Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh/ Einzelpreis 70 Heller

Redaktion und Verwaltung: Prag XII., Fochova 62 Telephon 53077

17. Jahrgang

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Herausgeber: Siegfried Taub

Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag

Sonntag, 22. August 1937

Scharfe Auseinandersetzungen

in der tschechischen Presse

Schwere Anschuldigungen der katholischen und sozialistischen Tageszeitungen gegen die agrarische, nationaldemokratische

und Stříbrný- Presse

Der Konflikt mit Portugal hat zu einem neuerlichen Aufleben der Polemiken zwischen den Zeitungen des rechten und linken Flügels der Re­gierungstoalition geführt, die diesmal von außer ordentlicher Heftigkeit sind, wobei insbesondere hervorgehoben werden muß, daß vor allem das Blatt der Volkspartei, die Lidové Listy", mit ungewöhnlichem Ernst auf die unpatriotische Schreibweise der Rechtsblätter hinweist und mit ungewöhnlichem Ernst diese Art Presse zur Ord­nung ruft. Wir geben nachstehend einige Presse­stimmen wieder:

,, Lidové Listy": ,, In einer Front

mit den Feinden des Staates"

Es gibt noch tschechoslowakische Zeitungen, welche im Zweifel sind, wem sie glauben sollen: Db der eigenen oder der fremden Regierung! Das aus wärtige Amt, welches mit Portugal verhandelt, ist die dazu zweifellos berufene Autorität. Auf dieses hat das Parlament, also auch das tschechoslowakische Bolt die Vollmacht übertragen, so zu handeln, wie es dies als richtig erkennt. Wir müssen das Ver­trauten haben, daß dieſes hohe Amt ſich ſeine Pflicht zur Verantwortung vor Augen hält und daß es nicht einen Augenblick an das staatliche Intereffe vergißt! Wenn wir ein solches Vertrauen zu den höchsten Aemtern nicht hätten, würden wir in einem Augen­blid unseren ganzen Verwaltungsapparat zerstören und würden zur Anarchie gelangen.

auf Grundlage lügenhafter Informationen vorge bracht, welche an etwas grenzen, was wir Hochver­cat nennen fönnten oder wenigstens wissentlicher Dienst für alle Feinde der demokratischen Tschecho slowakei."

,, České Slovo":

,, Sittliche Verkommenheit oder grenzenlose Dummheit?" Kaum ist der Konflikt ausgebrochen und kaum licßen sich noch seine Ursachen beurteilen, schon waren drei Blätter da, welche ohne Ueberlegung sich an die Seite des Feindes stellten und der eigenen Regie­rung, dem eigenen Staat und der eigenen Armee in den Rücken schossen... Die ganze Welt aner­

kennt unser Vorgehen und verurteilt die durchsich tige Absicht jener, welche uns unter einem noch lächer licheren Vorwand angefallen haben, als es die russi­schen Flugplätze in der Tschechoslowakei gewesen sind. Die ganze Welt ist einig in der Auffassung, daß man gegen uns ein Trommelfeuer von Drohungen, üblen Nachreden, Quertreibereien und Angriffen unternimmt, welche irgendeinen entscheidenden Schlag vorbereiten sollen, damit wir unsere Verbündeten verlassen und in gutem oder böſem uns auf Guade und Ungnade jenen ausliefern, denen auf der Mappe Europas unsere Selbständigkeit ein Dorn im Auge ist. Aber die Kampagne hat ihre Verbündeten in

... Nach dem Blatt der stärksten Regierungs- Das Echo der Mussolinirede

partei, welche den Ministerpräsidenten und drei Mini­fter hat, ist der Schuldige selbstverständlich die Tsche=

choslowakei, niemand anderer! Recht hat danach Portugal und sein deutscher Verbündeter, welcher sicherlich sofort die Zeilen des Venkov" fett nach­drucken wird, damit er aufs neue die beendete Kam­

pagne belebe,

... Stehet doch Ihr, welche Ihr Euch so stola ( und wie Ihr fehet völlig mit Unrecht) ständig der Bezeichnung einer patriotischen Bresse rühmt und welme. The bie sozialiſtiſche Breffe verbächtigt, als müßte fie zu Guth Batriotismus lernen gehen, in einer Front mit den Feinden des Staates, mit der deutschen Propa. ganda gegen uns! Ihr habet es auch sonst ge Angelegenheit! geht es

