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DienStag, S. Oktober 1937
Gelte 3
Sudeteadeul&iket leüsnit^cl Das neue Naturfreundehaus am Lenzenberg eröffnet
Samstag und Sonntag hat die sozialdemokratische Arbeiterschaft wieder einmal unter Beweis gestellt, daß sie nicht nur allen Wünschen und Behauptungen zum Trotz immer noch sehr stark, sondern auch noch sehr aktiv und im Aufbau und Aufstieg begriffen ist. Denn daß man weit draußen im Riesengebirge eine sozialdemokratische Veranstaltung im tiefen Herbst wagen darf, fetzt eine gute und aktive Bewegung voraus und daß man ein neues Heim der Naturfreunde in dieser Zeit, die nach der Terminologie der Hakenkreuzler die Sterbezeit der Sozialdemokraten sein soll, an einem Punkte des Riesengebirges— der wohl zu den schönsten und übersichtlichsten gerechnet werden muß— eröffnen kann, ist wohl der untrüglichste Beweis unserer Kraft und unseres Arbeitswillens. Schon am Samstag abends waren an die vier« bis fünfhundert Menschen auf dem Platze vor dem neuen Heim am Lenzenberg versammelt, um in dem mit Fackeln abgesteckten weiten Grundstück ihre Abendfeier abzuhalten. Er herrschte «ine feierliche Stimmung unter den Menschen, die den Westesten Weg nicht gescheut hatten, um den Abend mitzuerleben. Mit dem„Morgenrot" eröffneten di« Trautenauer Sänger unter Leitung des Genossen Opitz die Feier, dann sprach Genosse G l ä s e l von der Reichsleitung der Naturfreunde einige Worte der Begrüßung, worauf Genosse Horn, Karlsbad , eine dem Inhalt und Ausbau gleich hochwerttge Rede, die von dem Kultur- und Ausbauwillen der sozialdemokrattschen Arbeiterschaft zeugte, hielt. Es wurde ihm langanhaltender Beifall zuteil. Nach dieser Rede traten die Arbeitersänger zu den Chören„Morgenrot und„Wanderlust" an und schlossen die einzigartige Vorfeier mit dem„Abschied vom Walde". Ein herrlicher Sonntagmorgen riß die Schläfer aus den Betten und als sie Ausblick hielten, kamen die Hänge und Fußsteige von Men Seiten herauf die Menschen aus nah und fern, um die Zahl der berests anwesenden Gäste zu verstärken. Um zehn Uhr waren an die 1000 Arbeiter urw Arbesterinnen versammelt und genoffen vorerst den prächtigen Sonntagmorgen im Riesengebirge . Auch diese Wartestunden waren, für alle ein großes, schönes Erlebnis. Um 10 Uhr 18 Minuten eröffneten die Fanfarenbläser der SJ die Feier. Die Arbeitersänger folgten ihnen mit der Staat-Hymne, die in deutscher Sprache vorgetragen wurde, wobei gleich- zeittg die Staatsflagge hochstieg, und gingen dann zur ersten Strophe der„Internationale" über, um das rote Banner zu hissen. Lautlos, baren Hauptes steht die Maff«, als dieser Akt vollzogen wurde. Dann spricht der Obmann des Reichsvereine- des Arbeiter-Touristenvereines der Naturfreunde, Genoffe Theodor Dietl» Aussig , der die Feier mst einer kurzen Begrüßung und einer Minute Trauer für verstorbene Naturfreunde und sozialistische Kämpfer eröffnete. Unter den Funktionären, die erschienen waren, erwähnen wir nur die Genoffen: Senator Grünzner, Paul und C e«h vom Verband der Eisenbahner, E. O. Rambauske, dem KreiSver- trauenSmann der DSAP, Marks als Vertreter der Genoffenschasten und der Union , mit Dole n s k Y, Senator Heinrich Müller mst Abgeordneten K r e j L i als Vertreter des
