Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 70 Heller

Redaktion u. Verwaltung: Prag XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub - Verantw. Redakteur i. V.: Zdenko Neuwirth, Prag

17. Jahrgang

Max Winter

Aus Wien wird uns berichtet, daß in Holly­ wood Genoffe Max Winter im Alter von 67 Jahren gestorben ist. Mit ihm geht wieder einer der besten Köpfe der österreichischen Arbeiter­bewegung dahin, zugleich ein gütiger Mensch, dem ber Sozialismus zeit feines Lebens stets auch eine Herzenssache war.

Winter begann als Reporter Wiener Bou­levardblätter, in die seine sozial gesehenen und von einem tiefen Mitleid mit den Armen und Unterdrückten fündenden Reportagen eigentlich nicht paßten. Viktor Adler , der große Menschensucher und Menschenforscher, entdeckte Winters Begabung und holte den jungen Jour­nalisten zur ,, Arbeiter- Zeitung ". Hier waren seine sozialen Reportagen erst am Plaze, hier fanden sie den würdigen Rahmen und ein großes Echo. Bekannt sind seine Berichte über das Leben der Burzliner", der westböhmischen Porzellanar­beiter, seine Reportagen aus dem Böhmerwald und feine ergreifenden, in ihrer ruhigen Sachlichkeit überzeugenden, Berichte über hunderte anderer sozialer Erscheinungen..

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Mittwoch, 14. Juli 1937

Aus dem Inhalt:

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Der Pressefrieden" ein bedeutsamer Erfolg des Nazismus

Vor dem Abschluß des Marseiller Kongresses

Die Sommerarbeit der braunen Blut- Justiz Gestapo - Spitzel und Erpresser

Kühne Projekte um die Prager Ausstellung 1942

Nr. 163.

Ein neuer britischer Plan Lachen links!

Die Seekontrolle wird den kleinen Mächten anvertraut?

London . Im Foreign Office herrschte Dienstag im Zusammenhang mit der Fertigstel­lung des englischen Nichtinterventionsplanes bedeutende diplomatische Aktivität. Der neue eng­ lische Plan, der beinahe fertig ist. wird, wie der Außenminister Eden den Botschaftern der interessierten Mächte mitteilte, diefen am Mittwoch früh überreicht werden. Eden ersuchte die Botschafter, den Plan ihren Regierungen unverzüglich zur Kenntnis zu bringen, damit deren Stellungnahme am Freitag bekannt sei. Eine Sigung des Nichteinmischungsausschusses wurde für Freitag einberufen.

oder

,, Sonntag ist nicht Donnerstag"

"

Es könnte auch ein Lustspiel sein, wenn der Hintergrund nicht zu ernst wäre. Wir wollten uns feren Augen nicht trauen, als wir die Entschlie Bung lasen, die vorigen Sonntag in Hohenelbe auf der Tagung des Bundes der Deutschen " gefaßt wurde. Seit Menschengedenken hat sich zum erstenmale ein völkischer Schutz- verein auch mit der Lohnfrage befaßt. Bisher war es doch das vornehme Privileg dieser gering zu schäßen, wie deren Beitragskreuzer zu Herrschaften, die Sorgen der Arbeiter ebenso vürdigen. Die soziale Frage existierte einfach für ienen Klingel von satten Bürgern, hochfahrenden Intellektuellen und Fabrikanten nicht, die in der fichtlich der Note General Francos betreffend die pacht zu haben. Was war also geschehen? Eine Im Unterhaus erfolgte eine Anfrage hin- schönen Einbildung leben, das Deutschtum in Erb­Erteilung des Kriegsrechtes. Lord Cranborne er- Wendung, ein Durchbruch? War Konrad Henlein widerte, die britische Regierung habe nicht die das Zauberstück gelungen, das soziale Gewissen Absicht, eine Antwort auf diefe Note zu erteilen. Der sudetendeutschen Unternehmer aus dem Dorn­röschenschlaf zu wecken? Keine Anleihe an Franco

Francos Note bleibt unbeantwortet

Nach Meldungen, die in Paris verbreitet auf diesen Kompromiß- Vorschlag Englands ein­werden, beruht der englische Kompromiß- Plan gehen werden. darin, daß die vier Sce- Großmächte, das ist Eng­Durchführung der Seckontrolle Spaniens ver= land, Frankreich , Italien und Deutschland , auf die zich te n, diese Kontrolle jedoch den kleinen neutralen Staaten, Holland , den skan­dinavischen, den Ostsee - und anderen Staaten att vertrauen würden. Außerdem würden in allen spanischen Häfen internationale Beobachter fein, die den Vertretern aller Staaten des Nichtein­mischungsausschusses entnommen würden. Diese Kontrolle der Häfen würde durch eine Kontrolle aller Flugpläke in Spanien ergänzt werden.

