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Dienstag, 3. August 1937*
Nr. 180
Abschluß In Antwerpen  Siege der Tschechoslowakei
Antwerpen.(Tsch. P.-B.) Dir dritte internationale Arbeiter-Olympiade in Antwerpen  erreichte am Sonntag ihren Höhepunkt. Das SamStag-Programm, das mit Sport- und Turn­wettbewerben auSgefiillt war, wurde am Abend mit einer Festszene im Sportpalast vor anSver- kauftem Haus abgeschlossen.» ES wirkten über 50V Personen und ein grosses symphonisches Or­chester unter Leitung des Orchesterchefs des bel­gischen Rundfunks mit. Rach Beendigung der Szene wurde vom Sportpalast ein Fackelzug durch die Strassen von Antwerpen   zu dem festlich be­leuchteten Platz vor dem Rathaus veranstaltet, an dem über 15.000 Personen teilnehmen. Der Sonntag, der Haupttag der dritten Ar­beiter-Olympiade, stand im Zeichen eines abso­luten Sieges der Tschechoslowakei  . Am Bormit- tag wurde ein Festumzug der Nationen veranstal­tet. Der Zug formierte sich in den Strassen um den Antwerpener Park, von wo er über die Avenue de Franee zur Staatsoper marschierte, wo sich auf einer Tribüne die Mrenden Persönlichkeiten der belgischen politischen Kreise und hervorragende ausländische Persönlichkeiten versammelt hatten, so u. a. der Präsident des belgischen Abgeord­netenhauses und Bürgermeister der Stadt Ant- Iverpen Camil H u y s m a n s, die belgischen Minister Spaal, Merlot, Wanters und A n s e l e, der norwegische Justizmintster T r y g v e u. v. a. Den Zug eröffnete die ameri­ kanische   Delegation, es folgten in alphabetischer Reihenfolge Dänemark  , England, Finnland  , Frankreich  , Ungarn  , Palästina, Sowjetrussland, die Schweiz  , Spanien  , die Tschechoslowakei  , Lett­ land  , Deutschland  , Oesterreich und Belgien  . Die tschechoslowakischen Sportler und Turner, insge­samt etwa 2000, marschierten hinter der Staats­flagge, deren Ehrenbegleitung Schüler, Nachwuchs und Mitglieder bildeten. Der Zug der Tschecho­ slowaken   rief ungewöhnliche Aufmerksamkeit her­vor und wurde überall in den Strassen begeistert begrüht. An dem Umzug nahmen 25.000 Arbei­terturner teil. Am Sonntag nachmittag fand im grossen Stadion der Stadt Antwerpen   das öffentliche Auftreten der Turner und Sportler statt. Bor 65.000 Zuschauern traten zunächst etwa 000 Frauen und dann die Männer zu Freiübungen an. Der gelungenste Programmpunkt des Nach­mittags war das Auftreten der Tschechoslowakei  . Gegen Schluss des Haupttages der Olympiade traten noch einige Nationen zu Freiübungen und zu Geräteübungen an. Ferner fand das Finale in den Sportwettbewerben-und der Fussball-End­kampf SowjetrusslandNorwegen statt. Antwerpen.(Eigenbericht.) Die III. Arbeiter- Olympiade gehört nun der Vergangenheit an. Bier Tage lang kämpfte und spielte die Arbeiterjugend aus 17 Staaten um die Palme des Sieger und die olympische Ehre ihrer Landesverbandes. Sportler und Sportlerinnen aus dem hohen Norden aus Finnland  , Norwegen   ustv. massen ihre Kräfte mit jenen aus dem Süden Palästina, Spanien   und den übrigen Staaten von Mittel-, West- und Osteuropa. Antwerpen   zeigte sich als würdige Nach­folgerin der früheren Olympia-Stätten von Frank­ furt   a. M. und Wen. Die Bevölkerung und die Stadwerwaltung zeigten sich als ausgezeichnete Gast, geber und der. belgische Brüderverband hatte keine
