Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 70 Heller

Redaktion u. Berwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub- Berantw. Redakteur i. B.: Zdenko Neuwirth, Prag  

17. Jahrgang

Freitag, 23. Juli 1937

Rückzug der Chinesen

Die Japaner   trotzdem unzufrieden

Entspannung, aber keine Lösung

Die chinesische   Regierung hatte der japanischen die beiderseitige Zurückziehung der Trup­pen aus den umstrittenen Gebieten vorgeschlagen. Darauf hat Japan   nicht geantwortet. Die chinesische   Regierung hat daraufhin stillschweigend ihre Zustimmung zu den Maßnahmen der lokalen( provinziellen) Behörden erteilt, die sich vor dem Anmarsch starker japanischer Heeres­teile langsam zurückziehen und die Provinz Hopeifaktisch den Japanernräumen, als deren Strohmann vorläufig der Gouverneur von Tschachar die Verwaltung leitet. Tatsäch­lich kommandieren die Organe der Kwantung- Armee. Nunmehr würde für Japan   jeder Vor­wand für eine weitere kriegerische Aktion wegfallen. Tatsächlich aber behaupten die Japaner nun, daß die Chinesen die Räumung zu fäumig durchführen oder sie berufen sich darauf, daß I China nur Zeit gewinnen wolle( was in einem weiteren Sinne richtig sein dürfte). Insbeson I bere scheint die von Tokio   ja in vielen Fragen unabhängige Kwantung- Armee die Fortführung der Feindseligkeiten zu betreiben.

So ist trotz einer gewissen Entspannung die Gefahr eines Krieges noch keineswegs besei­tigt. Daß man auch in Börsenkreisen mit einem Krieg noch rechnet, zeigt sich daran, daß die japanischen und englischen Schiffahrtsgesellschaften die Tarife für den Fernen Osten beträchtlich erhöhen, daß die Handelskreise in den nordchinesischen Städten ihren Angestellten empfehlen, sich zur Abreise bereitzuhalten und daß die japanischen wirtschaftlichen und militärischen Nüstun­gen fortschreiten.

Shanghai  . Wie die japanische Preffe- Der Text agentur Domei meldet, bezeichnen die japanischen

Militärbehörden in Schanghai   den Abzug der chinesischen   Truppenabteilungen aus Lukutschias als ,, eine strategische Bewegung, um Zeit zu ge. winnen" und erklären, daß die 37. Division der 29. Armee ein Instrument der Nankinger Regie­rung ift. t. Die Militärtreise fügen hinzu, bak die Entfendung großer Berstärkungen der 30. und der 40. Armee unter dem Kommando der Gene­rale Sunlientfchun und Kumpinsun nach Baotin, der Hauptstadt der Provinz Hopei, die zwischen den Generalen Hojintschin und Umetsu vom Jahre 1935 abgefchloffene Vereinbarung verlegt. Die japanischen Militärkreise schließen daraus, daß das Verhalten der Nankinger Regierung den Frieden im Fernen Dsten bedrohen könne.

der chinesischen Note

Die chinesische   Gesandtschaft in Prag   stellt den Blättern folgenden Bericht zur Verfügung:

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Aus dem Inhalt:

Voller Streik- Erfolg

in der Porzellan- Industrie

Ausstände

und Lohnbewegungen

Henlein- Terror nach

dem Staaber Kreisfest

Dorf in Not

Nr. 171

Sorgenkind Gibraltar  

wichtiger ist der Zustand der Tür selbst.

