Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   ſozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh

Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62

17. Jahrgang

Zwittauer Arbeiter

an SdP- Abg. Dr. Kellner:

In Zwittau   fand Samstag, den 17. April, eine massenhaft besuchte öffentliche Versamm lung statt, in der der Beschluß gefaßt wurde, an den Abgeordneten der SdP Dr. Kellner in Trautenau   folgendes Telegramm zu richten:

" Tausende im Elysiumfaal in Zwittau

verfammelte Arbeiter, Arbeiterinnen und An­gestellte fordern Sie auf, nicht nur von der Volksgemeinschaft zu reden, sondern auch im fozialen Geiste zu handeln und die Forderun­gen der streikenden Etrich- Arbeiter restlos zu erfüllen."

Wir sind neugierig, ob Herr Dr. Kellner der Aufforderung der Tausenden in Zwittau   Ver­sammelten Rechnung tagen, seine Pflicht tun und die Forderungen der Etrich- Arbeiter restlos bewilligen wird.

Faschismus im Abstieg

Auch de la Rocques Partei bei Nachwahlen überraschend geschlagen Paris  . Bei den Ergänzungswahlen in Mor­ tain   in der Normandie   wurde mit einer knappen Mehrheit der Kandidat des Zentrums, M a Ion, gewählt, für welchen auch die Wähler der Volks­front stimmten. Der Kandidat der sozialen" Partei des früheren Feuerkreuzlers, de la Rocque, der im ersten Wahlgang die größte Stimmenanzahl erhalten hatte, unterlag wider

Erwarten.

Es war das erftemal, dat de la Rocque bei Rammerwahlen seinen Kandidaten aufgestellt hatte. Da dieser Wahlkreis bisher immer reaktio­när gewählt hatte, rechnete er mit einem sicheren Siege, wurde aber ebenso schwer enttäuscht, wie eine Woche vorher Degrelle   in Brüssel  .

Vormarsch bei Teruel

Valencia. Wie ein Bericht des Luft­fahrtministeriums befagt, haben Regierungsflug­zeuge an der aragoniſchen Front die feindlichen Stellungen in der Umgebung von Teruel  bombardiert. Es wurden sechs Anflüge unter­

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Telephon 53077 Herausgeber: Siegfried Taub  

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Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag  

Dienstag, 20. April 1937

Einzelpreis 70 Heller( einschließl. 5 Heller Porto)

Aus dem Inhalt:

Der französische   Sozialismus einig

Vom liberalen Organ

zum Boulevardblatt

Neuer Ueberfall auf einen sozialdemokratischen

Funktionär

Der Streik auf dem Robert- Schacht beendet

Arbeitendes Volk! Genossinnen und Genossen!

Wir rufen Euch zur Feier des 1. Mai im Zeichen des Wiedererstar­kens und wachsenden Selbstbewußtseins der demokratischen und sozia listischen Kräfte.

Noch hält der Faschismus große Völker unter dem eisernen Joch seiner Diktatur, in der nicht nur die politische Freiheit, sondern auch jede geistige Regung und die Menschenwürde unterdrückt ist. Noch ver­scht der Faschismns durch immer neue diplomatische Intriguen und sein fortwährendes Eingreifen in alle politischen Konflikte ganz Europa   in einen Zustand der Unruhe. Gerade weil die Diktaturen durch ihre inne­ren Spannungen und ihre wachsenden wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten unterwählt sind, suchen sie in außenpolitischen Aben­teuern einen Ausweg aus ihren Krisen und eine Ablenkung für die wach­fende Unzufriedenheit ihrer geknechteten Völker. Noch immer ist der Fric. den der Welt durch den Faschismus ernstlich bedroht.

