Seite 2

Mittwoch, 4. August 1937.

Mißtrauen gegen das neue Locarno

Berlin reserviert Frankreich kritisch

Nr. 181

Russischer Protest in Tokio

Trauerkundgebung

des Atus in Antwerpen

Antwerpen.( E.-B.) Sonntag nach mittags begab sich die Delegation der Atus- Union zur Totenhalle und defilierte an der Bahre der auf so tragische Weise aus dem Leben geschiedenen Genoffin Schmidt vorbei und nahm tieferschüttert Abschied von der Kampfgefährtin. Fahnen fenkten fich vor der Bahre und Mitglieder der Verbands­leitung hielten Ehrenwache.

Aktivistische Arbeitsstellen und BdL

lini ihn zunächst einmal ablehnte und zweitens und dem Grundsaß der vorläufigen Verständigung| folini mit einem Verhandlungsangebot tam, ale daran, daß das britische Parlament den Außen mit dem Gegner, den man agree to disagree", Hitler es sich durch die Absage des Neurath- Be­minister Hoare( der inzwischen als Innenmini- also zustimmen, um abzulehnen" genannt hat. Suches mit England verdorben hatte genau Mostau. Die sowjetrussische Regierung hat frer wieder im Amte ist) als den formell Ver- Mit diesen diplomatischen Methoden hat England so wie Hitler sich das Rheinland holte, als Mus gleichzeitig auf der japanischen Botschaft in Mos­antwortlichen empört zum Rücktritt zwang. Dies in der Vergangenheit viele Erfolge gehabt, die folini wegen des abeffinischen Feldzuges mit fau sowie im Tokioter Außenministerium einen mal aber scheint Chamberlain die Lage viel gün- oft freilich teuer erfauft waren und noch öfter das England im Streit lag? Haben nicht auch die Protest gegen den japanischen Angriff auf das ſtiger: das britische Parlament ist auf drei Wo- Vertrauen derer erschüttert haben, die auf Eng - britischen Konservativen erlannt, daß die Ditta- sowjetrussische Konsulat in Tientsin überreicht. nate beurlaubt und Mussolini hat selbst ein lands Beistand und Entschlossenheit hofften. Aber toren dem Gesez folgen, nach dem sie angetreten Die Sowjetregierung fordert sofortige Bestras Angebot gemacht. Welcher Art es ist, kann aus angesichts des faschistischen Gegners von heute sind, dem Gesetz der Gewalt, die sie im eigenen fung der Schuldigen und Ersatz des angerich dem fürzlich erschienenen Leitartikel des Duce können sich jene Methoden überhaupt nicht mehr Lande anwenden und die sie, um ihre Macht zu teten Schadens. In sowjetrussischen Kreisen über Realität und Fiftion" geschlossen werden, bewähren, denn sie seßen einen Gegner voraus, behaupten, auch in der Außenpolitik anwenden glaubt man, daß der Zwischenfall ernste Fol in dem Mussolini forderte, daß man eine Fit der sich ebenfalls an diplomatische Regeln hält, müssen, nie befriedigt vom Erreichten und nie be- gen haben kann, doch wird gleichzeitig hinzuges tion" wie den Weiterbestand Abessiniens um der der Verträge respettiert, sich bei erlangten Vor- glückt vom Frieden, der erreicht wurde? fügt, daß die Sowjets bei aller Entschlossenheit, Wirklichkeit willen aufgeben solle, aber zugleich teilen beruhigt und froh ist, wenn er sie friedlich Neue Illusionen derer, die noch immer ihre auswärtigen Vertreter zu schützen, den erklärte, daß auch er nicht abgeneigt sei, um der erreichen und genießen fann. Nichts davon trifft Mussolini für einen möglichen Gegner des Hitler - Frieden wünschen. Beruhigung bei schwebenden Konflikten willen auf faschistische Diktatoren zu, die oft genug be- Faschismus halten, und neue Illusionen der an gewisse iftionen anzunehmen. Wenn Mussolinis wiesen haben, wie sie mit Verträgen verfahren deren( in Rom und Berlin ), die immer noch Angebot, wie zu vermuten, in der Richtung die- und daß jeder erreichte Vorteil nur ein Anlaß England für einen möglichen Bundesgenossen der ses Gedankenganges liegt, dann hot er die An- für sie ist, einen neuen zu fordern. Sollte es nicht Diftatoren halten, werden die einzigen Ergebnisse erfennung der italienischen