Nach dem Umsturz bekleidete Max Winter eine Zeitlang das Amt eines Vizebürger- Die hauptsächliche Frage fei iezt zu erfahren. meisters von Wien . Vor allem wid- ob die beiden kriegführenden Parteien in Spanien mete er sich aber der Kinderfreunde­Bewegung. Neben Afritsch gehörte er zu deren bedeutendsten Führern. Daneben wirkte er in zahlreichen Zweigen der Arbeiter- Stulturbewe­Auch schriftstellerisch ist er hervorgetreten. gung Seine Utopie: Die lebende Mumie" zeigte allerdings nicht den großen Wurf und die glück­liche Hand seiner sozialen Reportagen.

Auch Winter, der für Wien und Desterreich fo viel getan, wirklich ein tüchtiges Stück bester nationaler Kulturarbeit geleistet hatte, mußte nach dem Feber außer Landes gehen. Er wandte sich, vielleicht einer alten Sehnsucht seines wanderlustigen Herzens, ſeiner, allem Neuen mit Interesse zugewandten Augen folgend, nach dem aufſteigenden Kontinent. Er ging nach Amerika und versuchte als alter Mann, sich dort eine neue Gristenz zu schaffen. In Hollywood gab er eine deutsche Korrespondenz heraus und arbeitete an einer von ihm ins Leben gerufenen amerika­ nischen Zeitung mit, bis ihm der Tod im Eril creilte. Sein Werk wird unvergessen bleiben.

Erfolglose Gegenangriffe bel Villanueva

Nordchina

London . Daily Herald" berichtet, daß die Eith das Ansuchen des Generals Franco um die Gewährung einer Anleihe in der Höhe von 75 Millionen Pfund Sterling glatt a b. gelehnt hat.

ein zweites Mandschukuo?

Man muß das Ereignis auf seine richtige Bedeutung zurückführen. Die Herren vom Bunde der Deutschen sind über die Verdächtigung erha ben, irgendwie im allgemeinen Sinne arbeiter. freundlichen oder gar antikapitalistischen Tendens zen zu huldigen. Niemand tann ihnen nachweisen, daß sie sich jemals zu der Forderung verstiegen hätten, jedem deutschen Arbeiter müsse vom Wolfsgenossen Unternehmer ein auskömmlicher Lohn bezahlt werden. Ueberhaupt ist die Vorstel­Tung, daß der arbeitende Mensch schlechthin An­

forum angehärtete Staftenbewußt fein der menschenwürdiges Dasein beſie,

in das

Kreise noch nicht eingedrungen. Die soziale Frage interessiert sie bestenfalls unter der Froschper­

Peiping. Der letzte Zusammenstoß zwischen ihre Machtsphäre einzugliedern, um so gant 3spektive der nationalen Machtpolitik. Deshalb Nordchina zu isolieren und es voll- haben die Deutschbündler auch in Hohenelbe die kommen ihren wirtschaftlichen Intereffen zu Lohnfrage nur im Zusammenhange mit dem Ge mnterordnen. Auf diese Weise soll aus Nordchina burtenrückgang angeschnitten. Insbes ein zweites Mànd schuk uo gemacht sondere liegen ihnen die Kinderzulagen am Herzen, um sodurch die Gründung und Ers werden. haltung kinderreicher Vollfamilien zu ermög lichen".

chinesischem und japanischem Militär ereignete sich Dienstag um 11 Uhr Ortszeit an der Eisen­bahnbrücke in der Nähe des Südtors von Pei­ping.Chinesische Soldaten eilten einer von den Ja­panern angegriffenen Patrouille von allen Seiten zu Hilfe. Nach zweistündigem Gefecht wurden die Die chinesische Regierung soll nach Meldun japanischen Abteilungen gegen Fengta i zu gen, die aus der chinesischen Botschaft in London rüdgezogen. Durch die Kämpfe wurde der Ver- stammen, fest entschloffen sein, eine weitere In­fehr im Südteil von Peiping lahmgelegt; die Be- vasion auf feinem Gebiete um jeden Preis völkerung erhielt die weisung, in den Wohnun- zu verhindern. Alle Minister wurden nach Nan­gen zu bleiben.

