Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 70 Heller
Redaktion u. Verwaltung: Prag XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub - Verantw. Redakteur i. V.: Zdenko Neuwirth, Prag
17. Jahrgang
Sonntag, 4. Juli 1937
Das wehrhafte Volk
Aus dem Inhalt:
Melniker Sender ab Weihnachten
Acht Tote
Britische Schlachtkreuzer
ins Mittelmeer Kompromiß gesucht
Finanzkrise
Nr. 156
und Sozialisten
Der erste Reichsaufmarsch der Republikanischen Wehr in Aussig Breſſe der Trusts und des Großkapitals will aus
Auffig. Seit Freitag wehen in den Straßen von Auffig von den hohen Fahnenmasten neben ber ber bie roten a buen ber fosialdemokratifchen und, die Zusammengehörigkeit mit Partei und Republikanischer Wehr betonend, auch die Regenbogen. Fahnen der Genossenschaft. Die fudetendeutsche Industrie- Metropole wird zwei Tage lang der Schauplatz eines historisch bedeutsamen Ereignisses sein, eines Ereignisses, das nicht nur in der Gefchichte der Arbeiterbewegung des Landes einen Einschnitt kennzeichnet, sondern ebenso bedeutungsvoll für die Geschichte des Staate 8 ist. Die Kund gebung unserer Wehrorganisation beweist, daß der tschechoslowakische, ber demokratische Staatsgebante im deutſchen Boſt der Republit nicht nur ein platonisches Bekenntnis als Echo ausgelöst hat, sondern daß sich die Arbeiterschaft dem Staate und der demokratischen Idee dieses Staates, die feine foziale Miffion in sich schließt, zutiefft verbunden fühlt. Mit Stolz tragen die Arbeiter das Verbandskleid der NW, das kein Zeichen einer erzwungenen Gleichschaltung oder gedankenloser Freude an der Uniform ist, sondern das äußere Bekenntnis zu jenen Prinzipien, auf denen die demokratische Republik aufgerichtet ist, das Bekenntnis auch zur Opferbereit. schaft, zur Kampfbereitschaft im Dienste der Demokratic, zur Verteidigung der Staatsidee und der Staats- Jntegrität..
Im Laufe des Samstag trafen aus allen Teilen des Landes die starken Delegationen der Repu blikanischen Wehr in Auſfig ein. Man hört sämtliche fudetendeutschen Mundarten, vom kräftigen Fränkisch der Egerländer bis zu den schlesischen Dialekten des Riefengebirges und des Gesentes oder zum gemütlichen„ Desterreichisch" der Südmährer, man erkennt in den Gestalten und Gefichtern der harten Arbeitsmänner und der sportgestählten Jugend alle Typen des fudetendeutschen Arbeiters. Die westböhmischen Burzliner", die notgehärteten Arbeiter des Erzgebirges, die Glasbläser, Schleifer und Glasmaler Nordböhmens , Bergarbeiter aus dem Falkenauer, dem Dux- Brüger, dem oftböhmischen Revier, Textiler aus dem Niederland, dem Ifergau, aus dem Aupatal, dem Braunauer Ländchen und ans Schlesien und die stählernen Gestalten der Metallarbeiter von Komotau , von Bobenbach und aus Schlesien tragen die Kleidung der NW, hören auf die gleichen Kommandoworte, folgen den gleichen Fahnen und werden sich in edlem Wettstreit messen, um ihre wehrsportlichen Leistungen und Tugen. ben zu erweisen.
Am frühen Nachmittag begannen im Stadion, daß ja nicht zum ersten Mal Schauplas großer Arbeiterfeste und vielen Genoffen schon bekannt ist, die ersten Wettkämpfe, denen ſich dann im Laufe des Nachmittags die nen eintreffen den Trupps anschloffen. Es war bewundernswert, wie NW- Abteilungen, die nach langer Bahnfahrt in Auſfig ankamen, fogleich den Warfch ins glas). antraten und ohne Zögern an ihre Aufgabe herangingen. Die Veranstaltungen Samstag- Nach mittag schloffen um 18 Uhr mit einem Appell. Um 19 Uhr begann die, hauptsächlich vom Atus be. strittene, Abend feier im Warmbad Kleische.