Mittel und Mühe gescheut, um all den vielen tausen­den Sportlern den Aufenthalt so angenehm al» nur möglich machen. Der, Eröffnungstag sah schon vom frühen Morgen an die Sportler und Sport­lerinnen aller Sparten in eifriger Tätigkeit und am Abend folgte im vollen Stadion der Aufmarsch der Nationen. Prächtige, junge Menschen in schmucker Dress, angeMrt von der amerikanischen   Delegation, marschierten auf. Jedes Land und jede Nation wurde mit starkem Beifall und jubelnd begrübt; besonders die spanische und russische. Müller, Devlie- g e r und Dr. Deutsch hielten begeistert aufgenom­mene Ansprachen. Der Abschluss bildete hierauf das Defilee der Wettkämpfer und Wettkämpferinnen auf der Aschenbahn. Die III. Arbeiter-Olympiade war damit offiziell eröffnet. Der zweite Tag stand in seinen sportlichen und turnerischen Ergebnissen und Leistungen dem vorhergehenden nicht nach. 06 auf der Aschenbahn, ob im Schwimmstadion oder im Sportpalast, überall gab e» schöne und spannende Kämpfe, die teilweise aus Vorentscheidungen und zum Teil auch au» Schlusskämpfen bestanden. Einm schönen und ehrenvollen'Erfolg hat unser AtuS durch de« Ansfiger John im Turm- unli Kunstspringen errungen. John bot überaus erft- kkastige Leistungen und sei« erster Platz sowie der Olympiameifter-Titel sind die gebührende Aner­kennung gewesen. In der Leichtathletik konnte sich der AtuS immerhin behaupten; da» Fussballturnier brachte ebenfalls beachtenswerte Ergebnisse, doch zeigt sich hier die Ueberlegenheit der Norweger und besonders der Rus­sen. Dar Radfahrerteam, welche» dar 60 Kilometer- Mannkchatfrrennen mit bestritt, kam durch Defekte und unsportlicher Verhalten der holländischen Renn­fahrer um einen Achtungserfolg. Einen weitere« Erfolg errangen die Atu»-Tm' nerinnen, welche sich beim Geräteturnm hinter Russland   und die Schweiz   placierte«. Eine Ausländer-Akademie am Abend beschloss den zweiten Tag. Diese Feierstunde wurde eingeleiiet durch eine Trauerkundgebung aus Anlass der Auto- Unglücks, das AtuS-llnion-Mitglted^r betroffen hatte. Nach derEgmont"-Ouvertüre gelangten körperbil­dende Hebungen der Finnen, Dänen und der DTJ zur Aufführung. Grosser Beifall wurde dem Aruk- BundeSmeister Kosten im Zweier-Kunstfahren gezollt. Wir lasse« nun die Ergebnisse aus der Leicht­athletik und dem Fussballturnier folgen. Die übri­gen Ergebnisse tragen wir in den folgenden Num­mern nach, wobei wir uns Vorbehalten, auch speziell auf Ergebnisse und Leistungen der AtuS-Sportler hinzuweisen, wenngleich sie unter den vier Erstpla- cierten nicht.zst findest ssntz,, Finnlands Ueberlegenheit In der Leichtathletik Sportler: 100 Meter: 1. Savolainen, Finnland   10.0 Sek.; 2. Koloktiv, Russland   11 Sek.; 8. Hansen, Norwe­ gen   11-4 Sek. 200 Meter: 1. Ljulko, Russland  22.0 Sek.; 2. Savolainen, Finnland L8.g Sek.; 8. Adam, Frankreich   28.8 Sek. 400 Meter; 1. Euere, Norwegen   61.8 Sek., 2. Jackct, Frankreich  62.8 Sek.; 8. Larsen, Norwegen  , um Brustbreite. 800 Meter: 1. Nobigon, Frankreich   2:00.8 Min.; 2. Parimarso, Spanien   2:00.8 Min.; 8. Kolin  , Tschechoslowakei  -DTJ 2:01.2 Min., neuer DTJ- Rekord. 1600 Meter: 1. Salmi, Finnland   4:10.1 Min.; 2. Hellen, Finnland   4:11 Min-; 8. Borreson,
Zur richtigen Zeit hat in dieser Atmosphäre zwecklosen, kleinliche» Streites der Vorsitzende der tschechischen Sozialdemokratie Abg. H a m p l im sonntägigenPrävo lidu" das richtige Wort gesagt. Er meint da: Nach Jahren kriegerischer Leiden und wirt­schaftlicher Not kam die Zeit der sittlichen Ver­elendung der Welt. Das'einfache Volk, dem die Diplomatie in der eBrgangenheit immer eilvas Geheime» und Geheimnisvolles war, welches ins­besondere seit den Worten WilsonS die hohe Poli­tik weniger abstrakt zu beurteilen begann, und geglaubt hat, dass so wie im bürgerlichen Leben auch in der Diplomatie die Grundsätze der Wahr­heitsliebe und Ehrenhaftigkeit in Geltung bleiben müssen, ist in diesem Glauben