Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik
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Telephon 53077
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17. Jahrgang
Tepliz- Schönau, Sonntag, 15. August 1937
Die Japaner in die Verteidigung gedrängt
Furchtbare Menschenopfer unter der Zivilbevölkerung
Shanghai . Am Samstag haben die Kämpfe zwischen Japanern und Chinesen im Weichbild der Stadt in voller Heftigkeit weiter getobt. Die Chinesen haben anscheinend eine Reihe von Teilerfolgen erzielen können und erstmalig auch Bombenflugzeuge mit Erfolg eingescht. Die Kampfhandlungen des Samstag haben vor allem auch der 3 i vilbevölkerung der im Brennpunkt der Kämpfe stehenden Stadtteile schwerste Opfer auferlegt. Die Zahl der durch Granaten und Fliegerbomben umgekommenen und verletzten Zivilisten geht in die vielen Hunderte. Auch. im ausländischen Viertel haben einige Bomben schwerste Verheerungen angerichtet und viele Menschenopfer gefordert.
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In der Nacht auf Samstag begannen die In japanischen Kreisen wird zugegeben, daß Chinesen- offenbar Kerntruppen der Zentral- bie japanischen Truppen während dieser Kämpfe regierung fyftematische Angriffe, durch die die unter der Ueberlegenheit der Chinesen stark zu Japaner in ziemliche Bedrängnis gebracht wur- leiden gehabt hätten. Dadurch seien gewiffe den. Die Angriffe richteten sich gegen die Stadtteile Jukon und Tschapei sowie gegen das Haupt- Rüfchläge eingetreten. Die Japaner hät quartier der japanischen Truppen in der Nähe ten jedoch Verstärkung herangeholt und bei Tages des Hongkeu- Parkes. anbruch zum Gegenangriff angefeht.
Chinesische Bomber greifen ein
Zum erstenmal haben die Chinesen Bombenflugzeuge eingesetzt, die im Laufe des Samstag in wiederholten Anflügen die japanischen Stützpunkte und die auf dem Wanpu ankernden japa nischen Kriegsschiffe bombardierten. Das Hauptquartier der japanischen Landungstruppen, das fich in einer Spinnerei befindet, die japanische Handelsschule und das japanische Generalkonsulat
waren bie Biele her finefifden Flieger. Die wiederholten Anflige, bas tragen hag as int und der Abwehrgeschüße verursachten in den betroffenen Gefchäftsvierteln von Shanghai eine
ungeheure Panit.
Am Nachmittag haben die chinesischen Flug- tiges Feuer; eines der chinesischen Flugzeuge zeuge die im Fluffe Wampu vor Anker liegenden stürzte, in Flammen gehüllt, ab. japanischen Kriegsschiffe sowie japanischen Posi- Zahlreiche Bomben fielen auf der Sutschuantionen neuerdings intensiv bombardiert. Ihr Ziel straße in der Nähe der japanischen Kaserne niewar namentlich das japanische Flaggschiff 3 u- der. Bei dem japanischen Streuzer u d z u mo", mo". Auch das japanische Konsulat und die ja- der in der Nähe des japanischen Konsulates vor panischen Landpositionen wurden von den Flug- Anker liegt, sind mehrere Torpedo 8 zeugen beschoffen. Japanische Abwehrgeschütze er- explodiert. An beiden Ufern des Wampu öffneten auf die chinesischen Flugzeuge ein hef- find zahlreiche Brände zum Ausbruch gekommen.
Verheerende Bombeneinschläge im Fremdenviertel
Auch Neuter meldet, daß chinesische Infanterie und Artillerie gleichzeitig einen Angriff auf die im Nordostteil von Schanghai gelegenen japanischen Spinnereien und auf die nahe des ja panischen Hauptquartiers gelegenen Positionen eröffneten. Die Japaner antworten mit Maschi nengewehrfeuer und Grabenmörfern, doch ist der chinesische Druck, wie ein japanisches Kommuniqué zugibt, fehr start.
