Teile 2

Freitag, S. August 1927.

Nr. 183

schieden« Auffassungen über die Details der ein- zuschlagonden Taktik offenbaren lassen/ Wenn wir schon zugestehen sollen, daß Bracke-Zyromski eine Opposition, innerhalb der Partei darstellt, so kann dies nur mit der Cinschränlung gelten, das; es sich lediglich um eine ideelle Opposition han­delt, um eine konstruktive, um Blumsallerge­treueste" Opposition. Die Anhänger derBataille Socialiste", so hieß früher das Organ von Bracke- Zyromski, ivürden sich sehr wundern, wenn man ihr Sonderbekenntnis innerhalb der Sozialisti­schen Partei mit einem Mangel an Loyalität ge­genüber Blum oder mit Extremismus identifi­zierte. Nicht nur Bracke, sondern auch viele andere enge Mitarbeiter Löon Blums stehen im Lager der Opposition " und wenn die Entschließung der Mehrheit scherzhaft dieResolution der Minister" genannt wurde, so hieß die ZyromskySResolu­tion der Attaches", weil ihr nicht wenig MItglie» der von Ministerkabinetten bcigcpflichtet hatten. Eine eigentliche Rechtstendenz, die«inen integra­len Reformismus vertreten würde, gibt eS schon seit vier Jahren in der Sozialistischen Partei nicht mehr und diese Tatsache trägt vor allem auch dazu bei, daß den Auseinandersetzungen zwischen der Parteimehrheit und der Gruppe Zyromski- Bracke die Bedeutung eines prinzipiellen Kampfes fehlt. Als Extremisten kann man bestenfalls Mar- ceau P i v e r t bezeichnen. Um ihn sammelt sich alles, was an einem veralteten Defaitismus fest­hält, was mit den Lehren, die sich aus dem Siege des Faschismus in mehreren europäischen Staa­ten ergeben, nichts anzufangen weiß. Die Volks­front, die Pivert nur sehr lau unterstützt, scheint ihm nicht weitgehend genug und er möchte sie am liebsten durch einerevolutionäre Front" ersetzen ohne Radikalsozialisten, aber mit Anarchisten und Trotzkisten, Gruppen, die nur in der Pariser Ge ­

gend eine gewisse Bedeutung haben. Die Pivert- Fraktion hat den Ehrgeiz nicht nur die revosutto- närste Gruppe innerhalb der Sozialistischen Par­tei, sondern auch in der gesamten französischen Arbeiterbewegung zu sein. Pivertistcin ehrlicher; aber leider zu gutmütiger Politiker, der nicht im« mcr seine Umgebung richtig zu beurteilen versteht. Daher war es im Frühjahr notwendig gewesen, eine chirurgische Operation durchzuführen, durch welche die Ausscheidung einiger parteischädigender Elemente ermöglicht wurde. Pivert besaß Diszi­plin genug, um sich den Beschlüssen der überwie­genden Mehrheit der Partei zu unterwerfen und sich von einigen kompromittierten Anhängern zu distanzieren. Eine Spaltungsgefahr besteht auch von feiten der Piverk-Gruppe nicht. Pivert weiß zu genau, daß seine Gedankengänge und seine Person nur innerhalb der Sozialistischen Partei eine Bedeutung haben können, losgelöst von ihr wäre er nur das Haupt einer bedeutungslosen Sekte. Allerdings wird er auch damit zu rechnen haben, daß die doktrinären Bedenken von den Massen der Parteimitgliedschaft angesichts der unleugbaren tatsächlichen Erfolge der Volksfront -. Regierungen immer mehr in den Hintergrund ge­schoben werden. So finden wir trotz nüchternster Betrachtung nichts, was berechtigen würde, von der Gefahr eines offenen Bruches bei den französischen So­zialisten zu sprechen. Zu diesem Resultate gelan­gen wir, wenn wir uns hüten zu übersehen, daß sich jede Arbeiterbewegung die Organisations­form gibt, welche dem nationalen Charakter und Temperamente am weitgehendsten entspricht. Die gallikanischen Freiheiten" bedeuten für den französischen Sozialismus die beste Garantie für den Fortbestand einer einheitlichen Partei, wäh­rend sie vielleicht anderswo angewendet verhäng­nisvoll werden könnten.

