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Dr. Heller im Senat:

Freitag, 23. April 1937

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Der ,, neue Humanismus'

auch Richtschnur für das neue Bürgerliche Gesetzbuch Pr

( a g. Im Senat beschäftigte sich Genoffe Dr. Heller eingehend mit dem neuen Bür­gerlichen Gesetzbuch, wobei er nicht verschwieg, daß er die Vorlage für etwas zu konservativ halte und es daher für notwendig erachte, fie in den Aus­schußverhandlungen mehr der Entwicklung anzu­passen, die unsere politischen und sozialen Verhält­nisse genommen haben. Er führte u. a. aus:

Es ist kein Zweifel, daß unser Bürgerliches Ge­setzbuch, das sicher ein sehr gutes Gesetzbuch war. einer Erneuerung bedarf, und nicht nur aus Grün­den der Unifizierung, sondern auch deshalb, weil sich in den 120 Jahren seines Bestehens die Verhältnisse geändert haben.

Durch die Schaffung eines neuen Bürgers lichen Gesetzbuches werden viele Bande zerrissen, die uns bisher mit anderen Ländern verbunden haben. Das A. B. G. B. ist ja noch im heutigen Desterreich und in großen Teilen der Nachfolgestaaten in Gel­tung. Doch ist die Notwendigkeit der Unifizierung und Modernisierung unseres Rechtes unstreitig größer als die Notwendigkeit der Aufrechterhal tung des Zusammenhanges mit anderen Ländern.

Wie stellen wir uns die Schaffung solch eines neuen Bürgerlichen Gesetzbuches vor?

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würde, welche die heutige, durch den Weltkrien Zivilisten nur im Krieg unter

und durch die Erfahrungen erfolgreicher und ne­fcheiterter Demokratien und europäischer autori

tativer Regime verurfachte Strife überwinden Feldgerichtsbarkeit

Tönnte".

Eine beffere Nichtschnur für die schweren, lang­wierigen Verhandlungen, welche wir bei der Be­Hinsichtlich des fehlenden Familienrechtes stimme ratung befes ſes Gefeßentwurfes zu führen haben wer. ich, fagte Dr. Heller, vollständig ben Erklärungen den, kann es nicht geben. Im Sinne der Ausfüh­des Justizminiſters zu, daß diese Frage eine die er und fein Vorgänger vertreten, wollen wir an rungen unferes Präsidenten, im Sinne der Ideen. if he ist und nur volitiſch gelöst werden kann. Wir die Arbeit gehen und wir hoffen, daß wir denen, die werden uns unter feiner Bedingung dazu hergeben, privaten oder gewissen parteimäßigen nach uns kommen, ein antes und brauchbares Gefes Interessen zuliebe Fragen aufzurollen und zu ent scheiden, welche in ihren Endkonsequenzen den Be­stand der Koalition bedrohen könnten.

Gestern hat der Präsident der Republik in einer Rede in Bratislava gesagt: Es geht um einen neuen Humanis. mus, feine neue Philosophie, neue Moral und fein neues Recht, welche die alten Konzeptionen der humanistischen liberalen Demokratie den Be­dürfniffen der Demokratie neuen Typs anpaffen

fchaffen werden!( Beifall)

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Ausschuß ändert die Vorlage

Im Verfassungsausschuß des Abgeordneten­hauſes ſtand Donnerstag die Vorlage über die militärischen Feldgerichte zur Verhandlung. Der die Ergebnisse der Verhandlungen des Subkomi­Referent Richter gab einen Bericht über tees, das den Regierungsentwurf in einigen Punkten ergänzte, bzw. abänderte.

So entstanden bei Paragraphen 453 Zweifel, Nach längerer Debatte genehmigte der Senat die Kompetenz der Militärgerichte auf die Bibil­ob durch ihn nicht in Friedenszeiten den Regierungsantrag, die Vorlage zunächst in bevölkerung ausgedehnt wird. Um jedwede Be­gemeinsamen Beratungen der verfassungsrechtli- benten auszuschalten, hat das Subkomitee den Ba­chen Ausschüsse beider Häuser zu behandeln, und ragraphen durch einen weiteren Absaß ergänzt, wo­vertagte sich dann auf Dienstag, den 27. April, nach die Bestimmungen über die Kompetenz, baw. um 16. Uhr. Auf der Tagesordnung steht die Zuständigkeit der Militärgerichte unverän­Vordebatte über die Zivilprozeßordnung. dert bleiben.