Reichsparteivorstandes, Heinrich E r b e n als Vertreter der ZGK Reichenberg und der Kreisgewerkschaftskommission Trautenau , May vom Metall- mcheiterverband in Komotau und W a n i e k von der Graphischen Union Reichenberg, dem Vertreter der tschechischen Naturfreunde, Gen. L ö w i, Prag , u. a., die an der Feier teilnahmen und begrüßt wurden. Genoffe Dietl verlas die Begrüßungsschreiben des Genoffen Minister Dr. Czech, Genoffen Bürgermeister PölzlS, des Genossen M a c o u n. Genosse Erben kam als Redner der Freien Gewerkschaften zuWort. Er sprach in kurzen Worten über das Interesse-er Gewerkschaften an dem HauS der Naturfteunde, versprach die Unterstützung des neuen Heimes und der Arbeit der Naturfreunde, dankte den Erbauern und wünschte dem Unternehmen vollen Erfolg. AlS der Beifall zu Ende ging, übermitteste der Vertreter der tschechischen Naturfreunde, Genoffe Lö w i, die Grüße der tschechischen Genossen und brachte die Anerkennung, die nach seinen Worten mit etwas Neid|
Dieselben Zersetzungserscheinungen, die zu tat Abspaltung ehemaliger SdP-Anhänger besonders im mährischen Gebiete führten, wo sich die Opposstionellen unter Herrn Zientek selbständig machten, bescherten Herrn Henlein auch jenen Kreis von Parteimitgliedern, der über„Führer" und Parlamentarier der eigenen Partei z. B. folgende Meinung hat, die wir einem Sprachrohr der Unzufriedenen, dem„A u f b r u ch" vom 1. Oktober d. I. entnehmen. Unter der Ueberschrift: ,-WaS es doch für Führer gibt!" schreibt das Blatt: Eine peinliche BeschäfttgungSlosigkeit muß in den Reihen der SdP-Senatoren herrschen! DerRei« chenberger Kollege der Luditzer Senators, nämlich der Herr Senator Weller—„unser Papa Weller" — hat sich in die Reihen der„K ä m p f e r-K o l- Porteure einreihen lassen. Er verteilt dieses edle Blatt gratts in seinem Reichenberger Amtsraum an seine Freunde und sein über alle Kritik erhabener polittscher Jnsttnkt läßt ihn sich ruhig über das diesbezügliche Verbot der Kreisleitung hinwegsetzen.« Damit identifiziert er sich auch mst den Anpöbelungen des BdD., was aber seine naive Gemütsart nicht sonderlich zu belasten scheint, da sein wallender WotanSbart außer bei Vergnügungen aller Art auch bei allen Veranstaltungen deS Bundes zu bewundern ist. Seine, auch bei den höchsten Parteistellen im richtigen Sinne erkannte Polstische Klughest und sein ebensolches Tattgefühl haben ihn zum gewesenen Orts- und Bezirksleiter von Reichenberg gemacht und wenn keiner, dann ist es ganz bestimmt der Herr Senawr Weller, der zu den harmlosen Glückskindern des 19. Mai 1985 gehört, die da nicht wußten, wie ihnen geschah, als ihnen plötzlich die sudetendeutsche Parlamentarierwürde auf ihr von Sachkenntnis unbelastetes Haupt gelegt wurde.
vermischt waren, über das Werk zum Ausdruck. Auch ihm wurde starker Beifall zuteil, mst dem gleichzeitig auch der Redner der Partei und der Kulturorganisationen, Genoffe Abg. K r e j k i, empfangen wurde. Kresäi wies auf die Bedeutung des Werkes der Naturfreunde, vor allem für die Gesamtbewegung, hin, denn das Haus ist Kultur- und Kampfstätte wider den Faschismus zugleich, er dankte den Erbauern und appellierte an die Arbeiter, das neu« Riesengebirgsheim der Naturfreunde nicht nur zu erhalten- sondern auch aus- zubauen. Nach dem starken Beifall folgte die Schlüffel- übergabe von Genoffen Dietl an den unmittelbaren verantwortlichen Leiter des Heimes, Genossen Wünsch, und dieser gab ihn weiter an den Hüttenwart Genossen Hügel. Dann strömten die Menschen, soweit sie Einlaß finden konnten, ins Haus. Der Nachmittag war der Unterhalttmg im und auf den schönen Plätzen vor dem Hause gewidmet. Erst spät am Abend verließen die letzten Gäste HauS und Berge und alle mit dem festen Vorsatz, bald wiederzukommen, denn selten hat sich die Herbstpracht deS Riesengebirges in gleicher Schönheft geoffenbart wie an diesem Festtag der Arbeit.