Eröffnungsappell im Stadion
B. V. Paris . Ein konzentrischer Angriff hai gegen die französischen Sozialisten eingesetzt. Die der Bilanz des neuen Finanzministers eine Waffe Wenn es nicht zu einem Weltbrand kommen soll, gegen die Volksfront schmieden. Nicht auf die Ret fo muß die Menschheit gefunden von einem Irr- tung der Staatsfinanzen ist man bedacht, nicht wahn, der das Schicksal der Völker in die Hand um das Schicksal der Nation ist man besorgt, das einzelner Machthaber legt. Die Worte, die einer man bei den täglichen Handlangerdiensten für der Repräsentanten des Gewaltsystems in den Hitler, Mussolini und Franco mißachtet, nur ein jüngsten Tagen geprägt hat, wonach die Kanonen Biel hat man im Auge: Vernichtung der So zialpolitik des ersten Volksfrontkabinetts das letzte Wort haben werden, diese Worte beweiund Zurückdrängung der Nationalisie sen der Menschheit, daß der Faschismus Krieg berungspläne, die mit dem Fortbestand der deutet. Diesem Prinzip setzen wir die Idee der gegenwärtigen Mehrheit und der KampfbereitDemokratie und des Friedens entgegen, für diese schaft der Wassen eine immer aktuellere BedeuIdee zu kämpfen ist vor allem die Mission der tung erlangen. Herr Gaston Jeze , einer der beRepublikanischen Wehr. Euerer beispiellofen Dis- fanntesten französischen Finanzsachverständigen, ziplin ist es zu danken, daß Ihr auf eine fo erfolg- läßt die Stazze aus dem Sack, wenn er erklärt, die reiche Tätigkeit zurückblicken könnt. Wir zweifeln finanzpolitische Entspannung fönnte nur erreicht nicht, daß Auffig, daß diese machtvolle Kundgebung werden, wenn man auf die Vierzigst un Ausgangspunkt eines neuen Aufstieges
der
fein wird.
en wo che, diese„ demagogische Wahnsinnstat" ( 1), verzichtet. Eine reaktionäre Pariser Zeitung Die demokratischen Kräfte dieses Landes sagt nicht minder deutlich: Die Regierung Blum und jeder, dem Demokratie nicht nur ein leeres wurde nicht des Ermächtigungsgesetzes wegen im Wort bedeutet, werden Enere Tätigkeit zu wer- Parlament gestürzt, sondern in den beseßten Beten wissen und sie unterstützen. Wir wollen uns trieben. Die großen Demokraten des Senates geloben, im Sinne unferer verehrten Präsidenten haben nicht aus prinzipiellen Gründen die FinanzMafaryk und Benes als treue Staatsbürger jeber. volmachten abgelehnt, die ſie ſpäter Chautemps zeit bereit zu fein, für die demokratische Republik und vorher Laval wie Doumergue gewährten. unser Leben zu opfern. Wir stehen hinter der sondern weil sie es bedauerten, daß sie sich in Staatsfahne als dem Sinnbild unserer Selbſtän einer Zeit sozialpolitischer Hochspannung gewiſſe digkeit und Freiheit, hinter der roten Fahne als Reformen abringen ließen, die sie in ihrer Eigenbem Wahrzeichen der Völkerverbundenheit. Diese schaft als Verwaltungsratsmitglieder der EisenFahnen mögen uns voranwehen im Kampf gegen bahn- und Versicherungsgesellschaften doch hätten den Faschismus, im Kampf für Demokratie und verweigern müssen. Frieden!
