Sozialdemokrat
Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Ginzelpreis 70 eller Redaktion und Verwaltung: Prag XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag Sonntag, 29. August 1937
17. Jahrgang
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Japanische Fliegerbomben
gegen wehrlose Flüchtlinge
Hunderte Todesopfer auf dem Schanghaier Südbahnhof
Shanghai . Japanische Flieger bom -| Shanghai . Die chinesischen Truppen
bardierten am Samstag Nachmittag die Vorstadt zichen fich langsam in befestigte Stellungen zu
Aus dem Inhalt:
Die SdP wird nervös Dr. Czech zu Besuch
in Kinderheimen
Von der Auslandsreise
unserer Falken
Gegen das Trinkgeld im Gastgewerbe
Nr. 203
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Rangtav am linken Ufer des Wufung- Fluf- rück, die mindestens eine Meile von Schanghai Ein neuer Zwischenfall auf die internationale Deffentlichkeit, die ſich ja,
fes. Dabei wurden nach der Schätzung des Reuter Korrespondenten mindestens 300 bis 600 Perfonen getötet. Vier Bomben gingen direkt auf dem Südbahnhof nieder. Der Bahnhof war gerabe von über 600 Flüchtlingen überfüllt, welche auf den Bug warteten, der sie abtransportieren follte. Dieser Zug konnte aber aus Schanghai nicht eintreffen, weil japanische Bomber die Eisenbahn brücke zertrümmert hatten. Die japanischen Flug zeuge flogen fehr niedrig und setzten, da sich in der Umgebung keine Flugabwehrgeschütze befan ben, ungewöhnlich präzise mit dem Angriff ein. Sie warfen fieben Bomben ab, von denen zwei birekt auf den Bahnsteig inmitten der dichten Neihen der Flüchtlinge niederfielen. Die Wirkung war furchtbar. Der Reuterberichterstatter meldet, daß ihn das Bild, welches sich seinen Blicken darbot, an den blutigen Samstag vor 14 Tagen erinnerte. Die Mehrzahl der Opfer find Frauen und Kinder.
Der Bevölkerung von Nangtao bemächtigte fich eine Bauit und große Waffen flüchteten in die franzöfifche Niederlaffung, ng, in die fie jeboch ni i dt
eingelaffen werden.
Der japanische Sprecher erklärte, Nangtao werbe wieder in feiner ganzen Ausdehnung bombarbiert werden, falls die chinesischen Truppen transporte aus dem Südbahnhof nicht aufhören. Auch Putung und Tschapei wurden im Laufe bes Tages durch japanische Flieger bombardiert, die mit 20 Bombenflugzeugen ankamen und auf henahe keinen Widerstand von seiten der chinesifchen Flugwaffe stießen.
entfernt find. Dadurch verringert sich die Gefahr für die ausländischen Konzessionen. Der ReuterKorrespondent meldet, daß diese Bewegung der chinesischen Truppen von den ausländischen Truppen als tattifch richtig bezeichnet wird, weil die Chinesen aus den neuen Positionen die japanische Kriegsflotte wirksam beschießen können. Lotlen besetzt
Japanische Abteilungen, welche am 23. August am Ufer des Vangtse ausgebootet worden waren, haben Samstag mittags die 25 Kilometer nördlich von Schanghai gelegene Ortschaft Lotien besetzt.
