Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik

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Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62

17. Jahrgang

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Telephon 53077

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Herausgeber: Siegfried Taub  - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag  

Mittwoch, 2. Juni 1937

Entspannung nach dem Gewitter

Staatssekretär Hull   wird beim deutschen   Botschafter vorstellig!

Washington.( Reuter.) Der spanische Botschafter De los Rios trug dem Staatssekre tär Hull   die Beschwerde über die Bombardierung der Stadt Almeria   durch deutsche Kriegsschiffe vor, bezüglich der er erklärte, daß sie eine direkte Berlegung der grundlegendsten Prinzipien des

Völkerrechtes darstelle.

Staatssekretär Hull   sprach persönlich und in offiziell dem deutschen  Hoffnung aus, daß die Reichsregierung das ge­Botschafter Diedhoff gegenüber die eignete Mittel finden werde, um die lekten Zwi­schenfälle mit Spanien   auf friedliche Weise zu

Haben die ,, Dynamiker" ausgetobt? Englische Vermittlung am Werk Nach den bedrohlichen Vorfällen vom Wochen. Konflikt in Kürze beilegen und das Nichtinter­ende ist verhältnismäßig schnell und weitgehend ventionsabkommen wieder in Kraft seßen zu fön­eine Entspannung eingetreten. Die offiziösen nen, womit die notwendigen Schritte möglich deutschen   Stellen erklären, während freilich die werden zur St ü dleitung der aus Nasipresse weiter tobt und droht und sich in kraft. I än dischen Freiwilligen und zur meierischern und blutrünftigen Phrasen ergeht, Beseitigung des internationalen Charakters des daß mit der Büchtigung" von Almeria   die Sache spanischen Krieges, den man für alle Zwischen­für Berlin   abgeschloffen fei. Allerdings hat man fälle verantwortlich macht. Es kann nicht über den kleinen Kreuzer Leipzig  " zur Verstärkung feher werden, daß die Ereignisse in ganz England der Eskader in die spanischen   Gewässer gefchickt, einen äußerst ungünstigen Eindruck gemacht während die lädierte ,, Deutschland  " den Heimat- haben und dazu beitragen, die Position jener zu häfen entgegendampft. Man ist in England der stärken, die gegen jedwedes weitere Engagement bereinigen. Ansicht, daß die rabiate Rache der Deut. Englands auf dem Kontinent eintreten. Die Ent- Staatssekretärs Hull   beim deutschen   Botschafter Dieses ungewöhnliche Einschreiten des fchen ein Zeichen der innerboliti fheidungen der Empire- Konferenz in außerpoli- weist auf die erhebliche Unruhe hin, die in offi­fchen Schwäche des Regimes sei, daß sich tischer Hinsicht dürften zweifellos von diesen Tat- ziellen Kreisen Amerikas   wegen der Ereignisse in durch folche Gewaltakte felbft Mut mache und fachen beeinflußt sein. ein Ventil suche. Man glaubt aber nicht, daß die Reichswehr   so toll sein werde, einen Krieg zu

wagen, der in kurzer Frist die vernichtende Nie­derlage Deutschlands   nach sich ziehen würde. Die Westmächte fühlen sich dank ihrer vollkommenen Solidarität und der hinter ihnen stehenden Shm. bathien Ameritas der Lage vollauf gewachsen. Nimmt man in London   auch der Regierung von Valencia   den unvorsichtigen Angriffsakt der Flie ger übel, weil dadurch Verlegenheiten entstanden find, so weiß man doch zwischen diesem bebauer. lichen, aber verzeihlichen Faux pas und dem toll. wütigen Rechtsbruch und Piratenstreich der Flotte bes Hitler- Admirals Fischel zu unterscheiben.

sie engliſchen Bemühungen um einen Waffen Millstand in Spanien   find swat gestört warben,

aber fie werbent fortgefeht werben.

London  . In der englischen Auffassung über die Bombardierung von Ibiza   und Almeria   so­wie das Ausscheiden der Deutschen   und Italiener aus dem Nichteinmischungsausschuß hat sich im Laufe des Tages teine Aenderung ergeben. Die aktuellen Ueberlegungen gelten in der Hauptsache awei Problemen:

1. der Vermeidung fünftiger Zwischenfälle zwischen den neutralen Mächten und den krieg­führenden Parteien,