Der Hafen durch versenkte Schiffe gesperrt
Die Chinesen versenkten an einigen Stellen des ganttsetiang einige Gruppen von je fünf miteinander verbundenen Schiffen, um so das Hindernis zu ergänzen, das sie in der Nacht zum 10. d. M. im Flußbett des Uangpu errichtet hatten. Der Schiffsverkehr auf dem Yanktsekiang ist nun mehr eingestellt. Durch die Sperre wurden acht japanische und zahlreiche Schiffe anderer Naticnalität im Flusse blockiert.
mit Kriegserklärung?
Aus dem Inhalt:
Erfolgreicher Vorstoß
bei Brunete
Eröffnung des
Teplitzer Kreisarbeitertages
Neuer Streit
um Rudolf Kasper?
Aus der Internationalen Kinderrepublik in England
Nr. 191
Die Reichswehr , Hitler und das System
( E. F.) Vor kurzem ist im Europas Verlag Zürich der zweite Band der berühm ten Hitler - Biographie von Konrad Heiden erschienen.(„ Ein Mann gegen Europa", 390 Seiten, 8 Facsimilia.) Heiden gibt eine Geschichte Hitlers und des Hiklerismus seit dem 30. Juni 1934, er setzt aber zugleich den Versuch aus dem ersten Band der Biographie fort, das Phänomen Hitler zu deuten. Heiden schildert Hitler , wie er selbst einleitend sagt, als einen Führer, einen Gegner und ein Spiegelbild Europas ". Das umfangreiche, auf eingehenden Studien beruhende und mit gutem Quellenmaterial belegte Buch ist in seinen einzelnen Teilen nicht ganz gleichwertig, vor allem in der Komposition ein wenig uneinheit lich, weil der Autor oft den Standort der Betrach tung wechselt, Psychologie und Soziologie, span nende Darstellung dramatischer Ereignisse mit nüchterner Statistit zuständlicher Dinge einander ablösen läßt. Alles in allem gehört aber auch Heidens zweiter Band zu den beachtensivertesten, wichtigsten Büchern der Epoche, zu den Werfen, die über die Grundfragen der Zeit etwas zu sagen haben..
Zu den besten Abschnitten des Buches gehört die Darstellung von Hitlers Kampf um Desterreich, der sich nach Heidens wohlbegründeter Ansicht tatsächlich als Hitlers ureigenste Herzensangelegenheit, als sein stärkster Kompleg darstellt und der auch zur entscheidenden außen
politischen Straftprobe des System 3
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Reuter verzeichnet weiters Gerüchte, daß die der Führer" persönlich, der Kampf um DesterChinesen in der Nacht zum Sonntag eine wei- reich, das ist der eigentliche Kampf, in dem Hitler tere große Offensive unternehmen sich und seine Bewegung bestätigt sehen will oder wollen, um die japanischen Abteilungen bis zum in dem er weltgeschichtlich unterliegen wird. Meere zurückzutreiben. Die von den Japanern befehten Stadtteile sind aus Furcht vor chinesischen Wir wollen hier nicht alle Fragen bespreLuftangriffen in völliges Dunkel gehüllt. Gene- chen, die Heiden anschneidet. Wir möchten eine ral Tfaitinka i, der zum Oberkommandan- der bedeutsamsten herausgreifen: das Problem ten der chinesischen Abteilungen in Schanghai er- Reichswehr". Heiden bemüht sich, gerade nannt worden ist, steht noch eine Armee von diese Frage ausführlich und so fachlich als mög 125.000 Mann zur Verfügung, die zum sofor- lich flarzulegen, weil über sie die meisten Illutigen Einmarsch in Schanghai bereit ist. sionen berbreitet sind. Es gibt unter Deutschen Da die Chinesen numerisch stark im Ueber- und Nichtdeutschen, unter den Beteiligten und den Fernerſtehenden sehr viele Leute, die in Hitler wehr, des deutschen Militarismus und in diesem trok der Unterstützung durch die schwere Schiffs- und dem Nazismus nur ein Geschöpf dc. ReichsReuter meldet fpät abends, daß die Japaner so- das eigentliche Uebel sehen. Es sind meist diegar die Absicht