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Dienstag, 27. Juli 1VS7
Nr. 174
danken der SdP für die Aufrichtigkeit, da st sie den Unternehmersekretär Dr. Ianovsky zum Wirtschaftsdiktator der Volksgemeinschaft gemacht und dadurch ihr kapitalistisch-reaktionäres Gesicht offen enthüllt hat. Dr. Janovfky ist gerade der berufene Mann dazu, die Forderung deS Bundestages von Hohenelbe nach Lohnerhöhungen in die Tat umzusehen. An dem völkischen Betrug, die Arbeiter ' am Sonntag zu umschmeichel« und ihnen wochentags die Löhne zu drücken, werden weder Henlein noch der Bund der Deutschen. etwa» ändern.
.Die sogenannten Arbeiterhertreter in der SdP sind dadurch zur. Fortsetzung der kläglichen Handlangerrolle verurteilt, die sie schon beim Etrich-Sireik gespielt haben. Während Herr Henlein„Kunstreis-n" ins Ausland unternimmt, gilt unfeit ganzer Krafteinsatz der Befferung der Le« benlbedingungen der ärmsten Schichten des Volkes. Mag Herr Henlein mit den Ausbeutern und Ilnternehmerselretären marschieren, wir lämpfen mit den arbeitenden Massen del sudetendeutschen Bolles um ihr heilige» Dasein-recht l
Erzdiktator Göring Der„eiserne Hermann“— Vorsihend er einer Elsenerz-Aktlen-Gesellsdiaft
In größter Aufmachung bringen die reichsdeutschen Blätter die Anordnung Görings, durch die der Staat eine neue„Altiengesellschaft für Erzbergbau und Eisenhütten Hermann Göring " in» Leben ruft, um neue Werke für die Erzgewinnung, zunächst in Baden und in Franken, zu errichten. Ganz offen wird zugegeben, datz die Not- tvendigkeit, mehr Erz zu beschaffen, von den Anforderungen der RüstiingSsteigerung diktiert ist. Die deutsche Eisennot ist bekanntlich in der letzten Zeit durch die Restriktion der schwedischen Lieferungen und die llnsicherheit, ob die spanischen Quellen die auf sie gesetzten Hoffnungen erfüllen tverden, bedeutend verschärft worden. Es ist also kein Zufall, wenn man sich gerade jetzt auf diesen Abschnitt der BierjahreSplanS besinnt. Unter dem Druck der selbst heraufbeschworenen Not geht man also jetzt daran, alle vorhandenen Erzvorkommen zu erschließen. Daß Mer die Rentabilität dabei kein Wort verloren wird, ist bei den Triebfedern dieser Aktion nut natürlich. Weit größer ist die Sorge um die Wirkung auf dar Ausland. In einem Atemzug wird dem Inland versichert, daß sich das Dritte Reich jetzt vom ausländischen Diktat befreit hat— wie oft hat es das schon, ohne daß es dem deutschen Boll besser ginge?— und dem Ausland nahegelegt, gerade jetzt mehr Erz zu liefern I Zwiespältig wie diese Sprache sind auch die Kommentare, mit welchen man die volkswirtschaftliche Bedeutung begreiflich machen will, je nachdem ob man sich an die Arbeiter und die auf eine Erfüllung der so zialistischen Versprechungen wartenden Menschen, oder ob man sich an die Unternehmerkreise wendet. Die Berordnung besagt nämlich, daß Bergbauberechtigte zum Zwecke des Ausschlusses und Abbaues von Mineralien zusammengeschloffen werden könnsn,.wobei hinen an Stelle ihrer,jetzige« Berechtigungen Beteiligungen an'der neuen Gesellschaft Görings gewährt werden. Die Rechtsform der Gesellschaft und im Zweifelrsalle den Anteil der Mitglieder bestimmt der Beauftragte für den BierjahreSplan— nämlich Hermann Göring , der sich also wieder eine gute Position damit zu verschaffen wußte. Bon Bedeutung ist dabei, daß die„Göring-Aktiengesellschaft" nur unter Führung des Reiches steht— praktisch also Görings— daß aber das Reich vorläufig nicht an ihr beteiligt ist, sondern sich die Beteiligung nur Vorbehalten hat. Die Gesellschaft trägt nicht umsonst den Namen einer„Göring-A.-G.". Staatlich ist bisher nur die Berordnung; Göring steuert die Aufsicht bei und die Vermögenswerte müssen die verschiedenen privaten und juristischen Personen liefern.