Sein bis zmn Oktober 1988 ruhig dahinplät» scherndeS Lebensidyll, da? nur einmal von einer gerichtsärztlich angeordneten Geisteszustand Suntersuchung unterbrochen wurde, die übrigens pofstiv auSfiel, bekam durch die Polittk plötzlich eine jähe Wendung. Warum immer nur langweilige Kathedertä- tigkeit, Fagottblasen und in Tierschutz machen, damit rückt man nicht in die Ewigkeit ein. Also versuchen wirS mal mst der Polittk! Die kann unter Umständen erträgnisreicher sein. Und das Vakuum im Herbst 83 versprach alle möglichen Aussichten. So zog er denn ein in die große Polittk und wurde unter der Devise:„... wettersch brauch« mer kej Programm"—„unser Pap^Weller!" Nun sind darüber bald vier Jahre ins Land gezogen und was übrig blieb, ist die— Kolportage des„Kämpfers!" DaS Urteil über di« Fähigkeiten diverser SdP-Mandatare wird.also hier auS eigener Häuslichkeit mit einer Schärfe in der AuSdrückSweife wiedergegeben, welche die hemmungslosen Gefühle der um ihre Hoffnungen Betrogenen kennzeichnet. Die Getäuschten muffen ja„ihren Senator" gründlich kennengelernt haben, wenn sie schon derart kräftige Worte herausschmettern!
Alis der DAG-Häuslichkelt Wie dieDeutsche Arbeiter-Gewerkschaft in Gablonz handelt, wird seit einigen Wochen sehr ausführlich im Organ der Deutschsozialen in Reichenberg , der„Deutschen Volksmacht", geschildert. DaS Material dazu stellt der frühere Angestellte der DAG, Max Pokorny bei, der Gelegenheit hatte, diese Fachorganisation von innen kennen zu lernen. Er will nach seiner Versicherung mit diesen Veröffentlichungen keineswegs den Gegnern der völkischen Bewegung dienen, Mer er wird zugeben, daß er mit seinen Darstellungen immerhin
beiträgt, daß die Oeffentlichkeit etwas mehr über diese«völkische Gewerkschaft" erfährt, als der DAT lieb ist. Auch Pokorny führt den Kampf nur für„Reinheit und Sauberkeit"» lehnt sich also an die Grundsätze der SdP an, die gerade mst dieser DAG eine gewisse Seelenverwandtschaft hat, auf die sich die heimischen Faschisten in Ermangelung einer eigenen Gewerkschaft nur zu gern stützen, deren Erfolge sie immer als die ihrigen bezeichnen, was besonders bei Betriebsrätewahlen feststellbar ist. Es ist auch bemerkenswert, daß sich Herr Pokorny mit seinen Schmerzen mehrmals an das Führungsmitglied der SdP Rudolf Kasper wandte, daß aber dieser nach den Darlegungen Pokorny? ebenfalls versagte, daß er ihm nicht einmal Antwort auf seine Schreiben sandte, daß er aber Aussprachen arrangierte, die einen öffentlichen Skandal um die DAG vermeiden sollten. Jedenfalls trat er damals schon in Erscheinung, Ms sich Pokorny und der Vorsitzende der DAT., Josef Bude, vor einiger Zeit ausglichen, eine Gerichtsverhandlung, die allerhand Klarheit ergeben hätte, vermieden(mit welchen Ausgleich jetzt Pokorny wahrscheinlich neuerlich hineingelegt wurde). Pokorny wendet sich gegen die„Ichsucht und das persönliche Strebertum" in der völkischen Ge- ! Werkschaftsbewegung und sagt seinen Widersachern, daß sie sich vor„d e m Richter st uhl des gewerks chaftlichen Gewissens" fürchten, also mit Worten, die den etwa- abgedroschenen Sonntagsphrasen von„Gemeinnutz geht vor Eigennutz" ziemlich widersprechen. Da„Fortsetzugen folgen", kann man über die völkische DAG noch allerhand zum Nutzen der Oeffentlichkeit erfahren.