Einkreisung der Chinesen
Seit einem runden Jahr gibt es den Nichtinterventionsausschuß. Seit mindestens dreiviertel Jahren fämpfen Truppen, reguläre Truppen zweier, in dem famosen Ausschuß vertretenen Staaten auf spanischem Boden für die Sache der rebellierenden Generale. Was Deutschland be trifft, so hat es die Beteiligung an der spanischen Intervention bisher stets nur halb und ein wenig verschämt zugegeben. Gewiß nicht aus Rücksicht wie man nun sieht, einfach alles bieten läßt, sondern eher aus Rücksicht auf das deutsche Volk, bei dem die spanische Intervention nicht viel Anklang gefunden hat. Selbst nazistische Hirne sind nicht Die Londoner Abendzeitungen verröffent- ganz so verklebt, daß sie nicht merkten, für wes lichen in großer Aufmachung eine Meldung, wo- fen Interessen deutsche Soldaten in Spanien ſternach das britische Schiff ,, Shenking" auf ben. Dagegen hat Stalien, für das ja im spadem Wangpu- Fluffe unweit von Wufung von den nischen Krieg unmittelbarer Gewinn zu holen ist, Japanern angehalten worden ist. Der Oberkom- seine Beteiligung an der Affäre des Generals mandierende der britischen Seestreitkräfte in Franco wiederholt offen zugegeben. So deutlich, China , Sir Charles Little, habe fofort bei den mit einer so zynischen Offenheit wie nach der Einnahme von Santander ist es aber bisher nie japanischen Behörden Protest eingelegt. geschehen.
Britischer Dampfer von Japanern angehalten
Bekanntlich hat Japan feierlich erklärt, daß die über die chinesische Küste verhängte Blockade sich nur auf chinesische Schiffe bezicht.
wärtige
Der Welt geht es mit einer gewissen Sorte von Politikern wie einer Gesellschaft prüder Puritaner mit einem Enfant terrible, das sich darin gefällt, nicht nur unappetitliche Streiche auszuführen, sondern sich dieser Streiche auch noch laut und mit unziemlichen Worten zu rüh
bieje delikate Gegenwehr?"
reit
bei Nankau miẞlungen Tientsin. Der japanische Generalstab men. Die feinen Damen und Herren rümpfen die meldet, die japanische Kwantungarmee und ein Dereft und Nase, sehen und hören aber über alles hinweg und Teil der japanischen Kräfte am linken Flügel der stellen sich, als hätten sie die Obszönitäten nicht Front vei Nankan hätten Offupation bon ungezogene Stalgan and Sailai Sereits Freitag vormittage Manting Es schreit noch laute abgefchloffen. Bisher konnte jedoch keine feste Ver- einzige Weg, den die Japaner geheit könnten, und es wird immer unflätiger. bindung dieser beiden Kampfeinheiten erzielt wäre ber, China so zu ertrüm= Auch der italienische Ministerpräsident werden, so daß zwischen ihnen eine Lücke blieb, mern, daß es nie mehr den Mut hätte, auf der Welt, je höflicher sie zu seinen lauten Bedurch welche es den Truppen der 89. chinesischen einen Kampf einzugehen. tenntnissen schweigt, desto deutlicher und brutaler Division gelang, sich aus ihren Stellungen nord- Informierte Kreise erklären, der Krieg werde in die Ohren, daß er auf die Nichtintervention östlich von Kalgan in füdöstlicher Richtung zumindestens bis zum Frühjahr, möglicherweise aber hustet, daß ihm an dem Schein, er sei neutral, rückzuziehen. Wenn" den Chinesen dieser Rück- auch länger dauern, obwohl der japanische Ge- nicht das geringste liegt, daß er wirklich und zug nicht gelungen wäre, wären sie von den chine- nerastab entschloffen sei, sich aller Mittel zu be- wahrhaftig interveniert und den größten Wert fifchen Truppen und der Verbindung mit denfel- bienen, um einen raschen Sieg au erzielen. Der darauf legt, diese Tatsache publit zu machen. ben in Tschahar abgeschnitten gewefen. Reuter- Korrespondent meint jedoch, daß dic. Ex- Nach dem letzten britischen Vorschlag zur Abpeditionsarmee verdoppelt oder verdreifacht wer- berufung der Freiwilligen" haben die Italiener den müßte, wenn es zu einem schnellen Ende der und die Deutschen sich mit entrüsteten Worten Kämpfe durch eine völlige Vernichtung der chine- gegen Rußland