Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik
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Redaktion und Verwaltung: Prag XII., Fochova 62 Telephon 53077
17. Jahrgang.
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Freitag, 20. August 1937
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Abberufung des Gesandten aus Prag Angeblich verweigerte Waffenlieferung als Vorwand Was und wer steckt hinter der Lissaboner Geste? Prag . P.-B.) Die portugiesische Regierung verhandelto in der letzten Zeit mit einer tschechoslowakischen Rüstungsfirma über eine Waffenlieferung und wandte sich in dieser Angelegenheit auch an das Ministerium für Aus
Obwohl der politische Himmel in diefen Tagen nicht heiter genannt werden kann, ist man versucht, die unfrendliche Gefte der Liffaboner Regierung gegen die Tschechoslowakei einen Blizz aus heiterem Himmel zu nennen. Bis Donnerstag mittags haben wohl nur ganz wenige Leute bei uns und im übrigen Europa gewußt oder geahnt, daß ausgerechnet zwischen der Tschechoflowakei und Portugal ein diplomatischer Konflikt ausbrechen würde, und daß er gleich die
Aus dem Inhalt:
Der ,, Times"-Korrespondent doch ausgewiesen
Die Mutter als Giftmischerin
Verhaftung eines
SdP- Bezirksleiters
Arbeitsantritt der
Nr. 195
Das Wesen der Konjunktur in der Tschechoslowakei
Der Anteil der deutschen Gebiete am Aufstieg der Wirtschaft
Für die Schaffung einer Exportbank Die Entwicklung der heimischen Wirtschaft in den letzten Wochen bestätigt, daß der Aufstieg der Konjunktur anhält, wenn er auch nicht alle Branchen und alle Gebiete gleichmäßig erfaßt hat.
wärtige Angelegenheiten, um die Zustimmung schroffe Form der Abberufung des Gesandten annehmen würde. Mittwoch hat fich der portugic- Der Aufschwung unserer Wirtſchaft gegen
der tschechoslowakischen Regierung zu dieser Lieferung zu erhalten. Nachdem sich ergeben hat, daß die Firma mit Rücksicht auf früher eingegan= gene Verbindlichkeiten gegenüber der tschechoslowakischen Wehrmacht nicht imstande ist, den verlangten Typ in den verlangten Fristen zu liefern, wurde der portugiesischen Regierung die Lieferung eines anderen, in der tschechoslowa= tischen Armee verwendeten Typs angeboten und dies, obwohl die portugiesische Regierung in zwischen mit Verordnung vom 1. August tschechoflowakische Firmen vom Lieferungs- Wettbewerb ausgeschlossen hatte. Die portugiesische Regierung beschloß auch nach dem neuen tschechoslowatischen Angebot, auf dem geforderten Typ zu beharren, erblickte in dem Angebot eines anderen Typs die Ablehnung der Bestellung und berief am 18. Auguft ihren Gesandten aus Prag ab. Wir fonstatieren, daß zwischen der Tschechoslo wakei und Portugal politischen
ober biplomatiſchen& onfiitie beton ben haben und beſtehen, und es ist beshals in der Geschichte internationaler Beziehungen ein vereinzelter Fall, daß das Mißlingen von Ge schäftsverhandlungen zu einem formellen einfeitigen Abbruch diplomatischer Beziehungen führt. Die portugiesische Version
fische Gesandte mit seinem Personal nach Wien begeben, Donnerstag wurde das überraschende Faktum publik gemacht. Auch aus der Erklärung der portugiesischen Regierung ergibt sich kein triftiger Grund für die Aufregung der regierenden Herren von Lissabon . Denn selbst wenn die Tschechoslowakei eine Waffenlieferung mit der Begründung verweigert hätte, Portu gals Freundschaft zu Herrn Franco laffe die Gefahr einer Waffenschiebung nicht ausgeschlossen erscheinen, so hätte die tschechoslowakische Regierung nur ihre internationale Bertragspflicht als Mitglied des Londoner Nichteinmischungsausschusses in vorbildlich objektiver Weise erfüllt, fie hätte aber auch im wohlbegründeten eigenen Intereffe so handeln müssen, weil eine Waffenlieferung an Franco, die nicht ausgeschlossen war, wenn man Waffen an Por tugal lieferte, das ja die Kontrolle eigenmächtig aufgehoben hatte, von den Bundesgenossen der Tschechoslowakei im Westen und Osten übel vermerkt werden könnte.