podersamer Mörder— ein einheimischer Bauer! Podrrsam. Der Urheber des Randmordes an dem jüdischen Kaufmann Zänker in Deutsch-Rust ist nicht, wie ursprünglich angenommen wurde» ein alS Jugoslawe sich ausgebend«» Vagabund, sondern der B a u e r K a r l Winkler aus M e ck l bei Duppau, der bereits verhaftet wurde und ein Geständnis abgelegt hat. Dio Tat vollbrachte er wegen finanzieller Schwirrig- ketton.
Erzvorkommen bei Hostau Wie dem„Pilsner Tagblatt" berichtet wird, soll die Firma K. Kreysa, die in der Gegend von Hostau Erz s chürst, auf fünfzigprozentiges Eisenerz gestoßen sein. Es dürfte demnach die laufende Förderung ausgenommen werden.
Tod in der Grub«. Am Samstag abends ereignete sich am Barbara-Schacht in Katzendorf (Bezirks Dux) ein Unglück, dem der Bergarbeiter Wakejcka aus Janegg zum Opfer fiel. Der Verunglückte gehörte der Union der Bergarbeiter als Mitglied an. Er wurde durch herabfallende Kohle getötet. Schwer verunglückt ist bei einer Motorfahrt in Klicany bei Prag der Tierarzt De. Karl Weidmann aus Turn.*Er stieß mit einem Radfahrer zusammen und wurde ebenso wie der Radfahrer in bewußtlosem Zustande in das Krankenhaus auf der Bulovka in Prag eingeliefert. Sein Zustand ist sehr ernst. Dr. Weidmann ist seit vielen Jahren schon Mitglied der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Die Staatsprüfungen für das Lehramt d«r Musst und des Gesanges an Lehrerbildungsanstalten und für das Lehramt des Gesanges anMittelschulen finden Mitte Dezember l. I. statt. Anmeldungen sind bis zum 25. Oktober an obengenannte Kommission Prag II., Dladislavovä 23, zu senden.
Dar Krach In der SdP Peinliches Erwachen der neffoppfen Kameraden
Zur Präser deutschen Sendung im September Die Erwartung, daß nach Ablauf der Sommerzeit die Prager deutsche Sendung in normale Bahnen kommen werde, ging auch im vergangenen Monat noch nicht in Erfüllung. Im Zusammenhang mit den Trauerfeierlichkeiten für T. G. Masa- ryk(bei deren Besprechung und Uebertragung sich da- Radiojournal allerdings auch der deutschen Sprache wie aller anderen in der Republik vertretenen Sprachen bediente) hörte dir selbständige Pra ger deutsche Sendung für mehr all ein« Woche zu existieren auf. und als sie nachher noch einige Tage lang eigene Trauerfeieru brachte, geschah es beinahe ohne Wissen der Oeffentlichkeit. da weder Stunde noch Inhalt dieser Sendungen rechtzeittg bekanntgegeben wurden. Während di« große Masaryk -Feier der dem» scheu aktivistischen Parteien im Neuen Deuffchen Theater in Prag vom Rundfunk nicht übertragen wurde, konnte die Prager deuffche Sendung die wesentlich kleinere in der Prager „Urania" übernehmen, bei der Professor Dr. Oskar Kraus ein« gedankenreiche Rede hielt, di««in Bekenntnis zur Philosophie T. G. MasarykS war. Der Vortrag Dr. Emil FranzelS„Humanitäre Demokratte", mit dem zwei Tage sväter die Arbeit Ursendung die sittlich-sozialen Md« en und Has polittsche Vermächtnis Masarvks wüwigte, war em« wertvoll« Ergänzung jener philosophischen Kundgebung. ES wäre zu wünschen, daß eine solche Konstellatton von Borträgen, die unter verschiedenen Perspektiven dagleiche große Thema erörtern, öfter und nicht nm durch Zufall zustand«kommt. Denn aus diese Weise könnte die Monotonie und Zusannnenbanglosigketr, die gerade dar VortragSvrogramm der Prager dem- scheu Sendung auszeichnet, erfolgreich bekämpft werden. Auch im vergangenen Monat war er im allgemeinen mit diesen Borträgen schlecht bestellt. Mit