Paris . Die Agentur Havas veröffentlicht einen Kommentar zu der Rede Mussolinis, in welchem es heißt:

der Tschechoslowakei . Sei die Ursache davon wüten­

Aus dem Inhalt:

X. Y. über unser Verhältnis zu Rußland

Krach in der völkischen

Turnerschaft

Reichsdeutsche Grenzbehör­den gegen tschechoslowa­kische Touristen

Nr. 197

der Saß gegen Berſonen, Freude über das Böje, fit Ein erfolgreicher Kampf

liche Verkommenheit oder grenzenlose Dummheit, ist gleich. Der Feind ist im Hause. Welchen Mut und welche nationale Disziplin würden diese Leute befun­den und was hätten wir von ihnen in dem Augen­blick zu erwarten, wenn es wirklich ums Ganze ginge? Wenn wir so politisch und moralisch vorbe­reitet sind, wie würde es dann ausschauen? In den Ländern der Diktaturen, welche diesen Leu­ten so imponieren, würde man sie auf die Liparischen Inseln befördern oder an die Wand stellen. Der demokratische Staat darf nicht erlauben, daß seine Freiheit von heimischen Schädlingen mißbraucht wird. Da hören schon die Spielereien auf, welche wir uns erlauben konnten, da noch keine Gefahr drohte." ,, Národní Osvobození":

Sittlicher Hochverrat

London wird informiert

Vom 3. bis 18. August hat in Groß- Prag ein Streit stattgefunden, der in der Deffentlichkeit einen starten Widerhall wachgerufen hat und zum Gegenstand von Erörterungen auch solcher grundsätzlicher Natur in der bürgerlichen und sozialistischen Presse geworden ist. Es ist deshalb nüßlich, im gegenwärtigen Augenblick, da für ein weiteres Andauern der Konjunktur und damit auch von Lohnfämpfen die Voraussetzungen gegeben sind, einige abschließende Worte zu diesem Kampf der Arbeiter im Baugewerbe zu sagen.

Der Streit der Prager Bauarbeiter ist schon deshalb über die Bedeutung einer lokalen Aktion hinausgewachsen, weil es sich um 20.000 Arbei ter gehandelt hat, die die Arbeit niedergelegt haben und weil dieser Streit für die Oeffentlich­feit sichtbarer geworden ist, als wenn er sich im ge= Mit Entschen muß man sich fragen, wie verschlossenen Betrieb abgespielt hätte. Jeder Prager , antwortliche Politiker in den Redaktionen der Blät der an einem Neubau vorübergegangen ist, hat die ter ihrer Partei Sitten dulden können, welche gemäß dem Geses an Hochverrat grenzen und welche in der leerstehenden Baustellen gesehen und so hat die Tat Hochberrat nach den Geschen der Sittlichkeit Anschauung selbst einen gewissen Zwang auf die breite Oeffentlichkeit ausgeübt, zu dem Streik sind." Stellung zu nehmen. Tatsächlich hat die Oef= fentlichkeit eine überwiegend sym pathisierende Stellung eingenommen, eine Reihe von Baumeistern selbst hat den For­derungen der Arbeiter Verständnis entgegen= gebracht. Schon bei früheren Lohnfämpfen hat sich gezeigt, daß die Stellungnahme der öffent lichen Meinung für den Ausgang eines Streifs nicht ohne Bedeutung ist. Die Gewerkschaften er­fennen das auch wir erinnern daran, wie seis nerzeit die Union der Teytilarbeiter" anläßlich eines Streits in Nordböhmen die Gemeindevertre­tungen der vom Streit betroffenen Orte mobilis siert hat und wie es gelungen ist, die Kaufleute und Gewerbetreibenden davon zu überzeugen, daß angemessene Löhne für die Arbeiter auch im In­teresse der kleinen selbständigen Existenzen gelegen sind. Auch im Prager Falle hat die Sympathie der Oeffentlichkeit ihren Teil zu dem guten Aus­gang des Streits beigetragen.

Der tschechoslowakische Geschäfts­träger bei Vansittard

London. Der tschechoslowatische Geschäfts­träger Dr. Černý wurde Samstag im Foreign Office vom ständigen Unterstaatssekretär für Aus­wärtige Angelegenheiten Vansittard emp­fangen. Zweck seiner Vorsprache war die Infor­nigung der britischen Regierung in der Richtung, daß teine auswärtige Macht die Haltung der tschechoslowakischen Regierung Portugal gegenüber beeinflußt habe..

perben, ſagt das Blatt. Rom muß begreifen, daß, wenn Italien nicht wünscht, daß sich Sowjetruß nicht zulassen würden, daß sich dort unter dem land im Mittelmeer festseßt, die übrigen Staaten Deckmantel der Solidarität der Tat" Hitler Deutschland festsetze, das dort keine Lebens­interessen hat.

