Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 70 Heller

Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub  - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag  

17. Jahrgang

Die Basken

in neuen Stellungen

Madrid  . Nach einem offiziellen Bericht des Verteidigungsministeriums organisieren sich die Regierungsabteilungen an der Biscaya- Front in neuen Stellungen. An der Santander- Front bombardierte die Regierungsartillerie mit Erfolg die feindlichen Stellungen bei Pibbero. Südlich vom Tajo   wurde ein Angriff des Feindes zurück­geschlagen und die Regierungstruppen besetzten den wichtigen strategischen Ort Cerro del Madrono.

Donnerstag, 24. Juni 1937

Aus dem Inhalt:

Nečas über den Mangel an qualifizierten Stellungen

Ständig wachsende Beschäftigung

Internationale

Arbeitskonferenz für 40- Stundenwoche in der Textilindustrie Streit um Pilsudskis Sarg

Nr. 147

Hitler weicht vor den Westmächten Blum kommt wieder

Austritt aus der Kontrolle, aber keine weiteren Rache- Akte England schwer verstimmt

Die Befürchtungen der Weltöffentlichkeit, die Nacht zum Mittwoch werde ein zweites Al­ meria   bringen, find einem Gefühl der Erleichterung gewichen, seitdem man weiß, daß Deutsch­ land   fürs erste keinen neuen Gewaltakt im Mittelmeer   plant.

Im Laufe des Mittwoch haben Italien   und Deutschland   in London   Noten überreichen lassen, in denen sie ziemlich gleichlautend mitteilen, daß sie an der Seekontrolle der spanischen   Küsten nicht weiter teilnehmen werden, da ihnen die geforderte Genugtuung verweigert wurde. Die deutsche Presse begleitet diesen Schritt mit grobschlächtigen Beschimpfun gen der spanischen   Regierung und des spanischen   Volkes. Das Entscheidende ist aber, daß nach den, Dienstag und Mittwoch abgehaltenen, Konferenzen Hitlers   mit den Oberkommandanten der Schritt unternommen hat. Es verlantet sogar, daß beide Mächte im sogenannten Nichtein­mischungsausschus" bleiben wollen. Meldungen aus London   lichten den Hintergrund der Berliner   Entscheidungen ein wenig veröffentlicht. Es handelt sich um 43 Mann, auf. Darnach haben Frankreich   und England gemeinsam in Berlin   erklären durchwegs Flieger. In diesem Berichte lassen, daß man ein weiteres Bordringen Deutschlands   in Spanien   nicht dulden und wird ausgeführt, daß die italienische einen Gewaltakt gegen Spanien   als einen unfreudlichen Akt" and gegen Großbritannien   betrachten werde. Das bedeutet in der Diplomatensprache eine ausge=

Kapitel Nichteinmischung" ehrmacht Deutschland   nur den diplomatischen und vorläufigkeinen militärischen

No m. Nunmehr wurde das fünfte Ver­zeichnis der in Spanien   gefallenen Legionäre

Luftwaffe im ganzen 218 Regie­rungsmaschinen abgefchoffen

hat. Mussolini   habe angeordnet, daß die Namen sprochen ultimative Drohung. Unter dem Eindruck der vollkommenen Solidarität der Westmächte und der entschiedenen Sprache, vor allem Englands, das diesmal wieder, wie um die Jahres­wende in der Marokko  - Affäre, plötzlich ganz eindeutig gegen Berlin   Stellung genommen hat, ist Hitler   bzw. seine Ratgeber augenscheinlich vor den Konsequenzen einer Gewaltaktion zurückgeschreckt. Es erweist sich wieder, daß Berlin   nur die Sprache eindeutiger Drohungen ver­steht, vor dieser Sprache aber klein beigibt.

diefer gefallenen italienischen   Legionäre am Denkmal der für die faschistische Revolution und für das italienische   Kaiserreich Gefallenen mit­verzeichnet werden.

**

London  . Der Neuter- Korrespondent teilt aus Gibraltar   mit, daß Ende dor vergangenen Woche in Malaga   ein Kontingont von über 10.000 italienischen Solda   eingetroffen ist und daß dort für die nächsten Tage weitere Mili­tärabteilungen erwartet werden.

Staat und Kapitalisten

Fürs erste ist eine ungeheure Gefahr gebannt. Freilich vermag niemand zu sagen, in wel­ches Abenteuer die nazistischen Beherrscher Deutschlands   das deutsche   Volk nun stürzen werden. Daß die schwere diplomatische Niederlage noch nachwirken wird, ist kaum zu bezweifeln.