Aber der Faschismus hat in den letzten Monaten eine Reihe von Niederlagen erlitten. Der unbengsame Widerstand des spanischen   Vol­fes gegen eine zahlenmäßige und technische Uebermacht hat bewiesen, daß der Freiheitswille, die Opferbereitschaft und die Tapferkeit eines helden mütigen Volkes stärker sind, als die Kräfte der Unterdrückung, daß die Demokratie siegen kann, wenn sie zu kämpfen versteht. Indem wir das heroische Ringen des spanischen   Volkes mit Bewunderung und leiden­schaftlicher Anteilnahme verfolgen, werden wir uns bewußt, daß mit der Freiheit des spanischen   Volkes auch unsere Freiheit verteidigt wird. Wir werden uns der Verpflichtung bewußt, auch unsere Kräfte bis zum äußersten für die Verteidigung unserer Freiheit, unserer Demokratic einzusehen.

Aber auch der Abwehrwille der demokratischen Staaten gegen die außenpolitischen Abenteuer durch den Faschismus ist erstarkt. Die Ent­schlossenheit, vor faschistischen Drohungen nicht zurückzuweichen, ist ge­wachsen. Noch sind die faschistischen Gefahren nicht gebannt, aber die Front des Friedens ist stärker geworden. Stärken auch wir die Front des Friedens durch machtvolle Maikundgebungen für den Frieden der

Welt!

Die Tschechoslowakische Republik steht mit ihrer äußeren, wie mit ihrer inneren Politik unerschütterlich in der Front der Demokratie und des Friedens. Unsere Demonstrationen für den Frieden der Welt find darum zugleich ein Bekenntnis zur Republik, zu ihrer Friedenspolitik und zu ihrer demokratischen Ordnung. nommen, an denen sich 21 Flugzeuge beteiligten. Durch die nationalpolitischen Vereinbarungen vom 18. Feber hat Die republikanischen Soldaten haben wich- die Tſchechoslowakische Republik einen Schritt von hiſtoriſcher Bedentung, tige Stellungen erobert, die die Straße Albarrai- eine große politische Tat zu ihrer inneren Festigung gesezt. Sie hat an­cin- Teruel   beherrschen, wobei dem Feinde er- erkannt, daß die demokratische Ordnung nicht nur die formelle Gleich­hebliche Verluste zugefügt wurden. Der Vor- heit vor dem Geset, sondern auch die wirtschaftliche, soziale und kultu­marsch der republikanischen Truppen bei Teruel   relle Gleichberechtigung garantieren muß. Aber diese Grundsäge werden schreitet weiter fort. umso lebendigeren Inhalt, umso stärkere Wirksamkeit gewinnen, je ent­schloffener sich auch das judetendeutsche Volk zu den Grundsäten der Demokratie und der Völkerverständigung bekennt. Wer demokratische Rechte verlangt, muß auch die demokratischen Pflichten erfüllen. Wer von der Republik   kulturelle und materielle Förderung erwartet, der muß auch zur Republik   stehen. Darum rufen wir Euch auf, am 1. Mai in impo­santen Kundgebungen für die Republik   zu demonstrieren.

Die Südarmee hat einen Angriff der Auf­ſtändiſchen energiſch abgewieſen und dem Feinde. der nicht zurückweichen konnte, große Verlufte

zugefügt.

Valencia.( Reuter.) Der Korrespon dent der Presseagentur Febus berichtet, daß die Regierungstruppen an der Guadalajara  - Front etwa um 8 Kilometer vorgerückt und sich des wich­tigen Eisenbahnknotenpunktes Robledo de Chavela unweit des Escorial sowie mehrerer fleinerer Dörfer bemächtigt haben. 500 auf feiten der Aufständischen gefallene Personen wurden be= reits bestattet, weitere Leichen liegen noch auf dem Schlachtfelde.