Zivilprozeß- Unifizierung

bringt größere Aenderungen mit sich

Exposé des Ministers Dr. Šramek Im Abgeordnetenhaus

Prag . Das Abgeordnetenhaus nahm in beharrt auf dem Prinzip, daß die Parteien die Da gibt es zwei Wege: die Kodifizierung dessen. was im gegebenen Zeitpunkt Recht ist, oder die Schaf- feiner gestrigen Sitzung zunächst den Antrag der rechtliche Verpflichtung haben, im Zivilprozeß die fung eines Rechtes, das den Aenderungen der Ber- Regierung an, das neue Bürgerliche Gesetzbuch Wahrheit aufbrechen. Aus dem flo­hältnisse Rechnung trägt. Ich glaube, die Verfasser nach dem Gefet 41/37 in gemeinsamen Beratun- wakischen Recht übernimmt der Entwurf den Rekurs des vorliegenden Geseßentwurfes nicht zu tränken. gen der zuständigen Ausschüsse der beiden Kam- gegen Stontumazurteile wegen Verjäumnis der er wenn ich sage, daß sie den ersten, den konser mern zu behandeln. Dann eröffnete Unifizie- eine solche Versäumnis manchmal führen kann. sten Tagfahrt, um die Härte zu mildern, zu denen bativen Weg gewählt haben. Der vorliegende rungsminister Dr. Sr á met mit einem Exposee Gehr wichtig für bie historischen Länder ist die Entwurf berücksichtigt in vielfacher Weise Entschei Une des Oberſten Gerichtshofes, verfucht auf die Bordebatte über die von seinem Reſſort aus- Loderung des Verbotez neuer Beweisanträge im diese Weise Streitfragen aus der Welt zu scheiden. Bearbeitete 3ivilprozekordnung, der Berufungsverfahren. Der Regierungsentwurf hat er todifiziert aber im allgemeinen nur das, was auch das Gefets über die richterliche Zuständig. hier einen Mittelweg eingeschlagen, da das slowa­schon bisher war. Ja es gibt Partien in dem feit und das Einführungsgesetz hiezu beigefchlof- fische Recht hier bisher sogenannte vo II e Beru­neuen Entwurf, die vielleicht hinter dem. was wir sen ist. fungsmöglichkeit zuläßt. heute schon haben, noch aurückbleiben. So Der Minister wies einleitend auf die wichtige enthält der§ 987 über die Kollektivverträge lediglich Sendung des Prozeßrechtes in einem geordneten eine und nicht einmal sehr glückliche Definis Staatswesen hin. Der Zivilprozeß ergänzt das bür tion der Kollektivverträge, ohne aber auch nur so gerliche Recht, denn er verbürgt dessen Realisierung meit Folgerungen au ziehen, als sie heute schon gel- für den Fall, daß das verpflichtete Subjelt sich sei und die Ordnung überhaupt verlegt. Ohne das ner Pflicht widersetzt und damit die Rechtsordnung Bivilprozeßrecht hätte auch das beste materielle Recht keinen Wert.

tendes Recht sind.

Man sagt, der Gesetzgeber solle nicht experi­mentieren". Diesen Vorwurf wird man der Vorlage nicht machen können! Ein neues Recht soll aber unter Berücksichtigung der Entwicklung geschaffen werden, die unsere politischen und sozialen Verhält nisse geschaffen haben.

aanzer Kompler neuer Vorschriften aufgenommen, In das Einführungsgeset tourde auch ein die zum Schuße der Intereffen der Staatsverteidi­gung im Gerichtsverfahren bestimmt sind. Damit wurde eine empfindliche Lücke in unserem forma­Ten Zivilrecht ausgefüllt.

Der besondere Charakter dieses Gesebestverkes Debatte eröffnet, in der Dr. Pružinský( slo­Nach dem Erposé des Ministers wurde die hat auch eine besondere Regelung der Unifizierungs­arbeiten erforderlich gemacht. Man mußte eine vatische Volksp.), Dr. Mares( tschech. Sozial­möglichst enge Zusammenarbeit der Vertreter der dem.) und Dr. Mičura( tschech. Volfsp.) Prozeßwissenschaft und der Praxis und dabei auch sowie der Kommunist Dr. Clementis spra­die gleichmäßige Teilnahme von Juristen aus bei- chen. Dann wurde die Debatte auf Freitag um den Rechtsgebieten der Republif sicherstellen. 10 1hr früh vertagt.

Um Klarzustellen, daß die Richter bei den Feldgerichten von der Vollzugsgewalt absolut unab­hängig sind und daß sie in Disziplinarfachen un­abhängigen Gerichten unterstehen, wurde der Para­graph 469 entsprechend ergänzt.

