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Mittwoch, 13. Oftober 1937

Jagesneuigkeiten Der sechste Tag des Velgo- Prozesses

Der Fußtritt

Immer neue Zeugen Marie Velgo bekommt Heiratsanträge

sichtspunkte ergeben.

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Marie Velgo, die fast nicht schläft und kaum ißt, scheint mit ihren Kräften fast zu Ende zu sein.

Immerhin gab es bei dieser Verhandlung wie­derholte Zusammenstöße zwischen Anklage und Ver­teidigung, besonders, als der Verteidiger dem Ge­richt einen anonymen Brief vorlegte, in welchem ein Schloffer aus der Waffenfabrit als Zeuge für ge­wisse unſittliche Handlungen Velgos angeführt wurde. Der Vorsitzende benüßte einen Ausfall des Privat­beteiligtenvertreters zu der Feststellung,

Gericht die Beweisanträge über die Natur des OGR Velgo lediglich deshalb zugelassen habe, um sich ein völlig objektives Urteil bilden zu können, was uner­läßlich sei für die eventuelle Bemessung des Straf­ausmages.

( rb) Das Beiveisverfahren geht seinem Ende| Tassen und eitva noch, daß er sich auch in diesem entgegen. Zwar werden immer neue Beweis- Punkte geizig zeige. anträge gestellt, die aber, soweit sie das Gericht Wenn jemand einen Fußtritt bekommt, so zuläßt, meist nur neue Illustrationen zu bereits ist er auf die verächtlichste Weise behandelt wor- bekannten Tatsachen bilden, die aber von der An­den. Die Psychologie des Fußtrittes ist zwar flage oder Verteidigung als wichtig betrachtet wer­noch nicht geschrieben. Man kann es aber, so den. Auch die Einvernahme der Brünner Poli­man eine im Hause hat, bereits in der Bibel zeifunktionäre mit dem Polizeipräsidenten an der nachlesen. daß es seit Menschengedenken feiner- Spize betraf Details, die in den Plädoyers Ver­lei Zweifel gibt über die Bedeutung jenes Ver- pendung finden werden, aber keine neuen Ge­fehrs zwischen Menschen, der sich durch Fußtritte ausdrückt. Josua 10,24 zum Beispiel ist eine der Stellen, in denen man verzeichnet findet, daß jemanden mit Füßen treten so ziemlich das Ver­ächtlichste ist, was man einem Menschen antun kann. Es kommt gewissermaßen gleich vor dem Anipeien. Nur daß der Fußtritt der Verächt lichmachung noch das Moment der Gewalt hin­zufügt. Anspeien fann man auch einen för­perlich überlegenen Menschen. Einen Fußtritt gibt man nur, wenn man überlegen ist oder sich zumindest einbildet, die so traftierte Kreatur werde es nicht wagen, den Stoß mit dem Fuß etwa durch einen wohlgezielten Schlag mit der Hand derart zu beantworten, daß einem die Lust zu weiteren Fußtritten vergeht.

Ich komme auf solche Erwägungen, weil ich gelesen habe, daß in einem bestimmten Lande der Fußtritt jetzt gewissermaßen als amtliches Verkehrsmittel eingeführt worden ist. Es han­delt sich, wie man unschwer erraten wird, nicht gerade um ein Land mit menschenfreundlichen oder gar demokratischen Sitten. In einem Be­richt der ,, Neuen Zürcher Zeitung " vom 26.

Ferner wurde eine Zuschrift einer Frau Fiz verlesen, die dann später auch persönlich einvernom­men wurde. Diese Zeugenaussage läuft im wesent­lichen darauf hinaus, daß die Angeklagte, die fie schon längere Zeit kannte, ihr nach ihrer Verheira tung angedeutet habe, daß in ihrer Che nicht alles klappe. Als die Zeugin darauf meinte, es sei am besten, wenn sie ein Kind haben würde, habe sich die Angeklagte geäußert: Aber nicht von ihm.