Turnverein« Sitz des Nazismus Wien löst Illegale Zellen auf Wien . Amtlich wird verlautbart! Im Zu­sammenhang mit den Demonstrationen der illega­len Nationalsozialisten am 17. und 18. Juli 1937 in WrlS anläßlich de» WiedersehenSfesteS der Frontsoldaten wurde von den SicherheitSbe- hörden von Ober-Oesterreich die Tätigkeit der deutsch -völlifche» TurnvereineJahn" in WrlS, Gall-Neukirchen, Ischl und Ebenste eingestellt, bzw. deren Auflösung verfügt. Bezüglich der an­deren deutsch -völkischen Turnvereine gehen die Erhebungen weiter.

Meutereien Im Franco-Lager Madr i d.(HavaS.) An d« Peripherie der Universitätsstadt , bei der Franzosenbrücke, war Donnerstag lebhaftes Gewehrfeuer und später auch Gefchützfeuer sowie einige Granatenein­schläge zu vernehme«. Flüchtlinge bestätigen, datz es in den Reihen der Aufständischen zu einer Meuterei gekom­men ist. Ein Teil der an dieser Stelle operieren­den Aufständisch«, soll für di« Uebrrgabe gewesen sein, während die übrigen rrllärten, datz im Kampfe gegen die Negierungstruppen bis zum Schluß ausgeharrt werde» müsse. Zwischen de« treuen und den meuwrnden Abteilungen soll es dann zum Kampf gekommen sein. RrgierungSflieger Haien den Flugplatz in G a r r a y in der Provinz Soria bombardiert und 13 Flugzeuge der Aufständischen schwer beschä­digt. Die RrgierungSflieger erreichten darauf wohlbehalten Saragossa , wo sie de» Flug­platz GarnpinelloS bombardierten und 18 Wug» zeuge der Aufständischen beschädigten.

Lord Plymouth kommt nicht von der Stelle London . Das Kompromiß, auf dem sich die freitägigen Verhandlungen des Nichtinterven- tionSauSschuffeS aufbauen sollen, ist noch wenig übersichtlich. Die Donnerstag nachmittags stattge­fundene Aussprache zwischen Lord Plymouth und dem deutschen Geschäftsträger Dr. Woermann verlief, wie in White Hall erklärt wird, in Fornr eines freundschaftlichen Gesprächs. Eine deutsche Note ist dabei nicht überreicht worden. Auf der Londoner Sowjetbotschaft wird er­klärt, daß die Sowjetunion ihre Einstellung zur spanischen Frage nicht geändert habe. Sollten bis Freitag keine neuen Instruktionen aus Moskau ejntteffen: so ist omgesicht» des deütfch-Italletti» scheu Widerstandes kaum ersichtlich,.wie der tote Punkt überwunden werden soll.

Zein Briefwechsel Mussolini Hitler? Rom.(HavaS.) Amtliche italienische Kreise dementieren entschieden die in der ausländischen Presse aufgetauchte Nachricht von einem Brief­wechsel zwischen Ministerpräsidenten Mussolini und Reichskanzler Hitler . ES wird hinzugefügt, die Achse Rom-Berlin fungier« normal, was jede außergewöhnliche Prozedur, wie einen Briefwechsel oder dergleichen, ausschließe.

