Seite 2 Mittwoch, 6. Oktober 1937 Nr. 235 Dauernde„Nichtintervention" London.(Eigenbericht.) Die britischen Kriegsschiffe im Mittelmeer haben die Berfol- gung des Piraten-U-Boote» aufgegeben. Es ist nicht festzustellen, ob die Wasserbomben getroffen haben. Man betont in französischen Blättern, daß der Angriff in der Nähe von 2biza stattgefunden hat, das von den Italienern besetzt ist. Bon Mallorca aus sollen kürzlich eine größere Zahl italienischer Flugzeuge vom Typ S a- v o i a nach Franco-Spanien geflogen sein. Auch die Luftangriffe auf Barcelona sollen von diesen italienischen Flugzeugen verübt worden sein. In Cadiz sind laut Berichten aus Gibraltar kürzlich 500 bis 600 Mann uniformierten deutschen Militärs gelandet worden. Auslegung, die Berlin dem Wort„Bolschewismus" gibt, läßt auch dis Tschechoslowakei als „bolschewisierten" Staat erscheinen. Bolschewismus ist nach der Berliner Lesart bekanntlich all; das, was nicht nationalsozialistisch oder faschistisch ist. Bolschewismus ist also: der Parlamentarismus, die Demokratie, die Freiheit der Presse, die Humanität, die Kultur, d'.e Freiheit- der Kunst, die ordentliche Rechtspflege, die Friedenspolitik, der Bestand von Gewerkschaften und sozialistischen Parteien. Die Tschechoslowakei gilt nach dieser Deutung, ebenso wie Frankreich , in Berlin als Vorposten deSBolfche- w t S m u s und die SdP deklariert sich durch die. Rede Konrad Henleins al» die drittstärkste europäische„Massenorganisierung" im Kampfe gegen die politischen und demokratischen Einrichtungen der Tschechoslowakei . Diese KyzegserklärunganPrag, die das außenpolitische Bündnis der SdP mit den faschistischen Kriegstreibern der„Achse" feierlich verkündet, kontrastiert nicht unerheblich mit den noch immer nicht zum Stillstand gekommenen Versuchen der SdP, in Prag regierungsfähig zu werden, mit Versuchen also, die bei einem gewissen Teil de» tschechischen Bürgertum» Förderung finden. ES ist nicht unsere Sache allein, dieses Treiben zu bekämpfen, das nach den Franzensbadtr Erklärungen Henleins offenemLandes- verrat nahekommt. Uns liegt im Augenblick mehr daran, nachzuweisen, in welcher Verlegenheit sich die SdP befindet, deren autoritäre Führung angeblich geradliniger und daher der Führung demokratischer Parteien überlegen ist. Kon rad Henlein , der unfehlbare Stammesführer, fitzt auf einer politischen Schaukel, die zwischen dem Bekenntnis zum„antibolschewistischen" Kampfe gegen Prag und dem Bemühen, in die Prager Regierung zu kommen, hin und her pendelt. Japaner kommen bei Schanghai nicht weiter London. (Eigenbericht.) Zum drittenmal ist es den Chinesen gelungen, die japanische Offensive bei Schanghai znm Stehen zu bringen. Reue Verstärkungen, die rasch herangeführt wurden, bremsten die japanischen Angriffe. Bei Tschapei kam eS zu blutigem Handgemenge, wobei Handgranaten und Maschinengewehre in Aktion ttaten. AuS dem Norden wird gemeldet, daß die Japaner in die Provinz Schantung eingedrungen sind. Zwar dementiere« die Chinese« die Besetzung von Tetschau durch die Javaner- aber auch die chinesischen Quellen geben zu, daß die Lage im Norden riskant ist. Sechs japanische Dampfer haben laut chine sischen Berichten in der Nähe von H o n g k o n g, bzw. der portugiesischen Kolonie Makao , auf drei Keinen Inseln Mannschaften ausgebootet, die offenbar bestimmt sind, dort eine Flugstation z« Angriffen auf südchinesische Städte einzurichten. * Der Sprecher des chinesische« Generalstabes erklärte den Pressevertretern^ An dem Front- ! abschnitt westlich von 8 o t i e« und L i u h a n wurden«ach