2. der Schließung der Lücke, die durch das Ausscheiden Deutschlands   und Italiens   in der Seefontrolle entstanden ist. Wegen der ersten Frage steht fest, daß der Nichteinmischungsaus­schuß als Träger der Garantie an die Mächte nicht in Frage kommt. Die Garantie kann ledig lich von den kriegführenden Parteien gegeben werden und ist durch zweckmäßige taktische Maß nahmen in ihrer Wirksamkeit weiter zu sichern. Eine englisch  - französische Intervention bei der Regierung in Valencia   entsprechende Zusicherun­gen zu geben, ist nicht unwahrscheinlich. Außer dem sollen in allen spanischen Häfen Sicherheits­fzonen für fremde Schiffe errichtet werden und di Zusammenarbeit der mit der Seekontrolle be­faßten ausländischen Kriegsschiffe sofern eine Ausgestaltung erfahren, als diese womöglich unter einverständlicher Leitung stehen und mit einem einheitlichen Abzeichen( einer Art inter­nationaler Kontrollfahne) kenntlich gemacht werden en sollen. Bezüglich der Auffüllung der Rüde in der Kontrolle denkt man sowohl an die zufäßliche Entsendung englischer und französischer Schiffe, als auch an die Teilnahme an berer Geemad te( Holland  , Belgien  , Standinavien etc.). Die White Hall   hofft, den

Genf  . Von offiziellen Völkerbundstellen wird bestätigt, daß eine außerordent­liche Sißung des Völkerbundes zur Erledi­Aung, der Zwischenfälle zwischen spanischen Flug­zeugen und deutschen   und italienischen den Kriegs= schiffen einberufen werden wird. Der Vertreter Spaniens   im Völkerbund del Waho ist aus Genf  nach Valencia   abgereist..

26 Tote der Deutschland  "

Gibraltar  . Im hiesigen Krankenhaus stars

Aus dem Inhalt:

Erfolg der Komotauer Hutarbeiter

Streikversammlung

in Gablonz  

Die Prager deutsche Sendung Eifersuchtstragödie

in Seestadtl

Das Urteil gegen die Mord- Zigeuner

Nr. 128

Rechtlose Minderheiten

Ein Kapitel aus der polnischen Innenpolitik

Während sich die gegenwärtige polnische Re­gierung mit Vorliebe mit hoher Politik beschäf tigt und ihre Hand in allen möglichen Kombina tionen hat, in dem offensichtlichen Streben, die faschistische Front in Europa   zu stärken und an der neuen Ordnung" im Sinne der Achse Rom  

innige Verhältnis zwischen Warschau   und Rom  Berlin   nach Kräften mitzuarbeiten- für das ist übrigens bezeichnend, daß in der jüngsten Auflage des alten italienischen   Planes des ,, europäischen Direktoriums" dieses nicht mehr wobei Polen   seinen Plaz neben den vier amers aus vier, sondern aus fünf Großmächten besteht, fannten europäischen   Großmächten findet- geht es in den östlichen Provinzen der wers denden Großmacht nicht besonders geordnet zu. In diesen östlich des Bug und des Dnjestr   liegens den Provinzen Polens   befindet sich die polnische Serrennation" in einer offenbaren Minderheit. Die Hauptmasse der Bevölkerung besteht da auz Weißrussen, Kleinrussen und Juden. Alle diese Minderheiten, die da zusammen die große Mehr­heit der Bevölkerung ausmachen, sind aller polis tischen Rechte beraubt. Polen   hat diese Gebiete während der für es günstigen weltpolitischen Situation in den Jahren 1918 bis 1921 besetzt Moskau.( Tak.) Das ehemalige Mit- und tritt hier, im Grunde genommen, als ette glied des Zentralegekutivausfchuffes der kommu- Kolonialmacht auf. Die Methoden dieser Kolos niftischen Bartei der Sowjetunion  . Ga marni nialmacht sind dabei sehr brutal, was ohne wei

Spanien   entstanden ist. Staatssekretär Hull   hat sich zu diesem Schritt erst nach einer sehr einge­henden Prüfung aller Nachrichten entschloffen, welche die diplomatischen Vertreter der Vereinig­ ten Staaten   in Europa   nach Washington   über. mittelt hatten.

Wieder ein ,, Selbstmord" in Moskau  

ben am Dienstag noch abei weitere Mitglieder verüßte Montag Selbstmord. Gainornit war interes erklärlich ist. Der bolniſche Staat legt der Befagung des Kreuzers Deutschland  " se die antistaatlichen Intrigen verwidelt und fürch daß sich die Zahl der Opfer auf 26 erhöht h. I rete wahrscheinlich eine strenge Strafe.