Japan und USSR

<ie) Auffallend ist der überaus ruhige Ton, in dem die Sowjetpresse die Ereignisse in Nord­china kommentiert. DaS Interesse für die japani­sche Aktion ist offenbar sehr groß, die militärischen Operationen in Nordchina werden genau verzeich­net, ebenso wie alle Einzelheiten der Verhand­lungen zwischen Tokio und Nanking, die Reden der japanischen Minister im Parlament usw. Man legt sich in Moskau volle Rechenschaft dar­über ab, welch« Bedeutung daS Vorgehen von Tokio hat rmd welche Folgen eS für die Sowjet­ union haben muß. Aber man will, angesichts der allgemeinen europäischen und weltpolitischen Si- tuakion, sich offenbar in der fernöstlichen Politik eine außerordentliche Zurückhaltung auferlegen. Sehr bezeichnend ist' in diesem Sinn« ein Leit­artikel der Moskauer Prawda"(vom 81. Juli), der die Stellungnahme der Sowjetregie­rung klar präzisiert. Nachdem die Politik von Hirota gegenüber China in richtiger Weise ana­lysiert und gebrandmarkt wird, stellt der offiziöse Publizist die Voraussetzungen fest, unter denen es zu einerNormalisierung" der ruffffch-japani- schen Beziehungen kommen könnte. Diese Vor­aussetzungen klingen, im Grunde, äußerst beschei­den. Moskau verlangt von Japan nichts anderes als die Achtung der Grenze zwischen Korea und Mandschukuo einerseits und Rußland anderer­seits, wie diese Grenze in den alten Verträgen von Peking und Mukden festgelegt ist. Man drängt auf eine rasche Erledigung aller Grenz ­

zwischenfälle durch Einsetzung von Demarkie- rungsausschüffen. Ebenso wird auf die Notwendigkeit der Achtung der Verträge Mer die Fischerei sowie Mer die Naphtha- und Kohlen­konzessionen auf Russisch-Sachalin durch die Japa­ner hingewiesen. Das i st a l l e S. ES Wird nicht etwa gefordert, daß die Japaner ihre Aktion in Nordchina abbrechen, es wird nicht mit der Einmischung der Sowjetunion in den chinesisch­japanischen Konflikt gedroht» Rußland bleibt im wesentlichen neutral, eS ahmt die Stellungnahme der angelsächsischen Mächte nach und überläßt China seinem SÄcksal. Aber auch in Tokio will man keine Verschärfung der Beziehungen zu Moskau . Die letzt« Rede von Hirota im japani­schen Oberhaus ist in dieser Hinsicht außer«, ordentlich bezeichnend. Während en dieser''Rede' die Regierung von Nanking scharf'angefahren wird und an ihre Adresse u«verhüllte Drohungen laut werden, ist der Abschnitt der Rede des japa­nischen Außenministers, der der Sowjetunion gewidmet ist, sehr vorsichtig gehalten. Sehr freundschaftlich hat sich übrigens Hirota Mer die Beziehungen zu den beiden angelsächsischen Welt­mächten geäußert. Die Politik von Tokio ist klar: man will in seiner Aktion, die auf«Ine völlige Unterwerfung der nordchinesischen Provinzen ge­richtet ist, nicht gestört werden und versucht daher mit den drei im Fernost entscheidenden Mächten dem Britischen Empire, USA . und der Sowjetunion in korrekten Beziehungen zu bleiben.|