Der Kommandant wird fünftig entscheiden kön nen, ob der Verurteilte die Haftstrafe sofort antreten soll oder ob er in der Front zu belassen ist, um die Strafe erst na nach dem Krieg au beugen. verbüßen. Dadurch will man der Drückebergerei vor­Mit diesen und anderen Aenderungen wurde die Vorlage vom Ausschuß angenommen.

Dr. Hodža

für enge Zusammenarbeit der beiden Kammern

Am Donnerstag fand unter dem Vorsiz des nahme des Eisenbahnministers Be ch yn ĕ eine Ministerpräsidenten Dr. Hodža und unter Teil­gemeinsame Sigung der Obmänner der Abge­ordneten- und Senatoren- Klubs der Koalitions­parteien statt, welche die Beendigung der parla­mentarischen Beratung des Eisenbahngesetzes vor­bereitete.

der Regierung auf die Bedeutung des Zusammen­In der Aussprache machte der Vorsitzende wirkens der Abgeordnetenkammer und des Sena­tes aufmerksam, welche immer wichtiger werden wird, weil die Regierung für die Zukunft nicht auf dem bisherigen Umfange des Ermächtigungs­gesetzes zu beharren beabsichtigt. Der Umfang des Ermächtigungsgesches wird allerdings den aus parlamentarischen Kreisen erhobenen Wünschen nur unter der Bedingung angepakt werden kön­nen, daß die parlamentarische Demokratie schlag­fertig wird und daß sie für diese Tätigkeit auf jede und expeditiv in allen Nichtungen sein Weise und insbesondere durch die Organi= fierung der Zusammenarbeit beider kammern der Nationalversamm­lung sorgen wird.

Wir leben in einer Zeit, in der die Grundsäge des Liberalismus nicht nur auf wirtschaftlichem und sozialem, sondern auch auf politischem Gebiete in bielen Ländern über Bord geworfen worden sind, um anderen Systemen Platz zu machen. Bei uns Hauptztveck der Vorlage ist die Unifizie zulande zum Glück nicht. Unsere Demokratie ist ja rung. Es war schwierig, auf den bisher geltenden nicht eine Negierung des Liberalismus, son- awei Gefeßen ein einheitliches Gesetz aufzubauen, dern dessen Anpassung an die geänderten Verhält denn die beiden bisherigen Gesetze unterscheiden sich Eine mährisch- schlesische Deputation bei nisse. Dieser Anpassung trägt der Entwurf teine start in der Regelung der einzelnen Prozeßfragen. Dr. Hodža. Ministerpräsident Dr. Hodža bder nur in sehr geringem Maße Nechnung. Aus beiden Gefeßen mußte das herausgeholt werden, empfing Donnerstag eine Deputation von Abge­was in jahrelanger Gerichtspraris erprobt wurde ordneten und Vertretern der mährisch- schlesischen und fich im Rechtsleben aut bewährt hat. Zu die Selbstverwaltung unter Führung des Abg. Do fer hauptsächlichen Aufgabe trat noch die Notten- Lanstý. Die Deputation dantte dem Mini­digkeit gewisser wichtiger Reformen hin­au. Endlich mußte man auch gewisse Prozeßvor- sterpräsidenten für die Hilfe der Regierung, die schriften, die bisher in anderen Gesetzen zerstreut in den letzten Ministerratsbeſchlüſſen über die waren, in ein einheitliches System bringen. ¡ Verstaatlichung der Mittel- und landwirtschaftli­chen Schulen des Landes, sowie über die Infame­rierung von Bezirksstraßen ihren Ausdruck fand. Zum Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses Die Deputation trug dem Ministerpräsidenten anstelle des verstorbenen Abgeordneten On­gleichzeitig weitere Vorschläge zur Entlastung des der čo wurde vom Parlament am Donnerstag Budgets des Landes Mähren - Schlesiens vor. Der der Abgeordnete Josef Sivat gewählt, der Ministerpräsident versprach, sie den zuständigen gleichfalls der Slowakischen Volkspartei ange= Ressorts zum Studium und zur Prüfung ihrer hört. Die Wahl erfolgte ohne Stimmzettel durch Durchführbarkeit abzutreten. bloße Afflamation.

Wir werden daher unsere Bemühungen auf den Versuch fonzentrieren müssen, unfer neues Bürger­liches Gefehbuch derart zu gestalten, daß es hinter der Entwicklung nicht zurückbleibe, sondern neue Wege im Sinne der neuen Entwicklung weise. Das ist feineswegs Bolichewismus. Das System des Bolschewismus hat ja mit dem. was wir wünschen, nichts zu tun. Das Rechtssystem des Bolschewismus ähnelt viel mehr gewiffen autto ritären Regimen als unseren Ansichten über die Demokratie. Aber auch die Demokratie darf nicht stagnierend sein. sie muß vielmehr eine han deinde, attive Demokratie sein und darf die im Volte wirkenden Kräfte nicht hintanstellen au­gunsten einer überkommenen, heute aber nicht mehr im vollen Ausmaße geltenden Anschauuna.

