Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erſcheint mit Ausnahme des Montag täglich früh/ Einzelpreis 70 Heller

Redaktion u. Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub  - Verantw. Redakteur i. V.: Zdenko Neuwirth, Prag  

17. Jahrgang

Donnerstag, 29. Juli 1937

Aus dem Inhalt:

Große Erfolge der

Union der Textilarbeiter

Handschuharbeiterstreik

geht weiter

Erfolge des 18. Feber

Bomben und Brand­stiftungen in Belfast  

Flugzeugkatastrophe mit 14 Toten

Nr. 176

China lehnt ab- der Krieg beginnt von der Strafaktion

Die chinesische   Gesandtschaft in Prag   stellt den Blättern am 28. Juli folgenden Bericht zur Verfügung:

Die chinesische   Gesandtschaft in Prag   hat die offozielle Bestätigung erhalten, daß die chinesischen   Behörden in Peiping   die Forderung der Japaner nach Abzug der Einheiten der 29. Armee aus Peiping und Umgebung abgelehnt haben. Die japanischen Forderun= gen waren folgende:

1. Die Einheiten der 37. Division in Lukutschiau marschieren bis Dienstag, den 27. Juli, mittags nach Schansingtien ab.

2. Auch die übrigen Abteilungen der 37. Division in der Stadt Peiping und Ssiujang sicht fich bis 28. Juli vor Mittag nach Westen zum Fluffe Jungting zurück.

3. Die ganze 37. Division zicht sich sofort nach der Evaknierung der erwähnten Orte nach Paoting zurück.

In der Umgebung von Peiping   und längs der Bahnstrecke zwischen Beiping und Tientsin finden gegenwärtig schwere Kämpfe statt. Es droht ein großer Konflikt auszubrechen. Feng­tai und Langfang   wurden von den chinesischen   Abteilungen am 28. Juli zurückerobert. Die Kämpfe im Abſchnitt von Tungtidan werden fortgeicht, wobei die minefifdjen goteigert Erfolge erzielen konnten. Zwei Eskadrillen japanischer Flugzeuge unternahmen einen Anflug auf Nangjuan in der Nähe von Peiving, wobei sie Bomben und Flugzettel abwarfen. General Sutſchehuan, der Vorfühende des politiſchen Nates für Hopei und Techahar, hat einen Aufruf an die ganze Nation erlassen, in welchem er erklärt, die ständigen japani­schen Provokationen hätten die chinesischen   Abteilungen gezwungen, entschieden zum Schuhe der Nation einzugreifen.

Shanghai.( Havas.) Nach einer Mel­bung der chinesischen   Agentur Central News ha­ben die chinesischen   Behörden die autonome Regie­rung in der Oftprovinz Hopei   aufgelöst und die Kontrolle der gesamten Verwaltung übernommen. Als Grund für diese Maßnahme wird die Beset zung von Tungschou angegeben. Der Vorsitzende der Verwaltung in Hopei Jinjufen wurde ver­haftet.

Völkerbund  

wird nicht strapaziert

er

London.( Reuter.) Auf die Frage, ob der Völkerbundrat von der Lage im Fernen Osten in Kenntnis geſekt werden wird, bie als sehr eunit bezeichnet wird, antwortete Minister Eden, Mittwoch früh beabsichtige nicht, in dieser Hinsicht die Initiative zu ergreifen. Wir dürfen nicht vergessen, fuhr Eden fort, daß zwei sehr bedeutende Mächte, welche diese Angelegenheit angeht, die Vereinig­ten Staaten und Japan  , nicht Mitglieder des Völkerbundes find.

Chinesische   Waffenerfolge

Shanghai.  ( Reuter.) Wie von chine­fischer Seite amtlich mitgeteilt wird, haben die Chinesen Tungschou, 15 Meilen von Peiping, die

Gelegenheit Male ci

crobert. c zum c

chinesische

zum Krieg

Auch die gewiegtesten Schönfärber ents schließen sich, wie es scheint, die Ereignisse in China   nunmehr doch als einen Krieg zu be= zeichnen, obwohl die Japaner bisher so wenig den Krieg erklärt haben, wie Mussolini   ihn dem Negus, wie Nom und Berlin   ihn Spanien   er­lärt haben. In Asien   geht es genau so gemüt­lich zu wie seinerzeit in Afrika  . Mußte der italic­nische Gesandte in Addis Abeba   seinerzeit mit sanfter Gewalt vor die Tür gesetzt werden, so hat auch der japanische Botschafter in Nanking   seine Zelte noch nicht abgebrochen, er ist nur meist ,, auswärts", weil er in den chinesischen   Provin­zen wichtige Geschäfte zu besorgen hat.