Am besten wäre es," meinte das Mädchen nicht ohne egoistischen Hintergedanken,wenn gnädige Frau einige Zeit zu Bekannten oder ver­wandten übersiedeln würden, bis der größte Tru­bel und Schmerz vorbei ist. Dann könnte vielleicht auch einer der Herren der gnädigen Frau die Ar­beit des Begräbnisses, des Nachlasses und der Wit- wenpension erledigen. Die gnädige Frau bleibt ja nicht mittellos zurück wie Tausend andere I" schloß daS Mädchen.Mittellos mittellos" fuhr Franzi auf.Das wäre ja noch schöner b Zu all dem Schmerz auch noch mittellos? Wie käme ich dazu? Wir gehören doch zu den gebildeten Ständen I Und der Staat tut wenig genug, um mich in meinem Kummer zu trösten I" Plötzlich hatte sie ein Thema. Und entlud sich in einer wir­ren Anklage gegen das Los der gebildeten Schich­ten und des hartherzigen Staates. Das Mädchen ließ sie reden, es war besser, als dauernd herum­kommandiert zu werden. Zum Schluß kam Franzi wieder auf den Ueberstedlungsplan und ein Wit­wenhäubchen zurück, welches doch meistens sehr kleidsam ist, schwarz macht auch schlank.DaS Hunderl nehm ich mit, natürlich mein Einzi­ges, was mir geblieben ist!" Und wieder Tränen. Und mit erneutem Schluchzen sich an. das Mäd­chen wendend:Ziebn Sie dem Mopserl nachyer dal schwarze WämSchen über, dq» da paßt nicht zur Trauer!" Plötzlich fiel ihr ein, wie hoch wohl der Sanitätsrat dis erste und letzte Behandlung de» verstorbenen rechnen werde.«Cs war ja nie­mand dabei und womöglich übervorteilt er dann noch so eine arme Witwe! War jemand da­bei?" fragte sie hundertmal daS Mädchen, bis

dieses beschloß, Frau Hardt zu holen, welche doch vorhin beim Sanitätsrat behilflich war. Unten bei Portiers kochte der. Mann schon den Kaffee in der glänzendm Küche. Die Frau wusch und rumpelt« mit Feuereifer die Nacht hindurch in der Waschküche. Da konnte passieren ivas will: Waschtag war daS Wichtigst«. AIS Finni den Portier nach Fran Hardt fragte, war er feinfühlig genug, Frau Hardt von Fräulein Mirza selber zu holen, denn es mußt» vermie­den ivcrdcn, daß das Mädchen den wahren Sach­verhalt ahnte, und wenn sie noch so nett war. Mirzas Augen hatten den starren Ausdruck ver­loren, und als Fran Hardt mitleidig etwas Tee kochte, ergriff sie plötzlich ihre Hand und küßte sie. verlegen wehrte die Frau ab. Mirza schien jetzt doch etwas gefaßter. Und als Frau Hardt ihr den Diwan zurecht machte, und sie darauf bettete, indem sie taktvoll das Bett vermied, und weit dar Fenster öffnete, daß die Morgenluft hineinwehte, da brach es aus Mirza wie ein Strom von Ge­ständnissen heraus. Wissen Sie, Frau Hardt so schön war es noch nie in meinem Lebe« wie gestern und heute. Noch nie ist ein Mensch so gütig und ge­scheit mit mir gewesen. Sonst wollten die Män­ner von mir den Körper viele haben auch was erzählt aber am Tag hätten sie mich nicht mehr kennen wollen. Und das ist ja so In unserem Be­ruf. Ich wollte es auch nicht anders, weil ich nichts besseres kannte.aber gerade so ein feiner Herr und aus guter Familie der ist viel be­scheidener und gütiger als die anderen. Wissen Sie der hat gar nichts von mir haben wollen. Er hat gebeten wie in einem Roman und höflich war er und Gedichte hat er mir gesagt! Bon Goethe und von dem großen englischen Dichter ich weiß jetzt nicht mehr genau, wie er sich auS- spricht.Shakespeare ", unterbrach, sie Frau Hardt.Ja Shakespeare natürlich Shake­speare und den kauf' ich mir morgen und such' mir die Stelle heraus. Helsen Sie mir, Frau