Mussolinis erzielte, wurde durch die Erklärung Die Wirkung, welche der Friedensappell London . Zu der Rede Mussolinis ist in Lon­abgeschwächt, die voranging und derzufolge ge- don vorerst keine offizielle Stellungnahme zu er wiffe Regime im Mittelmeer nicht gebulbet" warten. Die Aufnahme, welche diese Rede in der werden dürfen. Die franzöfifche Regierung britischen Preffe findet, ist nicht ungünstig. Es achtet ebenso wie die britische Regierung die wird die Bereitwilligkeit ausgesprochen, die po Souveränität der Bölter und fitiven Elemente in dieser Rede zu beachten. sorgt dafür, daß sie nicht in ideologische Kämpfe verwickelt wet be. Sie hat es auch stets abgelehnt, irgendein politisches

System auszufchließen, welches System es auch

immer fein mochte.

Der Erfolg ist um so höher einzuschäzen, als die Führung dieses Ausstandes nicht so leicht war, da ein großer Teil der Arbeiter unorganis siert und der übrige Teil in einer Reihe von Gewerkschaftsverbänden zersplittert war. Trotzdem ist es gelun gen, während des ganzen Kampfes die Disziplin der Arbeiter, auch der unorganisierten, aufrecht zu erhalten und die beteiligten Verbände find, ſo­fern es wirkliche Arbeiterverbände waren, solida risch vorgegangen. Jene Scheingewert Lenin- Orden für Henkersdienste ich aften, welche unternehmerfreundlich gesinnt Sowjetunion hat dem Vorsitzenden des Militär- demokratischen Verbände, sind von allen Verhand Mostau. Das Zentralexekutivkomitee der vertreten haben, wie die agrarischen und national­waren, die also nicht das Interesse der Arbeiter tan, aber diesmal geht es tatsächlich um eine ernfte Ihr Euch wenigstens vor. follegiums des Obersten Gerichtshofes der lungen ausgeschlossen worden und diese stellen, was aus dieser Sache hervorgehen könnte, Der Grundsak Mussolinis, daß er im Mit Sowjetunion Ulrich, semen Stellvertretern Stellungnahme konnte den ganzen Streit durchge­wenn sich derselbe Konflikt zwischen uns und irgend telmeer den Bolschewismus nicht dulden werde, Matulewitsch und Nikitschenko halten werden. Dabei erwies sich der stärkste Ver­einem Nachbarstaate abspielte! Stündet Ihr da auch an welche Vorausseßung Mussolini seinen Frie- sowie dem Mitglied des Militärfollegiums band, der Zentralverband der Bauarbeiter, welcher auf dem Standpunkt des Feindes? Und was, wenn densappell knüpfte, scheint dem Te mp3" eine| Rysch to wv für erfolgreiche Arbeit auf dem Ge- der tschechoslowakischen Gewerkschaftsvereinigung wir, wovor uns Gott bewahren möge, gezwungen unvollständige Doktrin, die sich die Verhältnisse biete der Festigung revolutionärer Geseßlichkeit und dem Deutschen Gewerkschaftsbund angehört, sein würden, zu den Waffen zu greifen? Dann sehr vereinfacht. Das Mittelmeer darf weder eine und des Schußes der Staatsinteressen den Lenin­werdet Ihr auch so handeln, wie in diesem Falle? Domäne des Bolschewismus noch des Faschismus Orden verliehen. Dann möge uns allerdings Gott helfen! Wenn Ihr Euch schon unbedingt an unserer Außenpolitik reiben wollt, dann tuet es ein andermal und auf andere Weife! Verbindet. daß nicht mit hinterhältigen An­griffen gegen die Republik , für die Ihr in dem von Eum sellebten Staaten, Italien und Deutschland , Ein Wort wäre noch über die Arbeits eine Strafe befämet, wie sie in diesen Ländern üblich geber zu sagen. Der Ausgang des Kampfes ift. Wist Ihr, wie diefe ausfallen würden? Selt ist vor allem eine Niederlage für den Zentralver­Diese förmliche Blockade der türkischen band der tschechoslowakischen Industriellen, der sich ben Zeiten Havličeks haben wir um die Pressefrei Atatürk und fämtliche Mitglieder der türkischen Gewäffer bereitet der Ankara - Regierung ernste diese Schlappe wohl verdient hat. Er hat ein heit gekämpft! Das haben wir freilich nicht erwar- Regierung sowie auch der Chef des Generalstabes Sorge und stellt sie vor die Notwendigkeit, ent- Rundschreiben verschickt, in welchem er die Arbeit­tet, bak biefe ein so trauriges Ergebnis für die höchfind unerwartet von den Manövern aus Thra- sprechende Maßnahmen zu ergreifen, um ihre geber aufgefordert hat, höchstens eine einmalige ften Interessen bes befreiten Baterlandes haben cien nach Istanbul zurückgekehrt. Freitag abends Souveränität in ihren Gewässern zu schüßen und Teuerungsaushilfe, aber nicht dauernde Lohnzu­wird! Steigt doch schon in jedem anständigen tsche- fand eine wichtige Sihung das Kabinettes statt, die Freiheit der Durchfahrt durch die Meerengen Tagen zu gewähren. Das war ein fein ausgeflü chischen Menschen das Grauen ob Eures Treibens die sich, wie man annimmt, mit der durch die zu sichern. Damit ist auch die überraschende Rück- gelter Plan: In der Krise haben die Unternehmer wiederholten Angriffe unbekannter Unterseeboote funft des Staatspräsidenten und aller Regie- die Löhne abgebaut, aber in der Konjunktur sollen in den Dardanellen geschaffenen Situation be- rungsmitglieder sowie des Chefs der Marine und die Löhne nicht wieder erhöht, sondern es soll nur fchäftigt hat. des Generalstabs nach Istambul zu erklären.

