Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh

Redaktion und Verwaltung: Brag XII., Fochova 62 17. Jahrgang

-

Telephon 53077

Die Volksgemeinschaft der Kapitalisten:

Fabrikantenpartel

-

Herausgeber: Siegfried Taub Verantwortlicher Redakteur: Rarl Rern, Prag

Samstag, 17. April 1937

SdP

SdP- Abgeordneter Dr. Kellner als Eigentümer der Firma Etrich In Jungbuch entlarvt

Die Rote Fahne " bringt eine Nachricht,| ternehmern nicht verderben will, weil die SdP die wie eine Bombe in der sudetendeutschen Def keinen anderen Daseinszweckt hat als die Arbeiter fentlichkeit einschlagen wird. Ein Vertreter des zu betrügen, um sie niederhalten und nieder­Blattes hat sich durch Einblick in das Handels- knüppein zu können- wenn sie dazu die Macht regiſter des streisgerichtes Bičin davon, über- hätte, Jungbuch ist eine Mahnungso schrieben

zeugt, daß der SdP- Abg. Dr. A. Kellner Kommanditist( Teilhaber) der Firma Etrich Jungbuch ist. Die betreffende Eintragung in das Handelsregister trägt das Datum 18. Jänner 1937, der eingezahlte Anteil beträgt 125.000.

Daraus geht eindeutig die Verantwortung der SdP für alles, was in Jungbuch geschehen ist, hervor, denn es ist nicht ein einfaches Parteimit­glied, dem die Fabrik gehört, sondern der Inha­ber einer der höchsten Vertrauensämter der Par­tei, ein Abgeordneter, welcher der Mitchef der Firma ist. Man ermesse, was das heißt!

In dem Betrieb des Herrn Abg. Dr. Kell­ner herrschen seit Jahren die standalösesten Ver­hältnisse. Ohne Rücksicht auf Leben und Gesund­heit der Arbeiter wurde dort rationalisiert, ein Teil der Beschäftigten arbeitslos gemacht, ein anderer maßlos ausgebeutet.

Ohne jedes Mitgefühl für die ärmsten Glieder der Volksgemeinschaft

-

wir vor einigen Tagen, eine Mahnung für die Unternehmer. Jungbuch ist auch eine Lehre, eine Lehre für die Arbeiter.

der Sb- Abgeordnete als Fabrikant gegen

Einzelpreis 70 Heller( einschließl. 5 Heller Porto)

Aus dem Inhalt:

Neudorfer Bergarbeiter gewinnen den Streik

Nazistische Aktivität

im Südosten

Phönix- Lösung bevorstehend

Präsident Beneš im

amerikanischen Rundfunk

Nr. 91

von Peterswaldau und Langenbielau 1844 in lauf eine Frau vorzubereiten und durch Provolas einen Verzweiflungskampf trieb. Die SdP tst tionen auszulösen! restlos enthüllt als die Partei der Ausbeuter, als

die Gemeinschaft nicht des Volkes, aber rück­sichtsloser Kapitalisten.

Verhaftet sind bis jetzt 28 Henlein­Leute; von ihnen wurde ein Teil be­reits nach Böhm. Leipa zum Unter­suchungsrichter gebracht.

Ginst haben die Arbeiter den Vorgänger des Ascher Konrad, Herrn Karl Hermann Wolf , mit Ruckerstückchen beworfen, weil er zu jenen ge- Die Genossin ir pal hat Freitag Mittag das hörte, welche die Zuckersteuer eingeführt haben. Warnsdorfer Krankenhaus verlassen und sich Es kommt der Tag- hat ein Sdẞ- Abgeordne- nach ihrem Wohnort Aussig in ärztliche Behand ter gesagt. Ja, es kommt der Tag, wo der weitaus lung begeben. Das Auge ist leider durch den überwiegende Teil der Sudetendeutschen über Glassplitter verletzt worden. Konrad Henlein ebenso denken wird, wie über den Zucker- Wolf, der in der politischen Geschichte als Ein Nachspiel im Parlament Gen. Kögler: ,, Sie wollen die Verbreitung der Wahrheit verhindern!"

Demagog und Arbeiterfeind forilebt.