tief erschüttert, ES glaubt zum Schluss nicht einmal dort, wo der Glaube berechtigt und im Interesse der Erhaltung der Ordnung und de» Staates notwendig ist. Das sind unserer Meinung nach schwere moralische Ver­luste, mit denen die Welt lange kämpfen wird und deren Folgen auch die Völker in ihrer Innenpolitik spüren werden. AufderUnwahrheitlässt sichnichtSaufbauen. Nicht kleinliche Polemik, sondern Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit ist das Erfordernis der Zu­sammenarbeit in der Koalition, denn»auf der Unwahrheit lässt sich nichts ausbauen". ES ist Zeit, dass einige extrem rechts eingestellte Per­sönlichkeiten in der tschechischen Agrarpartei und insbesondere imVenkov" dies erkennen, sonst werden sie sich statt der Lorbeeren, die sie erhof­fen, eine Schlappe nach der andern holen. Die sozialistischen   Parteien der Koalition haben kein Interesse an einem Partner, dessen Reihen zer­rissen sind, sie wünschen zielbewusste, klare, diszi­plinierte, ehrliche, sachliche Mitarbeiter.
Rascheres Tempo notwendig Aktivistische Landeskonferenz in OimUtz Sonntag, den 1. August 1987, waren in OI- niütz die Vertreter der mährisch-schlesischen Be­zirksstellen der deutschen aktivistischen Parteien zu einer Arbeitstagung versammelt. In Vertre­tung der Zentralstelle der deutschen aktivistischen Parteien, welche die Konferenz einberufen hatte, nahmen an der Tagung Dr. Pruscha und Sekre­tär Willi Wanka teil. Die Beratungen selbst fan­den unter dem Vorsitze Dr. Zieglers, Neutitschein  , Abg. Rudolf Zischka, Sternberg und Prof. Franz Stowitscheks, Römerstadt statt. Der Sekretär der Zentralstelle erstattete zunächst ein Referat über die bisherigen Erfahrungen bei der Durchführung der Regierungsbeschlüffe vom 18. Feber d. I,, er 'berichtet eingehend über die Bestrebungen der Zentralstelle, das mit der Feber-Vereinbarung begonnene Werk weiter auszubauen, und behan­delte sodann die Aufgaben der Bezirksstellen. Die­sem Berichte folgte eine sehr rege Aussprache, die viele wertvolle Gesichtspunkte für die weitere Ge­staltung der aktivistischen Zusammenarbeit er­brachte. Die Konferenz billigte die bisherige Ar­beit der Zentralstelle und setzte einmütig die wei­teren Arbeitsmethoden fest. Nach Abschluss dieser erfolgreich verlaufenen Tagung wurde nachstehende Entschliessung angenommen: Die Sonntag, den 1. August d. I., In Ol- mütz versammelten Vertreter der Bezirksstellen der deutschen aktivistischen Parteien in Mähren  - Schlesien   haben in mehrstündigen Beratungen ein»
Man sprach familiär zueinander, renom­mierte mit Sachkenntnis und gab gute Rat­schläge. Jeder wegen Schäbigkeit des Pfandes Abgewiesene versuchte nochmals sein Heil beim Schätzmeister, aber er liess sich auf nichts ein.Der Nächste, bitte I" Die Abgelviesenen sahen furchtbar enttäuscht oder zum Teil verzweifelt aus. Nur ganz Junge kicherten, denn wenn sie versetzten, geschah es öfters eines Vergnügens als um des täglichen Brotes willen. Esthers Herz klopfte hörbar, und sie hielt den letzten Rest ihres Schmuckes, ein klei­nes goldenes Medaillon und ihren Ehering, fest in der Hand. Sie traute Bert nicht mehr ein echtes goldenes Medaillon zu. Aber der Beamte untersuchte es genau, kratzte mit einer Feile, sah durch die Lupe, dann fragte er nach einem kurze;» forschenden Blick auf dieses blaffe Wesen mit dem Bündel auf dem Arm:Wieviel wollen Sie ha­ben?" Esther nannte etwas mehr, als der Preis der Fahrkarte nach Berlin   ihr erinnerlich war und erhielt es anstandslos. Sie war so schwach vor Aufregung, dass sie sich auf die Bank setzte, wo nian ihr freundlich Platz machte. Eine noch jün­gere, zahnlose Frau fragte:Wie alt ist das Kind? Sie wären auch froh, es wäre nicht auf der Welt was? Aber was will man machen?" Ja, ja" sagte der Dienstinann,Kinder sind rascher da, als der Reichtum." ,Eine alte. Frau kicherte:«Die Männer müssen doch immer ihr Vergnügen haben, und die Weiber haben die Last." Eine aufgedunsene Vermittlerin meinte Sachverständig: Das Kind erstickt Ihnen ja, wenn