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Ultimative Drohungen

gegen den Vatikan  

nämlich gegenwärtig die letzten Etappen auf dem Wege zu einem eigenartigen Faschismus zurüd, einem Faschismus, der in seiner Totalität" jenem von Deutschland   und Italien   faum nach­stehen wird. Das eigene polnische Proletariat und das Bauerntum sind aller politischen Rechte bes raubt, die Regierung ruht in der Hand einer kleis nen militärisch- bürokratischen Kaste. Die ganze Regierungspolitik wird durch die Interessen des Großkapitals und der feudalen Aristokratie be stimmt. Kein Wunder also, daß man gegenüber

Berlin  . Der deutsche   Botschafter beim normale Gestaltung der Be- ben nationalen Minderheiten vol­Heiligen Stuhl hat dieser Tage Vorstellungen& iehungen zwischen der deutschen   Regierung lends die Methoden der gepanzerten Faust und dagegen erhoben, daß Kardinal Mundelein und der Kurie beseitigt hat." Für die Ent- der rücksichtslosen Unterdrüt vor über 500 Priestern des Erzbistums Chicago   wicklung trage die Kurie allein die volle Verant- tung anwendet. über das deutsche Staatsoberhaupt, über Mit- wortung. glieder der Reichsregierung und über gewisse fir­dhenpolitische Vorgänge in Deutschland   in belei bigender Form gesprochen hat. Insbesondere gab der Botschafter feinem größten Befremden dar­über Ausdruck, daß ein Kirchenfürst vom Range des Kardinals Mundelein   sich zu Verunglimpfun­gen des deutschen   Staatsoberhauptes hinreißen ließ.( Die Berunglimpfung" bestand darin, daß er Hitler   einen Tapezierer genannt hat.) Wie ver­lautet, wurde hierauf vom Heiligen Stuhl dem deutschen   Botschafter eine mündliche, später fchriftlich bestätigte Antwort gegeben.