Die Japaner treffen in Nordchina große mili­tärische Vorbereitungen. Von einer Konferenz aller Präfekten, die für Donnerstag nach Tokio cinbe­rufen wurde, erwartet man Verkehrungen für die Mobilifierung weiterer Streitkräfte. Mehr als Madrid . Die Aufständischen unternah- 20.000 Wtann sind bereits in der Umgebung von men Dienstag früh mit neuen Verstärkungen Fengtai fonzentriert, außerdem wurden die einen erfolglofen Gegenangriff 5. und 10. japanische Division mobilisiert. In der auf die republikanischen Pofitionen bei Billa - Umgebung von Peiping ziehen die Japaner die nueva. Die Francoabteilungen bestehen aus regu- Truppen der Kwangtung- Armee zufammen. fären Truppen, Phalangisten, Fremdenlegionären und Las Banderas. Der Sprecher der japanischen Botschaft in Peiping behauptete Journalisten gegenüber, daß Luftangriff auf Valencia abgewlesen zwischen japanischen Offizieren und den Vertre tern der 29. chinesischen Armee bereits ein schrift Valencia . Dienstag um 5 Uhr 15 morgens licher Bertrag über die Beilegung des Konfliktes bersuchten drei wahrscheinlich von Palma di Mallorca gekommene Aufständischen- Flieger die zustandegekommen sei und die Situation sich ge­Stadt Valencia zu überfliegen, wurden jedoch jedoch auf dem Befehl, daß die chinesischen Behör­bessert habe. Die Nantinger Regierung beharrt durch das Feuer der Flugzeugabwehrgeschüße ge- ben in Nordchina die japanischen Forderungen ab­wungen, fich zu entfernen. Die Flugzeuge war­fen bloß über einer Vorstadt zwanzig Bom- 3 ulehnen haben. ben ab. Opfer werden nicht gemeldet. Vermittlung in Spanien ?

fing berufen.

Nach einer halbamtlichen Meldung hat die chinesische Regierung die ausländischen Diplo­maten und Konsuln in Peiping ersucht, ihre Staatsangehörigen zum Verlassen der Stadt zu veranlassen, weil sie ihnen ausreichenden Schuß nicht mehr verbürgen könne. Die Regierung hat zur Evaluierung der Ausländer einige Flug­zeuge angeboten.

Japanische Bomber greifen ein

In Hohenelbe ist wahrlich nichts Unmögliches Beiten. Viele Unternehmungen haben ausgespro chenen Hochbetrieb. Es wird wieder verdient und dies nicht zu knapp. Nur langsam finden die Löhne und Gehälter den Anschluß an die anstei gende Kurve des Wirtschaftslebens. Der tiefe Einbruch in das Lebensniveau der Massen, den die Krisenjahre verschuldet haben, ist sehr schwer auszuglätten. Unsere Gewerkschaften sind im ganzen Lande in voller Tätigkeit, um auch den Johnarbeitenden Voltsmassen einen bescheidenen Anteil an der Konjunktur zu sichern. Es geht aber