gehend die bisherigen Erfahrungen bei der Durch­führung der Regierungsbeschlüsse vom 18. Feber 1037 erörtert'und einmütig ihre weiteren Ar­beitsmethoden bestimmt. Die Konferenz"aner­kannte die Tatsache, dass sich die RegierungSbc- schlüsse vom 18. Feber in einzelnen Gebieten be­reit» günstig auswirken. Die Konferenz hälteSaberauch für ihre Pflicht, die Regierung darauf aufmerk­sam zu machen, dass noch viele Fragen, welche mit der Durchfüh­rung der Grundsätze einer ge­rechten Minderheitenpolitik zu- sa in men hängen, einer Rege­lung bedürfen. Vor allem ist es notwen­dig, dass die Regierung alle behördlichen Instan­zen dahin belehrt, dass bei der Durchführung der Regierungsbeschlüffe vom 18. Feber 1987 ein rascheres Tempo eingeschlagen werden muh, um diese zum Wohle de» Staates wirksam zu machen."
Ausmusterung der jungen Offiziere. Sonn­tag fand die 18. feierliche Ausmusterung der Ab­solventen der Militärakademie in'Mähr. Weih­kirchen zu Berufsoffizieren unter Beteiligung des Vertreters des Nationalverteidigungministers, Armeegeneral Syrovh, der Generalität, von Mit­gliedern der beiden Häuser der Nationalversamm­lung, der Repräsentanten der staatlichen und autonomen Behörden usw. statt. Nach der Ab« nähme der Parade der Absolventen durch den Generalinspektor der tschechoslowakischen Wehr­ macht   wurde an die Fahne der Akademie eine vom 20. Bezirk der Arbeiter- Turnvereinigung gespendete Schleife angeheftet. Im Namen des Ministers für Nationalverteidigung grüßte der General  « inspeftor der Wehrmacht  , Armeegeneral Syrovh, die neuen Offiziere. Er sagte u. a.: Die Armee ist ein Bestandteil des ganzen Volkes, seien wir daher loyal zu jedem ohne Rücksicht auf die Un­terschiede der Religion, der Nationalität und der Bildung. Nur durch gemeinsame Arbeit werden wir die Freiheit der Nation erhalten, die un» zur Eintracht und zur Aufopferung verpflichtet. Die Soldaten wiffen, dass sich die. Nation auf die Armee verlässt und deshalb müffen sie auch stark und vorbereitet sein. Unsere Offiziere müssen Sinn für Ehre, Mut, Ehrlichkeit und Loyalität, Eigenschaften eines wahren Manne» haben. Die Legionäre waren Träger aller hervorragenden Eigenschaften des guten Soldaten. Folget dem Beispiel unseres ersten Präsident-Befreiers und unseres gegenwärtigen Präsidenten, die leuchtende Beispiele aufopfernder, uneigennütziger, ganz dem Volke gewidmeter Arbeit sind. Der neunte Weltkongreß- der Internatio­nalen Frauenliga für Frieden und.Freiheit wurde um Mitternacht zum Sonntag abgeschloffen. Zu Beginn der letzten Kongrehsitzung wurde nach längerer Debatte eine Erklärung der Amerika­nerin Detzer über die Neutralität grundsätzlich angenommen, die die Exekutive nach eigenem Er­messen ergänzen oder abändern wird. Hierauf wurden kurze Berichte der nationalen Sektionen über die politische und wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Ländern seit der im heurigen Frühjahr stattgefundenen Tagung der Exekutive in Brügge   erstattet. Sonntag vormittags fand auf dem Kurplatz eine öffentliche Versammlung statt, in der die Delegierten der auf dem Kongreh vertretenen Länder unter grosser Beteiligung des Publikums über das ThemaDie Frauen, der Frieden und die Freiheit" sprachen.