Unsere amtlichen Stellen erklären aber, daß sich das Waffengeschäft gar nicht an einem diplomatischen Veto oder Vorbehalt, sondern an einer rein geschäftlichen Streitfrage zerschlagen habe. In diesem Fall ist es noch schwerer verständlich, warum Portugal feine Differenz mit einer tschechoslowakischen Firma, das Nichtzustandekommen eines Handelsgeschäfts, zum Anlaß eines diplomatischen Bruches nimmt, der um so mehr überrascht, als wir doch in einer Zeit leben, in der die Abberufung des Gesandten nicht die erste, sondern gemeinhin die letzte unfreundliche Handlung vor dem offenen Ausbruch eines Konfliktes darstellt, eine Handlung, die meist erst vollzogen wird, wenn die ersten Schlachten schon geschlagen find. Es ist anzunehmen, daß der Konflikt lurz und ohne Schwierigkeiten bereinigt wird, es sei
über dem Vorjahre ist vor allem auf drei Tatsachen zurückzuführen:
Zunächst auf die starke Beschäftigung der Rüstungsindustrie. Das geht klar hervor aus den Rekordziffern der Eisen- und Stahlerzeugung. Die Produktion von Roheisen hat im Juni 1936 rund 89.000, im Juni 1937 aber 136.000 Tonnen betragen. Noch stärker ist das Ansteigen der Rohstahlerzeugung, die sich im Verlaufe eines Jahres beinahe verdoppelt hat: sic betrug im Juni des Vorjahres 119.000, im Juni des heurigen Jahres aber 202.000 Ton nen. Die großen Rüstungsbetriebe beschäftigen gegenwärtig mehr Arbeiter als im letzten Jahre der Hochkonjunktur, so gibt die Poldihütte an, daß ihre Arbeiterzahl um 1200 größer ist als 1929. Die friegerischen Ereignisse in Ostasien werden den Rüstungsindustrien neuen Auftrieb geben man dente allein an die Lieferungen nach China einer Rekordbeschäftigung dieser Industrien
and hiple bas Hoer den Winter hinaus zu rechnen iſt.
bent, beß hinder bem efnisk bes#abinetto von Rifainn Art 3 C 920.11.05 UND si tax andere Müchte als Serr Oliveira Salasar und feine Miniſter: kollegen stecken!
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Es ist natürlich nicht ausgeschloffen, daß man in dem Affront Portugals gegen Prag einen Teil der großengelegten und auf Umwegen dem Ziel zustrebenden Politik des Nazismus zu sehen hat, daß Berlin Wert darauf legt, einen Beweis" für die Unverträglichkeit der„ bolschewisierten Tschechoslowakei" zu haben und eine Gelegenheit, sich tagtäglich zugunsten Portugals in unseren merkwürdigen Streit" ein& mischen. In diesem Falle nehmen. Man müßte in ihm dann einen Vorstoß Berlins und vielleicht Roms gegen die Westkönnte der vom Zaun gebrochene Konflikt allerdings einen ernsteren europäischen Charakter anmächte und ihre Sicherheitspolitik erblicken.
Merkt England, was los ist?
dritten Macht" gehandelt habe, obwohl die energische Zurückweifung dieser Unterstellung auch in Berlin eingetroffen ist.
Einen zweiten Anstoß hat die Wirtschaft heuer durch die Baubewegung erfahren. Die rege Bautätigkeit geht daraus hervor, daß in den ersten fünf Monaten des vorigen Jahres in 38 Städten des Landes 848, heuer aber 1052 Bewilligungen zu Neubauten erteilt wurden. Nach den Stationen Groß- Prags wurden vom 1. Jänner bis 30. April 1936 an 80.000 Ton= nen Baumaterial eingeführt, in derselben Zeit 1937 aber 129.000 Tonnen. Im Baugewerbe macht sich bereits ein Mangel an qualifizierten Arbeitern bemerkbar.