Sn diesen letzteren Umstand hält sich der „Völkische Beobachter", der als offizielles Organ der nationalsozialistischen Partei die Aufgabe hat, in jeder Maßnahme eine sozialistische Errungenschaft nachzuweisen. An Wirklichkeit handelt es sich darum, jene Kreise der deutschen Industrie, welche den RüstungSwahnflnn und den BierjahreSplan mit seinen überspannten Autarkiebestrebungen jun widerwillig und unter Protest mitmachen, gefügig zu machen. Der„Völkische Beobachter", der auch in diesem Augenblick versichert, daß der Nationalsozialismus die private Jnittatwe schätze, weil sie dem Bolle nützlich sei, sagt an die Adresse jener Kreise, deren Vernunft sie vor den tollen Experimenten warnt, ganz deutlich:„Die Erze, die jetzt nutzbar gemacht werden sollen... lagen schon immer dort, aber die private Industrie hat sie liegen lasten, obwohl jeder wußte, daß das Eisen notwendig und knapp war... Bon Leuten, die e» vor einem Lahr noch für richtig hielten, daß die deutsche Eisenversorgung vom Ausland abhängig bliebe, kann man nicht jene starke Ueberzeugung erwarten von der Notwendigkeit, die eigenen Erze zu erschließen." Die Widerspenstigen werden gezähmt, weil die Rüstungswerke immer mehr Eisen unb Stahl brauchen und das Ausland immer weniger liefert. Aber Göring denkt nicht im Traum an Sozialisierung oder Verstaatlichung. Sein Ziel ist die Vergrößerung seines Einslustes und die Beschleunigung des ProzeffeS, den der„V. B." mit der Frage andeutet:„Sollte das Boll auf sein wichtiges Eisen solange warten, bis die privat- wirtschaftlichen und sich widerstreitenden Interesten endlich unter einen Hut gelangt wäre«?" Göring hat die Streitfragen entschieden, zu seinen und der Rüstungsindustrie-Gunsten. Wie sein -Weg weiter gehen wird, läßt-dec„B. B." jetzt schon durchblicken, indem er daran erinnert, daß die eisenerzeugende Privatindustrie dem Stahlwerkverband(bekanntlich dem Zentrum der schärfsten Reaktion) und der internationalen Rohstahl- exportgemeinschaft angeschloffen ist und daß e» auf der Hand liege, daß ein Werk unter unmittelbarer Führung des Staate»(d. h. Göring») dort die Interessen de» deutschen Volke» viel besser wahren könne. Wa» diese Pläne nicht allein sagen, spricht dann die„Berliner Börsenzeitung" aus, welche beruhigend feststellt, daß man in dem neuen Unternehmen Göring » keine Sozialiste- rmtgsmaßnahme sehen dürfe- Am Gegenteil, das jetzige Grundkapital werde erhöht werden, um der Privatwirtschaft weitere BeteiligungSmöglichkei- ten zu geben.