Herrschaft über Abej- gerade für Chamberlain eine Lehre sein, daß der Geheimpolitik Chamberlains sein. So wenig finien von England verlangt und ihm dafür die Mussolini , nachdem er in Abessinien mehr erobert der spanische Krieg durch diskrete Briefe entschie Preisgabe seiner Kriegsziele in Spanien angebo- bat als ihm der Hoare- Laval- Plan zugestehen den werden kann, so wenig wird auch die Lage ten, eine Fiftion" allerdings, da sich die wollte, einen neuen Strieg in Spanien begann? Europas durch die Methoden der alten Geheim­Wirklichkeit ja erst nach einer Entscheidung im und sollte es ihm nicht zu denken geben, daß Mus- diplomatic geändert werden können. spanischen Kriege offenbaren würde. Aber Cham­berlain scheint die diplomatische Gelegenheit für günstig zu halten: er scheint anzunehmen, daß man gerade jetzt, da Mussolini mit seinem Ver­bündeten Franco Enttäuschungen erlebt, ihn zum Rückzug aus Spanien bringen könnte, wenn Eng­land die Eroberung Abessiniens anerkennt, an der Mussolini aus Gründen des Prestiges, aber auch Sowohl die englische als auch die franzö=[ fehr labilen Pakt nicht die Sicherheit gewinnen, aus Gründen der Kreditfähigkeit feines für die fische Presse beschäftigt sich mit dem Briefwechsel die es braucht. cigenen Finanzen viel zu kostspieligen ostafrika - zwischen Chamberlain und Mussolini ( deffen Ant- Berlin verhält sich vorläufig verhältnis­" Das junge Landvolk"( Organ Gustav nischen Kolonisations- Unternehmens sehr gelegen wort bereits in London vorliegt) mit der bevor- mäßig referviert zu den neuen Plänen. Die Haders) schreibt u. a. folgendes: Wir sehen im ist. Chamberlain scheint noch mehr zu hoffen: daß stehenden britisch- italienischen Versöhnung und Freude über das Einschwenken der Engländer in Jungattivismus eine starte, treibende Straft uns man Mussolini , den ewig Treulosen, dazu brin- dem Londoner Plan eines Viermächte- Abkom- die Linie der Biermächte Politit" wird getrübt ſerer Bewegung und müssen uns auch für unsere gen fönnte, bei einer neuen internationalen Kon- mens, eines fogenannten neuen Locarno ". burch die Ungewißheit, was aus der attivistischen Arbeitsstellen nicht ſchämen. Wären ferenz im Herbst auf Hitler einen Druck auszu- Während die englische Presse überwiegend günstig ch fe" werden soll und ob nicht eine der plöß diese Stellen Zeichen nur eines losen politiſchen üben, der die Verhandlungen über eine Erneue- über das Projekt urteilt und nur vereinzelt Be- lichen Wendungen Mussolinis bevorstehe, die auf Bündnisses, dann wäre die mancherorts bor­rung des Locarnopattes und des Völkerbundes denken äußert, ist die Haltung der Pariser Kosten Deutschlands Italien aus einer heiklen gebrachte Kritik gerechtfertigt. Diese Stellen sollen für England und Frankreich günstiger gestalten Blätter kritisch. Allgemein ist man der Ansicht, Lage helfen. Man würde in Berlin natürlich jebe und können nicht der politischen Verbrüderung daß Abessinien nicht länger der Zankapfel fein Art Westpakt begrüßen, der Deutschland freie dienen, sie sind aber durchaus notwendig, wenn Daß Chamberlain durch solches Paktieren dürfe, daß die Wahrung der Form hier wenig Sand im Südosten ließe oder wenigstens die Aus- der 18. Feber nicht nur ein Tag der Verspre mit Mussolini zum Verräter" würde wie die Wert mehr habe und daß auch Frankreich in ficht verstärkte, daß England sich bei einem deut- chungen, sondern auch ein Tag der Erfüllung sein englische Oppositionspresse schreibt läßt sich irgendeiner Weise die Annegion und die Bildung fchen Borstoß neutral verhalten würde. Aber soll. Gerade diese Arbeitsstellen, die der anderen vom Rechtsstandpunkt des Völkerbundpattes aus des Impero" anerkennen müffe. Für Frankreich man ist durch die Erfahrungen der letzten Jahre Seite so viel willkommenen Agitationsstoff ge= behaupten, den Mussolini in Abessinien blutig