tämpferischen Organisation begreifen,
So steht es mit der Legende, welche besagt, Fahnenübergabe durch die Frauen Léon Blum habe das Feld geräumt, weil ihm die Nach der mit großem Beifall aufgenomme- finanzielle Situation ausweglos erschien! Geben nen Ansprache des Genossen Ta u b ergriff Ge- wir aber der nüchternen Sprache der Zahlen den noffit& u ft i Sd a f f et bas Wort. Sie führte Borzug: 20 Millionen Francs waren nach Geaus, daß es Sache der Frauen sei, für den Frie- orges Bonnet der Effektivbestand der franzöſiUm halb sieben Uhr traten zweieinhalb-| nie so aufgefaßt werden, als ob Ihr den Ereig- den zu kämpfen, aber daß gerade deshalb die schen Staatskasse. Zehn Millionen waren es am tauſend Mann der NW zum Appell im Stadion niffen der Umwelt teilnahmslos desenlivettejen Frauen den Wert der Demokratie, den Wert einer 4. Juni 1936, als Vincent Auriol das Finanzministerium übernahm und sie santen im Laufe an. Nachdem Genoffe Schön fe I'd er dem würdet. Keineswegs wollt Ihr und werdet Ihr Damit egen den infignus eftritt. einen des erſten Amtstages noch auf ſech3 Millionen Reichsführer Genoffen Noha č die Meldung er in die Machtsphäre irgendeiner staatlichen Funkstattet hatte, gebot diefer zunächst eine Minute tion eingreifen. Wie wir alle, so werdet auch Ihr Zeichen der Dankbarkeit und Treue unserer herab. Diese Erbschaft wurde der VolksfrontregieSchweigen zur Ehrung der Dyfer des Faschismus unserer Armee, der die Aufgabe zufällt, den Staat Wehr überreichte Genoffin Schaffer der NW eine Reſerven angegriffen, die Poſtverwaltung und die Frauenbewegung gegenüber der Republikanischen rung mitgegeben. Nur indem die verschiedensten unſeret tämpfenben Brüber in Spanien . In zu fallen, tetében, bie bet den Eröffnungsworten betonte Genosse R o h a č bringen und bemüht sein, die Wehrfähigkeit des Fahne, die die Inschrift trägt Lieber tot Pariser Gemeindekaſſe nicht geſchont wurde, konndie Trene der NW gegenüber der Partei und ver- Volkes zu stärken. Ihr seht Euere Aufgabe darin, ficherte dem Parteivorstand, daß in Gutem und die Tätigkeit unserer Armee zu fördern, in weiteBösem zu allen Zeiten die Männer der Republi- sten Kreisen Verständnis für die wertvollen Güter kanischen Wehr tren zur Partei stehen würden. zu wecken, die wir hier verteidigen und für die zu Insbesondere dankte er noch den Frauen, die um kämpfen niemals so aktuell und notwendig war, der Sache der NW willen so manche Opfer brin- wie gerade heute. gen, deren Schutz aber auch zuvorderst der Kampf der NW gilt, denn sie bewahrt das Volt, vor allem die Frauen, vor den Schrecken des Faschismus.
Stürmisch begrüßt, ergriff nun
Wir find Augen- und Ohrenzeugen deffen, was der Faschismus der Menschheit angetan hat.
als Stlav'!"
Genosse Paul dankte und erklärte: Treue zu tragen undin Ehren „ Wir geloben, die Fahne in
zu bewahren!"
Damit schloß der machtvolle Appell, der die Republikanische Wehr zum erstenmal als eine in sich gefchloffene große Wehrorganisation vor aller Deffentlichkeit gezeigt hatte..
Genosse Taub als Vertreter der Parte Im Zeichen des Aufstiegs
das Wort. Er betonte einleitend, daß es die erste große Manifestation der Republikanischen Wehr
Der Verbandstag der RW
ten, die Schwierigkeiten der ersten Stunden überbrückt werden. Stets hat die Regierung in der Folgezeit die geeigneten Mittel gefunden, die Staatsfinanzen über verworrene Situationen hinwegzuretten; erinnern wir an die AuriolSaſſenſcheine, an die englische Kreditgewährung und an den alles überbietenden Erfolg der Verteidigungsanleihe vom März 1937! Dies waren gewiß nur Hilfsmaßnahmen, zu einer entschei benden, auf lange Sicht berechneten Aktion wollte man auf Grund des Ermächtigungsgesetzes ausholen. Mit Recht konnte Léon Blum erklären, daß am Vorabend der Parlamentsdebatte der Zustand der öffentlichen Finanzen keineswegs die Erfüllung der dringenden Staatsausgaben unmöglich fei, die sie nicht im Anschluß an andere Organisa- Auffig.