der Aufzählung von Namen und Zahlen ist weder das Interesse der Hörer wachzuhalten noch ihr Verständnis zu erwecken. Die meisten Rundfunkredner vergessen immer wieder den Unterschied zwischen einem Aufsatz, dem der Leskk„Material" entnehmen .kann, und einer mündlichen Darstellung, die dem Hörer Eindrücke und Einblicke, Bekenntnisse und Begründungen bieten soll. Auch der Vortrag de» Kanonikus Schischek über katholische Mission(dr« an sich ein gar nicht uninteressantes Thema ist) war in seiner schulmäßigen und dogmattschen Form durchaus funkfremd. Anscheinend ist sich die Sendeleitung der Mängel im Vortragswesen selbst bewußt, aber statt Umschau nach guten Funkrednern zu halten und auf die Verbesserung der Äortragsform hinzuwirken, zieht man es offenbar,vor, die Redezeit auf ein -Minimum zu beschränken und eine merkwürdige Zwitterform zwischen Vortrag und Hörspiel zu fördern, der man die Verlegenheit deutlich anmerkt. Wenn da zum Beispiel ein« kulturhistorische Plauderei über das Schachspiel als„Hörbild" unter dem Titel„DaS königliche Spiel"(verfaßt von Adolf Weber) aufgezogen wird und am Ende nichts weiter als ein allzu oberflächlicher Dorttag mit allzu überflüssigen Dialog-Einlagen ist, oder wenn ein„Besuch der Prager Herbstmesse" als fingiertes Gespräch im Sttle einer KonversattonSanleitung verläuft, dann kann man solchen Experimenten keinen Geschmack abgewinnen. Echte Reportagen und echte Hörspiele sind da entschieden vorzuziehen. Im vergangenen Monat gab es aber nur eine echte Reportage: die Ueber- ttagung des Erntedankfestes deS Bundes der Land- Witte in Böhmssch-Leipa, die technisch gelungen war und eine lebendige Vorstellung von Att und Verlaut der Veranstaltung gab, wenn auch in den Reden der Minister Spina und Zadina und vor allem deS Abgeordneten Hacker gerade die polittsch interessantesten Stellen, die Auseinandersetzungen mit de, Henlein-Partei, fehlten. AlS Hörspiel zu erwähnen ist die— im letzten Augenblick an Stelle einer Operette aus Brünn übernommene— Sendung von
Hofmannsthals„Großem Welttheater". Es war eine zwar allzu pathetische, aber sprachlich saubere und wirffam abgetönte Aufführung, und sie überzeugte den Hörer davon, daß eine Dichtung wie das „Große Welttheater" trotz ihres antiquierenden Stils und ihrer konservativen Tendenz der Hörspielform näher kommt als di« meisten modernen Versuche auf diesem Gebiete. Solch« Hörspiele erscheinen, weil sie sich messt an feste Schauplätze binden, al- unzulänglicher Theater-Ersatz, der di« Illusion der Bühne mit akustischen Zeichen mühsam andeuten muß, während jenes ,Welttheater" keinen sichtbaren Schauplatz benötigt und auch nicht von sichtbaren Vorgängen abhängt, sondern sich nur in Motten und Ideen bewegt. Und das ist die Form, die ein echtes Hörspiel hÄen müßte. So