Bombardement belebter Straßen in Madrid  

Nr. 93

Die wirtschaftliche Situation hat sich gebessert. Die Produktion ist im Aufstieg, der Export hat zugenommen und damit ist auch die Arbeits­losigkeit zurückgegangen. Die arbeitenden Menschen sehen wieder, daß Not und Arbeitslosigkeit kein unvermeidliches Schicksal ist. Sie fühlen sich wieder als die notwendigen, als die eigentlichen Träger der Produk­tion und sie wollen darum nicht mehr ertragen, daß fie für ihre Arbeit, auf welcher der Neichtum der Gesellschaft beruht, karge Löhne und men­schennnwürdige Behandlung hinnehmen sollen. Die Welle der Lohnbewe­gungen, die bereits eingesetzt hat, ist ein lebendiger Beweis für das wie­dererwachte Selbstbewußtsein der arbeitenden Menschen, Dieses Bewust­sein zu stärken, dem Kampf der arbeitenden Menschen um ein größeres Stück Brot vergrößerte Kraft und neuen Antrieb zu geben: auch das ist die Aufgabe unserer Kundgebungen am 1. Mai. Kommt alle, um für die sozialen Rechte der arbeitenden Menschen zu demonstrieren!

Das wiedererstarkte Selbstbewußtsein der Demokratie zerstreut auch die Nebel der faschistischen Ideologic. Durch ihren Kampf gegen das nationale Verständigungswerk hat die Sudetendeutsche Partei   erneut bewiesen, daß sie kein positiver Faktor der sudetendeutschen   Politik iſt. Indem sie den Arbeitslosen rät, weiter zu hungern und auf ein Wunder zu warten, erweist sich ihre Agitation als Irrlicht und Blendwerk. Ihre Haltung in den sozialen Auseinandersetzungen zerstört auch das Trng­bild der Volksgemeinschaft. Die Sudetendeutsche Partei   hat den sozialen Kampf und die organisatorische Kraft der Arbeiter durch das bloße Ver­sprechen ersehen wollen, daß sie unſoziale Unternehmer in ihren Reihen nicht dulden wird, und nicht einmal dieses Versprechen hat sie gehalten. Die arbeitenden Massen erkennen, daß nicht in der Volksgemeinschaft mit Kartellherren und Bankmagnaten, sondern nur im Kampf gegen sie ein besseres Schicksal für sie alle, für die Arbeiter und Bauern, für die An­gestellten, Intellektuellen und Gewerbetreibenden errungen werden kann.

Gerade der Wiederaufstieg der Wirtschaft beweist, daß eine kapita­listische Konjunktur nur den Profit vermehrt, aber die sozialen Bedürf­nisse des schaffenden Volkes nicht befriedigen kann. Gerade die kapitali­stische Konjunktur muß die Ueberzeugung verbreiten und festigen, daß nur eine Nenordnung der Wirtschaft die Not des Volkes zu überwinden vermag. Nicht die trügerischen Verheißungen des Faschismus, sondern nur sozialistische Ordnung, die der organisierten Gesellschaft die Verfü­gung über den Reichtum der Gesellschaft verleiht, kann die materielle Wohlfahrt und die kulturelle Entfaltung des ganzen Volkes verwirk­lichen. Darum rufen wir Euch alle zur Kundgebung des 1. Mai als einer gewaltigen Manifestation des ganzen Volkes für eine neue Gesell­schaftsordnung.

Genossinnen und Genossen!

Ihr habt schwere Zeiten der wirtschaftlichen Not und des politischen Druckes erlebt. Aber Ihr habt ihrem An­sturm kühn die Stirn geboten. Sie haben Euch gestählt für die neuen Kämpfe, die uns noch bevorſtehen.

Darum auf zur Kundgebung unter den Fahnen der Freiheit, des Sozialismus und der Völkerverständigung! Auf zum Kampf für die Republik  , für den Frieden und für eine neue Gesellschaftsordnung!

Der Vorstand der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei

Ungarn   verständigungsbereit?

Daranyls Bedingungen für Donau- Entente:

,, Gleichberechtigung" und Minderheitenschutz

fächlich bei den Wirtschaftsverhandlungen mit dem Ausland erreichten Ergebnisse zu danken.