JUNGES WEIB

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VERONIKA

ROMAN VON MARIA GLEIT

Der Minister ging dann auf Details der Vor­lage hinsichtlich der Gerichtsbarkeit im andels­und Bergwesen ein, an der auch Laienrichter teilhaben. Eigene Sandelssenate sollen fünftig nicht bei jedem Streisgericht, sondern nur in größeren Handelszentren bestehen. In der Slowakei werden

sie neu eingeführt.

Der Entwurf vertieft und betont den Grund­satz der Mündlichkeit des Verfahrens und

die Weite wurde nah und tief, und ein Entrin­nen gab es nicht.

Wußte sie die Worte noch, die gefallen seit jenem ersten Augenblick, da sie sich angesehen hatten nach der Trennung? Hatte sie den Blick, den heiß und angstvoll sie umklammernden, des jungen Schauspielers denn überhaupt bemerkt, als sie an der Seite Bannholzers aus dem Por­tale schritt? Ein einziger Saß nur war geblic­ben aus all den Erklärungen und Fragen, aus der Erschütterung und Maßlosigkeit, die ihr Leben an diesem Abend erfuhr.

" Ich bin gekommen, um zu fragen, ob du meine Frau sein willst. Veronita."

Schmerz und Qual und letzter Widerstand schmolzen dahin, die Schultern zogen sich zu= sammen, es zuckte um den Mund, aber ein Arm lag um den Rücken, ein starker Arm, und eine Fassungslos hatte sie die Lippen bewegen einzige Bewegung würde genügen, um alles auf- wollen, noch einmal brannte die Erniedrigung in zugeben und das ganze Leben zu vergessen an der ihrer Seele auf, die sie seinetwegen erduldet hatte, Brust dieses einen, der da nun doch zurückgekom- damals, in jenem Zimmer, ewig unvergeßlich, Erniedrigung, an der sie nicht gestorben war, son­dern sich aufgerichtet hatte in eine klirrende Ein­samkeit hinein.

men war.

War es der Fluß, war es die Nacht und die Verlorenheit der Stadt in ihrer Finsternis, die dieses jahrelange Leben allein zu Schutt und Asche brannten? Es war wohl nur die furchtbare Gewalt des einen Augenblicks im Theater gewve­sen, als sie sein Gesicht gesehen hatte, geliebtestes Menschenangesicht, Vision am Abgrund der Hoff­nungslosigkeit, und dann doch Fleisch und Blut und ewig ersehntes, verloren geglaubtes Leben, von dem sie sich mit aller Auflehnung getränkten Stolzes einmal abgewendet hatte, ohne jemals von ihm loszukommen.

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Du bist gekommen...", stammelte sie, und alles, was gewesen war an Bitterkeit, und alles, was an Menschen und Begegnungen durch sie hin­durchgegangen war, und alles an Fluch und Ver­ziveiflung fiel von ihr ab. Und sie war wie eine, die ihm nachfolgen mußte, ihrer Liebe und ihrem Mann, in welche Höllen und in welche Täler die­ser Weg auch führte und welche Opfer er von ihr verlangte.

Opfer. Denn sie hatte gestern noch bei Es war nicht die Nacht. es war nicht der einem anderen Mann gesessen, still im Lampen­Fluß und die Verlorenheit der Stadt in der licht, leis gerührt von seinen Beschwörungen, viel­Finsternis, es war auch nicht der eine Augenblick leicht auch nur von der Geschichte seines Lebens, gewesen, an den sie nicht mehr geglaubt hatte, der sie lauschte wie einem Geschehnis aus anderer wie ihr der Glauben an den Mann Arnold Welt, während sie spiirte, daß ihr Leben, dieses Bannholzer verlorengegangen war,- es war niemandem dienende, einen Sinn bekommen und das Schwert der Liebe, und es wurde umgedreht nicht völlig unnotwendig zu Ende laufen würde, in ihrem Herzen. wenn sie bei diesem Manne blieb, wenn sie das Sie stöhnte auf in dieser Nacht, hart an den eigene Herz überwand und sich bemühte, ihm, der Mann gelehnt, an ihn geschleudert von einer so vieles überwunden hatte, Frau und Freundin Kraft, der des Menschen Wille ohnmächtig aus- oder was auch immer zu sein.. geliefert ist, und der Fluß trug sich ins Meer, und

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Und nun, nun hatte sie auch ihn vergessen,

| von einer Nacht zur anderen auch ihn, und lehnte, eine Verräterin an ihrem Versprechen, an der Schulter dieses zu ihr Heimgekehrten, dieses Vers lorengeglaubten, dieses Mannes Arnold Bann­bolzer, und wußte nicht mehr, was sie tat.

