Sozialdemokrat Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme de» Montag täglich früh/ Einzelpreis 70 Heller Redaktion und Verwaltung: Prag XL, Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag 17. Zahrganfl Mittwoch, 6. Oktober 1937 Nur dem Inhalt: Kulturverband vor der Entscheidung Wieder ein„Loyaler “ Freundschaftspakt Paris-Belgrad verlängert Rußland gefährdet die Flüchtlingshilfe Nr. 235 um Sitzungen wurde ein Einvernehmen erzielt. etwa 11 bis 12 Prozent des Nationaleinkommens. Wir sind entschloflen, fuhr Präsident Roo sevelt fort, dem Kriege fernzublriben, doch müssen wir uns gegen die vernichtenden Wirkungen eineS eventuellen Krieges sowie gegen die Gefahr versichern, in den Krieg hineingezogen zu werden. Wir treffen Maßnahmen, welche diese Gefahr auf ein Minimum verringern, können aber trotzdem in einer Welt der Unordnung, in welcher es kein Vertrauen und keine Sicherheit gibt, keinen absoluten Schutz gegen den Krieg finden. Soll die Zivilisation fortbestehrn, so ist eS notwendig, dass dir Grundsätze des Friedens neuerlich in Geltung treten. Amerika haßt den Krieg, erklärte der Präsident zum Schluß, es hofft auf den Frieden und sucht deshalb wirksam den Frieden. Roosevelt ruft zur Sammlung gegen die faschistischen Störenfriede mand durch bloße Isolierung oder Neutralität entgehen kann. Der Glaube an das gegebene Wort sei notwendig und das Bertranen in den Wert von Per trägen muß zurückkehren. Das Lebensinteresse der Bereinigten Staaten erfordert,' daß der heilige CH a r akter internationaler Abmachungen und der Einhaltung der internationalen Moral wiederhergestellt werden. Hierauf betonte Präsident Roosevelt , daß in verschiedenen Teilen der Welt rin hoher Prozentsatz des Nationaleinkommens für R ü» stungszwecke verwendet wird. Der Betrag, welchen die Bereinigten Staaten für diesen Zweck verausgaben, ist bedeutend geringer und beträgt ♦ Um 20 Uhr begann die Bölkerbundversamm» lung mit der Prüfung des Berichtes des 23er» AnsfchusseS. El i o t t und Paul B o n c o u r forderten im Namen Großbritanniens , bzw. Frankreichs , daß die.Abstimmung über. die. vorgelegte Resolution sofort* vorgenommen werde. Der englPhe Vertreter E l l i o t erklärte: Niemals war es notwendiger, di^dem Völkerbunde zur Verfügung stehenden schädlichen Mittel anzuwenden. Die Grundlage, auf welcher diese Mittel in Aktion gesetzt werden sollen, muß möglichst umfassend sein. ■ Siam und Polen teilten mit, daß sie sich aus g r und sä tzlich t« Gründen der Stimme enthalten würden, Norwegen und Südafrika deshalb, da sie noch keine Zeit hatten, sich mit ihren Regierungen ins Einvernehmen zu setzen. Litwinow sprach sein Bedauern darüber aus, daß dem chinesischen Volke lediglich m o r a l i.s ch e u ti d nicht auch mate« r i e l l e U n t e r st ü tz u n g gewährt werde. Der chinesische Delegierte Wellington Koo hielt eine kurze und gemäßigte Red«. Die'Vorschläge des Beratungsattsschusses, führte er aus, können uns bei weitem nicht zufriedenstellen, doch sind wir bereit, sie unter der Bedingung anzunehmen, daß die gen in einem Zeitpunkt, den sie für geeignet erachten wird, neuerlich wird erheben können. Neber Antrag des norwegischen Delegierten wurde dann doch die Abstimmung, deren Resultat kaum zweifelhaft sein kann, auf Mittwoch vertagt. „Die Grundlagen der Zivilisation bedroht** .. 248.546 .. 342.640 .. 345.545 ..; 391.839 .. 