III. Arbeiter-Olympiade eröffnet
Der erste Festtag In Antwerpen Antwerpen . Antwerpen steht bereit» völlig im Zeichen der III. Arbeiter-Olympiade. Die Ar beiterviertel - sind mit Fahnen geschmückt, ebenso die Straßen, die nach dem Stadion' führen. Im Stadtbild fallen einem überall die lustigen Gruppen der Jungen und-Mädchen auf,, die stolz ihr schöne» Fest-Abzeichen tragen. Dabei sind noch längst nicht alle Delegationen hier eingetroffen. Jn-gesamt dürften 25.000 Arbeitersportler und-Sporilertnnm an den Kämpfen und Bor» führungen teilnehme«. Außer den Belgiern sind bereit» hier: 300 Rote Falken au» der Tschechoslowakei , 50 Amerikaner, 550 Holländer, 80 Engländer, 125 Norweger , 150 Dänen, 250 Finnen und 160 Palästinenser, In den nächsten Tagen treffen die Delegationen aus der Sowjetunion , Frankreich , Polen , der Tschecho slowakei , der Schweiz , Ungarn , Schweden , Rumä nien und noch einige tausend Holländer ein. Aber auch die Staaten, in denen der Faschismus di» Arbeiter-Sportorganisationen zerschlug, sind nicht ohne Vertretung.' Die offizielle Eröffnung fand Sonntag vormittags um 11 Uhr im Rathaus statt. Genosse Bürgermeister Huysman» begrüßte mit dem versammelten Stadtrat im Namen der Stadt Antwerpen die Präsidien der Sozialistischen Avbeiter-Sportlnternationale und das Präsidium de» belgischen Olympischen Komitee». Huysman» sagte u. a.:„Wir Belgier hassen niemanden, aber wir fürchten auch niemanden und wir wissen, daß noch niemals sich Gewalt behaupten könnte. Ich spreche jetzt nicht al» Sozialdemokrat, sondern al»»Bürgermeister, Sie können aber versichert sein, daß die» die Ansicht aller in diesem Rathause vertretenen Parteien ist. Wir Antwerpener waren immer dem Grundsatz treu: Lieber Recht denn Macht, und wir freuen uns heute, in unserer »Stadt Menschen zu begrüßen, die dem gleichen Grundsatz huldigen." B. Nobel», der Präsident de» Olympischen Komitee », dankte der Gemeindevertretung von Ant werpen für die materielle und moralische Unterstützung, die sie den Organisatoren der Olympiade gewährte. Antwerpen sei'seit je eine gastfreie Stabt gewesen unb auch diesmal» werbe sie ihren Gästen ein freundliche» Gesicht zeigen. Die hier versammelten Sportler wollen selbstverständlich auf sportlichem Gebiete gute Leistungen vollbringen; sie sind aber hichk nur Sportler,'sondern auch B ertrete r d e r Demokratien der ganzen Welt. E» genüge nicht, daß die Menschen starke Körper besäßen, auch ihr Beist müsse geschult und stark sein. Nobel» gedachte dann de» heldenhaften Kampfe» de» spanischen Volke» gegen seine Unterdrückung und der Illegalen in Deutschland und Oesterreich. Hierauf erllärte er die Hl. Arbeiter-Olympiade für eröffnet. Senator MüUer-Tschechosiowakei. der geschäftsführende Präsident der Safi, dankte der Stadt Antwerpen für die Hilfe, die sie den Lrganisawren der Oympiade geleistet habe und bedauerte e», daß diesmal nicht die Sportler mitmarschieren dürfen, die 1981 in Wien mit dabei waren, weil, heute in Oesterreich und Deutschland die Freiheit verloren
sei. Müller begrüßte die Stadtvertretung namen» der Arbeitersportler, der ganzen Wett, auch im Namen der Länder, in denen^sie zur Illegalität verdammt sind.■{'. Festzug der Kinder Der erste Tag der Olympiade war den Kindern gewidmet. Unter dem Beifall der Passanten marschierten im Festzug 8000 Kinder mit dem Präsidenten der Safi und der Olympischen Komitee » an der Spitze. Große» Aufsehen erregte vor allem dieNeudeker Kinderkapelle. - Nachmittag fand im Stadion ein imposanter, froh bewegter Aufmarsch der Jugend statt. Senator Müller begrüßte die Kinder in flämischer, deutscher, ftanzösifcher und' tschechischer Sprache. Er wünschte ihnen, daß sie mutige, aber auch freudige Menschen werden sollten. Er begrüßte sie im Namen' der Arbeiterjugend der ganzen Welt, für die auch diese Kundgebung eine Manifestation sei. Anschließend führten, die Belgier technisch inter - reffante rhythmische Gymnastik für Knaben und Mädchen vor, die vor allem durch den Versuch,' neue Wege zu gehen, gefiel'Die RotenF allen führten einige Spiele vor, für die sie viel Applaus erhielten; er steigerte sich, al», sie unter den Klängen der Internationalen mit erhobener, geballter Faust abmarschierten.