verlangt worden. Die Induſtrie hat wieder gute

nicht um die Löhne und Gehälter allein! Viele

Meldungen aus chinesischer Quelle zufolge Unternehmer haben sich in der Krise angewöhnt, bombardierten am Dienstag fünf japanische Flug. einfach un menschliche Leistungen zu seuge bei Naniuan einige chinesische Truppen- fordern. Die Nationalisierung wurde mit gerin= abteilungen. Es ist dies der erste Fall feit dem gen Ausnahmen in der Form eines gesteigerten Ausbruch der gegenwärtigen chinesisch- japanischen Staub ba u e 3 an der Geſundheit und Lebens­Feindseligkeiten, daß japanische Flieger aktiv kraft des schaffenden Volkes ins Werk gesetzt. Die Herren vom Bund der Deutschen mögen sich über eingriffen. den traurigen Geburtenrückgang nicht wundern! Das Elend der langjährigen Maſſenarbeitslojig­feit hat daran gewiß einen hohen Anteil. Man sehe sich aber unsere Textilarbeiterinnen an, wenn sie abgemüdet aus den Fabriken heimkehren. Kön­nen solche ausgemergelte Frauen gesunde Müts ter sein? Und wieviel junge Paare möchten sich gerne einen eigenen Hausstand gründen! Sie verzehren sich in aussichtslosem Zuwarten, denn die Bezahlung der jungen Arbeiter und Ange= stellten liegt tief unter den einfachsten Lebensan­sprüchen. Ein großes, weites Feld der sozialen

Die letzten Reutermeldungen aus Schanghai befagen, daß sich die Lage im Fernen Osten fchr verfchärft habe. Die chinesischen Behörden fürchten, daß die Um Mitternacht auf Mittwoch seste an der Japaner die günstige Gelegenheit ergreifen und Eisenbahnbrüde bei Peiving wiederum heftiges versuchen werden, die ganzen Provinzen Hopei Artilleriefeuer, begleitet von Maschinengewehr­Brüffel. Die katholische Zeitung Libre und Tichahar, in deren nördlichen Teil sie schon feuer ein. Das Feuer war aus der Umgebung der Belgique " vermerkt das Gerücht, daß Kardi- feit 1935 bestimmenden Einfluß ausüben, in füdlichen Mauer Peipings zu hören. nalstaatssekretär Pacelli vom Heiligen Vater damit

beauftragt worden sei, mit der franzöfifchen Re- England und Amerika

gierung übereinzukommen, wie der spanische Bür­gerkrieg schnell zu beenden wäre.

dringen auf friedliche Lösung

( Reuter.) Außenminister Eden

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Uebereinstimmung der zwi­

Aufbauarbeit ruft nach hingebungsvoller Be­

treuung. Die sozialistische Arbeiterbewegung steht im Kampfe um das Menschrecht fenden Induſtrictbolted allein. Bet a einmal ausnahmsweise ein sogenannter völliſcher Schuß­verband am Sonntag für Lohnerhöhungen ein­tritt, dann kommen die gleichen völkischen Unter­Washington. Das Staatsdeparte nehmer wochentags drauf und wollen die Löhne ment teilte dem japanischen Botschafter und der abbauen. Erinnert dann ein völlischer Arbeiter chinesischen Botschaft mit, daß die Regierung der, den völkischen Fabrikanten an die sozialen Sonn­tagspredigten, dann bekommt er eine verblüf Bereinigten Staaten glaube, daß ein bewaffneter fende Antwort: cutist nicht Sonntag, Konflikt zwischen Japan und China ein großer heut ist Donnerstag!" So geschehen in Schlag für den Weltfrieden und Fortschritt wäre. Sohenelbe, wo eine Woche zuvor ein est

Tellkrise Im belgischen Kabinett Breiffel, Nach der am Montag erfolgten Des empting Dienstag den of in Gf is het. Bot- fthen Groföritannien und den Bereinigten Staa. miſſion des Juſtizminiſters de Laveley begab fchafter und legte ihm dar, wie Großbritannien ten über das Verhalten in dem Konflikt scheint sich vormittag Ministerpräsident van Zeeland am durch die letzten japanisch- chinesischen Kämpfe, die Dienstag zum König und überreichte ihm die Ge- fich in der Nähe von Peiping abspielen, beun se fiert zu sein. famtdemission des Kabinetts. Der König erklärte ruhi at fei. Minister Eden fügte hinzu, daf jedoch, daß er unter den gegebenen Umständen die britische Regierung aufrichtig wünsche, daß die Demission nicht annehmen könne. Es wird diefe Meinungsverschiedenheiten zwischen Chino also nur die Demission des Justizministers ange- und Japan in kurzer Zeit beige. nommen werden, der durch ein neues Mitglied, legt werden mögen. Im gleichen Sinne sprach wahrscheinlich einen Angehörigen der liberalen sich der britische Außenminister am Montag gegen Partei, ersetzt werden wird. über dem ia panischen Botschafter aus.