haben sollen, Sch anghai zu ſelben Menschen, die nach 1919 und vielleicht auch räumen, wenn fie nicht rechtzeitig Verstär- schon früher, einen erbitterten, oft sehr affettfungen erhalten, die durch einen Taifun zurück- betonten und unsachlichen Kampf gegen den deuts schen Militarismus geführt, auch den Militarisschalten werden. mus" der Weimarer Republit täglich in den grellIn Tokio rechnet man mit schweren Vergelten Farben geschildert haben und die sich feit tungsmaßnahmen für die chinesischen Luftangriffe 1933, wie sie meinen, großartig bestätigt sehen. und hält es nicht für ausgefchloffen, daß es zur Dann gibt es wieder zahlreiche Gegner des NaDie zweite Bombe explodierte in der Nähe Meldungen des chinesischen Pressebüros Abberufung der Botschafter und viel zismus, die in der Reichswehr die einzige Gegendaß die Chinesen im leicht sogar zu einer offiziellen Kriegskraft erblicken, die von der Reichswehr allein den
Der starke Geſchüßdonner der Flugzeug- explosion in der Straße Eduards VII. gewicht sind, ist das japanische Landungskorps abwehrbatterien und der Maschinengewehre hat 456 Personen getötet und 828 verlegt artillerie anscheinend in einer gefährlichen Lage. in den von Flüchtlingen überfüllten Straßen der wurden. internationalen Niederlassungen eine Panik Den legten Meldungen zufolge find hervorgerufen. Im franzöfifchen Zirkel find zwei beim Bombardement der Nanking Bomben eingefallen. Die eine von ihnen explo= dierte auf dent Plate Große Welt" in- ftraße 700 Personen getötet und 500 mitten einer großen Schar von Flüchtlingen, wo- verlegt worden, darunter auch mehrere bei zahlreiche Personen getötet, bzw. verletzt wur- Ausländer. den. Auch ein Telephonist des Havasbüros wurde
verlegt.
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Chinesische Erfolge
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des Hotels Palace" am Ende der Nanking- C das japanische Haupt- erklärung Japans kommen wird. 3u Sturz des Nazismus erwarten und nicht müde
straße und tötete gleichfalls zahlreiche Personen. Laufe Ob die die Bomben abwerfenden Flugzeuge den Japanern oder den Chinesen gehören, konnte nicht festgestellt werden, da Flugzeuge beider Nationalitäten gleichzeitig die Konzeffionen über fliegen.
Bei den Bombeneinschlägen zwischen den Balace- Hotel und dem Cathay- Hotel, durch die allein mindestens 60 Personen getötet wurden, wurden fämtliche Fensterscheiben der beiden Hotels
quartier befeht hätten, das in einer japanischen mindeſt dürften als Vergeltungsmaßnahme die werden, alle Symptome aufzuzeigen, aus denen Spinnerei östlich der internationalen Konzeffion wichtigsten chinesischen ſtrategiſchen Punkte und der Gegensatz Reichswehr - Shitem eder Reichs= untergebracht ist, find bis jetzt nicht bestätigt wor- die Flugbafen der chinesischen Zentralarmee bom- wehr- Hitler zu erkennen sein soll. Glaubt man den. Diefelbe Preffeagentur teilt weiters mit, bardiert werden. diesen Leuten, so wäre die Reichswehr vom Nazisdaß die chinesischen Abteilungen das Schanghaier Japanischen Schäßungen zufolge kostet der mus betrogen, enttäuscht, angewidert, so suchten Viertel Pat fed fav, drei Kilometer Feldzug die Japaner schon icht eine Million die Generale nichts als einen Nachfolger und die nördlich des Nordbahnhofes, zurückerobert haben. Pfund( 140 Millionen Kč) täglich.
unb her brachtvollen Läben Schangbai ger Dänischer Dampfer von
fchlagen. Der. Oberbau des Palace- Hotels stürzte cin. Die Straße vor dem Hotel war voller Leichen und stöhnender Verwunde.
erste Gelegenheit, Hitler und sein System zu stürzen.