Verlanget Überall iTollwzünder England weicht zurück? London. (Reuter). Lord Plymouth schlug bei der Debatte der Sitzung de» Nichteinmi- schungSauSschusseS vor, die britische» Vorschläge in ihrer Gänze wieder in Erwägung zu ziehen. Diese Ansicht fand allgemein» Zustimmung und e» wurde schließlich beschlossen, daß ebanstell» deS britische»Fragebogens angezeigter sei, allen im Londoner Ausschuß vertretenen Regierungen die Vorschläge in ihrer Gänze nach der im Weißbuch veröffrutlichten Reihenfolge vorzulegen, und sie zu fragen, ob sie jede» Vorschlag des Weißbuches annehmen. Die Ant- worten sollen möglichst bi» Mittwoch 15 Uhr und nicht erst am Donnerstag Mittag eingehen...
Die Stärke der dänischen Sozialdemokratie. (I. I.) Bei der Tagung de» Parteirat» der dänischen Sozialdemokratie, die im Juni zum Abschluß der Parlamentssession stattfand, teilte der Ministerpräsident und Parteiführer Genosse Stauning mjt, daß der Mitgliederstand der Partei Ende 1988 die Zahl von'191.424, davon 65.579 Frauen erreicht hat. Im abgelaufenen Jahr ist die Zahl der Ortsgruppen der Partei um 87, auf 1269 gestiegen. Der englische Vergarbeiterkongreß. ,,Daily Herald" meldet,.daß der Bergaibeiterkontzreß entgegen den ersten Berichten auf seiner greitagl- «agung den Grundsatz der Schaffung einer großen Bergarbeitergewerkschaft unter der Bedingung angenommen habe, daß zuvor die einzelnen Bezirks- orgayisationen selbst ihre diesbezügliche Entscheidung treffen.-
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Roman von L Prlngshoim
Diesen Sauberkeit-- und Rechtlichkeitsfrieden empfanden besonders stark die Untermieterin Frau Hardt und die 28jährige Bajadere von der dritten Etage, welche Mer einen tschechischen Namen Capucek verfügte, aber bei Portier» als Fräulein Mirzel galt, Abkürzung von Mirza. So war also Fräulein Mirza in einiger Beziehung gessiitzt und gesichert, nur da» drohende Altern ließ sich nicht abwenden. Immerhin hoffte sie noch weitere zehn Jahre ihre Tätigkeit aus« üben zu können. Heute ging e» ihr nicht gut; sie war traurig und reizbar, der hasttge Abschied de» Jungen hatte ihr seltsamerweise weh getan. Oefter» ertappte sie sich jetzt dabei, wie sie einer gewisse« Sentimentalität kaum Herr* werden konnte. Ab und zu malte sie sich ein eheliche» Zusammenleben au»; aber wenn sie dann wieder an die Summe der Geständnisse von Männern dachte, oder die Ehepaare beobachtete, dann resignierte sie seufzend und pflegte sich mit doppelter Sorgfalt. Trotzdem war jetzt in ihren schönen, gut getönten Augen ein Ausdruck, der eine Sehnsucht- widerspiegelte und oft mitten ins Herz traf. Dieser Ausdruck bewog auch da» aste friedliche Aerzteehepaar der ersten Etage, Fräulein Mirzerl freundlich zu grüßen. An diesem Ehepaar hätte Fräulein Mirzerl die ersichtlich nur gute Ehe, die vornehme-Haltung und Form bewundern können,' wenn e» nicht schon in die Kategorie von„damals" gehört hätte— damals, als e» noch gute Ehen gab! Mirzerl war doch noch so jung, um alle», wa« sie'sah, in eine be» jtimmte Kategorie zu tun. Sie hörte ja allerlei,