Zu Beginn des sechsten Verhandlungstages wur­den wieder Protokolle verlesen, unter ihnen das ihres Dienstgebers, des Agenten Kočvar, aus wel chem hervorgeht, daß sie sich eine Eristenz durch Einrichtung einer Konditorei gründen wollte, wozu aber das Geld nicht ausreichte. Später wollte sie eine Heiratsvermittlungskanzlei aufmachen, die aber der alle diese Versuche vermitteln sollte, als Rang nicht gehen wollte. Schließlich nahm sie Kočvar, Teifraft mit 400 Monatsgehalt in Dienst. Das aufgenommene Bolizeiprotokoll, in welchem dieſer Zur Verlesung gelangte ferner das mit Černý Protokoll enthält sonst nichts Erwähnenswertes. bei flarem Bewußtsein die Angeklagte beschuldigt hat, ebensowenig, wie das ihres seinerzeitigen Geliebten, daß sie, nachdem er ihren Mann betäubt hatte, in eines Stabskapitans, durch das bloß die bekannte Badezimmer gekommen sei und ihm geholfen habe, Tatsache beſtätigt wird, daß dieser mit ihr im Jahre ihn in die Wanne zu drücken. Marie Belgo be 1933 eine intime Bekanntschaft hatte, die aber durch- streitet diese Angabe mit Entschiedenheit, ebenso feiner Seite. aus nicht ernst gemeint" war auch die Behauptung Ternhs, daß sie den Mordtermin bestimmt und sich vorbehalten habe, gewissermaßen Der erfte Zeuge, der zur Einvernahme kam das Kommando zur Ausführung des Mordes zu wurde, war das Dienstmädchen des tags vorher ein- von dem Mord gesprochen habe, was ohnehin feststeht und dessen Aussage mit Interesse entgegengesehen geben. Die Velgo gibt nur zu, daß sie mit ihm vernommenen Obersten des Justizdienstes Rybár, der und wofür ja die fünf Schuldverschreibungen auf je er alle die in feiner umfangreichen Beugenausfage 5000, zahlbar stets am Mordtag, hinreichend der 32jährigen Marie Pernic war kurz und auf, daß sie noch vor der Ausführung von dem beſtätigte im ganzen, daß so ziemlich alles, was da Mordkomplott zurückgetreten sei. Schließlich wurde aus zweiter und dritter Hand berichtet wurde, gedie Verhandlung vertagt. wöhnlicher Tratsch war. Zwischen ihr und der Mutter der Angeklagten bestand eine Art Freund­

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wenigstens von

Nr. 241

wurde während er eine faschistische Pro­Sir Oswald Mosley pagandarede hielt, mit Steinen beworfen und

verletzt

des Wiener Cafés Kaisergarten" Hedwig Till hat 83jährige sucht den Tod. Die Eigentümerin Leuchtgas vergiftet. sich an ihrem 83. Geburtstag in ihrer Wohnung mit

,, Entartete Kunst ". In einigen Gemeinden der

September nämlich läßt sich das Blatt von vorgetragenen Mitteilungen verdankt. Das Verhör Beweise sind. Ihre Verteidigung beruht eben dar- Umgebung von Trnava , versuchte ein etwa 17jäh

ſeinem, einem tiefempfundenen Bedürfnis zu folge an die deutschen Manöver entsandten Son­derforrespondenten, über den Einsatz der Pan­zerkrafttruppen folgendes berichten:

Dabei darf man auch den um or nicht in launiger Weise von der neuen Sprache, die

berlieren, und Oberstleutnant Schmelzer berichtet

aus Verständigungsnotwendigkeiten eingeführt werden mußte. Weil bei dem Rattern und dem Lärm die menschenübliche Sprache nicht durch dringt, muß man sich durch ein System freundschaftlicher Fußtritte hel fen, von denen jeder seine besondere Bedeutung hai .

schaft, die von der gemeinsam benutten Wäscheman gel berstammte. Die Zeugin weiß nur, daß ihr die alte Frau Sablik von einer Bekanntschaft ihrer Toch ter mit einem alten Rat erzählte, der geizig sei und eine unsaubere Wohnung habe.

Mit Bestimmtheit weiß die Zengin, daß nach der Hochzeit die Angeklagte keinerlei Männerbesuche

empfing

Es handelt sich also darum, daß der Kom- und auch von den vorhergehenden weiß sie nichts mandant eines Panzerwagens seine Unter- Tatsächliches auszusagen. Später, als die Scheis gebenen mit Fußtritten regaliert, wenn er was dung schon im Zuge war, erfuhr die Zeugin nur anordnen will. Je nachdem, ob er den Wagen- bon der Absicht des Herrn Rates, sich scheiden zu lenker oder den Maschinengewehrschützen ans

liert...

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riger unbekannter junger Mann mit einer Hundert­fronen- Note zu bezahlen, die den Kaufleuten ver­

dächtig schien. Als ein Kaufmann die Banknote her zu prüfen begann, ergriff der junge Mann rasch wähnung getan werden, daß dem Gericht, den schung auf grobem Papier, die mit der Sarmerie Bei dieser Gelegenheit muß der Tatsache Er- die Flucht. Es handelte sich um eine sehr grobe Fal­Advokaten und dem Staatsanwalt Tag für Tag berge ſte I It worden war. Die Gendarmerie ganze Stöße anonymer Briefe zugehen, die teils verhaftete Montag den jungen Mann, als er gerade in glühender Begeisterung für die Angeklagte, Spielfarten verkaufte, die er e benfalls selbst teils in grimmigitem Haß gegen sie ihren Freiberge it e II t hatte. Nach langem Leugnen legte spruch oder ihre Verurteilung fordern bzw. den er ein Geständnis ab. Es handelt sich um einen Ankläger oder den Verteidiger, je nachdem, an- Hirten aus der Gegend von Myjava. himmeln oder verfluchen. Beachtung verdient jedenfalls die Tatsache, daß Marie Velgo bisher zwei ernste Heiratsanträge einer davon ist aus Wien datiert und stammt von einem dortigen Weinhändler und auch etliche gute Stellen langebote erhalten hat.