Sie es so zudeckenj" Aus Angst, vor Entdeckung und Vereitelung ihrer Absicht überwand Esther ihren Schwächeanfafl, erhob sich, grühte leise und verschwand. Sie erreichte eine Strassenbahn zum Bahnhof, und löste die Fahrkarte nach Berlin  . Ihren Paß hatte sie bei sich. In zwei Stunden ging der Zug, den sie, mit der kleinen Leiche fest an die Brust gepreßt, bestieg. Es war abends, nie­mand schaute auf das zugedeckte Baby, welches scheinbar so fest schlief. Sie atmete erst auf, als sie die Grenze hinter sich hatte. Die Mitreffen­den schliefen, und der Grenzbeamte hatte sich höf­lich zu dem hübschen blaffen Frauenwesen mit dem schlafenden Baby benommen. Man fragte sie nur mehrmals, ob sie gar kein Gepäck habe, aber auch da wusste sie eine Antwort:Mein Mann ist mit den Koffern vorausgefahren." Und sie erreichte Berlin   im ki'chlen nassen Morgengrauen^ Frau Hardt ging dke Treppen hinauf'(der Lift war nur für diebesseren" Wohnungs­inhaber), da Härte sie klopfen und blieb stehen. Das kam von der Tür des jungen Ehepaares. Sie ging hin und hörte Berts rufende Stimme; sie eilte zu Portiers, den Dietrich holen, erhielt aber dafür die abgegebenen Schlüssel und öffnete. Sie wollte soeben ahnungslos lachend die Befreierin mimen, aber al» sie Bert ansah, erfror das Lachen, und sie erriet, ein Unglück. Die Heere des Zim­mers, der arme kleine Waschkorb sprachen deut­lich. Bert sagte nichts. Er empfand, nur Er» lösung über die endlich geöffnete Tür, die ihn aus seiner beinahe lächerlichen Lage befreite. Auch spürte er das Bedürfnis nach einer Zigarette. Ihm war ganz übel. Er bat Frau Hardt voraus« zugehen, da ihm schlecht sei. Eine Etage tiefer musste er sich einen Augenblick am Treppen­geländer festhalten. Gerade entstiegen dem Lift eine grössere Gesellschaft von Damen. Die Dore« chana hatte den.berühmten Gast tatsächliche eingefangen und in ihrem eigenen Wagen znmRout" abgeholt. Einige Anwesende mit grossen Hornbrillen umschwärmten sowohl die
Dorechana als die noch Berühmtere. Man Mlte sich enorm wichtig. Der Gast selber machte einen sehr bescheidenen Eindruck und war sichtlich unan­genehm berührt durch diese Ueberrumpelung, die sie alber als total Fremde nicht hatte vermeiden können. Ihre Schlichtheit wirkte seltsam in dieser Umgebung, in welche sie sichtlich nicht hineinpaßte. Plötzlich Weiteten sich ihre forschenden Augen ui»d blieben auf Bert haften, welcher sich noch immer am Treppengeländer festhielt und dessen bunt­kariertes Hemd von» schmalen, verzweifelten, blaffen Gesicht traurig abstach. Die berühmte Frau erkannte sofort an seiner Haltung, dass da etwas Ungewöhnliches vorlag. Und ohne sich um die schwatzende Damen­menge zu kümmern, ging sie plötzlich zielsicher auf Bert los:Kann ich etwas für Sie tun?", fragte sie hilfreich in ihrem gebrochenen Deutsch. Sie legte alle Wärme und Stärke ihres sicheren Ge­fühles auf