besonders bei Morgengrauen von ihren jeweiligen Geliebten, und konnte sich so eine Art ideelle Welt zurechtzimmern. Wenn die Nacht dem ersten zagen Vogelschrei weicht, dann liegt der sensible Mensch wach, und alle Schwere bedrückt ihn doppelt, und alle» Schöne senkt sich süß und quälend auf ihn. Wenn zwei liegen, dann erzählt der eine noch halb im Schlaf und halb dem Morgendämmern hingegeben. Biele Mädchen hören nicht zu und machen sich am anderen Tag mit Gleichgesinnten lusttg;' aber e» gibt Mädchen, denen da Anpassungsvermögen die eigene fehlende Tiefe erseht, und die gern da» Gefäß bilden, in da» hastig und verworren Geständnisse getaucht werden. Andere wieder verstehen den Mann völlig und geben ihm in dieser Stunde mehr, als sein sonstige» Leben e» zu geben vermag.— Ehefrauen'wie Frau Franzi ahnen überhaupt von all dem nicht». Für sie sind diese Frauen, die sich'„verkaufen", der Abschaum der Menschheit,^genäu wie' Diebe und Mörder— sie gehen auch gern in. Gerichtsverhandlungen, um sich blonder-'unfehlbar zu fühlen. ' Mirzel entstiyg träge dem Bad, in welchem sie fast-eist»'Stunde gesessen hatte. Es wartete ja niemanh aui'sie-^kein Kind rief, kein Essen brauchte gerichtet zu'werden. Dann la» Mirzel ebenfalls die Mnanzistung. ein billige» dumme» Frauenhlatt. M welchem es vo» Grafen und Baronen Mr sh wiminelie und das armv-tugendhafte Mädchen, sichszum Schluß als Gräfin eni- puppi und beseligt ihrein- Grafen Egon um deii Hal» fällt.' Unfnn.bei Portters wurde auch'der Rostan gelesen, wie überhaupt all diese ver- schiedenen Frauen diese» eine gemeinsame In-, tereste an der Romanheldiu zeigten. Sogar die nette. Ehefrau-de» Arzte» las diesen Roman/ allerding»->»rsteckte sie ihn gern vor ihrem Mann, die^ einzig?,(kleine Nnterlastung»sünde in ihrer Ehe. So gern sie sich abend» Storm,'Stifter öder Rabe vorlasen— der Roman mußte einmal in der Woche morgen» überflogen werden, s^nst fehlte etwa». UM so, steckte-dies» törichte
billige Zeitschrift treu in den meisten Briestästen, eine unbegreifliche Angelegenheit-für die Ehemänner oder sonstigen männlichen Mitglieder einer Familie.— Heute lie» der Roman Mirzerl- kalt, sie war nervö» und unruhig. Sie dachte wieder an den Lungen, natürlich war er Künstler', sicher nicht bedeutend, aber sie würde einmal in da» Kabarett gehen, wo er auftrat. Aber sicher tvar sie für ihn erledigt, ihr Instinkt täuschte sie selten. Und so würde e» immer sein: gut für eine, höchsten» zwei Nächte I Aber wa» sollte sie anfangen? So viel arbeitslose Frauen, die alle besser Handarbeiten oder äufräumen können— so viele Mannequins, so viele Film- Kömparsen— man suchte doch nur ganz junget Wa» sollte sie noch lernen? Die Leere in ihr machte sie ruhelo».