Der Ausbruch des Krieges um Nordchina beweist, was flarblickende Zeitgenossen schon vor dem abessinischen Krieg behauptet haben: daß es den dynamischen" Wähten gar nicht so sehr um das vorgeschüßte

riegsziel, als um den Krieg selbst geht. Der Krieg um seiner selbst willen, die Gewalt, der Waffenruhm, die Ablenkung der politischen Spannungen nach außen, das ist das London.( Havas.) Zweck der Beratung der wahre Ziel der faschistischen Politit. Und dies iſt chinesischen Diplomaten auf der chinesischen Bot- eben auch der Grund, weshalb Völker mit demo­schaft in London   soll die Ausarbeitung einer fratischen Ideologien die faschistische Politik jo Empfehlung gewesen sein, die der chinesischen schwer verstehen, daß sie so selten begreifen, wel Sieg durch den Rundfunk, Plakate und Flugzettel Zentralregierung vorgelegt werden soll und welches die einzig wirksamen Gegenzüge gegen die bekannt gemacht wurde, bemächtigte sich eine un- che die diplomatische Hilfe, welche die fremden Manöver der Gewaltpolitiker sind. Man hat beschreibliche Begeisterung. Regierungen ihr zuteil werden lassen sollen, Mussolini   im Jahre 1935 alle Auch Japan   meldet Siege Er schützte trifft. In chinesischen Kreisen verlautet, daß im virtschaftliche Interessen vor und man wollte sic Die chinesischen   Truppen haben die Be- Tokio. Wie Domei berichtet, gibt das Hinblick auf den Neunmächtevertrag über China   in der liebenswürdigsten Weise befriedigen. Aber schießung von vier japanischen Schiffen bei Tanku  | Kriegsministerium bekannt, daß im Berlauf der China   im Falle eines Angriffes fordern könne, daß ehe es noch dazu kam und während man noch aufgenommen. Die Japaner entfernten sich in militärischen Aktionen der japanischen Nordchina- ihm das Recht zuerkannt werde, in den Signatar- glaubte, ihn schon am Verhandlungstisch zu der Richtung auf die hohe See, es gelang ihnen Garnifon nunmehr: heftige Kämpfe bei Schang- staaten jene Waffen einzukaufen, welche es benö- haven, donnerten vor Adua die Kanonen. später aber doch, den Hafen zu erreichen. hotschen und Tschinghotschen nördlich von Beiping   tigt. Nanking. Nach am amtlichen chinesischen sowie bei Nanyuan und Ssiyuan südöstlich von Meldungen haben die chinesischen   Truppen Mitt- Peiping mit dem Ziel der Besetzung der strate­woch früh Fengtai und Langfang   zurückerobert, gisch wichtigen Peiping- Suinnn- und der Pei­während der Kampf bei Tschungtschan noch fort- ping- Tientsin- Bahn im Gange seien. dauert, wobei die chinesischen   Streitkräfte die Das Hauptquartier der Nordchina- Garnison Oberhand haben. Zwei japanische Flugzeugge- meldet, daß Gegenangriffe der chinesischen   Trup schwader erschienen früh über Nanyuan bei Pei- pen bei Langfang   nach Heranziehung japanischer ping und warfen Bomben und Propagandafchrif- Verstärkungen mit schweren Berlusten für die ten ab. In einem Nundtelegramm, das heute Chinesen zurückgeschlagen worden seien. Die früh in Nanking   eintraf, erklärt General Sung- Kafernen von Nanyuan feien zerstört worden. chihhuan, daß die fortgesetzten Provokationen der Bahlreiche Tote und Verwundete bedeckten das Japaner die chinesischen Streitkräfte gezwungen Schlachtfeld. hätten, harten Widerstand zu leisten, um die nationale Existenz zu verteidigen.