Lissabon.( Reuter.) Die portugiesische Regierung hat über den Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit der Tschechoslowakischen Republik einen amtlichen Bericht herausgegeben, in dem es heißt, der Zwischenfall sei entstanden, Berlin wärmt die alten Lügen als die tschechoslowakische Waffenfabrit es ablehnte, eine größere Bestellung von Maschinen- London . Der Abbruch der diplomatischen Be wieder auf Einen dritten Antrieb hat die tschechoslowagewehren der portugiesischen Regierung zu liefern zichungen Portugals mit der Tschechoslowakei mit der Begründung, daß der tschechoslowakische wegen nicht ausgeführter Waffenlieferungsaufwegs tendenziös gegen die Tschechoslowakei ge- jahr 1936 3.5 Milliarden, ein Jahr später aber Berlin . Die deutsche Presse bringt durch- fische Wirtschaft vom Außenhandel her erfahren. Unsere Ausfuhr hat im ersten HalbStandpunkt in der Nichtinterventionsfrage der träge wird von den englischen Abendblättern in einzige Grund dieser Ablehnung fei. Die beiden ſenſationeller Weise veröffentlicht. In White färbte Artikel über die Abreise des portugiesischen 5.5 Milliarden betragen, der Zuwachs beträgt Regierungen haben einige Noten ausgetauscht, in all wird zu diesem diplomatischen Konflikt er- Gesandten Carneiro, aus Prag . Die Blätter ste- zwei Milliarden oder 57 Prozent. Besonders start denen, wie der portugiesische. Bericht erklärt, die flärt, daß es sich um eine ausschließlich tschecho- hen offensichtlich, auf f Seite Portugals und ver- ist die Ausfuhr in die Länder gestiegen, in denen Tschechoslowakische Republik einen unrichtigen slowatisch- portugiesische Angelegenheit handelt, weisen mehr oder minder versteckt darauf, daß es keine Devisenbewirtschaftung gibt, nämlich Standpunkt einnahm und unter dem die die beiden Staaten allein angeht. Es iſt Prag „ unter dem Einfluß einer 71 Prozent, während der Zuwachs in die Drudeiner Macht handelte. Deshalb vielleicht nicht uninteressant, hinzuzufügen, daß Clearingstaaten 44 Prozent, nach Deutschland habe die portugiesische Regierung befchloffen, die die Tatsache der Verwendung des üblichen, gar nur 25 Prozent beträgt.( So fördert Hitler diplomatischen Beziehungen abzubrechen und habe hauptsächlich von Deutschland gedie sudetendeutsche Exportindustrie!) In einzelihren Gesandten sowie das Personal der portu- brauchten antitschechoslowakischen Propa nen Monaten ist unsere Fertigwarenausfuhr beigiefifchen Gesandtschaft in Prag beauftragt, die aand a materials bei dieser Gelegenheit in nahe doppelt so groß wie im Vorjahr. Freilich tschechoslowakische Hauptstadt zu verlassen. Der England nicht unbemertt geblieben ist. trifft die Steigerung nicht alle Exportindustrien portugiesische Gesandte Carneiro erfuchte In Paris noch keine Kommentare der Tschechoslovafei nimmt in den römischen der Textilinduſtrie. Die Ausfuhr von Baumwollin gleicher Weise. Verhältnismäßig gut geht es Brag, ben& De der Interessen der portugiesischen Staatsbürger in der Tschechoslo- Mittagsblätter und insbesondere der Abendpresse ist auf den Abbruch der Beziehungen Portugals zur Tschechoslowakei gerichtet. Die Blätter geben die von beiden Seiten veröffentlichten Berichte Das Wesen des Konfliktes wurde in der und Kommuniqués wieder und bringen in auftschechoslowakischen amtlichen Mitteilung wahr fallender Form den Prager Bericht, in dem die heitsgemäß bargelegt. Der Hinweis, daß auf deutschen Behauptungen ta t'egorisch de den tschechoslowakischen Standpunkt eine dritte mentiert werden, daß die betreffenden VerMacht Einfluß hatte, muß energifchhandlungen über die Waffe.lieferungen deshalb abgelehnt werden, da es bei den ganzen Ver- gescheitert sind, weil Prag befürchtete, daß im handlungen teinen Einfluß von drit Falle der Durchführung dieser Lieferungen das ter Seite gab, der gegenüber Portugal zur Abkommen über die spanische Nichteinmischung Geltung gebracht worden wäre. verlegt werden würde. Mit Ausnahme der Liberté" und des ,, Ce Soir" bringen die Blätter Skoda nicht beteiligt teine eigenen Kommentare.
den italienischen Gesandten in
wakei zu übernehmen..