Am 10. Oftober 1936 hat Henlein in Tep­ litz von der großen Weltanschauung gesprochen, ,, welche wir alle im Herzen tragen". Ja, fie tra­gen es im Herzen: den Haß gegen die Freiheit und die Menschenwürde der Aermsten, während der SdP- Abgeordnete als Fabrikant Dreißiger ihr Wund von den Phrasen der Volksgemeinschaft von Jungbuch, jener Dreißiger, der die Arbeiter überfließt.

die Arbeiter,

Die abgeblitzten Terroristen

Der erbärmliche Ueberfall

von Niedergrund

auf die Genossin Kirpal Die Rolle des SdP- Abgeordneten Rösler Die Berichte über den Verlauf der Ver- sein wildes Heil- Schreien der Henlein - Leute los, fammlung in Niedergrund beweisen übereinstim- was von den Arbeitern mit dem Gesang der In mend, daß es sich um einen wohlüberlegten Plan ternationale" beantwortet wurde, worauf die henſeiniſtiſcher Terrorgruppen handelt, unfere Ver- Henleins ebenfalls zu singen versuchten. Der Ges fammlung zu stören und zu forengen. Die b fang legte sich bald wieder. muk ja den von Herrn Nutha für Desember avifierten Entscheidungstag vorbereiten und ver­fucht deshalb, reichsdeutsche Methoden bei uns ein­zubürgern. Niedergrund hat bewiesen, daß dies so leicht nicht möglich sein wird. Die deutsche Sozialdemokratie wird sich gegen den Henleinterror überall zu wehren wiffen, wie fie fich in Niedergrund gewehrt hat. Die Tage vom Mai 1935, da man fich einbilden konnte,

unfere Bewegungsfreiheit durch Lerrorbanden zu behindern, find vorüber! Aber wir werden auch dafür sorgen, daß die Gefährdung des Staates durch die Einbürgerung terroristischer Aftionen entsprechend erkannt und von den zu.

ständigen Stellen rechtzeitig und entschieden ver. hindert werde.

Genoffe Eger wollte gerade zur Eröffnung der Bersammlung schreiten, da schrie der Abgeord nete Rösler ohne jedweden Anlaß mit aller Stimmengewalt laut in den Saal zu den RW­Leuten hin: Konsumkoſaken, ſtillgeftanden!"

Eine Sefunde herrschte lautlose Stille, alle

In seiner freitägigen Parlamentsrede brachte Genosse Kögler auch die empörenden Vorfälle in Niedergrund zur Sprache. Er prangerte an, daß ein Boltsvertreter an der Spitze von Ord nern in eine sozialdemokratische Versammlung ein­dringt und sich nicht geniert, Kräfte auszulösen, die mit gefüllten Biergläsern und Bierflasch en gegen eine wehrlose Frau - eine Parlamentarierin auf der Bühne loss gehen! Dr. Neuwirth( SdP): Ich werde eine Ge­gendarstellung geben!

-

Kögler: Wir verstehen, daß Sie das auf­regt, aber ritterlich ist das nicht! Es hat den An schein, als ob die Nervosität, die die Herren von der SdP ergriffen hat( 3wischenrufe), darauf zurückzuführen sei,

daß sie mit allen Mitteln verhindern wollen, daß die deutsche Oeffentlichkeit, daß ihre Wähler die Wahrheit über die Mög= lichkeiten und die Wege der Verständigung der Nationen in diesem Staat hören. Sie wollen verhindern, daß die Wahrheit ins Volk dringt, daß irregeleitete Arbei ter, Bürger und Bauern ihren verhängnisvol­len Irrtum einsehen und zur Besinnung fom men, die gleichbedeutend mit der Verur. teilung der SdP Bewegung und mit der Abkehr von ihr ist!