Aus dem Zug gefallen. Im Bahnhof von Snia­thn an der polnisch- rumänischen Grenze, fiel einer der Passagiere des Zuges Lemberg - Bukarest gerade in dem Augenblick aus dem Zug auf das Neben­geleise, als eine Verschublokomotive vorüberfuhr. Dem Unglücklichen wurde von der Lokomotive der Kopf abgetrennt. Es wurde festgestellt, daß es sich um den Professor der Philosophie der Universität ftanbul , Mahmut Feyheres, handelt, der sich auf der Reise von Berlin nach Konstanza befand.

Auto fährt in eine Mädchengruppe. In der Nähe von Köln unternahmen 150 Jungen und Mädchen einen Ausflug zu Fuß. Ein mit einem Mailand . Reichsstaatssekretär General Mi I ch Anhänger versehenes Lastautomobil überholte die Gableudem und fuhr mit großer Wucht in die Wolf und Steller zu einem Besuch der internatio Ausflugsgruppe. Der Anhänger geriet ins traf hier in Begleitung der Generale Christiansen, Mädchengruppe. Ein Mädchen war auf der Stelle nalen Luftfahrtausstellung ein. Den deutschen Genes tot, vier andere im Alter von 11 bis 16 Jahren ralen wurden von den Besuchern der Ausstellung wurden schwer verlegt. immer wieder Sympathiekundgebungen bereitet.

Bein, in den Rücken oder an die Stelle tritt, man, wo eine Klingel ihren Zweck verfehlt, sich die aus Goethes Göz von Berlichingen" eine seit langem mit bunten Lichtsignalen zu ver­auch in diesem Fall zutreffende Bedeutung er- ständigen pflegt, wir können in dem Fußtritt, langt hat, ist unter dem Fußtritt etwas an- von dem sich die ,, N33" in ,, launiger Weise" deres zu verstehen. Interessant, daß der Ver- berichten läßt, nur den Ausdruck einer Roheit treter der bedeutendsten Zeitung eines demokra erblicken, die um so furchtbarer und erschüttern tischen Landes dabei den Humor nicht ver- der auf uns wirkt, als sie bereits mit einer ge­wissen Selbstverständlichkeit auf­Wir anderen, die wir in einem Fußtritt genommen zu werden scheint. Das Gefühl In einen Kanal gestürzt. Bei Damanhour vom Vorgesetzten zum Untergebenen in feinem für Würde iſt zu jenen Hunden geflohen, die in Unterägypten ſtürzte ein Autobus in einen Falle etwas Freundschaftliches" zu erblicken im Dritten Reich noch menschlicher behandelt Kanal. Acht Injassen ertranten, vier wurden vermögen, und uns klar darüber sind, daß man, werden als die Volksgenossen in Uniform. Wer schwer verletzt. wenn das Gehör ausgeschaltet ist, ja immer angesichts solcher Erscheinungen den Humor nich noch eher an das Gesicht appellieren kann rerliert, der ist nicht weit davon entfernt. einen als an das Schmerzgefühl, wir anderen, die wir Fußtritt, kommt er nur von einem faschistischen zum Beispiel noch nicht gehört haben, daß man| Vorgesetzten, als besondere Ehrung aufzufassen. fich im Propellergefnatter der Flugzeuge mit Eine solche Gesinnung aber als hündisch zu be­Fußtritten unterhält, denen vielmehr eine Taub- zeichnen, wäre fürwahr eine Beleidigung für stummensprache bekannt und geläufig ist, daß die Hunde.

Herbststurm

Wenn der letzte Badegast den Strand verlassen hat, beginnt für die Küstenbewohner das all­jährliche Schauspiel sturmgepeitschter See.

China ruft Wiener Aerzte. Die Organisa­tion der Wiener Aerzte wurde von der chinesi­schen Regierung in Nanking telegraphisch aufge= fordert. Aerzte hauptsächlich Chirurgen auf den chinesischen Striegsschauplatz zu entsenden. Die Aerzte, die sich hiezu melden, erhalten die Reise kosten vergütet und eine monatliche Gage von 500 Schilling.