ver- ist diese Frage besonders dringend, weil es der doch foweit gewißigt, daß man sich von Italien boten haben, sind von großer völtischer Bedeu lezt hat und den er durch seine Handlungsweise seit keinen Botschafter in Rom hat, sondern nur derfelben Untreue versieht, die man unter Um- tung. Wenn wir uns diesen Arbeitsstellen ans gegen die legale spanische Regierung zum zwei einen Geschäftsträger. Der Botschafter müßte bei ständen selbst auch zu verüben geneigt wäre. Noch geschlossen haben, so haben wir gewußt, daß wir tenmale gebrochen hat. Aber für die britischen dem König von Italien und Kaiser von Aethio- immer steht in 3 wifchen Berlin und uns durch diesen Anschluß so manch unrechtes Konservativen ist die Frage, ob Burgos oder Ba- vien" akkredidiert werden, was bisher formelle Rom als schlecht verhüllte Streitfrage die Wort werden gefallen lassen müssen! Wir haben Tencia siegen soll, feine Rechts- sondern eine In Schwierigkeiten bereitete. Daß England dura Bukunft Desterreichs. Italien würde diesen Anschluß aber doch herbeigeführt, beileibe teressenfrage. Von der Valenciaregierung befürch ein Abkommen mit Italien den Seeweg durch das vielleicht gern aus seiner Abhängigkeit von Ber - nicht zu unserem besonderen Nußen, sondern ein­ten sie ein biel nationaleres Verhalten in der An- Mittelmeer sichern und die panarabische Propa- lin herauskommen und Desterreich durch ein Ab- zig und allein um unseres sudetendeutschen Bol= gelegenheit der ausländischen, also auch der bri- ganda der Italiener ausschalten will, billigt man kommen mit den Westmächten sichern wollen. les willen, einzig und allein, um in dieser Zeit tischen Besitzungen in Spanien als von den Na- in Frankreich ebenfalls. Spaniens wegen fheint Gerade das aber will Berlin um jeden Preis ver- die Not unserer Wolfsbrüder zu lindern. tionalisten", von Francos Sieg wieder be- man sich in weiten Kreisen der französischen meiden. Es ist daher nicht ausgeschloffen, daß fürchten sie die Stärkung der italienischen Posi- Preffe wenig Sorgen zu machen. Man rechnet Chamberlains Plan nur halb gelingt, während tion im Mittelmeer . Die Aussicht, Mussolini zur damit, daß England sich mit Nom über die wei- das neue Locarno" sich an dem Widerwillen der Aufgabe seiner spanischen Eroberungsziele und tere Abriegelung des Kampfherdes und den Mür drei Kontinentalmächte gegen die Fortsehung der alten Komödie zerschlägt. vielleicht noch zum Verzicht auf die Fortsetzung zug der Freiwilligen einigen werde. seiner antienglischen Kolonialpropaganda zu brin Dagegen wird eine sehr deutliche Oppo­gen, hat also für die britischen Konservativen fition gegen das neue Locarno laut. etwas sehr Verlockendes, und ebenso verlockend Die Franzosen wenden ein, daß sich durch die dürfte der britischen Regierung die Möglichkeit Neutralisierung Belgiens die Sachlage stark ge­erscheinen, durch eine vorläufige Verständigung ändert habe. Ferner wollen sie das Bündnis mit Mussolini eine Atempause zu gewinnen, die mit Nußland nicht gefährden. Endlich be­ihr im Hinblick auf ihre irischen, palästinensischen tonen sie auch die Notwendigkeit, die franzöfifchen und fernöstlichen Sorgen wünschenswert er- Bundesgenossen in Mitteleuropa , scheint. vor allem die Tschechoslowakei und Bolen, Rom . Den Montag in der Umgebung von Chamberlains Geheimpolitik ist somit nach nicht zu verärgern. Es sei ein unglücklicher Ge- Udine zwischen den Flüssen Tagliamento und Piave den alten Regeln der britischen Diplomatie ganz dante, den Viermächtepakt von 1933 wieder begonnenen italienischen Manövern werden eine deut­richtig angelegt. Sie entspricht dem Grundsaß des auszugraben. Frankreich könne, wenn es andere sche, eine österreichische, eine ungarische und eine Zeitgewinns, der als wait and see" bekannt ist, Bindungen opfern müßte, durch einen solchen schweizerische Militärmiſſion bewohnen.