heftige« Kämpfen mehrere japani sche Angriffe abgewiesen. Im Abschnitte bei Liu- Ha« herrscht verhältnismäßig Ruhe. Japanische Marineinfanterie, die die chinesischen Positionen bei der Universität Tschitschi angriff, wurde mit großenBerl.usten zurückgeschlagen. Die Japaner ließen 200 Mann und einen Tank ans dem Schlachtfelde zurück, zwei weitere japanische Tank» wurden beschädigt. Die japanischen Flugzeuge und Geschütze haben daS Tschapei- viertel unter heftiges Feuer genommen, es gelang ihnen jedoch nicht, die chinesischen Postttone« z« l vernichten. Labour gegen„Einheitsfront" Verbindung mit den Kommunisten kompromittierend London.(Eigenbericht.) Der Prrteistrg der Arbeiterpartei in Bournemouth »ahm Dienstag zu der Zusammenarbeit mit den Kommunisten Stellung und verwarf mit großer Mehrheit (1,730.000:173.000 Stimmen) die Resolutton Sir Stafford C r i p s'. Der Parteitag lehnt dir Zusammenarbeit mit den Kommunisten und der Unabhängigen Arboiterpwrtei fast einmüttg ab. Herbert Morrison polemisierte in der Debatte gegen Crips. Morrison erklärte, daß jede Verbindung mit dm Kommunisten die Partei aufs schwprste«schütter« müßte. Es wäre ver hängnisvoll, dem kommunistische« Einfluß auf die Partei einen Weg z« öffne«. Der Parteitag behandelte dann dm Plan einer Altersversicherung ans dem Atttonsplan der Labour Party . Dem Plan zufolge soll jede Person, die da» 65. Lebensjahr überschveittt und bi» dahin gearbeitet hat, wöchmttich ein Pfund Sterling Rente erhalten. Der Antrag wurde angenommen. Im Ramm der DAI begrüßte de Brouck-re den Kongreß. Er gab der Hoffnung Ausdruck, daß die Internationale bald einen Sieg der Labour Party mitfeiern könne. StojadinovK nach Paris Zur Verlängerung des Freundschaftspaktes Paris . Tvr jugoslawische Ministerpräsident Dr. Stojadinovic wird Mitte Oktober zu einem offiziellen zweitägigen Besuch nach Pari» kommen, um mit dem französischen Außenminister Delbos da- Freundschaftsabkommen der beiden Staaten vom Jahre 1927 zu verlängern. Stojadinoviä wird außerdem mit dem Ministerpräsidenten Chautemps und mit französischen Ministern sowie mit anderen politischen Persönlichkeiten politische Unterredungen über die internationale Läge und insbesondere über die französisch-jugoslawische Zusammenarbeit pflegen. Madrid bombardiert Madrid . Rach Barcelona und Valencia ist am Montag Madrid das Opfer eines Bombardements geworden. Um 12 Uhr 15 begannen die ersten Granaten in den nördlichen Stadtvierteln Madrids niederzufallen, dann im Zentrum und Weste«. Die Arbeitervorstadt Cadro Caminos und di« Umgebung des ehemaligen Königspalastes wurden von dem Bombardement besonders bettoffen. Das Bombardement dauerte dis 13 Uhr. Infolge eines Dauerregen» warm die Straßen Madrids fast vollkommm leer, infolge- desien haben nur die Granaten, die direkt Häuser ttafm, Opfer unter Fraum und Kinder« gefordert. -.> In offiziellen Kreisen unterstreicht man die rasche Aufeinanderfolge der Bombardierung der drei Hauptstädte durch di« Rebellen. Offenbar wollen die Rebellm die Zivilbevölkerung in Panik versetzen. Italiens Verluste In Spanien Rom .(Havas.) Wenn auch keine offiziellen Ziffern veröffentlicht wurden, wird doch allgemein zugegeben, daß die Zahl der verletzten Italiener, die aus Spanien zurückbefördert werden muhten, 7000 beträgt und daß die Zahl der Kranken, die ebenfalls evakuiert werden mußten, annähernd die gleiche Zahl beträgt. Bekanntlich sind auf spanischem Boden entsprechend dm offiziellen Daten bis zum 20. September d. I. 1226 italienische Frontkämpfer gefallm. In den Reihen der italienischen Kämpfer in Spanim muß also mit eitlem Abgang von mindestens 15.000 Mann gerechnet werden. Faschistenrat vertagt Rom . Die für den 6. Oktober vorgesehene Sitzung de» großen Faschistenrates ist auf einen 'fpäteren Termin verschoben worden.