Das Tschechoslowakische Presbüro hat an Tompetenten. Stellen hiezu folgendes festgestellt:
Paris . Die Aufmerksamkeit der Pariser Blättern einen breiten Raum ein. Giornale waren hat in den ersten fünf Monaten des Vord'Italia" widmet der Abreise des portugiesischen jahres 280 Millionen Kč betragen, Heuer 376 Gesandten in Prag einen ganzen Artikel und Millionen. In derselben Zeit ist die Ausfuhr von nimmt offensichtlich für Portugal Partei. Waren aus Flachs, Hanf und Jute von 90 auf Moskau : Absolut unsinnig 138 Millionen, jene von Wollwaren von 182 auf 247 Millionen gestiegen. Auch die Glasausfuhr Paris . Der Moskauer Havas- Korrefpon- bietet im ersten Halbjahr des heurigen Jahres dent registriert eine aus Moskauer politischen mit 366 Millionen gegen 248 Millionen im VorKreifen stammende Information, derzufolge die jahre ein günstigeres Bild. Dagegen vollzieht Behauptung absolut un sinnig sei, daß die sich die Wiedereroberung des Weltmarktes für fchechoslowakei den Waffenverkauf an Portugal unser Porzellan langsamer: wir haben von Sänauf Anregung der Sowjetunion ner bis Mai 1936 für 34 Millionen, in der gleiabgelehnt habe. Im übrigen habe der Abbruch chen Zeit 1937 für 41 Millionen, also nur wenig der diplomatischen Beziehungen zwischen der mehr ausgeführt. Tschechoslowakei und Portugal in Moskau völlige Ueberraschung hervorgerufen.
Die Generaldirektion der Škodawerke stellt den Blättern folgende Mitteilung zur Verfügung: 50 Kilometer vor Santander gegen Norden vor. Es wird angenommen, daß In den Blättermeldungen über den Abbruch der diplomatischen Beziehungen Portugals mit Santander. Der Havas- Korrespon- dolider Straße und der Höhe von Escuda von Die Aufständischen Santander westlich der Vallader Tschechoslowakei heißt es, daß dieser Abbruch bent meldet: Die Spikenabteilungen der Franco- Asturien abschneiden wollen. Die Kolonne von die Folge davon ſei, daß die Stobawerke Waffen- Armee gingen entlang der Straße von Valencia Burgos ist bestrebt, sich mit der Kolonne von lieferungen für die Liffaboner Regierung nicht nach Santander vor. Donnerstag früh erreichten Bilbao zu vereinigen. erledigten. Die Słodawerte erklären bemgegen- bie ersten Abteilungen das Dorf Mol lebo, bas über, daß fie mit der portugiesischen Regierung vier Kilometer von Tolevareca, 51 Rilometer Die französischen Lintsblätter melden, daß niemalsüberWaffen Lieferun- wo von Santander entfernt liegt. Die Francotrup- in der Bahl von 100.000 Soldaten auch ita gen verhandelten und daß also diefe In- pen find in den letzten vier Tagen um 40 Kilo- lienische Einheiten eingeschloffen find formation, insoweit es sich um die Stobawerfe meter vorgerüdt. handelt, unrichtig ist und jeder Grundlage ent behrt.
und daß dieses Korps mit dem modernsten, in Deutschland und Italien hergestellten Flugzeug und Artilleriematerial ausgestattet ist.
Diese Betrachtung führt uns schon zu der für uns bedeutsamen Frage der Entwicklung der Verhältnisse im sudetendeutschen Gebiet, zu der Frage, ob sich die Wiedergesun dung unserer Wirtschaft dort so rasch vollzieht wie anderwärts.
Die Anzahl der Arbeitslosen in der Republik
ist beträchtlich zurückgegangen, auch im sudeten deutschen
Industriegebiet. Das ist zweifellos. Es wurden am 31. Juli 1936 508.081 Arbeitslose gezählt, am 31. Juli 1937 aber nur 248.199, der Rückgang beträgt 259.882 oder 51 Prozent. So meldet uns die amtliche Statistik. Auf Grund der Angaben des Deutschen Hauptverbandes der Industrie" haben wir nun zusammengezählt, daß in den Bezirken der historischen Länder, in