dige Konzentrierung japanischer Truppen offensicht lich auf die Absicht Japans   hinweist, von seinen Machtmitteln Gebrauch zu machen. Indem Dr. Wang daran erinnert, daß er dem Leiter der japa- MTP( London  ) Das britische   Imperium nischen Botschaft in Nanting, Hitala, am 12. Juli befindet sich seit dem Ausgang des Weltkrieges in vorgeschlagen hat, daß beide Parteien die Truppen- einer sehr absonderlichen Lage: es besißt die verschiebungen einstellen und ihre Truppen in die Schlüssel zu den meisten Türen sowohl der Welt­ursprünglichen Stellungen zurüdberufen, spricht er politik wie der Weltherrschaft, aber diese Türen, das Bedauern aus, daß die Antwort Japans   auf die es unmittelbar nach dem Kriege für seine diesen Vorschlag bisher nicht eingegangen ist. Dr. Weltgeltung weit öffnen konnte, schlagen eine Wang schlägt vor, daß beide Parteien gemeinsam nach der anderen wieder zu. Und es genügt nicht, ein Datum festseßen, an dem beide Teile mit den den passenden Schlüssel für eine Tür zu besitzen Truppenverschiebungen aufhören und ihre Truppen in die vor dem Zwischenfall innegehabten Stand- Eine der uneinnehmbarsten Positionen Eng orte zurückberufen. Die chinesische   Regierung ist lands schien seit Jahrhunderten der Felsen von bereit, sofort in Verhandlungen mit der japanischen Gibraltar  . Diese sandige Landzunge, an deren Regierung im üblichen diplomatischen Weg einzu- Südspiße sich der Roc" erhebt, ist Schloß und treten. Jede Erledigung von Fragen örtlichen Cha- Schlüssel zugleich für das Mittelmeer  . Die Meer­rafters, die eine lofale Lösung gestatten, wird der enge von Gibraltar  , an der schmalsten Stelle chinesischen Nationalregierung zur Genehmigung faum 14 Kilometer breit und nirgendwo tiefer vorgelegt werden. Kurz, die chinesische   Regierung ist als 50 Meter, eine wirkliche Schwelle vom At­bereit, alle friedlichen Mittel zur Aufrechterhaltung lantit zum Mittelmeer  , war von dieser einen des Friedens in Ostasien   zu erschöpfen. Deshalb sind Stelle aus bisher absolut unter Verschluß zu hal­für die chinesische   Regierung alle Methoden, welche ten, obwohl der Felsen weder an der wirklichen das internationale Recht und die internationalen Südspiße Spaniens   liegt noch an der engsten Verträge für die friedliche Lösung internationaler Stelle der Straße. Konflikte vorsehen, wie z. B. direkte Verhandlungen, Vermittlung, Arbitrage usw. in gleicher Weise an­

nehmbar".

Wie bekannt, hat Japan   die chinesischen   Vor­schläge auf gleichzeitige Einstellung der Truppenbe­wegungen und Rüdberufung der Truppen in ihre vor dem Zwischenfall innegehabten Standorte ab­gelehnt und mit dem Bombardement der Stadt Wanping geantwortet.

Flucht aus Pelping

Der spanische Bürgerkrieg hat es mit sich ge­bracht, daß eben an dieser Stelle noch ein zweites Schloß angelegt wurde. Und die­jer neue Verschluß ist wenigstens zur Zeit für England endgültig versperrt, die Schlüssel liegen nicht einmal in den Händen des Generals Franco  , der die Stelle beherrscht, sondern vielmehr in denen Italiens   und Deutschlands  .

Die chinesische   Gesandtschaft in Prag   erhielt Die Engländer waren sich seit langem llar, den offiziellen Text der Antwort der chinesischen Regierung auf die japanische Forderung, daß die fuelchen strategischen Wert Ceuta   bejißt. Der chinesische   Regierung ihre Zustimmung Ber­Hafen von Ceuta   ist weitaus geeigneter, große handlungen des japanischen Militärkommandanten Washington  . Außenminister Hull   hat be- Einheiten einer Kriegsflotte aufzunehmen und mit den örtlichen Behörden in Nordchina auspreche kanntgegeben, daß die amerikanischen   mit Brennstoff zu versorgen, und schon allein aus und daß China   ſelbſt die Truppenverschiebungen Staatsbürger in Peiping aufgefordert diesem Grunde hatte England schon lange vor worden seien, sich für eine e bersiedlung Ausbruch des Bürgerkrieges mit den spanischen in die Botschaft bereit zu halten. Hull   republikanischen Regierungen verhandelt, um ertlärte ferner, man stehe im Begriff, die ameri- fogar Gibraltar   gegen Ceuta   einzutauschen. lanische Botschaft von Peiping nach Nanting zu verlegen.

einstelle. Der Tert lautet:

In Wiederholung des Wunsches Chinas   nach einer friedlichen Lösung und dessen Bestrebens, die Lage nicht zu erschweren, verweist der chinesische  Außenminister Dr. Wang darauf, daß die stän