London  . Die internationale Lage, die London.( Havas.) Die Londoner   Journa­durch das Scheitern der Beratungen der Ron- listen unternehmen in ihren Blättern den Ver­allmächte entstand, ſteht im Mittelpunkt der Ge. ſuch, eine Antwort auf die Frage zu finden, wela örterungen. Dabei überwiegt das deutliche Be- cher leßten Tagen die wirklichen Be­streben, Distanz zu den vergangenen Ereignissen weggründe der deutschen   Politik sind. zu gewinnen, die in allen kritischen Augenblicken Einige Punkte können bereits als bewiesen unerläßlich ist.

angenommen werden:

1. Der Zusammenhang zwischen dem auf­geschobenen Besuche des Reichsaußenministers von Neurath   und der Unnachgiebigkeit Deutsch­ lands   im Falle des Kreuzers Leipzig  ".

Unser Pariser Korrespondent, der Gelegenheit. hatte, die letzte französische   Regierungskrise aus der Nähe zu beobachten, hat den nachfolgenden Artikel geschrieben, bevor die Zusammensetzung des Kabinetts Chautemps   feststand, bevor also bekannt war, daß Léon Blum   in diese Regierung als Stell­vertreter des Ministerpräsidenten berufen werden wird. Der Inhalt der Darstellung zeigt jedoch, daß unser Korrespondent die Situation richtig beurteilt und den Titel des Artikels mit Voraussicht ge= wählt hat.