Movie bie eventuelle Lieferung von Waffen beständnisse in Abessinien machen lichen Zuges

Shanghai.  ( Nenter.) General Sun­tfchehuan, Kommandant des 29. Armeekorps und Vorsitzender des politischen Nates von Hopei und Tschahar hat eine Erklärung veröffentlicht, in

laffen.

Chinesisch- amerikanischer

Zwischenfall

Tientsin.  ( Savas) Die amerikanischen   Mili­tärbehörden bestätigen, daß chinesische Abteilun gen in Peting auf amerikanische   Soldaten fener ten, als diese amerikanische   Bürger in Sicherheit brachten. Gin amerikanischer Soldat wurde leicht verwundet. Die chinesischen  . Militärbehörden ha­ben sich entschuldigt und diesen Zwischenfall damit erklärt, daß die amerikanischen   Soldaten für eine japanische Patrouille gehalten wurden.

Bomben und Brandstiftungen

während des Königsbesuches In Irland  

der er verspricht, China   bis zum letzten Mann London  . Beim Besuch des englischen Maschinengewehr von der Seite des Freistaates zu verteidigen. Chinesischen   Blättermeldungen Königspaares in Belfast   tam es zu einer Gas- über die Grenze gebracht. Nordirische Polizisten, zufolge hat die Regierung befchloffen, Sun- explosion in einem Belfaster Warenhaus, und die sich in einem Kraftwagen näherten, wurden ischchuan volle Unterſtüßung angedeihen zu zwar gerade zu der Zeit, als das Königspaar mit einem Kugelregen begrüßt und mußten sich zum offiziellen Empfang im Rathaus weilte. Die schleunigst zurückziehen. In Newry   zwangen Sobald die Nachricht von dem chinesischen   Explosion, bei der übrigens niemand verlegt mehrere Leute eine Polizeipatrouille mit einem Sieg in Schanghai   eintraf, wurde augenblicklich wurde, war so heftig, daß in der Stabt zahlreiche Maschinengewehr, die Polizeistation mit Benzin alle Arbeit eingestellt und der Massen, denen der Fensterscheiben zertrümmert wurden. zu übergießen und in Brand zu sehen. Auch in Glpnes wurden mehrere Zollbaracken zerstört. Elsenbahnbrücke

Der japanische ,, Kriegs­anlaß" demaskiert

Shanghai  . Der feit Samstag aus dem hiefigen Stadtviertel Hongkew verschwundene ja­panische Matrofe Miyazaki wurbe Mittwoch in Tschingtieang, einer Stadt am Vangtfe- Fluß un­terhalb Nankings, aufgefunden. Die Meldung be= fagt, daß der japanische Matrose sich wohlauf be­finde. Bekanntlich hatte das Verschwinden Miya­zatis zu großer Erregung unter den Japanern geführt.

Die ersten Meldungen, welche von einem zufälligen Ereignis sprachen, wurden bald über­holt durch weitere Berichte, die ein getreueres Urteil über die Vorgänge nicht nur in Belfast  , fondern auch in anderen Teilen des Landes er­möglichen.

Es ist unzweifelhaft, daß die Explosion im Warenhaus nur ein Glied in einer ganzen Kette wohlvorbereiteter Anschläge iſt, welche den De­fuch des Königspaares stören sollten. Brandbomben

in die Luft gesprengt

Die Japaner wollen in Nordchina einen Tributärstaat errichten. Sie behaupten, daß die ,, Unabhängigkeit" der nordchinesischen Provinzen nämlich die Unabhängigkeit dieser Provinzen von der chinesischen   Regierung in Nanting! ein Lebensinteresse Mandschufuos, Japans   und Astens überhaupt darstelle. Die Mächte haben allem Vernehmen nach in den Teßten Tagen ver­sucht, zu ,, bermitteln", das heißt in der Diplo­matensprache von 1937: sie haben versucht, den Angegriffenen und leberfallenen zum Nachgeben zu bewegen. Die chinesische   Regierung hatte das erste Abkommen der lokalen Machthaber mit den Japanern genehmigt, das heißt, sie hatte sich da= mit abgefunden, daß ihre eigene Souveränität in den Nordprovinzen erlischt und daß dort langsam die japanische Souveränität an die Stelle dor chinesischen   tritt. Eine diplomatische Aftion Ja­ pans   hätte genügt, einen Rechtszustand zu schaf=

ſen, der einer Annexion von Tichachar und Hopei durch die Japaner gleichfäme, der militärisch und wirtschaftlich jede Garantie geboten hätte, die ftion hätte weniger Menschen und weniger Geld Japan   nur wünschen kann; diese diplomatische gefoſtet als die Strafaktion" gegen Peiping. rozdem ziehen die Japaner es vor, Krieg zu führen.