-Die Im Auslände verbreiteten Gerüchte, wonach, diese Vertagung auf eine ErkrankungMusso- linis zurückzuführen sei, werden von zuständigen Kreisen auf- entschiedenste dementtert. Gesandter Flerllnger In Moskau eingetroffen Moskau . Der neue tschechoslowakische Gesandte in der Sowjetunion Zdenik F i e r l i n- g e r ist Dien-tag in Moskau eintzetroffen, um sein Amt anzutreten. Auf dem Bahnhof begrüßten ihn der Sektionschef des Protokolls beim Sowjetaußenkommiffariat, Wolk, sowie die Mitglieder der tschechoslowakischen Legation in Moskau . 30 EINE GESCHICHTE VON BILDERN UND ANTIQUITÄTEN Copyright by Saturn Verlag 1935 Er erwiderte nichts. Betäubt und halb verloren blieb er im Zimmer sitzen und wartete bis Kadidja wieder eingeheizt und ein wenig Ordnung gemacht hatte. Der Traum bedrückte ihn. Er sprach den ganzen Wend kein Wort und nahm vor dem Schlafengehen ein Pulver. Er fürchtete, noch einmal etwas Aohnliches zu ttäu- men. Aber bis in den letzten Augenblick des Bewußtseins verfolgte ihn die Angst und Sorge, wie morgen die Dinge ausgehen würden und was er zum Beispiel tun solle, wenn man ihm mit der Bezahlung Schwierigkeiten machen würde oder...? Ach, ist ja alles Unsinn, sagte er zu sich selbst und schlief endlich ein. Um acht Uhr vormittags saß Vglerian auf einer Bank gegenüber dem Bankhaus Billon & Bardel. Um neun Uhr rannte er in den ersten Stock, läutete und wurde eingelaffen. Der Kaffier, schlecht rasier^ schläfrig, widerwillig, nahm den Scheck entgegen, fuhr auf, als er die Summe llrö, sagte: einen Moment, bitte! ließ das Schaltergitter herunter und verschwand. Nach einer Viertelstunde kam er wieder und bat Valerian in das Chxfzimmtzr. Dort sah ein kleiner, dicker Mann, glatt, rund und fettgesichtig wie ein Pfaffe. Er war ebenso höflich wie anmaßend, ebenso beflissen wie zurückhaltend und reizte Valerians Wut von der ersten Minute an. „Monsieur", sagte er,„Sie haben bermnse- rem Schalter einen Scheck, diesen Scheck präsentiert." „Ja. Warum zahlen Sie ihn nicht aus?" erwiderte Valerian giftig, g Der Finanzpfaffe hob erstaunt den Kopf und sah durch dicke Brillengläser befremdet auf den Frager. Er schien nicht minder reizbar als Dalerian. „Wer hat denn gesagt, daß wir ihn nicht ausbezahlen?" entgegnete er. „Dann bitte ich um das Geld. Ich habe nicht viel Zeit." „Der Scheck wird Ihnen ausbezahlt, Monsieur", sagte(krescendo aber noch piano) das Pfäffchen,„sobald da- Aviso des Ausstellers bei uns eingetroffen sein wird." „Was heißt da-?" fuhr Valerian auf,„was sind das für Usancen?" „Die normalen, Monsieur", erwiderte (pizzicaw) der Kapuziner. „Ist der Scheck nicht gut?" knirschte Valerian Und näherte sein Gesicht dem des Würdenträger- der geldlichen Weihen. „Wie meinen Sie da-, mein Herr?" fragte dieser zurück. „Wie ich das meine?" schtie Valerian,„nur so: ob ich mein Geld bekomme oder nicht? Ob der Aussteller de- Schecks ein Konto bei Ihnen hat oder nicht? Ob das Konto so hoch ist, daß der Scheck ausbezahlt werden kann, oder ob ich die Anzeige erstatten soll?" Mit jedem dieser Worte, die Valerian in höchster Erregung hervorsprudelte, wurde da» Glattgesicht de- Diakon» hinter dem Schreibtisch röter und sein Ausdruck zugleich lebensvoller. Valerian war hier auf die Sorte Neurotiker gestoßen, welche die Möglichkeit eines Stteits, eines Krachs, eines Skandal-, einer