fönnte.

Det

-

10

Wecker casselt

Roman von L. Pringsheim

| ich es erst in seiner ganzen Zartheit und Schön­heit. Alles Lernen ist sinnlos. Wenn das Leben die Liebe schuldig blieb." Und Mirza wiederholte beschwingt: Es war die Nachtigall und nicht die Lerche..." mit einer so rührend hingebenden Stimme, daß Glafer in erneute Zärtlichkeit über strömte. Selig riß er sie an sich, plößlich krampfte sich sein Herz zusammen, er richtete sich in wahn­sinniger Schnelligkeit auf, rang nach Luft, röchelte Sie sahen sich an, wie ein Pärchen beim und fiel ins Bett zurück. Mirza schrie auf, ver­Weekendausflug, tranten heiter ihren Tee, der stand und sah gar nichts, brannte das volle Licht Abend dämmerte immer mehr, die Nacht schvoll an und sah zu ihrem Entseßen einen todblassen, dunfel an. Er bat sie, kein Licht zu machen, da schweißzüberströmten requngslosen Mann da lie­das Grelle ihm stören könnte. Mirza band ein nen. Zunächst glaubte sie an eine Ohnmacht und dunkelrotes Tuch um die Ampel, nun sah es fühlte zitternd nach dem Herz. Sie schob es auf wunderschön aus. Sein Herz schlug nicht mehr ihre Aufregung, daß sie keinen Herzschlag spürte. wie ein Hammer, sondern leiser und regel Die Hände von Glaſer waren schlaff. Aber der mäßiger. Er legte feinen Stopf in ihren Schoß und lächelte ein seltsames, glückseliges Lächeln. und mit der uralten Gebärde der Liebenden strich Halb wahnsinnig zoa Mirza zuerst etwas über sie über sein Haar, während ein nie getanntes und lief instinktiv zuerst zu Portiers. Dann fiel mütterlich zärtliches Gefühl ihr die Tränen in ihr der Sanitäterat ein. Sie rannte die Treppe die Augen trieb. Leiſe zitierte er Goethe, Gott herunter u läutete bei ihm Sturm. Er öffnete und die Bajadere". Sie staunte ergriffen. Noch selbst und erkannte staunend das Fräulein Mirza, nie war ihr das passiert. Dann glitten beide eng welche nur stammeln konnte:" Rasch, rasch tommen Sie!" umschlungen auf ihr Bett, es war, als ob kein oben liegt er anderer Mann vorher darin gelegen hätte.