=

wurde ein Arbeiter, der früher zwei Webstühle bedient hat, zu vieren gestellt, wurde also das doppelte Arbeitsquantum aus ihm herausgepreßt, wurde den Frauen bei den automatisierten Spinnmaschinen das letzte bißchen Kraft aus den Muskeln geschunden. In der Krise wurde von den Bejibern der Fabrit, die in Versammlungen vor­gaben, nichts liege ihnen mehr am Herzen als das Wohl des deutschen Volkes, die Löhne auf ein unmenschliches Maß herabgedrückt und sie weigern sich in der Konjunktur, da diese Dema­fühlten aber, daß das zu viel an Beleidigungen gogen ihre Taschen füllen, den Arbeitern einen wir uns das gefallen lassen? Hinaus mit ihml" war, und ein Arbeiter rief: Arbeiter, können bescheidenen Anteil an ihren Gewinnen zu geben. Sie haben, diese Prediger der Volksgemeinschaft, Da nahm Abgeordneter Rösler sei nicht einmal dafür gesorgt, daß die deutschen nen Stuhl, um auf Genossen Rücker Männer und Frauen, die für sie schuften, einen von Niedergrund einzuschlagen. ordentlichen Abtritt haben, sie haben es, diese Heuchler, zugelassen, daß über die Frauen die Nun erst langten die empörten sozialdemokrati­ordinärsten Wipe gerissen wurden, daß die Fami­schen Arbeiter zu, allerdings kräftig. Die Hen­lienehre braver Menschen in den Rot getreten leins warfen jetzt zunächst alles Greifbare, wie wurde, daß sich deutsche Mädchen die widerlich vom Schlage eines Herrn Rösler nicht in eine ich en usw. nach der Bühne, vor allem aber nach Warnsdorf. Daß ein Henlein- Abgeordneter Biergläser, gefüllte Bierflas von Unruhen" im deutschen Siedlungsgebiet der sten Anträge gefallen lassen mußten, damit sie sozialdemokratische Versammlung kommt, um sich der Genoisin Kirpal. Sosialdemokratische Frauen, nicht erwerbslos werden. Schließlich blieb den etwa mit der Genossin Kirpal über politische die von der Galerie des Saales aus diesen völ­Textilsklaven von Jungbuch nichts anderes übrig. Probleme auseinanderzusetzen, weiß man. Daß tischen Mannestaten zusahen, schrien vor Erre­als vor aller Welt gegen diese SdP- Methoden zu aber ein Rösler nicht davor zurückschreckt, seine gung und Erbitterung. Rösler wurde nun mit protestieren, die Arbeit niederzulegen, in die Mannen darauf einzustellen, einen regelrechten feinen Leuten regelrecht aus dem Saal geprü Oeffentlichkeit zu flüchten und in die Welt hin- brutalen Angriff auf eine Frau zu unternehmen, gelt. Wir danken der Warnsdorfer Abwehr", auszuschreien: Nun ist's genug! das muß man denn doch erst miterlebt haben, um daß sie wenigstens zugibt, daß von den 300 ver­Für all diese Zustände, welche an die es zu glauben. Was man am Donnerstag Abend sammelten Teilnehmern etwa die Hälfte aus Scheußlichkeiten der Anfänge der kapitalistischen in der Saalschlacht in Warnsdorf- Niedergrund, SDP- Anhängern bestand". In den anderen Wirtschaft gemahnen, tragen die der Partei Kon- die Mösler provoziert hat, sehen mußte, das Blättern hat man schamhaft schreiben lassen, daß rad Henieins angehörenden Eigentümer der fonnte nur unaussprechlichen Ekel vor diesen sich nur 50 Henlein - Anhänger im Saal waren. Etrichbude die volle Verantwortung und wir stel- Deutsche , nennenden Männern erregen. len an die Sudetendeutsche Partei in aller Def­Das Ergebnis ist rein äußerlich betrachtet fentlichkeit die Frage, was sie dazu zu sagen hat Denn, als die Genoffin Kirpal bereits Folgendes: Die Sozialdemokraten sind gekom­und was sie zu tun gedentt? Der Herr Abg. verletzt war, haben die Streiter Rös, men, um einen Vortrag der Genossin Kirpal zu Wollner hat vor einiger Zeit gesagt, wer sich an lers immer noch ihre Wurfgeschoffe hören, und nicht, um zu raufen. den Interessen der Arbeiter vergehen werde, fliege zur Bühne auf die Genoffin Kirpal aus der SdP hinaus. geschleudert.

B

Der Henlein Abgeordnete Rösler kam mit der Absicht, diese Versamm lung durch einen Radau unmöglich zu machen.

Der neue Radikalismus, den die SdP ent­wickelt, ist ja allzu durchsichtig. Er soll die Tat­sache der Erfolglosigkeit Ihrer Poli­tik verdecken, meine Herren!( Neue Zwischenrufe bei der Sdp.) Schließlich liefert man dadurch auch wieder Stoff für den Leipziger Sender, der ESR sprechen kann. Die Organe der demokrati­schen Republik werden gut tun, dafür zu sorgen - und sie werden das wahrscheinlich auch befor der Entwicklung gesichert bleibe! gen­11 daß der friedliche und ordentliche Gang

-

Dr. Neuwirth: Schafft die Note Wehr ab! Krejči: Ausbauen werden wir fic! terschaft wird ihre ganze Kraft dafür einsetzen. Kögler: Die sozialdemokratische Arbei­daß dieser Zustand der Rechtsverletzungen, die fich in letter Reit geradezu systematisch wiederholen, einmal aufhört!( Beifall.)

Der SdP- Redner schweigt!