Eine Gedenktafel für W. A. Mozart wird am

28. Oktober in Olmüz am Hauſe der Kapitel­Dechantei auf dem St. Wenzels- Platz enthüllt iver­

den, in dem Mozart im Jahre 1767 als elfjähriger Knabe mit seinem Vater und seiner Schwester auf Einladung des damaligen Olmüßer Vikars von Pod­statský- Liechtenstein wohnte.

Kalter Herbst. Aus einem Druckhoch, das bes

reits seit einigen Tagen zwischen Island und Groß­ britannien lagert, strömt dem Festlande kältere Luft zu. Bei uns herricht auf den Berggipfeln andauern­der Frost und auch in den Niederungen ist es ziem lich falt. In den höheren Schichten der Atmosphäre Der bestohlene Zauberer. Im Scharfschüßen- über Nordwestdeutschland ist jedoch eine Erwärmung Hause in Böhm.- Leipa gastiert ein Zauberer na- eingetreten. Infolgedessen sind dort auch in den nie­mens sa z ne r. In der Nacht vom Samstag plus 15 Grad Celsius angestiegen. Da in Mittel­deren Lagen die Temperaturen stellenweise über zum Sonntag wurde er durch ein Geräusch aus europa nunmehr eine zusammenhängende nordwest dem Schlafe geweckt und sah gerade noch, wie liche Luftbewegung vorherrscht, ist zu erwarten, daß zwei Männer durch das Fenster das Weite such es Mittwoch, auch in den böhmischen Ländern etwas Kaßner mußte die betrübliche Feststellung wärmer sein wird. Wahrscheinliches Wetter Mitt­machen, daß ihm und zwei Angestellten Schmuck- woch: Veränderlich, zeitweise Schauer, in den böh­und Wertgegenstände, ferner ein Barbetrag von 400 gestohlen worden war. Der Wert des gestohlenen Gutes beträgt etwa 3000.

ten.

mischen Ländern etwas wärmer, im Osten noch ziemlich falt, West- bis Nordwestwind. Wetteraus fichten für Donnerstag: Noch unbeständig, im gan zen jedoch teilweise wieder Abnahme der Bewöl­fung und der Neigung zu Regenschauern, vergrö-, Berte Tagesschwankung der Temperaturen. West­

Vom Rundfunk

Empfehlenswertes aus den Programmen: Donnerstag:

Daß Mussolinis Pfeifen und Tagores Kämme aus Prag stammen, hat die illustrierte Wochen­schrift ABC entdeckt und berichtet darüber in wind. ihrer soeben erschienenen neuesten Nummer. Ein Aufsatz über den Krieg gegen die Museen in Spa­ nien , die Schilderung eines aufregenden, afrikani­schen Abenteuers zweier Prager Motorfahrer, ein Artikel über jenes Schloß in Böhmen , in dessen Park die erste europäische Ausstellung stattfand, bilden neben Kurzgeschichten, einem großen Bild- Deutsche Sendung: Vom Scheiden und Abschiedneh Prag , Sender I: 10.05: Deutsche Presse, 14: bericht über den japanischen Krieg gegen China , men, Hörfolge von Multerer, 15.30: Orchesterton­vielen Anekdoten, aktuellen Photos, Dentaufgaben zert FOR: Mozart , Paganini etc., 17.50: Deutsche und der Fortsetzung des höchst spannenden und originell illustrierten Kriminalromans Der ABC­Fahrplan" den Inhalt der neuesten Nummer. Verlangen Sie überall das ABC.

Sendung: Jugendstunde, 18.20: Landwirtschaft, 18.45: Deutsche Breffe, 18.55: Aus dem deutschen Kulturleben, 19.15: Hanakische Lieder, 20.55: Tschechische Opernfolge, 22.20: Klavierkonzert. Brag, Sender II: 14.20: Deutsche Sendung: Bes Messerstecher. In der Gemeinde Dvory im Be- neyovsky: Der junge Hummel in Prag , 14.551 zirk Nové Zámky gerieten der 24jährige Josef Deutsche Presse, 18: Mužiks Salonquartett. Boldzáry und der 19jährige Franz Dekan in einen Brünn 12.35: Rundfunkorchesterkonzert: Schubert, Streit, in dessen Verlauf Dekan dem Boldyzáry Dvořák etc., 17.40: Deutsche Arbeitersendung, einige Stiche mit einem langen Messer berjezte. Lufrezia. Oper von Respighi . Musikeinlage, 19.40: Aus Stadttheater Olmüß: Boldyzáry wurde in ernſtem Zustande ins Kran- Salonorchester, 19.55: Populäres Konzert. Mäh­Breßburg 11.05: fenhaus eingeliefert. Die Ursache der Tat war risch- Oftrau 18.10: Der Kuß von Isidin, Spio­Eifersucht. Rundfunkspiel.

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