-O

-

Ohne weitere Fragen war er in einigen Sekunden angezogen, hatte die Instrumenten­tasche bei sich und betrat mit ihr die Wohnung. Er verriet sein Erstaunen nicht, als er Dr. Gla­ser erkannte. Sorgfältig horchte er ihn ab, pro­bierte noch Kampfersprißen, dann sagte er leise: Ein schwerer Herzfehler. Tot." Da brach Mirza vor dem Toten zusammen. Nicht" ſagte der Doktor und führte sie in das Badezimmer, to

-

Aus der zärtlichen, fast jugendlich zu nen­nenden Verliebtheit entwickelte sich ein Strom von Leidenschaft, in welchen Glaser sich stürzte, sein ganzes früheres Leben untertauchte und völlig vergas. Jetzt schlug sein Herz wieder schwer und sinnlos, Atemnot stellten sich ein, aber er wollte es nicht merken. Schweiß trat auf seine blaffe Stirn, dann beruhigte sich sein Körper. Er lag neben ihren hingebenden Kopf auf seiner Schulter. Sie hörte nichts weiter. Durch h das halb geöffnete Fenster tönte erstes Sie wußte nur, daß sie das Furchtbarste ge­zartes Vogelzirpen. Leise zitierte Glaser: Es troffen hatte und nichts Schlimmeres tommen war die Nachtigall und nicht die Lerche..." Das fonnte. Der Dottor erkannte alle Schwierigkeiten. kommt in Romeo und Julia vor. Die schönste Er wollte auf alle Fälle Polizei und Gerichts­Stelle! Beide Liebenden ruhen, hören im Mor- mediziner vermeiden, der Herzfehler stand ein­gendämmern die ersten Vögel. Aber jest verstehe wandfrei fest. Aber die Frau und diese Situa­

feinen

"

Linz . In Rieb in Oberösterreich wurde eine ge­heime nationalsozialistische Organisation aufgededt, die den Namen Bund deutscher Mädchen " trug. Die Mitglieder wares durchwegs 14- bis 18jährige Mädchen, welche Versammlungen veranstalteten und dabei nationalsozialistische Propagandaschriften ver­breiteten.

Keine Ausweisung Franz Pfempferts. Einige Blätter brachten die Nachricht, daß der Schrifts steller und Photograph Franz Pfempfert, früher Herausgeber der Aktion"( Berlin ), der seit 1988 in Karlsbad lebte, aus der Republik auss gewiesen worden sei. Diese Nachricht ist unrichtig. fempfert hat sich vor einigen Monaten nach Paris begeben, um an der Ausgestaltung einer bedeutsamen phototechnischen Erfindung, die er in Karlsbad gemacht hat und für die eine Pariser Firma sich interessiert, weiterzuarbeiten. Pfemp­fert wird wahrscheinlich nach Abschluß seiner Ars beiten wieder nach Karlsbad in sein Atelier zus rückkehren. Irgendein Grund zu seiner Ausweis sung lag und liegt nicht vor. Allerdings haben stalinistische Denunzianten Pfempfert bereits vor Monaten bedroht und bei amtlichen Stellen zu vernadern gesucht.