( Eig. Ver.) Samstag vormit- glieder find, bleibt doch angesichts der schweren gemacht hätte. Die Bestände der Staatskasse betionen, fondern aus eigenem durchführe. Wir wol- tags versammelten sich die Delegierten der Repu- Aufgaben, insbesondere für den Fall von Wahlen, zifferten sich am 15. Juni auf 2459 Millionen len diefe Gelegenheit benüßen, um Euch, die Ihr blikanischen Wehr im Volkshaus in Auffig zu noch viel zu tun. Daher beantragt der Vorstand Francs. Am 21. Juni, am Tage, da der Senat in Euch allezeit felbstlos in den Dienst der Organisa - ihrem zweiten ordentlichen Verbandstag. Genoffe die Durchführung einer Werbe- Attion unmittel- der letzten entscheidenden Abstimmung das Ertinnen der Arbeiterbewegung gestellt habt, namens II mann eröffnete die zahlreich beschichte Ta- bar nach dem Reichsaufmarsch. Das Ziel der mächtigungsgeset ablehnte, waren sie auf 1400 eller Zweige der Arbeiterbewegung unseren herz- gung mit Worten der Sympathie für die Kämpfer Attion, das für die einzelnen Gruppen vom Ber- Millionen Francs gesunken. Bis zum Regierungslichsten Dank für den aufopfernden Dienst und die des demokratischen Spanien und des Gedentens bandsvorstand abgesteckt werden soll, ist eine Er- antritt Chautemps blieben sie ungefähr auf glei unbedingte Treue zum Ausdruck zu bringen, die für die toten Genoffen. Er begrüßte dann unter höhung der Mitgliederzahl auf insgesamt nahe- cher Höhe, auf 1483 Millionen, Hätte der Senat der Kammer des allgemeinen Stimmrechtes Folge. Ihr erwiesen habt. Ihr habt diefe Arbeit geleistet starkem Beifall der Versammelten die Gäste: Ge- 3u daß Doppelte des bisherigen Standes. geleistet und die Vorlage angenommen, statt durch unter unfäglichen Schwierigkeiten, vielfach ist der noffen Taub für die DSAP, Nofcher und Außerordentlich günstig war nach dem Be- endlose Reden den öffentlichen Kredit zu gefähr NW mit außerordentlichem Unverständnis begeg- Weigel für die 3GK, Müller, Feistau- richt des Genossen Paul der Marken- Umfay. ben, so wäre kein neues Kabinett gekommen, das net worden, gerade von Kreisen, von denen man er, Fister und Breuer für die Atus- Die Aufwärts- Entwicklung hält an und die Kaf- am Tage seiner Regierungserklärung gestehen hätte annehmen follen, daß sie alles tun würden, Union , Krein er für die SI und Dr. Franfierung nähert sich dem Idealzustand einer hun mußte, leere Kaffen vor sich zu haben. Die zweite um die Tätigkeit der NW zu fördern. Ihr habt mit el für die Preffe. bertprozentigen Raffierung. Weiter berichtet Baul Devalvation, der Bincent Auriol aus dem Wege bewundernswertem Idealismus an der Idee feft- Den Bericht erstattete der Geschäftsführer über die Tätigkeit des Vorstandes, der techniſchen gegangen war, ist unvermeidlich geworden, da in zu einem ausgezeichneten Instrument der Disiplin Genoffe Paul, der über den steten Aufstieg und Reichsleitung und über die zentrale Schulungs- einer allzu langen Zivischenzeit burch Beitungsb be unemoesten Stampfes für die Demokratie die innere Feſtigung des Verbandes, den guten Ortsgruppen war gut, die Bestehungen zu ben trauen zur Währung ungestraft untergraben werArbeit berichten konnte. Genosse Baul befaßte fich übrigen ſozialiſtiſchen Organisationen waren ben konnte. Die Regierung Blum hatte die GeDie NW ist in einer Beriode fich überſtürzen- dann mit den Leistungen und Problemen der ein herzlich und bölümentierten fich in der Teilnahme fahren der Spekulation und der drohenden Kapider Ereigniffe, in einer Periode größter Verwir zeinen Kreife, hob die mustergültige Arbeit zung entstanden. Euer felüftlofes Eintreten für die wiffer Spizen- Organisationen hervor und erör- sung. Besonders erfreulich iſt es, bäß es gelun. Gold Frankreich verlassen voll erkannt. Dar Demokratic hat schließlich Euerer Bewegung terte eingehend die Bedingungen unter denen fich sen ist, durch unfere Teilnahme an den wehr- um ihr Drängen nach beschleunigter Verabschie Freunde und Anhänger in allen Streifen geworden, die Arbeit der NW in ben so verliebenartigen wortlichen Sti- Uebungen des Verbandes ber bung des Ermächtigungsgesetzes, darum auch ihre Staates und der Bestand der Gebieten des deutschen Sprachbereichs im Staate tfchechoff. Offiziere in Banská Bystrica die Berbin- Weigerung, die Pläne des Kabinetts vor der ent
gehalten und von Anfang an Euere Organisation
gemacht.
denen das Wohl Demokratic
Fortschritt der organisatorischen und erzieherischen
Be
arbeit. Der Kontakt zwischen Reichsleitung und
an
I den großen Rundgebungen der Arbeiterbewe
artikel, Börsentratsch und Gerüchte das Ber
talsflucht am 28. Juni hat eine Milliarde
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ie an dersen flest. 3br feib eine neue bieten bes heuten Sprachbereich im Staate bung zu den tschechischen Kreifen aufgunehmen. scheidenden Abstimmung preiszugeben! Wiewohl