auf!"

,, Právo Lidu":. Diktatoren lleber

als der elgene Staat Der portugiesische Vorfall zeigt, daß die Pa­trioten, welche sich das Recht anmaßen, namens des Waterlandes aufzutreten, in einer Sache gleich sind:

Türkei gegen die U- Bootseuche

Dringende Kabinettssitzung in Istanbul Istanbul. ( Neuter.) Präsident Kemal|

Die Torpedierung der zwei spanischen Re­gierungsschiffe erfolgte, wie die Untersuchung sei­tens der türkischen Seebehörden einwandfrei er­geben hat, bereits in den türkischenter­

Franco droht offen mit den Kaperkrieg?

als der führende, der dem ganzen Kampf Ziel und Richtung gegeben hat. Diese Solidarität der Dr ganisierten mit den Unorganisierten und aller Vers bände, die wirklich Arbeiterinteressen vertreten, untereinander, hat wesentlich zu dem errungenen Erfolg beigetragen.

eine einmalige Teuerungsaushilfe gewährt wer den, damit die niedrigen Krisenlöhne auch in der Konjunktur erhalten bleiben. Die Deffentlichkeit hat jedoch den gerechten Standpunkt der Arbeiter, die einen Anteil an der Baukonjunktur verlangen, London . An amtlichen britischen Stellen anterfannt- ein Teil der Baumeister war über

Gie werben gegen den eigenen Staat mit jebem ritorialen Gewäffern. Gleichzeitig kann keine Bestätigung der Meibung erhalten den Industriellenverband geradezu empört- unb gehen, auch wenn sie die höchsten Staatsinteressen wurde auch die Anwesenheit eines Unterfeebootes werden, welche im Auslande verbreitet wurde und so ist aus dem schlauen Plan der Unternehmer bebrohen, wenn ihnen nur jemand verspricht, er unbekannter Flagge nach erfolgter Torpedierung die befagt haben soll, daß General Franco nach nichts geworden. werde ihnen helfen, alles Demokratische und Fort- im Marmara. Weer festgestellt, das London eine Note fandte, in der er brohte, auf Nicht unvergessen soll bei einer Besprechung schrittliche zu beseitigen. Die großen und Kleinen dem Bersuch seiner Identifizierung durch ein tür - offenem Meere jedes Schiff, das Waffen des Ausgangs des Streits bleiben, daß das Wi­Diktatoren sind ihnen lieber als der eigene Staat. entzog. fenten.

Und ihre Sympathien werden in einer Form und es Kriegsschiff durch sofortiges Tauchen sich für die spanische Regierung an Bord habe, zu vernisterium für soziale Fürsorge seine

Hohe Aufgabe, bei sozialen Kämpfen vermittelnd