Hardt." Mirza erhob sich halb und in ihren Augen standen fast glückliche Tränen, als sie stolz wiederholte:Es war die Nachtigall und nicht die Lerche Das alles hat er mir mir in der Nacht gesagt. Es war so schön, so weihe­voll, es kann in keiner Kirche feierlicher sein. Ich könnte das niemandem anders erzählen, weil es so heilig ist. Und daß er keinen Anstoß an meinem Beruf genommen hat und so. ein seiner Herr kann doch alle besseren Frauen haben, die damit nicht zu verdienen brauchen.(Hier machte Mirza die typische Unterscheidung de» käuflichen Mäd­chens und der von ihr so hoch gewertetenbürger­lichen Frau".) Frau Hardt hätte widersprechen können, aber Geständnisse muß man auSströmen lassen. Und Mirza fuhr fort: Sehen Sie, Frau Hardt und wenn er hundertmal begraben wird und eine mir fremde Frau ist die Witwe nach ihm, so gehört er mir doch und wissen Sie* hier wurde Mirza plötzlich groß und wissend,sein Beste» gehörte mir seine Liebe und spin ungelebtes Leben." Frau Hardt begriff, daß Mirza in der jähen Wandlung vom Dämmerdasein zu wirllicher Reife gelangt war. And sie nickte schwer. Mirza flüstene:Habin Sie sein Lächeln gesehen? auch wirklich gesehen?, vielleicht lächelte so der Dichter, von dem er erzählt hat, oder der Gott, der die Bajadere küßte. Aber so kann der Mensch nur.einmal lächeln und mir gehört es." .Arme» gutes Edel" dachte die Hardt, das hast du nun«inmql besessen, um es zu ver­lieren." Sie war weit davon«nrfernt, sich Sen­timentalitäten oder Unwirllichketten einzubilden. Sie wußte, daß Mirza schon aus«in wirtschaft­lichen Gründen ih« Lebensweise nicht ändern könnte und mcht wollt«. Aber sie wußte auch/ welche ungeheure Anstrengung e» für da» Mäd­chen bedeuten würde, wieder mit anderen Män­nern zu schlafen. Al» ob Mirza die Gedanken der Frau vor ihr erriet, schlug sie die schönen Hellen Augen auf und fuhr fort:

DerTemps" über die neueste Goebbelshetze Paris . Der.Temps" widmet seinen Leit­artikel vom Donnerstag der neuen Kampagne der reichsdeutschen Presse gegen die Tschechoslowakei , die auf da» Ausreiseverbot für die sudttardeut- schen Kinder nach Deutschland zurückgeht. Diese Kampagne, schreibt derTemps", ist, wie eS scheint, ein Teil des Propagandaplanes, welchen der Nationalsozialismus konsequent verfolgt und der darauf abzielt, gegen die tschechoflowakisch« Regierung«ine Agitation zu entfalten,deren wesentlich politischer Charakter unschwer zu er­kennen ist. So ost immer eine Beruhigung ein­tritt und günstigere Voraussetzungen zur Bereini­gung der zwischen den beiden Staaten schweben­den Fragen entstehen, findet die deutsche Presse immer wieder einen Vorwand zu Konflikten, um die internattonale Meinung zu verwirren und die Bemühungen, zu einer Normalisierung der deutsch -tschechoslowakischen Beziehungen zu gelan­gen, zu vereiteln. Unter diesen Umständen hält es ttotz allem guten Willen der Prager Regie­rung schwer, schreibt derTemps", allgemeine Verhandlungen mit Berlin zu eröffnen und jene Bertrauensatmosphäre zu schaffen, ohne die«ine dauernd« Annäherung nicht möglich ist. Hinsicht­lich der Behandlung der letzten Ereignisse durch die reich-deutsche Press« erklärt derTempS", die Prager Regierung sei der einzige Faktor, der dar­über zu ensscheiden hat, ob einer so großen An­zahl sudetendeutscher Kinder die Einreffe nach Deutschland zu gestatten ist oder nicht, denn e» handelt sich da um eine rein intern« Angelegen­heit. DaS Blatt begreift den Standpunkt der tschechoftowakffchen Regierung im Hinblick auf den unheilvollen Einfluß, wenn dem 6000 deutsche Kinder infolge der nationalsozia­listischen Propaganda im Ausland« ausgesetzt wären. Der Standpunkt' der' tschecho­slowakischen Regierung, schreibt das Blatt, ist um. so begreiflicher, als die Tschechoslowakei in Mit­ teleuropa eine besondere Stellung einnimmt, da sie dem pangermanistischen Druck in erster Reihe ausgesetzt ist. Wenn das Dritte Reich wirllich leine gewalffamen Aktionen gegen die Tschecho­ slowakei unternehmen will, wie WrigenS in Ber­ lin mehrmals betont wurde, dann sollte sich Ber­ lin die grundlegenden Notwendigkeiten der Innen» sind Außenpolitik der Tschechoslowakei llarmachen, wobei das Blatt auf den tschechoslowakisch-russi« schen Beistandspakt anspielt. DaS Aufhören die­ser deutschen Propaganda hänge keineswegs von der ffchechoflowakischen Regierung ab, der man einen Mangel an gutem Willen gewiß nicht vor­werfen könne, schließt derTemps" seine Aus» führungen.