Heiden schäßt den Faktor Reichswehr ( worunter man auch heute noch im neuen Heer" vor. allem die Generalität und die Stabsoffiverstehen
nationalistischen Flugzeugen versenkt ere behen muk) burchaus ernit ein. Auch
nach Heiden wir es in Deutschland mit einem Dualismus zu tun, einer Herrschaft, ter. Glassplitter zerstörter Autos; umgefallene Barcelona . Zwei Fischerboote aus Jungmaat, ein 20jähriger Desterreicher, ist von die zwischen Partei und. Reichswehr geteilt ist.: Ritschas und die herabgeriffenen Drähte der Billa nuova y Geltrum haben am Freitag zwei Granatsplittern ernstlich verleht und ins Hospi- Aber Heiden zeigt sehr anschaulich, daß Hitler , elektrischen Straßenbahn boten ein Bild der Zer- Nettungsboote des dänischen Dampfers Edith" tal gebracht worden. der einstige Agent der Reichswehr , keineswegs ſtörung. angetroffen, in denen sich 20 Mann der Be- Das dänische Außenministerium hat eine schlechthin auf der andern Seite" bei der Partei Untersuchung der Angelegenheit eingeleitet. fieht, sondern daß er feit eher als der Mann der Dänischerseits wünscht man, wie Außenminister Reichswehr auch im Kampf gegen die Partei an Munch Breffevertretern erklärte, fich genau gesehen werden muß. Die Reichswehr hat in den um ben Wortlaut einer Note an das Nichtein- Ter hat die Reichswehr von diesem Feind befreit. mischungskomitee darnach zu formulieren.
New Jenseits des Fluffes Bambu fteigen bichte fagung fowie ein franzöfifmer Se.
von japanischen Granaten bachter befanden. Die Fischerboote nahmen getroffenen Deltanks auf. In mehreren von der die Schiffbrüchigen auf. Diese berichteten, daß zur Unkenntlichkeit entstellten n Leichen der In- nachmittags ein Flugzeug über dem Dampfer erfaffen. Nach dem nachmittägigen Bombardement schien. Bald erschienen drei weitere Flugzeuge, an der Grenze zwischen der franzöfifchen und der die ungefähr fünfundzwanzig Bomben auf das internationalen Niederlassung reichten brei Schiff abwarfen. Einige trafen das Schiff, wor- Eine amtliche Mitteilung des FrancoStunden Aufräumungsarbeiten nicht aus, um den Blak, der, wie der Korrespondent des DNB be- auf die Befatung das Schiff verließt, da die Ge- Hauptquartiers bezeichnet den dänischen Dampfer zu groß war. Ein Matrofe wurde verlekt. als" Smuggleriiff". Die Francorichtet, ohne Uebertreibung in Blut! Die aus 20 Mann- teils Dänen, teils Aus- Flugzeuge hätten dem Dampfer befohlen, Murs fchwa mm, wieber paffierbar zu machen. ländern- bestehende Besatzung des Dampfers auf Palma di Mallorca zu nehmen, und ihn mit befindet sich derzeit in Barcelona unter dem Bomben belegt, als er plößlich die Richtung, Schutz des dänischen Generalfonfulats. Ein ändern und Kurs auf Barcelona nehmen wollte.
Die Polizei des franzöfifchen Vier tels meldet, daß bei einer Bomben
fahr
Sitler hat sich der Reichswehr in wesentlichen Fragen bisher stets gefügt. Heiden belegt auch mit verschiedenen kleinen Symptomen, wie sehr Hitler sich als der noch immer gehorsame Diener der Reichswehr fühlt. Die Liquidierung der Partei schreitet fort. Die Reichswehr hat heute im Grunde nur noch mit den SS zu rechnen. Da die SS aber eine Polizeitruppe gegen den inneren Feind sind und nicht darauf aspirieren, die Armee
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