,, Du willst wohl nicht, Weronita?" Ta löste sie sich von der Schulter, und sie sah ihn an, und das erstemal konnte sie lächeln über ihn, der da glaubte, da die Entscheidung noch von ihrem Willen abhängig war, das erstemal atmete sie auf in einer heißen Freude, und die Erkenntnis, daß die Unwirklichkeit der letzten Stunde strahlende Wirklichkeit sei, überflutete sie wie eine Offenbarung. Ganz allein war sie jest, troß der Geborgenheit, in die die Nähe dieses Mannes führte und ganz allein würde sie das zu verantworten und ihren Abfall zu rechtfertigen haben vor dem anderen..

Warum antwortest du nicht, Veronika?" Sie hob die Hand und berührte sein Gesicht, und daß es diese Gnade geben konnte, mit der Hand sein Gesicht zu berühren, überwältigte sie von neuem. Schluchzend warf sie sich an seine Brust, und seine Arme schlossen sich um sie wie die Arme eines Verztveifelten um seine lebte off­nung, und ein furchtbarer Verdacht stieg in ihm hoch und zerpreßte feinen Atem: Du liebst wohl Nun hätte sie es sagen können, in diesem Augenblick, der nicht mehr wiederkam. Sie aber machte sich aus seinen Armen frei und lachte leise, voll zitternder Angst, und dieses plößlich aufge­sprungene, bittersüße Lachen steigerte sein Miß­trauen bis zur Unerträglichkeit.

nita?"

-

einen anderen, Vero­

Ist es dieser Kerl da- dieser- Schau­spieler, der bei euch wohnt?" " Nein, es ist niemand", sagte Veronika, und wie sie vor ihm stand, erstarrt im zarten Umriß dieser Nacht, zweifelte er an ihrem Herzen, denn er hatte das tiefe Erschrecken gespürt, mit dem fie alles ablehnte, abwehrte und verleugnete, das nicht mit ihm zusammenhing und das es dennoch gab.

Und er beschloß, der Sache auf den Grund zu gehen, denn dieses neue Leben mit Veronika durfte nicht mit einer inneren Lüge beginnen, wenn es nicht notwendig in sich selbst zusammenstürzen sollte.

..Wenn du ihn liebst...", begann er, zer­quält darum, die Wahrheit zu erfahren, ... wenn du ihn liebst, Veronika und wenn du darum weinst-- jetzt weinst- du hast doch früher nie geweint, Veronika... Wenn es das ist, Veronika, wenn es Bernd ist

,, Es ist ja gar nicht Bernd!", sagte sie da und wurde sich der Zweideutigkeit dieser Worte erschreckend bewußt, und trocknete verwirrt die Tränen, die über das Gesicht in den Hals tropf­ten, und ahnte, daß es auf diese Worte gar keine andere Frage geben konnte als die, die er jest drohend, gewalttätig fast, hervorstieß:

,, Es ist nicht Bernd? Wer aber ist es denn?"

Da wußte fie, daß er es nicht ertragen würde, daß sie sich einem anderen versprochen hatte. Sie wußte, daß er ihr nicht glauben würde, dieses Versprechen sei aus einer Art von Mitleid und Kameradschaftlichkeit gekommen, aus einem Augenblick der Schwäche, da das Alleinsein uner­träglich ward und es notwendig schien, für einen Menschen, irgendeinen, da sein zu können, wenn nicht das ganze Dasein sinnlos verrinnen sollte. Sie hatte Trudenbrott heiraten wollen, ach, Trudenbrott oder einen anderen, wie nebensäch­lich war der Name. - dieser Mann da neben ihr würde es niemals begreifen, niemals überwin­den können, daß sie die Frau irgendeines anderen hatte werden wollen, ohne diesen anderen zu lie­ben. Denn nur dieses eine, dieses zwischen ihm und ihr, würde Gültigkeit befißen, wenn es ein­mal in die Waage des Lebens geworfen wurde.

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Und Veronika, die aufrechte, gerade, ehrliche Veronika richtete sich noch etwas gerader auf und neigte den Kopf leicht nach hinten, so daß sich ihr Gesicht dem verdüsterten Blid des Mannes rein und süß entgegenhob.