Der Krieg, den Japan   begonnen hat, ist für das fernöstliche Inselreich alles andere als ein Spaziergang, eine gefahrlose Expedition. Die Wehrkraft Chinas   ist nicht zu unterſchäßen. China  ist ein ungeheuer großes, an Menschen und Roh­Das ernsteste Attentat in der Provinz wird ein wildes Land, dessen Soldaten mit Lanzen stoffen reiches Land, es ist nicht wie Abessinien aus der Nähe von Dunwalt gemeldet, wo eine Eisenbahnbrüde teilweise in die Luft gesprengt gegen Maschinengewehre, mit nachten Fäusten wurde. Eine Reihe von Perfonen wurde verhaf- gegen Tanks kämpfen werden. China   wird bei tet. Das Biel  , das erreicht werden sollte, war entwickeln können. Im Rücken der Japaner steht einem länger dauernden Krieg beträchtliche Kräfte offenbar die Unterbrechung des lebhaften Eisen­bahnverkehrs aus dem irischen Freistaat nach million Mann unter Marschall Blücher kann über Rußlands   fernöstliche Armee. Eine Viertel­und Maschinengewehre Belfast  , das derzeit von Besuchern aus allen Charbin und Mukden die japanische Basis, kann In der Nacht auf Mittwoch wurden längs Zeilen Ulsters überfüllt ist. Dairen, Korea  , die japanische Kivantung- Armee der Grenze des irischen Freistaates und Nord  - Die Anschläge werden irischen republikani- bedrohen. Eine Flottenaktion Englands und Miyazaki   ist abends durch das chinefifche irlands zahlreiche Zollhäuser in Brand gesteckt schen Extremisten zugeschrieben, welche die voll- Ameritas könnte Japans   Seemacht vernichten, Außenamt dem japanischen Generalkonsulat in und vernichtet. tommene Unabhängigkeit Frlands von Großbri- während das. Neich der aufgehenden Sonne feine Manting abgeliefert worden. In hiesigen chine- Insgesamt wurden 24 Bollwachhäuser tannien anstreben. Seit 1920 bildet Irland   Kräfte im Kampf gegen China   verbraucht. Troß­fischen Kreisen erklärt man, Miyazaki   fei nach dem durch Explosion oder Feuer seitens prganisierter( mit Ausnahme des im Norden. gelegenen pro- dem führt Japan   Krieg, nimmt es das unge­Besuch eines von den japanischen Behörden für und bewaffneter Gruppen zerstört. In Clonti- testantischen Mister mit der Hauptstadt Belfast  ) heure Risiko auf sich. Ein sehr verbreitetes Wor­japanisches Militär nicht zugelassenen Lokals aus crim festen bewaffnete Revolutionäre die Zoll- den Irischen Freistaat, der seine eigene. Verfassurteil wird widerlegt: der Glaube an die ratio­Angst vor Bestrafung geflüchtet. Beim Durch- baraden in Brand ,, nachdem sie sie mit Petros ung besitzt, im Wölferbund vertreten ist und in nalen, die vernünftigen und logischen Motive der fchwimmen des Vangtfe fei er von einem Fifcher leum übergoffen hatten. Hierauf feuerten sie jüngster Zeit seine Selbständigkeit durch die Ver- dynamischen" Politik. In Paris   und London   hat aufgefischt und dann der Polizei übergeben wor- mehrere. Schiffe auf die nahegelegene Polizei weigerung des Treueids für den König, die Ab- man sehr lange gemeint, Nom und Berlin   wür­den. Von politischen Hintergründen könne also station ab und flüchteten dann über die Grenze fentierung von der Krönung und andere staats- den feinen Krieg führen, weil sich leicht ausrech= feine Rede fein. nach dem Freistaat. Bei Tullydonnell wurde ein rechtliche Atte erneut betonte. nen lasse, daß sie zu schwach zu einem Krieg sind,