tion! Vielleicht ging er doch selber am besten zum| seine Mutter für wenig Geld Wohnungen aufz Portier, dem er großes Vertrauen schenkte und räumte. Obwohl doch nicht mehr Hoffnung war, bat ihn und Frau Hardt um Unterstüßung in der dies jemals ändern zu können, rüttelte er unents seltsam peinlichen Angelegenheit. Bei Portiers wegt am Wesen der Mutter und brachte sie durch war die Frau schon in der Waschküche, Frau Hardt Kritit im kleinen zur Verzweiflung. Von dem erschien sofort, denn sie war immer bereit für phantasievollen, großzügigen Kind von früher war alle außerordentlichen Fälle. Auch hatte sie die ihr die ungeheure Eindrucksfähigkeit geblieben. Nacht durch geweint, weil ihr Sohn ihr wieder und wenn gutfituierte Frauen ihres Alters schon das Uebliche vorgeworfen hatte und sie auch die längst ihre Umfriedung haben, ihre festgelegten Wahrheit seiner Anklage empfand. familiären, häuslichen und sonstigen Interessen, war Frau Hardt stets bereit, alles aufzugeben. Ja, der winzige Haushalt, angefangen vom An­blick eines Mülleimers in der Frühe bis zu des zerbrochenen Tasse am Mittag, die unerbittlich scharfen Augen ihres Sohnes, schienen ihr als das Symbol einer Freiheitsberaubung. Dabet wäre sie auch, wenn es ihr gut ginge, unbewus stets bemüht, sich das Leben so unbequem wie möglich zu gestalten, weil es Millionen so schlecht geht".

Ihr Wesen war eben in der Welt ergossen und so wenig bürgerlich verankert, daß sie immer Schiffbruch erleiden mußte. So gesammelt und einſichtsvoll sie fremdes Leid beherrschte, so an­greifbar und findlich oppositionell stand sie zum eigenen Blut. Wie oft flante und beschuldigte sie stundenlang, während sie diesen Vorgang bei ihren Witschwestern sofort hätte übersehen und helfen fönnen. Das Mißverhältnis ihrer Existenz zu ihrer geistigen und menschlichen Substanz empörte ihre Kinder. Es war ihr vorgeschrieben, Diese Millionen" verließen sie nie. Frax daß ihr Lebensweg stets den eines anderen in Not Hardt war die typische Frau, welche auch in des geratenen Geschöpfes streifte. Sie gewann große Wüste irgendwo das Wimmern eines kleinen Min seelische Erkenntnisse, die sie früher oft schon rhe des oder das Stöhnen eines Menschen höres torisch verwendet hatte. Aber im eigentlich pro- würde. duktiven Sinn waren ihre Fähigkeiten noch nie umgefeßt.

Viele hatten früher die Kinder Hardt um ihre Mutter beneidet, und erbittert mit ihrer eigenen verständnislosen Mutter verglichen. Aber die Kinder Hardt tappten uferlos im Dunklen, denn da, wo sie halt suchten, war die Mutter nicht befestigt. Stets bereit zu schwimmen, den Ertrinkenden zu retten, war sie selber nicht der Kinder leidenschaftlich und besonders jetzt, wo sie größer waren, und in alle Welt zerstreut, quälte sie die Sehnsucht.

Die Kinder hatten ihren eigenen Weg ge­fucht, es blieb der große begabte, aus der Bahn geschleuderte Sohn, der ihr nun als einziger der sonst so zahlreichen Familie zusehen mußte, wiel

Der turze Bericht des Arztes traf sie alss auch im Morgengrauen bereit. Da sie es haßte, mit Schlafrock und Pantoffeln herumzuschlürfen, war sie sofort gewaschen und angezogen, während der Arzt mit dem Portier verhandelte. Dann stie­gen alle drei leise zu Mirzas Wohnung hinauf. Der Portier verlor kein Wort. Er war ein Mann ohne jegliche Sensationsgier, ſein Verständnis und seine Beobachtungsgabe hatten sich in seinem tung des Sanitätsrates wäre es ihm sofort flar gewesen, daß jegliches Aufsehen vermieden wer den mußte. Während Frau Hardt Schadenfreude genug hatte, um Franzi Glaser die Blamage des so rätselhaften und von der Norm abweichenden Drt des Todes ihres Mannes zu gönnen. ( Fortsegung folgt)