Gegenangriffe wieder gescheitert

London  . Die Lage im Fernen Often gibt Anlaß zu fortgesetzten Besorgnissen, die auch in ber diplomatischen Fühlungnahme vom Mittwoch deutlich zum Ausdruck kommen. Es wird nunmehr Madrid  . Die Kämpfe bei Madrid   gingen Feuer des Feindes mit gleicher Intensität und bekannt, daß Außenminister Eben außer dem Mittwoch früh mit ungefchwächter Heftigkeit fort. machte das Borgehen der Aufständischen unmög­chinesischen auch den japanischen Botschafter Durch die Eroberung neuer Stellungen nördlich lich. Die Regierungsflieger bombardierten zeit­empfangen hat und die ganze Situation auch an- von Quijorna befanden sich die Regierungsabtei- lich früh Militärobjekte in der Nähe von Naval läßlich eines Befuches des franzöfifchen Botschaf lungen in bloß fechs Kilometer Entfernung von Carnero. Die Aufständischen- Flieger warfen in ters bei Eden durchbesprochen wurde. Der britische der Straße nach Estorial, die fie unter Feuer Erwiderung dieses Bombardements Bomben über Botschafter in Nanking   wurde am gleichen Tage halten können. Die Regierungstruppen gehen dem Colmero und Biejon ab, welche beiden Orte jedoch vom chinesischen Außenminister empfangen und Nahkampf aus dem Wege. Sie verteidigen fich ziemlich weit von der Front entfernt sind. Es hatte mit ihm eine lange Unterredung. Der chine- mit automatischen Waffen. Die Hauptaufgabe in wurden etwa 25 Opfer gezählt. Weiter bombar­fische Botschafter in Tokio   ſtattete dem japanischen den Kämpfen hat die Artillerie. Die Infanterie dierten die Aufständischen- Flieger das Dorf Außenminister einen Besuch ab. Ueber den Inhalt der Aufständischen arbeitet eng mit der Flug- Quintanar de la Orden. dieser Besprechungen ist vorläufig nur soviel be- waffe zusammen, während die Regierungstrup­kannt, daß Großbritannien   Tokio   und Nanking pen ausgiebig Tanks verwenden. Die große Hihe nachdrücklich darauf hingewiesen hat, die Diffe- in den Tanks erlaubt es aber nicht, daß die Be­renzen beizulegen und aus einem lokalen Konflikt fagung allzulange darinnen verweilt. nicht einen fernöstlichen Krieg entstehen zu laffen. Madrid.( Havas.) Seit den ersten Mor­deffen Ausmaße nicht abgesehen werden könnten. genstunden des Donnerstag find die Batterien der Zwischen Paris   und London   wurde befchloffen, Aufständischen in intensiver Tätigkeit, welche die Auf der Mittelfront unternahmen die Re­abermals mit den Bereinigten Staaten in Ver- republikanischen Pofitionen bei Villa Nueva   de la bindung zu treten, ob ein gemeinsamer Schritt Canada  , Brunete, Duijerna und bei Billa Franca der drei Mächte im Fernen Osten nicht doch ange- del Castillo beschießen. Die Regierungstruppen seigt wäre. haben bisher jedoch ihre Gräben an feiner Stelle Die Times schreiben, daß eine beruhi- verlaffen. Die Regierungsartillerie erwiderte das gende Tatsache darin zu erblicken sei, daß der

Im nördlichen Teil der Provinz Guadala­fara versuchten die Aufständischen, die Regie­rungsstellungen bei Almabrones und Bal For­mofo zu befehen, wurden aber durch das Feuer der Regierungsbatterien zurückgetrieben.

Der Aufstand des Generals Franco   hat alle diefe Hoffnungen völlig zunichte gemacht, ja, mehr als das, Ceuta   und Algeciras   entwideln sich zu gefährlichen Stivalen der englischen Festung.

In der letzten Zeit tamen immer wieder Meldungen durch, daß die Franco- Regierung hier Befestigungen anlege, und in der letzten Woche hieß es sogar, daß England einen offiziellen Pro­testschritt wegen der Bestückung dieser Anlagen mit weittragenden großkalibrigen deutschen   und italieniſchen Geſchüßen vorhabe. Dieses Vorha ben ist von englischer Seite sofort dementiert worden, aber nun hat kein geringerer als Wins ston Churchill, dessen Cassandra- Rufe immer häu­figer werden, obwohl sie noch immer keinen Wi­derhall finden, auf die Größe der Gefahr auf­merksam gemacht.