Nach Kögler fant sofort Herr Dr. Neu wirth zu Wort. Man war gespannt, was er nach seiner erregten Ankündigung, er werde eine Wann wird also der Abgeordnete der SbP. Genossin Kirpal hätte sicher noch empfindlicher Gegendarstellung" geben, zu den Herr Dr. Kellner, aus der SdP hinausfliegen? verlegt werden können, wenn die feigen Rauf­Vorfällen zu sagen" aben und wie er feinen Herr Konrad Henlein und seine Kumpane müs bolde von den empörten Arbeitern nicht so rasch Wer die Prügel bekommen hat, das wissen heute Klubkollegen Nösler zu verteidigen sich unter­sen sich entscheiden, denn die sudetendeutschen und kräftig hinausgeprügelt worden wären. die Henleins selber. fangen werde. Dr. Neuwirth ging aber, ohne Arbeiter werden sich eine solche Doppelzüngigkeit Da in der Warnsdorfer Abwehr vom Aber wir geben dem Blatt Necht, das auch nur im geringsten die Angelegenheit zu strei­nicht weiter gefallen lassen. Als seinerzeit in Freitag bereits eine frei erfundene Notiz erschien, schreibt, daß der Vorfall tief beschämend für das fen, fofort zu einer rein fachlichen Besprechung Prag der Insignienstreit tobte, da ſagte die wollen wir in stürze noch einmal den Hergang Sudetendeutschtum sei, jawohl, eine Schande für des Bürgerlichen Gesetzbuches über und brachte Rundschau", daß Kohrad Henlein während der ber Ereignisse feststellen: Im ganzen Grundtal diejenigen, die diese Methoden von auch weber im späteren Verlauf der Nede, noch Stampftage unter den Professoren und Studenten wurde den ganzen Tag über geflüstert, daß diese Deutschland nach hier einges am Schluß auch nur ein einziges Wort über die der Prager Universität geweilt habe. fozialdemokratische Versammlung nicht stattfinden führt haben. Diese Methoden sind nur von Busammenstöße heraus!

"

Wo war Konrad Henlein , als die ausgehun- dürfe. Um acht Uhr abends sollte die Verſamm- einer Partei eingeführt worden und werden nur Wieso ihm im Verlauf weniger Minuten die gerten Proleten, die gefchundenen Frauen und lung beginnen. Um halb acht Uhr war der Ab- von einer Partei praktiziert, von der Hen- Courage, die Heldentaten seines Klubkollegen zu die beleidigten Mädchen von Jungbuch um ihr geordnete Rösler bereits im Restaurationsraum lein- Parteil Wenn sich aber die anderen Sude- verteidigen, so restlos abhanden kommen konnte, Leben und ihre Menschenwürde lämpften? der Wirtschaft, in deren Saal die Versammlun, tendeutschen diese politischen Gangstermethoden bleibt ein psychologisches Rätsel, das uns Dic War er bei den Opfern der Ausbeutung? Woher! abgehalten werden sollte. Er empfing, dort ver- nicht gefallen lassen, dann jammert die fäufliche Beit" hoffentlich aufklären wird. Er sah sich in Deutschland irgendwo die Vorführ schiedene seiner Leute und entließ sie wieder, fünf Presse über den Terror der Sozialdemokraten! Wollte Herr Dr. Neuwirth etwa doch dent rung der Ascher Turnschule an, das Lächeln bis sechs Mann saßen um ihn herum am Tisch. Wir warten das Ergebnis der polizeilichen ei paiger Sender den Vortritt in der von ein paar Nazibongen, war ihm Gegen dreiviertel wichtiger, als die Leiden fubeten. Gaal umb fourbe bort mit gut er in den Grhebungen ab. Wir haben es nicht nötig nach Lügenhaften Darstellung der Zuſammenſtüße laf­mit Heilrufen empfangen, Art der Senlein- Leute zu winseln und zu lügen. fen oder hatte er mittlerweile eingesehen, daß Deutscher Proletari er. Konrad Ben- bie unsere Leute unerwidert ließen. Als die Ge- Wir haben ein reines Gewissen. Wir feßen aber man derartige Bubenstreiche eben überhaupt lein ist nicht in Jungbuch gewesen, well noffin tirpal in, Begleitung des Genossen Eger auch hinzu: wir haben auch noch ein paar fräf nicht verteidigen kann? Auf ein er sich gefürchtet hat, weil er ein schlech- den Saal betrat und sie mit Freundschaftsrufen tige Arbeiterfäuste gegen die traurigen völtischen bloßes Vergessen" möge fich Herr Dr. Neu­tes Gewissen hat, weil er sichs mit den Un- von den Sozialdemokraten begrüßt wurde, ging Selden, die sich nicht schämen, einen Ueberfall wirth aber nicht ausreden, das wäre zu lächerlich!

"