der Anfrage: Was gedenkt die königliche Staatsregierung zu thun, um das Spreegebiet, insonderheit die Gegenden des Ober« und Unterspreewaldes vor ferneren Schäden zu schützen?". Wie rüpelhaft sich Streikbrecher betragen, Leute, die angeblich kein Wässerchen trüben, und immer als die armen Be- drängten gelten, dafür wurde jetzt auf einem Dresdener Bau ein hübsches Pröbchen geliefert. In Dresden und Umgegend streiken bekanntlich die Maurer. Auf dem betreffenden Bau arbeiten nur indifferciue Maurer als Streikbrecher, während zu gleicher Zeit organisierte Töpfer dort mit Ofensetzen beschäftigt sind. Einer der- selben hatte nun schon mehrmals bemerkt, daß ihm von seinem Arbeitsmatenal Ziegel weggenonnnen wurden. Sckließlich wurde einer der Maurer dabei auf frischer That erwischt, wie er aus Bequemlichkeit dem Töpfer um nicht weiteraehcn zu müssen Ziegel wegnahm. Natürlich stellte der BetreffendSden Mami in an- gemessener Weise zur Rede und verbat sich für die Zukunft solche Ungehörigkeit. Als der Töpfer nun am anderen Morgen auf seinen Arbeitsplatz kam, war dieser in ekelerregender Weise verunreinigt, indem derselbe als Abort benutzt worden war. Vielleicht nimmt man diesen Vorfall in die»Denkschrift" für ein Zuchthausgesetz gegen Stteikbrecher auf. Ausland. Eine neue Demonstratio« der Wiener Arbeiter fand am Sonntagvormittag im Prater unter freiem Himmel statt, um gegen die neue Gemein dewahl-Ordnung zu pro- testieren und mit dem Bürgermeister Lueger wegen dessen Schmähungen und Beschimpfungen socialdemokrati» scherLehrer abzurechnen. Der beabsichtigte Aufzug der Ar-. beiter zu dieser Versammlung durch die Stadt war von der Polizei verboten worden. Die Demonsttation verlief unter maffenhafter Beteiligung und ohne Konflikt mit der Polizei. ES fanden sich mehr alS fünf« tausend Arbeiter zu der Versammlung ein. Sie harrten dort stundenlang aus, obwohl zweimal ein heftiger Platzregen sich ergoß. Als der Vorsitzende deshalb die Versammlung schließen wollte, beharrten die Arbeiter auf deren Fortsetzung. Alle Redner protestierten gegen Luegers Beschimpfung der Arbeiter, die er»Buben' genannt, unter stürmischen Ausbrüchen der Entrüstung. Die Redner belegten Lueger mit den ärgsten Ausdrücken der Verachtung. Der Advokat Dr. Ellenbogen erklärte unter lauter Zu- stimmung, die Wiener Arbeiter werden nicht ruhen, bis der Bürger- meister Lueger und mit ihm Graf Thun gefallen ist. Der Aus- gleich mit Ungarn bedeute nichts, als den Kampf Ungarns um die Lostrennung von Oestreich. Ungarn sei diesem Ziele nahe, und zwar durch die Schuld jener Staatsmänner, die in den letzten Jahren die Regierung in Oestreich geleitet. Der Arbeiterführer Schuhmeier erklärte, eS werde in Wien nicht früher Ruhe herrschen, als bis die Regierung beweise, daß sie Luegers Stteben bei der Wahlreform nicht unterstütze und deren Sankttonierung verweigere. Schuhmeicr fügte hinzu, daß die Arbeiterdemonstrattonen nicht gegen die Polizei gerichtet wären. Es sei bedauerlich, daß die Polizeiwache ihre freien Sonntage zum Schutz von Leuten aufopfern müsse, die von der öffentlichen Meinung längst gerichtet seien. Nach der Versammlung zogen etwa zweitausend Arbeiter unter lauten Rufen gegen Lueger aus dem Prater durch die Praterstraße auf die Ringstraße, ohne von der Polizei gehindert zu werden. Erst in der Nähe des Rathauses wurden sie aufgefordert, durch Neben- straßen in die äußeren Bezirke zu ziehen, was ohne Widerspruch geschah. Eine Versammlung der bürgerlichen Wähler des neun- zehnten Wiener Bezirkes Döbling hatte beschlossen, unter Protest gegen die Wahlordnung den Arbeitern Anerkennung und Zu- st i m m u n g zu ihrer Haltung gegen die Christlich-Socialen aus- zusprechen und sich an der Protestkundgebung und der Straßen- demonsttatton der Arbeiter zu beteiligen. Oestreich»Ungar ». Dem östreichisch-ungarischen Ausgleich ist am Montag in der ungarischen Deputtertenkammer die Zustimmung erteilt worden. In Oestreich wird der Ausgleich bekanntlich zwangsweise auf Grund des berüchttgten ß 14 eingeführt. Italien . Zum Staatsstreich. Das Dekret, welches die sogenannten Reformen", daS heißt die Knebelgesetze, über den Kopf der Kammer hinweg verkündigt, wurde dem König, wie schon mitgeteilt, durch einen Bericht empfohlen, der zwar die Kammer formell als Instanz der Gesetzgebung anerkennt und auf sie hinweist in Wirklichkeit aber die Kammer beiseite setzt. Es werden Gesetze, die von der Kammer nicht sankttoniert worden sind, von der Regierung für rechtskräftig erklärt: das ist ein V e r f a s s u n g s b r u ch, wie er flagranter nicht gedacht werden kann mit emem Wort der Staatsstreich. Der König hat den Stein ins Rollen gebracht. Was wird der Stein noch ins Rollen bringen? Und was zerschmettern? Die Aufregung in Italien ist groß. Was kommen wird, läßt sich nicht abfehen; wenn aber das Wölfische Telegraphenbureau einen Artikel der.Perseveranza", eines Regierungsblattes, als Beweis da- für anführt, daß die Stimmung in Italien der Regierung günstig fei, so ist das ungefähr ebenso beweiskräftig, als wenn jemand die ' ubelhymne der»Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" über das uchthauSgesetz alS maßgebend für die Sttmmung in Deutsch - nd bezeichnen wollte. Spanien . Madrid , 26. Juni. Die Läden der Stadt sind heute vormittag 11 Uhr zum Zeichen de» Proteste» gegen da» neue Budget ge-