256.213 ist die Arbeitslosenzahl Chicago. (Reuter.) Auf seiner Reise durch die Bereinigten Staaten hielt Präsident Ro oseveltin Chicago eine Rede über die internationale Lage> wobei er u. a. ausführte, daß die Außerachtlassung des internationalen Rechtes gegenwärtig eine Phase erreicht, in wrl- chcr die G> r« n d l a g e n der Zivilisation selb st bedroht sind. Roosevelt sagte wörtlich: Die heutige Herrschaft des Terrors und der internationalen Gesetzlosigkeit hat vor mehreren Jahren begonnen. Sie begann mit der unberechtigten Einmischung einiger Staaten in die Angelegenheiten anderer Völker, sie begann mit Ueberfällen auf fremdes Gebiet und mit der Verletzung der Berträge. Diese Situation hat sich heute in dem Maße verschlimmert, daß sie die Grundlagen der Zivilisation selbst ernstlich gefährdet. Ohne Kriegserklärung und ohne jedwede Rechtfertigung werden Zivilpersonen, ja sogar Frauen und Kinder heute durch Bomben gemordet. In dieser Zeit des formalen Friedens werden Dampfer über fallen und v o n N«t e r s e e b o o t e n torpediert, uud all das ohne Gründ und ohne Warnung. ES gibt Völker, welche Bürgerkriege anfangen und sich an ihne« in Ländern beteiligen, die ihnen niemals etwas Bö» seS getan Haven. Es gibt Völker, die für sich Freiheit verlangen, anderen Völkern jedoch diese Freiheit absprechen. Es gibt schuldlose Völker und diese Völker werden ein grausames Opfer des gierigen Machtstrebens anderer Völker und ihres Streben- nach Hegemonie, welche der Gerechtigkeit und dem Geiste der Menschlichkeit widerspricht. Wenn alle diese Sachen in anderen Teilen der Welt geschehen, dann können wir uns auch nicht vorstellen, daß Amerika ihnen entgehen könnte, daß die westliche Erdhälfte ruhig und friedlich nach den Gesetzen der Zivilisation wird leben können. Wir wollen eine Welt, in welcher «S möglich,sein wird, frei zu atmen und ohne Furcht und Angst zu leben. Dir Völker, welche den Frieden lieben, müssen ihre Anstrengungen zur Stärkung der Gesetze und Prinzipien zusammenfaffen.die einzig dir Grundlage bilden, auf der der Friede gerantiert wer- den kann. Diese Rationen müssen ihre Anstrengungen gegen die Verletzung der Berträge zusammenfassen. Diejenigen» welche die Gesetze der Menschlichkeit nicht achten, rufen heute internationale Anar» chic und Unsicherheit hervor, der nie- Die SdP auf der Schaukel Die Auseinandersetzungen innerhalb der SdP gehen lustig weiter. Während die„Auf- bruch"-Gruppe den Kameradschaftsbund beschimpft, speit der„Kämpfer" gegen den„Aufbruch" Gift und Galle ünd der große Führer Konrad Henlein , dessen Aufgabe es wäre, in seiner Partei Ordnung zu machen, sieht dem hitzigen Balgen noch immer untätig und unentschlossen zu. Tatsächlich befindet er sich in einer unangenehmen Situation. Bis jetzt hat ihm Berlin alle seine politischen Entscheidungen vorgeschrieben, er war nur das ausführende Organ. In dem Streit der. beiden Richtungen hat aber Berlin nicht Stellung genommen, und es scheint gegenwärtig auch keine Lust dazu zu haben. Henlein ist nämlich augenblicklich bei seinen Chefs unten durch. Beachtlich ist, daß er es unterlassen hat, den Nürnberger Parteitag mit seiner Anwesenheit zu beehren. Ob sein Fernbleiben in Berlin so verstimmt hat, daß man ihn— vorläufig— sich selbst überläßt, bleibe dahingestellt. Jedenfalls wurde die Delegation, die er nach Nürnberg geschickt hatte, nicht empfangen. Sie hatte versuchen sollen, den Parteistreit innerhalb der SdP durch ein Machtwort Berlins bereinigen zu lassen. Alles Tun und Treiben Henleins scheint jetzt darauf gerichtet zu sein, das Wohlwollen Berlins tvieder zu erringen. Daraustsind