Dori

B. V. Paris  . Léon Blums   erstes Volks frontfabinett gehört jetzt der Geschichte an, es er= hält eine römische Eins beigefügt, denn jedermann ist sich in Frankreich   klar darüber: Blum kommt wieder, Blum ist nicht nur der Führer der weit­aus stärksten Partei des Landes, die ein natür­liches Anrecht auf den Posten des Ministerprä sidenten besitzt, sondern er hat sich auch als der erfolgreichste französische   Staatsmann erwiesen. In Frankreich   ist fein politischer Erdrutsch einges treten, nicht die Vorboten eines Kurswechsels er­scheinen am Horizont. Die Unnachgiebigkeit des Senates hat Léon Blum   zum Rücktritt gezwun gen, aber die Volksfront hat weder an Einigkeit noch an Schlagkraft verloren. Während der Senat die Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes beschloß, hat das Volk bei den Nachwahlen sein wahres Ge­sicht gezeigt. Ueberall siegten die Voltsfrontkan­didaten oder sie befinden sich in günstiger Posi­tion für die Stichwahl. Der Tag, an dem Blum zurücktrat, brachte vor allem den Sieg von vier einfachen Arbeitern und Steingewerbetreibenden über den Faschisten Doriot   und dessen Gefolge. war die Hoffnung des Großkapitals und eines halben Dußend Zeitungen, die zur Finanz­Warren.( Havas.) Das Einschreiten der oligarchie im Hörigkeitsverhältnis stehen. Der militärischen Stellen, zu welchen es im Auftrage Zusammenbruch Doriots in dessen eigener Hoch­der Gouverneure der Staaten Ohio   und Pennsyl= Die Times" setzen auseinander, warum burg   ist ein Schlag für alle feine Gönner von vania gekommen ist, verursachte einen zeitwei- die Beratungen der Kontrollmächte scheiterten. Laval über die von der Nationalisierung bedroh­ligen Waffenstillstand im Streik der Stahlarbet England und Frankreich   hätten zumindest das ten Versicherungsgesellschaften bis zur NSDAP  . ter. Die Direktion der Stahlgesellschaft in Young- felbe Interesse wie Deutschland   gehabt, das Neu- 2. Sicherlich gibt es auch einen Zusammen Léon Blum   ist nicht geschlagen, nicht unter­stoun leistete dem Auftrage des Gouverneurs tralitätssystem wieder aufzurichten. Neutralität hang zwischen den beiden ersten Tatsachen und legen. Wer kann von einer Niederlage sprechen Davoye zur Deffnung der Fabriken keine Folge. bedeute aber Unterordnung unter unerläßliche dem Siege der ruppen des Generals Franco bei nach einem Jahre so fruchtbarer Arbeit, nachdem Die Zahl der Streifwachen wurde vermindert Notwendigkeiten und sie umschließt nicht nur die Bilbao  . Mit den Erfolgen der Franco- Trup- ſerienweise Leistungen vollbracht wurden, die in und die Streifenden sollen die Waffen abgelegt Kontrolle der spanischen   Häfen, sondern es muß pen gewinnt neuerlich die Politik der unentwegten der Geschichte der Dritten Republik ihresgleichen haben. Die Direktion der Gesellschaft erklärte vor allem ihr Hauptziel sein, daß Spanier   über Nationalsozialisten die Oberhand. Auch das Ver- suchen müssen, nachdem Frankreich   unter Léon weiters, daß die Staaten sich Rechte aneignen, das Schicksal Spaniens   entscheiden und keineswegs halten Deutschlands   gegenüber Blums Führung der Welt ein Beispiel gegeben die ihnen nicht zustehen und die Freiheit der Ar- andere Mächte. Ein Erfolg in der Neutralitäts- der Tschechoslowa te i bestätigt die hat. Léon Blums   Regierung war ein einziger beit unterdrücken. Präsident Roosevelt  , der die politik wäre von England als Basis für jede Theorie, daß Deutschland   zur Unverträg= großer Sieg des Sozialismus und der Werktäti­Aktion des Gouverneurs Davoye billigt, sandte deutsch  - englische Verständigung erachtet worden. I ich keit zurückkehrt. gen Frankreichs  , daran vermag auch der Aus­an die Direktion der Stahlgesellschaft ein Tele- Wenn Deutschlandes vorgezogen hat, 3. Möglich ist es auch, daß ein Zusammen- tlang nichts zu ändern. Viele Sozialisten sagen gramun, in welchem er ersucht, daß sie die Fabri- die auf die Wiederherstellung des Neutralitäts- hang zwischen der Geste Deutschlands   und der heute, Blum hätte um jeden Preis das Staats­ten öffne. Die Verhandlungen in der Vermitt- fystems gerichteten Bestrebungen um des französischen   Regierungskrise ruder weiter halten sollen, aber wäre dies im lungsattion schreiten fort. Der maßgebende Fat- an sich ungeklärten und im ganzen bedeutungs- besteht. Die Londoner   Presseleute erklären jedoch( Rahmen des parlamentarischen Apparates mög­for der Arbeiterorganisationen John Lewis for- lofen zwifchenfalleg der" Leipzig  " wegen zu einmütig, daß in einem ſolchen Falle, wenn lich geweſen? Die Regierung hatte Vollmachten derte zur Ruhe auf. stören, dann sei es kein Wunder, wenn man Deutschland   glaubte, daß nun für seine Pläne verlangt, um der Drohung zu begegnen, die in­dies mit der inzwischen aktuell gewordenen Regie- eine günstige Gelegenheit gekommen sei, es sich folge des Treibens der Spekulanten und der London.( Havas) Auf verschiedene im Unter- rungsumbildung in Frankreich   in Zuſammenhang sehr irre, denn die neue Regierung in Pas Kapitalsdeſertionen auf den öffentlichen Finan­haus über die Lage in Spanien   gestellte Anfragen bringt und es ergebe sich die Frage, ob Deutsch- ris besize die gleiche Macht, wie sie die vor zen und der Währung lastete. Mit hundert Stim­men Mehrheit nahm die französische   Volksvertre erklärte Minister Eden u. a., daß die englische   land feine Feindschaft zu einem Staate zum herige besessen hat. 4. Allgemein sind die Journalisten der An- tung das Ermächtigungsgesetz an. Der Senat Regierung zur Beit nicht beabsich- Preise seiner Freundschaft mit einem anderen tige; Franco das Recht einer kriegführenden Staate machen will. Die Antwort liege bei sicht, daß Deutschland   aller Wahrscheinlichkeit jedoch eilte den Saboteuren des Franc zu Hilfe, Deutschland  . Bei der jüngsten Einladung Eng  - nach der englisch  - französischen Festigkeit weichen er ließ sich von einem Verschwörerzirkel beein­Partei zuzu erkennen. Stockholm  . Der Chef der schwedischen berlain die Mehrheit der englischen Politiker hin- Botschafter ihre Bestätigung fand sowie vor dem val, der Generaldirektor der Banque de Paris et lands an Deutschland   hatte die Regierung Cham  - werde, die neuerlich in der Zusammenkunft der fluſſen, dem der ehemalige Ministerpräsident La­Flugwaffe, General Friis, begibt sich am 25. ter fich; die Verantwortung für die Zurückwei- zaudernden Verhalten Italiens  . Viele bemerken des Pays- Bas, Moreau, und einige andere Feinde Juni zu einem Besuch nach England, um die fung der Einladung durch Deutschland   könne nicht jedoch, man könnte Hitlers   Taten nie- der Volksfront angehören. Der Angriff auf die britische   Flugwaffe und Flugzeugindustrie zu besich- England angelastet werden. mals voraussehen. Regierung begann auf der Börse mit einer Miß­tigen. Der Besuch wird bis zum 30. Juni dauern. trauens- und Gerüchtekampagne, dann kam der demonstrative Rücktritt der Finanzexperten der Regierung Rist, Baudoin und Rueff verbunden mit dem Tratsch über ein Geheimmemorandum, das sehr deprimierende Angaben über Frankreichs  Staatsfinanzen enthalten sollte und der dritte Att dieses vorüberlegten Feldzuges der 200 Familien gegen die Volksfront spielte sich im Senate ab. Die Mehrheit des Senates, zu der nicht wenig Verwaltungsratsmitglieder von Af­tiengesellschaften gehören, durchkreuzte durch suste­matische Opposition die Finanzpläne der Regie­rung. Dreimal wurde das Ermächtigungsgesetz dem Senatsplenum vorgelegt, dreimal wurde es abgelehnt. Die Finanzkommission hatte einen neuen Tert ausgearbeitet, der von den Vollmach­ten soviel abstrich, daß der Regierung jede Frei­heit des Handelns genommen worden wäre. Léon Blum   und seine Mitarbeiter sahen, daß auf dies ser Basis eine Einigung nicht zu erzielen war. hört nicht zu jenen Politikern, die auch den kläg­Der erste Ministerpräsident der Voltsfront_ge= lichsten Kompromissen zugeneigt sind, wenn sie sich dadurch an der Macht halten können. Die