tätlichen Auseinandersetzung als wahrt Wohltat» als Erlösung aus unerträglicher Spannung begrüßt.. Valerian wußte nicht» daß er alles andere ehe. zu fürchten hatte als einen Hinau-wurf. Dieser Typus— er ist viel häufiger als man denkt— ist de- Streites mit-em Menschenbruder so bedürftig, daß er den Menschenbruder erst dann liebt und nur den Menschenbruder liebt, der ihm Gelegenheit gibt, seine stmnmen, monologisierenden, erstickten uyd dumpf, grollenden Aggressionen endlich laut werden zu lassen. „Was fällt Ihnen denn ein?" flüsterte der neurotische Kaplan, ,mrqs fällt Ihnen denn ein, hier zu schreien, Monsieur? Jedes Ihrer Worte verrät, daß Sie keine Ahnung vom Bankwesen haben. Sonst müßten Sie wissen, daß ein Scheck von derart hohem Bettag nur gegen vorherige- Wiso des Ausstellers ausbezahlt wird.'Ich habe Sie in mein Bureau bitten lassen, um Sie persönlich kennen zu lernen und vielleicht auf irgendeine Weise den Fall abzukürzen. Vielleicht hätten sich gemeinsame Bekannte ergeben. Und Sie schreien mit mir. Sie benehmen sich, hier wie, ich will nicht sagen wie..-• Der Flüsterton, in dem die Rede begonnen hatte, war schon zü ansehnlicher Lautstärke angesttegen.„Aber, hier, Monsieur, wird nicht Krach gemacht, hier, Monsieur, wird nicht gewettert, hier wird überhaupt nicht gebrüllt...", brüllte er und schlug mit der Faust auf den Tisch. Valerian kam zur Besinnung. „Verzeihen Sie, Monsieur", murmelte er. „Nein! Ich bedaure!" schrie der Neurotiker, „Ihr Benehmen ist unerhört!" „Entschuldigen Sie", murmelte Valerian, der erkannte, daß er die soforttge Auszahlung-es Schecks, wenn überhaupt, nur noch durch völlige Unterwerfung erreichen konnte,„Sie haben vollkommen recht". M „Jawohl!" donnerte jener,„vollständig recht. Sie haben sich zu entschuldigen, Monsieur." „Wer das tue ich doch schömseit zwei Minuten", sagte Valerian sanft,„ich habe mich doch bereit» zweünal entschuldigt, Monsieur. Ich ent-1 Die Bedeckung des Budsetdeflzits Gestern haben die Beratungen der politi« scheu und Wirtschaftsminister über die Bedeckung der bisherigen Fehlbetrages im Projett des Voranschlages für 1988 begonnen. Aus diesem Anlaß bringt das„Prävo Lidu" eine Bettachtung, in der e- u. a. heißt: Es geht hier um annähernd eine Milliarde XL, welche durch gewisse finanztechnische, steuerliche und Kreditaktionen beschafft werden soll. Es versteht sich, daß an der Art, wie die neuen Lasten verteilt werden» der arbeitende Mensch ein Interesse hat, einerseits deswegen, weil er von einem festen Lohn lebt, der durch neue Lasten vermindert werden kann, andererseits als Konsument, von Gütern, welche durch höhere Besteuerung betroffen werden können... Der arbeitende Mensch hat das größte Interesse an der Sparsamkeit im Haushalt, an seiner innern gerechten Ausgeglichenheit, an seiner Solidität, daran, daß es nicht zu einer Inflation kommtt worüber wir alle einig sind, daß aber auch nicht das Risiko der Deflation droht. Da» sind grundsätzliche Interessen, dann gibt es Interessen, welche unmittelbar mit dem Voranschlag für das Jahr 1938 verknüpft sind. Es handeü sich darum, daß die Konsumenteninteressen sowohl im Bereich der direkten, indirekten und Verbrauchssteuern als auch bei einigen Gütern gewahrt werden, um deren Preis ein Streit war. Wie»schon der Oeffentlichkeit bekannt geworden ist, beabsichtigt die Regierung die Zucker- und Spiritusindustpie durch neue Steuern zu tteffen. Woran dem arbeitenden Volk in dieser Hinsicht liegt, ist, daß diese Besteuerung die Möglichkeit der Herabsetzung der Preise der Erzeugnisse dieser Industriezweige