das Wörtchentun"! Der schmale, kleine Aesthet war so aus der Bahn geschleudert, dass«r wie ein Ertrinkender auf die eigentlich un­scheinbare Dame starrte undja" sagte. Dann verbeugte er sich plötzlich und sprach seinen Namen laut und deutlich aus. Die SchriststelleriU kannte' den Namen und schien überrascht. Währenddessen hatte die Dorechana die Si­tuation sofort erfaßt, sie stürzte wie ein Habicht auf die kleine Gruppe, tat ungeheuer bekanktt mit dem ihr völlig fremden Bert, flüsterte läut dem berühmten Gast zu, dass er ein verarmter Schrift­steller von bester Familie sei ustd lud' mit weit ausholender Gebärde beide in ihre Wohnung. An der Eingangstüre standen die dienstbeflissenen, auf englisch   verkleideten Dienstmädchen, die son­stigen Eingeladenen warteten restzettvoll ab, Wer dann geschah da» Unerwartete: der Gast erklärte, plötzlich dominierend:Ich sehe, dass dieser junge Mann allein sein will, Aussprache mit mir und' Hilfe'braucht. Ich werde ihn.in mein Hotel'nist«' nehmen und Ich bitte,»sich zu entschuldigen-"und mir einen Wagen zu bestellen!":?' t
Es war kein Widerspruch möglich. Die Dore­chana sah grürilich blass ans mit roten Wutflecken. Ihr Lächeln wirkte fratzenhaft, aber sie beherrschte sich, da sie einer Macht gegenüberstand, welcher sie in keinerlei Form gewachsen war. Ihr ganzer kunstvoller Effektbau drohte zu tvanken, und das durfte nicht sein. Mit forcierter Stimme wandte sie sich an ihre Getreuen:Bitte, meine Damen, wir werden dennoch unseren lieben Gast feiern, wenn er sich auch wieder in ge­wohnter Güte charitativen Zwecken widmet." Und sich zur Gruppe Bert und feiner so plötzlich anfgelauchten Beschützerin wendend:Ich hoffe, Sie nachher bei mir zu sehen, Liebste, Verehr­teste l Und Sie, lieber snnger Freund) sollen sich bei mir wie zu Halkse fühlen, Sie-können zu jeder Zeit auf mich rechnen!" Ein kurzes verächtliches Auflachen ertönte von der unteren Treppe, so dass alle sich erschreckt unffahen. Unten hatte Frau Hardt' in echt weib­licher, begreiflicher Neugierde den Vorgang be­lauscht, Dann ging sie würdevoll und langsam auf Bert zu:Das ist eine andere Sprache als heute vormittags, als ich für Sie an dieser Stelle um Hilfe bat." Die Dorechana schloss eilig ihre Wohnungstür. Bert aber stolperte fast willenlos mit dem Gast die Treppe herunter, nachdem Frau Hardt noch einen Blick de» volle« Einverständ­nisses mit seiner Beschützerin.ausgetauscht hatte: ein Blick des plötzlichen gefühlsmässigen Ver­stehens, wie er nur Frauen eigen ist.' Dr. Glaser betrat restlos glücklich da­freundliche'Zimmer von Mirza, die ihn verliebt und doch befangen bat, e» sich bequem.zu machen und auf Tee zu warten. Dann hantierte sie mit plötzlich-freudig beschwingten Bewegungen herum,' die nicht» mit ihrer sonstigen'Apathie zu tün hatten. (Fortsetzung folgt.)
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