Präsident Beneš besichtigt die Karlsbader   Exportmuster- Lager

Eger. Der Präsident der Republik   Dr. E. Venes besuchte Mittwoch das Karlsbader   Export­musterlager der Handels- und Gewerbekammer in Eger. Er befand sich in Begleitung seiner Gattin Frau Hana Benešová   und des Mini­ſterialrates Dr. Cihař. Der Präsident wurde bom Präsidenten der Handels- und Gewerbe­fammer in Eger Ing. Scherb und dem Vizepräsi­denten Fabrikanten Pfeifer sowie dem Sekretär

Bis hierher und nicht weiter!

Ungewöhnlich scharfe Demarche der Westmächte In Berlin  

London  . Aus einer Reutermeldung geht hervor, daß das wichtigste Ereignis des Tages nicht die Ueberreichung der deutschen   Note in London  , sondern eine englisch- franzö. fifche Demarche war, die im Auftrage von London   und Paris   die Botschafter Hen ber. fon und Francois Poncet   Mittwoch vormittags um halb elf Uhr in der Wilhelmstraße in Berlin   durchgeführt haben. Die vorbereitenden Beratungen für diese Demarche erfolgten Mitt­woch morgens zwischen Eden und Corbin im Foreign Office. Die Demarche der beiden Botschafter stimmte dem Inhalte nach im wesentlichen überein, wenngleich die englische & affung an Schärfe die franzöfifche übertraf.

e

Henderson hat den deutschen   Reichsaußenminister v. Neurath   in aller der Kammer begrüßt. Dem Präsidenten der Re- Form darauf aufmerksam.gemacht, daß Großbritannien   die deutsche   Regie. publit wurde weiter der Vorſizende des westmöhrung nachdrücklich vor jeder direkten Aktion gegen Spanien   war ne, die es mischen Regionalverbandes Generaldirektor Meis als unfreundliche Handlung gegen Großbritannien  " auffaffen müßte. Daraufhin habe von Neurath   die bekannte Erklärung abgegeben, daß das Deutsche Reich nicht beabsichtigte, andere Schritte als den Austritt aus bem Rontrollabkommen zu unternehmen.

fel vorgestellt. Präsident Dr. Beneš   äußerte seine Anerkennung über die Einrichtung des Gyport musterlagers und erörterte verschiedene, das

nordwestböhmische Gebiet betreffende wirtschaft

liche und soziale Fragen.