Der Kronzeuge, den Churchill   anführte, war niemand anders als sein eigener Sohn, und Auss rufe des Erstaunens wurden im Unterhause laut, als man dieses Detail vernahm. Der junge Chur­chill hat mit eigenen sachverständigen Augen die neuen Befestigungen und Geschüße gesehen. Sie können 20 Kilometer weit treffen, und sie sind gierungsabteilungen einen plöhlichen Angriff und auf die Docks von Gibraltar   gerichtet. Ihr Feuer überraschten den Feind, der seine Stellungen ist jedenfalls ohne weiteres in der Lage, eine ohne Kampf verließ. Auf der Front von Teruel   Sperrzone um die Bucht von Algericas zu errich befestigten die Regierungstruppen ihre vorteilten und damit den Zutritt der englischen Flotte dorthin zu unterbinden. Churchill   hat die gewiß haften Stellungen bei Guadalviar. richtige Ansicht geäußert, daß die Aufstellung die­ser Geschüße sich kaum aus den militärischen Nota meldet, daß Franco mit Gil Noble& verwendigkeiten des spanischen   Bürgerkrieges erklärt. gung zur Mobilisierung für einen Feldzug gegen China   ersucht worden sei. Die Lage habe sich be­In beiden Lagern Spaniens  griert ist und feither in Portugal   lebt. Robles Regierungsflotte ist viel zu schwach, um einen foll von Franco eine innerpolitische und eine Seeangriff gerade hier zu wagen. Trotzdem ers reits so verschlechtert, daß es nurmehr brei Mög­Sowohl die spanische Regierung in Valen- außenpolitische, für Oliveira Salazar   bestimmte lärte der Sprecher der Regierung, man solle lichkeiten gebe cia als auch das Rebellen- Komitee in Burgos Miffion erhalten haben. Es scheint, daß Franco nichts dramatisieren, und Franco habe nur das 1. Ein friedliches Kompromik durch chine- sind in der jüngsten Zeit bemüht, in ihrem versucht, sich stärker nach der monarchistischen Seine zum Schuß seiner Interessen getan. Diese Machtbereich stabilere politische Verhältnisse au Seite festzulegen und die Kirche, die sich ihm ausweichende Antwort zeigt, daß England nach fifche Sugeständnisse, schaffen und deutlicher erkennen zu lassen, wie gegenüber in den letten Monaten kritisch verhal wie vor auch in diesem gewiß sehr empfindlichen sie sich die Zukunft des Landes vorstellen. Franco ten hat, zu versöhnen. Puntte zu feiner irgendwie entscheidenden Stel­hat nach dem noch immer rätselhaften Absturz Im Regierungslager hat man lungnahme entschlossen ist. des tarlistischen Generals Mola zunächst eine den Kampf gegen die Anarchisten und die POUM Reihe Phalangisten, also Parteigänger der mit großer Energie aufgenommen. Wie aus Bar- Unentschlossenheit? Entgegen der eigentlich faschistischen Gruppe in seinem Lager celona gemeldet wird, untersuchen eigene Kom landläufigen Meinung, daß Gibraltar   auch heute prozessieren und füfilieren lassen. Zur selben missionen aufs strengste die Terroratte und noch eine uneinnehmbare Feste ist, wissen die Beit. widerfuhr das gleiche Schicksal der Gruppe Morde, die in der Zeit seit dem Aufstand vor- englischen Sachverständigen schon lange, daß rein Durutti"( Anarchisten) im Regierungslager. nekommen sind und gehen ſchärfſtens gegen die militärisch gesehen, die Bedeutung von Gibraltar  Kürzlich hat Franco zum erstenmal erklärt, er Schuldigen vor. Zugleich wird auf kulturellem nahezu gleich Null ist. England hat in seinen wolle den Erkönig Alfonso zurückrufen, wobei er Gebiet gegen gewisse Auswüchse eingeschritten. Rüstungen ungeheuer viel versäumt; es versucht ihm die Funktion eines die Parteien ,, bersöhnen- In der Beseßung wichtiger Polizeistellen sind ießt, in einem phantastischen Tempo diese Ver­ den  " Friedensbringers zuwies. Nun wird ges einige Kenderungen eingetreten.. fäumniffe nachzuholen. Aber wenn man weiß,

Kaiser von Japan   noch nicht um feine Einwilli Politische Umgruppierung Hanbelt habe, ber bei Beginn der Revolte emi- Denn Franco beherrscht sowieso das Meer, die

2. ein lokales politisches Abenteuer oder 3. wirklicher Krieg. Im japanischen Inter­effe läge, wie ie bas V Blatt meint, eine friebliche Löfung. Weber von strategischen noch vom politi schen Gesichtspunkt läßt sich augenblicklich ein Borteil in einer triegerischen Berwicklung fehen. Japan   habe die Welt außer Faffung gebracht, weil es einen geringfügigen Zwischenfall, für den es selbst mitverantwortlich ist, zu einer inter­nationalen Kriſe aufgebaufcht habe.

Was ist der wirkliche Grund dieser