auch die Reden und die öffentlichen Aufzüge der SdP-Leute abg5- . stimmt. Die Aufzüge sollen den Nachweis führen, daß das„Volk" noch immer hinter ihm, dem Kon rad Henlein , stehe, daß also Bersin gut daran tue, seine Politik auch fernerhin mit dem Namen Konrads zu verbinden. Andererseits abe'' sollen die politischen Erklärungen Henlein - den Ber liner » diese Entscheidung leichter machen. So war denn die Tagung der SdP-Parla- mentarier in Franzensbad , die den Rahmen für eine nationalsozialiistische Kundgebung Konrad Henl?ms abgab, von einer sorgfältig vorbereiteten „Triumph-Fahrt" des Stammesführers durch Westböhmen gefolgt, über welche die SdP-Blätter in der größten Aufmachung und unter Verwendung phantastischer Teilnehmerziffern an die Berliner Adresse berichten. Bemerkenswerter aber ' aTS hrtS' AffrnfHiiw SHwrtfpr. hncLjJmti: hfetag neuesten Reise des Stammesführers' verbunden war, ist die Rede, die er auf der Parlamentariertagung der SdP gehalten ha§. Konrad Henlein hat dort u. a. folgendes gesagt: „Eine dritte Aufgabe, dsg wir im Interesse unseres Volkes und der gesamten zivilisierten Welt leisten, ist die Abwehr des Bolschewismus. Wir stehen als Partei auf dem Boden der Tschechoslo wakei -allein, vorbehaltlos und mit großer Empfindlichkeit gegen jeden Versuch einer osfenenoder indirektenBol« schewisjerung desöffentlichen Lebens zu kämpfen. Die SdP stellt in dieser Hinsicht die drittgrößte Einheit antibolschewistischer Massenorganisierung der Welt dar. deren Schlagkraft zu erhalten eine politische Aufgabe größter Verantwortung ist. Die Schlagkraft dieser Partei hängt aber davon ab, daß ihre ,Einheitlichkeit und Geschlossem« h eit unter allen Umständen erhalten bleibt und immer arbeits» und einsatzfähiger gestaltet wird. In dieser Hinsicht fühle ich mich meinem Volke gegenüber zutiefst verantwortlich." Das Deutsch , das Herr Henlein spricht und : schreibt, ist nicht sehr schön, aber diese Sätze lassen . doch erkennen, daß er etwa folgendes meint: Verehrter Adolf, du hast gemeinsam mit Benito die Achse Rom-Berlin geschmiedet. Benito hat, weil du das gerne hörst, die Schaffung dieser Achse mit der Notwendigkeit des Kampfes gegen den Bolschewismus begründet. Ich, Konrad Hen lein , loyaler Staatsbürger der Tschechoslowakei , gliedere mich mit meiner Partei in diese Achse ein. Du hast also, großer Adolf, im Kampfe gegen das, was du Bolschewismus nennst, nicht nur deine Partei und— nach den Erklärungen Benitos— die italienischen Faschisten zur Verfügung, sondern auch die SdP. Aber du mußt uns helfen, unsere durch innere Kämpfe bedrohte Geschlossenheit zu bewahren. Henlein spekuliert darauf, daß die Berliner Bolschewikenfresser auf diese Liebeserklärung an die„Achse" günstig reagieren und ihm Gnckde widerfahren lassen werden, auch dann, wenn er gegen die immer ruppiger werdenden, von den Berliner Emigranten Jung, Krebs und Biererbl geförderten„alten Kämpfer" im Interesse der Parteieinheit vorzugehen gezwungen sein sollte. Uns interessiert aber vor allem die i n n er« politische Bedeutung der Henlein-Rede. Die im September noch Rück gang der Arbeitslosigkeit Die Zahl der nicht untergrbrachten gemel deten Arbeitsbewerber betrug am 30. September 230.7z2. Sie ist im Laufe des vergangenen Monats um 2596, d. i. 1.1 Prozent, kleiner ge worden. Am 31. Juli betrug sie 240.722. Im Vergleich zu den Vorjahren ist Bie Ar beitslosigkeit wesentlich niedriger. Der Rückgang beträgt gegenüber 1936. 1935. 1934. 1933. 