— Sie beschloß, sich ondu« liefen zu lasten. Al» der Wecker unten raffelte, lag in der ersten Etage eine große volle Frau im Bett in einem Schlafzimmer nach englischem Muster. Etwas zu neu, etwa» zu unpersönlich. Nebenan fchlief der Mann, ein boller untersetzter Menschi dem man sofort ansah, daß erstchheraufgearbei- t»t hatte und viel Geld verdiente. In den anderen vielen RäuNieN waren zwei Söhne im Mer von 16 Jahren verteilt(Zwillinge). Eine Flucht von Zimmern, alle englisch gehalten, zeigte großen Reichtum. Da» Personal bestand au» drei Dienstboten; der ikhausfeur wohnte im Hof. Letzt ließen sie sich eine Billä bauen von einem eng- lijchen Architekten. Diese Zuneigung zu.englischem Stil stammte von Frau Dorechana. Herr Dorechana war einmal als armer kleiner spanischer Äudenjunge eingewandert, man wüßte.nicht recht, wie und wann. Er wurde bald Lehrjunge isi!, der Textilbranche, arbeitete sich dann us>- hetmlich rasch hinauf, reiste wieder zrjrück nach Spanien und kam mit'einer Frau zurück, die zwar nicht spanisch sprach, aber auch' Deutsch nicht richtig konnte. Sie war rothaarig und dick und sah flug aber geschmacklos aus.. Doch bes» .feste sich das Geschmacklose zusehends, dem
man kann Geschmack durch Geld richtig erler« nen. Frau Dorechana war eine gelehrige Schülerin.> Rasender Ehrgeiz erfüllte sie. Ihr Blut trieb sie vorwärts, weiter, nach höheren gesellschaftlichen, geisttgen Schichten. Das erstere war schwierig. Der AntstemftiSmu» blühte und gedieh in erschreckender Weise.'Ein Typ wie Frau Franzi Glaser zum Beispiel rümpfte die Rase beim Wort„Jude"— erklärte von vornherein jeden Betrüger- al» Juden und hatte dabei nicht die geringste Ahnung vom' Judentum. Frau Franzi Glaser war zu dumm, um zu wissen, wer Mendelssohn , wer ein Birchov, ein Ehrlich war— die Welt, die sie umgab, war zu verlogen, um sie aufzuklären. Vielleicht lohnte e» sich auch nicht, denn Frauen ihre» Schlage» beharren bei ihren primitiven Ansichten. Nehmt dieser Art- Frauen ihren Titel, respektive den Titel ihre» Manne » fort, Ihr gesicherte» Auskommen, ihre Möbel, Kleider, Geld—.was bliebe übrig? Schuld an der nicht korrigierbaren Art war die Unterwürfigkeit• der anderen, denn in ihnen, an ihrem Gruß, ihrem Gehorsam gedieh Frau Franzi» beschränkte eitle Natur. Frau Dorechana war ganz, ganz ander»— sonst läge sie auch heute früh nicht wach und ließe ihrem ausgesprochenen Organisationstalent freien Lauf. Es war ihr gelungen, sich, einigen wirklich klugen Frauen zu nähern. Ihr sicherer, durch Geld bedingte» Auftreten verschaffte ihr Eintritt in einige Büro» schaffender sozialer. Geister. Dort informierte sie sich geschickt», verschaffte sich. Literatur und wählte da» Gebiet der Frauenrechte. Rasch waren die Ärund- züge dieser Bewegung. mit' einigen„gangbaren" Sätzen.eingelernt, n>sN muhte man weiter. Da die p-usisKn Parteien aufehört hatten, galt e» eine; ausgesprochene fraüenrechtliche Sache auf- zutun, in der-man. geschickt die diversen sich' durch irgendeine Einbuße ihrer früheren.. Stel- lungen zurückgesetzt fiihlenden Frauen sammelle, ober mit Bedacht, sich, selber stetsdie- führend» Roile sicherte.(Fortsetzung folgtzg;