gewandt, dessen„ Unnachgiebigſiſchen Armee kommen follte, und dies würde be- feit" jedes Kompromiß verhindere. Wenige Wvdeuten, daß Japan dazu ein Drittel seiner gefam- chen später bekennt sich der italienische Miniſterten Wehrmacht verwenden müßte, was allerdings präsident vor aller Welt zu der italienischen Teilunwahrscheinlich sei. nahme an dem spanischen Krieg. Und damit ja niemand glaube, daß Mussolini den Schein wahren wolle, es handle sich bei den 40.000 bis 60.000 Wann, die er in Spanien stehen hat, um Freiwillige", hat er ausdrücklich die Genea Ie, Kolonnentommandanten und Offiziere" in seinen Glückwunsch eingeschlossen. Daß italienische Generale als" Freiwillige" in Spanien fämpfen, wird ſelbſt Mr. Neville Chamberlain nicht ohne italienischen Truppen in Spanien depeſchieren
Verzögerung der britischen Demarche
Chamberlain beim König auf Schloß Balmoral
London. Samstag vormittags wurde be-[ stche die Absicht, den Text dieser Note nach ihrer kanntgegeben, daß dem Leiter der britischen Bot- Ueberreichung am Sonntag oder Montag zu verschaft in Tokio bisher keine Instruktionen be- öffentlichen.
Um die Chinesen als Bolfchewifenfreunde zu diffamieren, lancieren die Japaner nach bewährtem Muster die Meldung, daß vor einigen Tagen züglich des Einschreitens wegen der Verwundung ing Trois dem offiziellen Schweigen über den zwischen China und der Sowjetunion ein Nichtdes Botschafters Hugeffen durch japanische Flug- Sinn und Inhalt dieser Demarche sind englische angriffspakt veröffentlicht worden sei, der eine zeuge erhalten hat, daß er solche aber im Laufe politische Streise auch weiterhin davon überzeugt, Geheimtlaufel enthalte, in der China des Tages erhalten werde. dafi bic Note fcht energifchen Chader Sowjetunion ſeine Zusammenarbeit zuſichert. rakter haben wird und den üblichen Ton eines bloßen Proteftes weit überschreiten werde. Mongolischer Vasallenstaat
Der Aufschub der diplomatischen Aktion wird vielfach damit in Zusammenhang gebracht, daß am Freitag auf Schloß Balmoral noch eine
" private" Unterredung des britischen Königs Der Oberbefehlshaber der englischen Estadre das nächste Ziel Japans ?
auch dem
lassen, daß sie für den höheren Ruhm des faschistischen Italien , für den Namen Sr. mit dem Ministerpräsidenten Chamberlain im Fernen Osten Admiral Little betonte in und einigen Persönlichkeiten darunter einer Kabeldepesche, daß die japanische Meldung, Die Agentur Domei" meldet aus Tschang- Majestät des Königs und Kaisers Botschafter in Romstatt- wonach er den Angriff gegen den britischen Bot- ei: Der Chef der mongolischen Regierung und und ihres Führers kämpfen und siegen". Es gäbe auf die unerhörte Provokation der fand, die fich zweifellos auf ben zwifchenfall be- fchafter Sugeſſen als Folge deſſen eigener Unvorherbefehlshaber der mongolischen Truppen Brinz zog. Später meldet das Neuter- Büro, daß der sichtigkeit bezeichnet habe, eine reine und Tewang und der mongolische General Li er- demokratischen Staaten, des Völkerbundes, aller Text der britischen Note noch am Samstagabend aus der Luftgegriffene Erfin- flärten, daß die Mongolen nach 700jähriger Un- Staatsmänner, die sich an der Farce der Nichttätigkeit nunmehr ihr Ziel erkannt hät- intervention beteiligt haben, nur eine würdige nach Tokio telegraphiert werden wird. Es be- dung der Japaner sei. ten, nämlich Schaffung cincs groß- Antwort: den mit einem letzten Rest von Würde Reiches in Zusammen- au fassenden Beschluß der Auflösung des
Bleibt Japan unnachgiebig? arbeit mit Japan . Lewang unb Ai hätten wört Nichtinterventionsausschusses. Man fann gewiß
Die japanischen Behörden untersuchen den Zwischenfall immer noch genau", um„ so bald wie möglich". der britischen Regierung einen detaillierten Bericht schicken zu können. Dabei müßte, da lediglich die Besatzung von ein oder
zwei Flugzeugen einvernommen werden muß, diefe Unterfuchung" natürlich normalerweise fchon längst beendet sein.