1932. Seit dem Borjahr..... K 51.4 Prozent zurückgrgangen, seit dem Tiefpunkt der Krise im Jahre 1933 um 62.6 Prozent. Die einzelnen Länder weisen folgende Ber- änderungen auf: In Böhmen ist die Arbeitslosen-, vorgesehene Prozedur eingehalten und Japan ! chinesische Delegation ihre ursprünglichen Forderung In dem Bericht, der dem 23er-L«Ssch«ß von dessen(Subkomittee unterbreitet wurde, heißt eS zum Schluß: Es ist jedenfalls um strittig, daß eine mächtige japanische Armee auf chinesisches Ge biet eingedrungen ist und ausgedehnte Gebiete einschließlich Pekings militärisch kontrolliert. Es steht unstreitig fest, das die japanische Regie rung zur See Vorkehrungen getroffen hat, um j die chinesische Schiffahrt an den Küsten Chinas[ als das öffentliche Theater, das^mit dieser zu unterbinden. Der Ausschuß mutz konstatieren, daß dir militärischen Operationen, welche Japan zu Lande, zur See und in der Luft gegen China unternimmt, ihrem Umfange nach durchaus nicht dem Zwischenfall ange messen sind, der den Konflikt hervorgeru- frn hat. Diese Handlungen können sicherlich die freundschaftliche Zusammenarbeit beider Länder weder erleichtern noch fördern. Diese Handlun gen stehen auch imWidersPruch zuden Pflichte «Japans, die in dem Reun- mächte-Bertrag vom 6. September 1922 abge grenzt sind, und zu dem Pariser Pakte vom 27. August 1928. Schärfere Fassung der Fernost-Resolution „Wirksame Hilfe für China** der Prüfung der Mächte empfohlen Genf. Nach äußerst schwierigen^Verhand lungen hat der 23er-A«sschuß am DienStag den Wortlaut der Resolution über die Lage im Fer nen Osten festgelegt und angenommen. Lediglich Polen enthielt sich aus grundsätzlichen Erwä gungen der Abstimmung , Kanada und die Schweiz deshalb, weil ihre Vertreter keine Zeit gefunden hätten» ihre Regierungen um In struktionen zu ersuchen. Der Antrag, der noch Dienstag abends dem Bölkerbundplenum vor- gelgt wurde, besagt: V „Die Völkerbundversammlung stimmt dem ihr von dem Beratungsausschutz über den Konflikt zwischen China und Japan vorgelegten Bericht zu und bittet ihren Vorsitzenden, im Infam- menhang mit einer einzuberu- fendenTagung der Signa- tarmüchte der Washing ton er Konvention vom 6. Feber 1922 die erforderlichen Schritte zu unternehmen. Die Dölkerbundversammlung ver sichert China ihrer moralischen Anter st ützung«nd empfiehlt den Völkerbundmitgliedern, sich jeglicher Aktion zu enthalten, welche die Wider standskraft dieses Landes verringern «nd damit seine Schwierigkeiten in dem gegenwärtigen Konflikt erhöhen könnte. Außerdem empfiehlt die Dölker bundversammlung ihren Mitgliedern, indivivnell zu prüfe«, auf welche Weise sie ihre wirksame Hilfe der gerechten Sache Chinas lei hen könnten. Die Völkerbundversammlung be schließt, die gegenwärtige Seffio« ledig lich zu vertagen und den Vorsitzen- de« zu ermächtigen, eine neue Sitzung einzuberufen, sobald der Beratungs ausschutz dies für gut hält. Der chinesische Vertreter hatte am Bor mittag eine schärfere Fassung der Resolution verlangt und insbesondere verlangt, daß die im Pakt zahl um 1208(0.8 Prozent) kleiner alS im ausdrücklich alS Angreifer festgestellt werde. Auch August , in der Slowakei um 1648(4.8 Prozent) | gegen den britischen Borschlag auf Einberufung und in Karpathorutzland um 47(1.3 Prozent). der neun Signatarmächte des Washingtoner Ber- Jn MährenSchlrsien ist sie um 307(0.6 Prozent ) träges erhob China Einwände. Erst in weiteren größer geworden.
Ausgabe
17 (6.10.1937) 235
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