Am bequemsten für die Regierung ist es im Berlin  . Deutsche   politische Kreise sehen die Osten Polens   gegen die Juden vorzugehen. Auf Note, welche der deutsche   Chargé d'Affaires   beim diesem Gebiet herrschen wahrhaft barbarische Bus Batikan abgegeben hat, für ein Ultimatum stände, die sich mit jenen in Deutschland   verglei an und heben hervor, daß der lezte Abjaz dieser chen lassen. Es gibt in Polen   allerdings keine Note in dem Sinne ausgelegt werden müsse, daß Rassengesetzgebung. In formaler Hinsicht sind solange, als sich der Hl. Stuhl nicht für die Be- die Juden gleichberechtigt, soweit man überhaupt Teidigungen, deren sich gegenüber dem Reichs- von Rechten" in einem faschistischen Staate reden tanzler der Kardinal von Chicago  , Mundelein  , tann. Tatsächlich aber befinden sich die polnischen schuldig gemacht hat, entschuldigt haben wird, Juden in der Lage von Parias. Sie sind sozusa alle Voraussetzungen als nicht existierend ange- gen die Staven der Sklaven", bilden sehen werden, die bisher normale diplomatische Sie unterste und die rechtloseste Schicht der unters Beziehungen zwischen dem Deutschen Reiche   und drückten und rechtlosen Gesamtbevölkerung des Der deutsche Botschafter beim Heiligen dem Vatikan   ermöglicht haben. Zwischen dem polnischen Staates. Es gibt in Polen   etwa drei­Stuhl hat im Auftrag feiner Regierung wie folgt ren demnach vorläufig teine normalen zent der Gesamtbevölkerung. Die Juden leben in Deutschen Reich   und der päpstlichen Kurie existie- einhalb Millionen Juden, also rund zehn Pro geantwortet: diplomatischen Beziehungen und Bolen seit fast tausend Jahren und sind in ihrem Die deutsche Regierung war bei der im sie können erst dann erneuert werden, bis sich der überwiegenden Teile Kleinhändler und Hand­Interesse der Beziehungen zwischen Deutschland   S. Stuhl entschuldigt haben wird. Der deutsche werker. In vielen Groß- und Mittelstädten stel­und dem Vatikan   ihrem Botschafter vorgeschrie Botschafter beim Vatikan  , von Bergen, der len sie bis zur Hälfte der Bevölkerung dar. benen und von dem Botschafter in diesem Sinne bereits die Altersgrenze: erreicht hat, wird jest Das wirtschaftliche Elend, in dem diese Bevölfe. ausgeführten Demarche davon ausgegangen, baß nicht erfest werden. Die Berliner   Abend- rungsschicht Tebt, ist kaum vorstelltar. Es genügt niemandem mehr als den hiesigen Stellen felbft eitungen deuten an, daß Deutschland   vielleicht zu sagen, daß in manchen Städten ein Drittel bis baran liegen müffe, diejenigen Schäden abzuwen- das Konkordat kündigen werde. zur Hälfte der jüdischen Bevölkerung aus den ben, welche für das Berhältnis zwischen Deutsch­Mitteln der öffentlichen Fürsorge unterstüßt wr land und der Rurie aus den Angriffen des Kar­den muß. Dieses wirtschaftliche Elend der Juden binals gegen das deutsche   Staatsoberhaupt er- Berlin  . Der Apoftolische Nuntius in ist bloß die Wiederspiegelung der schweren wirt. tachfen müffen. Die deutsche   Regierung hatte es Berlin  , Msgr. Cesare Orsenigo  , verläßt dem Ber schaftlichen Lage, in der sich ganz Bolen befindet. bildet die japanische   Regierung für selbstverständlich gehalten, nehmen nach Mittwoch Berlin  , um sich nach Rom   Polen   ist ein Agrarland und die große Mehrheit Tokio.( Neuter.) Der japanische   Kaifer baß der eilige Stuhl von ben aller zu begeben. Man erklärt zwar, daß diefe Reife seiner Bevölkerung besteht aus Mittel und hat den Prinzen Konoy zu sich berufen, um ihn Welt bekannt gewordenen Aeußerungen schon feit langem beabsichtigt gewesen sei, da der Kleinbauern, die sich auf ihren Parzellen kaum mit der Kabinettsneubildung zu betrauen. Brinsesarbinals alshalb abrüden, Runtius fich nach einer schweren Krankheit befin- ernähren können. Allerdings ist in der allerleh­Konoy ist Präsident des japanischen Oberhauses. fie torrigieren und fein Bebauern ausspre- bet, aber seinen Posten bisher nicht verlaffen ten Beit die Lage der Bauern im Zusammenhang Brins Konon hat die Betrauung angenommen, den werde. Demgegenüber. fet die deutsche lonnte. Trotzdem neigt man in diplomatiſchen mit dem Aufstieg der Weltpreise für Agrarpro­Fürst Konon ift 46 Jahre alt. In den Märs- Regierung zu der Feststellung gezwungen, daß der Kreifen der Ansicht zu, daß die Reife des Nuntius dutte etwas besser geworden. Aber diese aus der Tämpfen des Jahres 1936 erregte es Aufsehen, eilige Stuhl jene öffentlichen An in Bufammenhang stehe mit den großen Diffe. Konjunktur zu erklärende Verbesserung ändert als Konoy die Aufforderung des Kaisers aur griffe eines feiner höchsten Würdenträger rensen, die gegenwärtig zwischen dem Deutschen   nichts an der Tatsache, daß die polnischen Rabinetisbildung ablehnte. 218 Begründung gab gegen die Berfon bes bentfchen Staatsoberhauptes Beige und ber Qurie ſchweben. In Zuſammen. Dauern zu ben am ſchlechteſten geſtellten der Fürst seine Kräntlichkeit Fürſt Ronon er- un torrigiertfortbestehen läst bange mit diesen Differenzen steht auch, daß der Bauern Europas   gehören. Die bäuerliche Wirt. freut sich der Sympathien verschiebener Lager. Es und fie dadurch in den Augen der Welt tatsächlich Münchener   Erzbischof, Kardinal Faulha schaft Bolens Teidet vor allem an Bodenmangel: besteht die Ansicht, daß Ronoy mit Unterſtügung deckt. Der Heilige Stuhl  ", fchloß der deutsche   er, der Bischof von Münster  , Graf von Ga die Agrarreform in Polen   ist nicht durch ber militärischen, finanziellen und politischen Botschafter, wird sich darüber im flaren fein, len und der Bischof von Berlin  , Dr. von Brey. geführt, ein bedeutender Teil der besten Böden Streife eine nationale" Regierung wird bilden baß fein unerwartetes und unverständliches Ber  - fing, fich unverzüglich nach Rom   begeben dürf- befindet sich in der Hand der feudalen Latifun lönnen, die zwei bis drei Jahre am Nuder blei halten in diefer Sache, so lange teine Nemedur ten, um mit dem. Hl. Vater die Lage der katho- dienbesizer, die den Bodenhunger der Bauern auss ben könnte. erfolgt, bie Bo'raußfekungen für eine lischen Kirche in Deutschland   zu erörtern. nußen, um von ihnen exorbitante Pachtzinse zu

Prinz Konoy

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Nuntius verläßt Berlin