Immerhin kommt, wie Havas meldet, hier noch eine gewiffe Unruhe aus Befürchtungen vor weiteren Zwischenfällen zum Ausdruc.
Die militärischen Kreise Japans find nach derfelben Quelle überzeugt, daß es zu keiner Intervention der fremben Mächte kommen wird und daß England einer diretten Belei
bigung(!) Japans aus dem Wege gehen und bestrebt sein wird, aus dem Zwischenfall volitische Vorteile zu erlangen. Diese Kreiſe fügen hinzu, daß Japan entschlossen ist, a abfo= Bezeichnend ist, daß die japanische Preffe, nach lut teine konseffionen in feiner Polidem die erste Erregung vorüber ist, über den tik und unter keinem Drucke zu machen. Bwischenfall entweder auf der lesten Seite oder überhaupt nicht mehr berichtet. Ja bie Antijapanische Stimmung in USA diplomatischen Kreise lassen es nicht an AndeuSan Franzisko. Der Polizeichef hat anges tungen fehlen, daß Großbritannien einer ernſten ordnet, daß die japanischen Geschäfte bewacht werRomplitation egen dieses zufälligen" 3wi- den, da im Chinesenviertel von San Franzisko schenfalls, der durch einen Irrtum entstanden die antijapanische Stimmung ihren Höhepunkt erfei, wohl aus dem Wege gehen werde. reicht hat.
lich erklärt: Wir sind feft entschloffen, unser Schicksal mit demjenigen Japans zu teilen. Wir dürfen nicht zurück. Wir müssen ein großmongolifches Reich in Fortschung des von Dich in gist han begonnenen Werkes schaffen.
sein, daß es dazu nicht kommt. Die Komödie wird weiter gespielt werden und binnen kurzem werden vir Mussolinis Botschafter in London wieder als den Anwalt des Nichteinmischungs- Prinzips am Werke sehen.
Die Folgen dieser Art Diplomatie sind seit 1933 von Jahr zu Jahr drastischer zutage getre New York . Die..New York Times " beschäften: Abessinien, Rheinland , Aufrüstung, Spatigen sich in ihrem Leitartikel mit den britisch- nien, China ... wann und wo endet diese Neihe japanischen Beziehungen und leiten daraus ab, Man will in London , Paris und wie es scheint daß eines der größten Risken, die auch in Moskau nicht sehen, daß man mit der heute Japan drohen, die Möglichkeit des Verlustes Haltung des dauernden Entgegenkommens, Sichder Freundschaft Großbritanniens sei, und zwar taub- stellens, des Ignorierens vielleicht ein wenig gerade in dem Augenblicke, in welchem es diese Beit gewinnt, aber an Ansehen und damit an Freundschaft am meisten benötige. Auch andere moralischer Kraft ungeheuer viel und Uncinbringameritanische Beitungen beschäftigen sich mit die- liches verliert. ser Frage und verweisen darauf, daß die gro Die europäische Demokratie und jene Mächte, en finanziellen Interessenderen staatliches Schicksal mit der demokratischen Großbritanniens im Fernen Often Idee verbunden bleibt, verlieren dabei aber wahrdurch Japan bedroht werden, dessen Ehrgeiz da- haftig nicht nur an geistiger, sondern auch an hin geht, ganz Asien zu beherrschen. Imaterieller Substanz. Es wäre schlimm um sie