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Zu seinem innenpolitischen Programm er flärte Ministerpräsident Daranyi, die Regierung wolle der einzig richtigen christlich- nationalen Richtung durch eine fortschrittliche, konservative und sozial volkstümliche Politik dienen. Diftatu Das ſamstägige Vombardement hat in Ma­brid zahlreiche Opfer an Toten und Verletzten ungarischen Regierungspartei in Szeged   hielt der souveräne Staat. Budapest  . Anläßlich einer Kundgebung der Recht auf nationale Sicherheit wie jeder andere ren allein seien nicht in der Lage, Probleme zu lösen. Diktaturen entstehen nur dort, wo es sonst gefordert, weitaus mehr, als man zunächst an- Ministerpräsident Daranyi eine Rede, in der zur feinen anderen Ausweg gibt. Ties treffe glück­genommen hatte. Bis jetzt wurden 15 Tote und Die heutige Lage, welche die vitalsten Inter- licherweise für Ungarn   nicht zu. Es existieren feine gegen hundert Verletzte gezählt. Die Granaten Außenpolitik Stellung genommen wurde. Daranyi effen der Nation aufs Spiel fete, fei unhaltbar. diktatorischen Bestrebungen. Ma n che Ver fielen in einen Bezirt, ber keinerlei mili- erklärte, Ungarn   wolle weiterhin stets den Inter  - Daraus folgere, daß Ungarn   einen jeden die rüd te träumen zwar so sagte Daranyi- tärischen Bebeutung hat. Es scheint, eſſen des wirklichen Friedens dienen. Ungarn   Kooperative der Donaustaaten von Dingen, die nicht ernst zu nehmen ind. Ihre baß das Feuer a 6 f i cht I ich auf dichtbevöl- bleibe seinen Freunden treu und erblicke in der betreffenden Vorschlag nur auf der Grundlage Agitationen aber werden schonungslos unterbun ferte Straßen und nicht auf die Gebäude gelenkt Busammenarbeit der Staaten des Nompaktes die vollkommener Gleichberechti- den. Es gebe unleugbar eine Judenfrage in Un­beste Garantie in Mitteleuropa   für die friedliche gung zu überprüfen geneigt sei. Ebenso müßte garn. Das Wesen dieses hauptsächlich wirtschaft­Entwicklung. Ungarn   sei bereit, die Bahn forret Ungarn   daran festhalten, daß der Schuh der lichen Problemes bestehe darin, daß die Verhält­Die Kontrolle in Kraft ter Verhältnisse auch zu jenen Staaten zu ebnen, ungarischen Minderheiten durch niszahl der jüdischen Bewohner in Ungarn   grö­Bar 1&. Die im Hinblick auf den ſpaniſchen   bon es heute noch Bürgerkrieg eingesetzte internationale Kontrolle ger große Gegenfäße getrennt werde. Ungarn   Ohne befriedigende Regelung der Minderheiten das Judentum im wirtschaftlichen Leben in einem, tum Mitternacht auf Dienstag in Kraft ge- wolle die schwebenden Fragen mit diesen Staaten fchicfale könne sich zwischen Ungarn   und den auch diese Zahl weit überschreitendem Maße zur feten. Die franzöfifchen Behörden haben überall durch Vereinbarungen regeln, vorausgesetzt, daß Staaten der Kleinen Entente   kein normales Ber- Geltung kommt. Die ungarische Judenfrage könne in Grenzgebiete e den internationalen Kontroll- auch sie ein ähnliches Wohlwollen zeigen, und daß hältnis herausbilden. Der politischen Busammen aber nicht durch Straßenkundgebungen und behörden Kanzleien, Häfen und die Exekutivor- die natürlichen Forderungen Ungarns   auch auf arbeit der Rompakt- Staaten sowie dem auf Schlägereien gelöst werden. Die Regierung werde ne der Gendarmerie und der Republikanischen der anderen Seite eine entsprechende Anerken Interessengemeinschaft aufgebauten Freund gegen die Ruhestörer mit der vollen Strenge des Garden zur Verfügung gestellt. nung finden. Ungarn   habe unstreitig das gleiche fchaftsverhältnis zu Deutschland   seien die haupt- Gesetzes vorgehen.

wurde.

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