und ebenso ihre gerechtere neue Organisation nicht vernichtet. Wir haben uns so ost mit der Regelung dir Spiritus- wirtschast befaßt, daß es genügt, wenn wir sagen, durch das Monopol würde der Staat weit mehr gewinnen als durch irgendwelche Behandlungen mit den Spiritusindustriellen. Bei den Verhandlungen mit der Zuckerindustrie ist es notwendig, daß jegliche neue Staatseinnahmen aus der Zuckerindustrie nicht ein Hindern!» dessen werden, daß das Parlament die neue Regelung der Zuckerwirtschast und die Herabsetzung des Zuckerpreises verhandeln könne. Vier Fünftel des Steuerertrages gelangen in die Staatskasse aus indirekten(Verbrauchs») Steuern. Und ein weiterer Teil des Erträgnisses der diretten Steuern kommt gleichfalls aus den Taschen des arbeitenden Volles, denen die Steuern bei der Lohnauszahlung abgezogen werden. Die Verbraucher und arbeitenden Massen haben gelinde gesagt voll ihre Pflicht erfüllt. Sie haben das Recht darauf, volllonuneue^Gerechtigkeit bei der Austeilung der Steuerlafwn zu fordern. Der Präsident der Republik empfing am Dienstag den Direktor des Internationalen Arbeitsamtes Harold Butler, ferner den Gesandten Dr. V. Posptsil und schließlich den Herausgeber der Zettschrist„The Spectator " H. W. H a r r i s aus London . Der parlamentarische SparauSschuß verhandelte am Dienstag das Budget deS Schulministeriums. Vor Eröfftmng der Verhandlungen erbat sich Minister Dr. Franke das Wort und erstattete aus eigenem Antrieb dem Ausschuß einen eingehenden Bericht betteffend das Vorgehen bei seiner kürzlichen Beförderung zum RegierungSrat. Der Bericht wurde zur Kenntnis genommen. schuldige mich auch noch ein dritte- Mal, wenn Eie es wünschen." Der Raufbold mit dem Gesicht eines wohlgenährten Beichtvaters starrte ihn enttäuscht an. Dann schlug er in Ermangelung körperlicher Aggressionsmöglichkeiten noch zweimal mit der flachen Hand auf den Tisch und lehnte sich schnaufend zurück. „Unerhört", sagte er mit einer letzten Hoffnung,, den Streit neu zu beleben und vielleicht doch noch zur gänzlichen Befriedigung zu gelangen. Er war erschöpft und gierig, wie nach einer sattsfactio praecox. Aber Valerian verweigerte diesem ungesunden Verlangen die Erfillkung. „Nochmal-, entschuldigen Sie, Monsieur," sagte er»„ich war erregt und beunruhigt." „Dazu hatten Sie keinen Grund, Monsieur," grollte jener. „Nein, gar keinen, ich sehe es jetzt ein. Um aber zur Sache zu sprechen: ich bin in der Lage, mich zu legittmieren. Ein Anruf bei BaroN MieS- ling im Grand Hotel wird Ihnen überdies bestätigen, daß alle» in Ordnung geht, daß Sie mir sofort auszahlen können." Der fromme Mann hinter dem Schreibtisch erwiderte auf diesen beflissenen Erguß zunächst nichts. Er ttamte mit noch immer gerötetem Kopf in seinen Papieren. Dann stand er wortlos auf 'und ging mit starken Schritten aus dem Zimmer« Er war überall rund, gepolstert, fest und glatt wie eine Kugel. Nach kaum fünf Minuten bettat er in Gesellschaft eines Herrn mit Jmperatxren- gesicht und Pelzmantel wieder das Bureau. Welcher ist Billon ? ftagte sich Valerian und welcher ist Bardel? Der Mann mit dem Pelzmantel und dem Gesicht eines römischen Cäsaren schien aber weder Billon noch Bardet zu sein, sondern ein Deutscher. Er sprach Valerian sogleich in dieser Sprache, und zwar in"einem Tonfall an, der von hem Deutsch, das Micsling, Mysenius und der junge Ulf gesprochen hatten, so verschieden war, wie der Kurfürstendamm von der Wilhelmstraße.^
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17 (6.10.1937) 235
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