bettachttr, fühtt auch die Funkoper„Die schwarze Spinne" von dem Schweizer Komponisten Hein rich Sutermeister ihre Bezeichnung nur annähernd mit Recht. Es ist«ine Art Opern-Oratorium(mh einer abergläubisch-bäurischen Handlung nach einer Erzählung Jeremias Gotthelfs), musikalisch nicht unbeträchtlich, originell und effektvoll in der Verwendung von Chor, Harmonium und Orgel. Unter Leitung von Dr. Heinrich Swoboda (mit Lilli Jaffch, Lisa Frank-Swoboda, Fritz Göllnitz und Orkar Gluth als Solisten und mit dem Prager Funkchor) gab es eine einwandftei« Aufführurig. Bon den rnusikalsschen Sendungen des September sei die Fortsetzung der„musikalischen Wanderung durch Prag "(richtiger hieße eS: musikhistorische. Wanderung) erwähnt, die wieder auf viel zu Rechr! und zu Unrecht Vergessenes aufmerffam machte und! insofern«in Fortschritt war, als sie in HauS Fürth I einen besseren Sprecher und in Lott« Medak und> Rudolf Bandler auch geeignttere Sänger hatte als! die erste Sendung dieser Serie. In einer(leider! unangekündigten) Sendung hörte man von Fine Reich-Döttch die ernsten Gesänge von BrahmS (die Fritz Rieger am Klavier begleitete). Und den Opernkapellmeister des Prager Deutschen Theaters Karl Ranikl lernte man— von seiner schwachen Seite,
wie es scheint— als Liederkomponisten kennen. Die nach Texten von Gottfried Keller und Theodor Storm komponierten Gesänge, die Nelli Grasern nicht hlän- zend vottrug und die der Komponist selbst begleitete, wirken weder durch Eigenart noch durch Einfühlung- So gewiß di« Prager deuffche Sendung auch die Aufgabe hat, sich der heimischen Kunst im enge« ron Sinne anzunehmen— sie müßte sich besonders im Hinblick auf ihre Zukunft einer größeren Bestimmung bewußt sein. Während Gerhard Sch ret- b e r s schlesisches Rundfunkspiel„Der Gemeindedampfer" noch eine harmlos nette(von teilweise neuen Kräften flott gespielte) Unterhaltung war, war Hans Multerers aus bloßen Anekdoten zusammengesetzte Böhmerwald-Unterhaltung eigentlich > nur eine Stammtisch-Angelegenheit. Auch die„Kul- I turberichte" mit ihren persönlichen Glückwünschen und Vercinsnotizen sind es zum großen Teil,»nd die„Klassischen Zeugen" mit ihren schüchternen Zitaten stift kein imponierender Gegengewicht. Eher schon di« zu Ehren Masarvks zusammengesttllte Hörfolge„VetttaS vineit", die aber eben nur durch ein großes Ereignis veranlaßt war. In den„Aktuellen zehn Minuten" der'Arbeitersendung werden oft mehr wesentliche und alle bewegende Fragen berührt als in einem ganzen Wochendrogramm der Prager deutschen Sendun,. Bon den Botträgen der Ärbeitersendung bleiben noch der des Diplomkaufmannes Schwab über dar Budget der Gemeinden, der im Hinblick auf die kommenden Gemeindewahlen aufichlußreich war. und der von Dr. Emil Strauß über„Schule und Volk" zu erwähnen, d«r einen leider nur selten erörterien» c>bwohl überaus wichtigen Fragenkomplex zur Diskussion stellte. Daß tn der Arbeitersendung diesmal auch Kinder(iunge Skandinavienfabrer aus dem Reichenberg-Gablonzer Gebiet)■ zu Worte kamen und über Reise-Eindrücke munter berichteten, wa» eine gut« Abwechslung in der Reihe der Borträge. ■«iS■>