Mit Vorsicht aufzunehmende Nachricht Berlin .(Tsch. P.-B.) Nach Jnformattonen aus guter Quelle wohnt der Nobelpreisträger und ehemalige SchriftstellerCarlvonOssietzky seit seiner Entlassung aus der Schutzhaft mit sei­ner Frau in einem Sanatorium in einem Vor­orte Berlins , wo sich sein Gesundheitszustand in­zwischen soweit gebessert hat, daß er beginnen konnte, einen neuen Beruf zu erlernen. Er will medizinischer Photograph werden. Der Nobel» Friedenspreis ist Ossietzky in voller Höhe, m deutsche Währung umgerechnet, im Bettage von 97.000 RM ausbezahlt worden. Ossietzky kann über sein Geld frei verfügen.(?)

,Hch habe doch schon fast dreißig Jahre ge­lebt, und nie war etwas Bleibendes. Aber jetzt gehört mir etwas. Frau Hardt, mir gehört«s, und es kann nichts geschehen, was mir den Besitz raubt. Aber ttaurig, furchtbar traurig ist«S." Und hier begann sie schwere große, erlösende Tränen zu weinen. Ein leises Klopfen an der Türe ließ Frau Hardt hingehen, und der Portier übermittelte ihr de» Wunsch Frau Glasers, sich sofort hinunter zu begeben:Ich beneid' Sie nicht", sagte er be­zeichnend. Seufzend stieg Frau Hardt wieder ein­mal die Treppe zu einer ihrer vielen Missionen hinab. Ihr Körper schien ihr. schwerer denn je; und noch unter dem Eindruck von Mirzas schwär­merischen Geständnissen schnürte ihr der Wider­will« gegen Frau Glaser den Hals zu. Ihre Ab­neigungen waren ebenso stark wie ihre Zunei­gungen, und' e» gab wenig goldene Mittelwege für sie. Der AMlick von Frau Franzis banda- giertem Körper widerte sie so an, daß sie kein Wort der Kondolatton hervorbrachte.. Aber die Witwe wartete auch gar nicht ab, sondern fragte sofort, mit schriller Sttmme:Wer war dabei, als mein ManN.starb? Wie lange hat der Arzi mit ihm zu'tun gehabt?" Frau Hardt hatte schon das Mißtrauen der Wttwe befürchtet, daß sie vielleicht doch etwa» von Mirza ahne.und, atmete erleichtert auf, daß eigentlich nur der Geiz aus der Frau sprach. Fast macht ihre Verachtung dem Mitleid Platz', Sie gab knapp ausweichende Wit« Worten, aber doch befriedigend für Franzi, und als Franzi ihr plötzlich weinend sagtet^Ich werde einige Wochen zu Freunden ziehen, um fn der Trauerzeit nicht allein zusammenzubrechen", erwidert, Frau Hardt überlegend und. ruhig: «Da» paßt, mir auch, da ich so wie so meinen Posten bei Ihnen aufgeben will." Frau Glaser warf ihr einen mißtrauischen Blick zu:Wohl weil der Herr nicht mehr ist?" .(Fortsetzung folgt.),