Nr. 245

Sonntag, 17. Oktober 1937

Sudetendeutscher Zeitspiegel

Henleins Miẞerfolg

in London  

wahrheit gesagt hat, oder ob er einer unrichtigen| hinaus durch den Zaun in einen Garten und Information aufgesessen ist. wurde vollständig demoliert. Hiebei erlitt ein Die SdP soll sich diese schöne Gelegenheit, dritter Beamter, namens Rudolf Rippel, der den Abg. Jatsch als Saboteur der Zuckerverbilli- Reißverschlußwerte einen Armbruch und mußte gung zu entlarven, nicht entgehen lassen. ebenfalls dem Tetschner Krankenhaus übergeben werden.

Ein zweiter deutscher Staatsprels

Das Institut für deutsche Volksbildung teilt uns mit, daß das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur den Antrag auf Erteilung eines zweiten deutschen Staatspreises dem Minister borlegen wird, womit einem Wunsche der deut­schen Oeffentlichkeit Rechnung getragen ist.

Schweres Verkehrsunglück bei Bodenbach

Erfreuliches aus Reichenberg Wir berichteten am 14. September in einem ,, Brief an den Zeitspiegel", daß in der Städtischen Bücherei und Lesehalle Reichen­bergs die Linksliteratur ausgemerzt worden sei und daß auch keine linksgerichteten Zei­tungen auflägen.

Aus allen Berichten, welche die nicht gleich geschaltete Presse über Konrad Henleins Besuch in London   bringt, geht hervor, daß dieser Besuch ein ausgesprochener Mißer folg des Stam mesführers" gewesen ist. Der Vortrag, den Hen­ lein   hielt, trug rein privaten Charakter, es waren insgesamt 30 Personen anwesend. An den Vor­trag schloß sich eine Diskussion an, in deren Ver­lauf, wie die ,, Prager Presse" berichtet, einige Anwesende an Henlein   eine Reihe von Anfragen über das Verhältnis der Sudetendeutschen Partei zur Außenpolitik der Tschechoslowakei   richteten. Dieses Verhältnis wurde von einigen anwesenden Die Reichenberger Volksbücherei hat in Engländern ziemlich scharf kritisiert. Henlein sah einer Zuschrift auf die Unrichtigkeit sich gezwungen, auch über seine Beziehungen zu Ein Toter, zwei Schwerverletzte dieser Information aufmerksam gemacht. Die Hitler zu sprechen. Einen ziemlich schlechten Ein- Bodenbach.( Eigenbericht.) Ein schweres den und ihre Herausgabe habe deshalb auch beiden Braunbücher seien nie verlangt wor­druck löste die Erklärung Henleins aus, daß die Verkehrsunglück, das ein Menschenleben zum nicht verweigert werden können, im übrigen Forderungen der Sudetendeutschen Partei, wie Opfer forderte, ereignete sich in der Nacht zum lägen alle Linkszeitungen auf, einschließlich sie in den bekannten Gesetzesvorschlägen formu- Samstag in Merzdorf bei Bodenbach. liert sind, minimal seien und fein Kompromiß zu- In der Nacht gegen halb 3 Uhr fuhren des Sozialdemokrat", übrigens sei auch die ließen. Es scheint, daß Henlein durch die positive einige Beamte der Reißverschlußwerte in Bünau- Prager Presse" dort zu finden. Einstellung zahlreicher Besucher seines Vortrages burg  , von einer geselligen Veranstaltung in Wir haben uns nun auch selbst davon zur Tschechoslowakei   überrascht worden war. Auch Eulau kommend, mit einem Auto und einem überzeugt, daß die Angaben, die in dem das Česté Slovo" veröffentlicht einen Bericht Motorrad gegen Bünauburg. Bei der sogenann- Brief an den Zeispiegel" vom 14. September über Henleins Vortrag und erzählt, daß Henlein ten Werner- Fabrit in Merzdorf fuhr der Lenker enthalten waren, den Tatsachen nicht ent­auf alle Fragen der Besucher ausweichend und des Motorrades, Schneider, dem Auto vor. sprechen. Es wird sich sehr empfehlen, daß unzulänglich geantwortet habe. Das Ergebnis des Wenige Meter vor dem Auto geriet das Motorrad, die Reichenberger Sozialdemokraten sich im­Henleinschen Vortrages war auch vom Stand- auf dessem Soziussite der 26jährige Beamte der mer wieder durch den Besuch der Bücherei punkt der Henleinschen Propaganda absolut nega- Reißverschlußwerte Karl Kralowit faß, auf und der Lesehalle von dem Vorhandensein tiv. Dessen ist sich Henlein selbst bewußt. Schließ der feuchten Straße ins Rutschen, tam zum Sturze oder dem Fehlen der Linksliteratur überzeu­lich berichtet ,, Národní Osvobození", daß Hen- und die beiden Fahrer wurden mit furchtbarer gen. lein von seinem Londoner   Ausflug wenig zufries Wucht auf die Straße geschleudert. Stralowitz war den zurückgekehrt sei. sofort tot, Schneider hat einen Armbruch erlit Wie uns aus London   berichtet ten und mußte dem Krankenhause in Tetschen   zu­wird, verzeichnet man in englischen Kreisen mit geführt werden. Interesse und Mißtrauen den auswei Aber damit nicht genug: Als der Lenker des chenden Ton, in dem Henlein   auf die ihm ge- Autos den Sturz des Motorrades sah, riß er den stellten Fragen über seine Beziehungen Wagen, um die Gestürzten nicht zu überfahren, zu Hitler und zum Nazismus einging. Er nach links, leider etwas zu weit, so daß das Auto fagte u. a., daß er nur einmal persönlich an eine Telegraphenstange geriet und diese glatt beiHitler gewesen sei, und zwar in Garmisch  - umwarf. Das Auto fuhr über den Straßenrand Nr. 126 vom 10. Juli 1933 berboten. Partenkirchen  . Das sei ein formelles Zusammen­treffen gewefen. In England interessiert selbst­verständlich vor allem Henleins Beziehung zu Berlin   und man hatte von ihm eindeutige und flare Worte für oder gegen den Nazismus und

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Verbot der Boykott- Flugblätter. Auch aus Troppau   und aus Mähr.- Trübau wird uns gemeldet, daß die Behörden dort die Verbreitung der Flugblätter ,, 50.000 Familien deutscher Kaufleute" und" Deutsche Hausfrau, kaufe richtig!" des ominösen Verbandes zum Studium und zur Förderung der Volkswirtschaft, Siz Teplitz- Schönau" auf Grund des Gesetzes

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Brandherd Palästina

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Zum Schutze gegen die Bergmannskrankheit

in Joachimsthal  Eröffnung einer staatlichen Beratungsstelle

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Der Präsident- Befreier T. G. Masaryk  widmete einen größeren Geldbetrag für die Schaffung einer Studienkommission zur Er­forschung und Heilung der Joachimsthaler Bergmanns Krankheit. Diese Kommission, welche beim Gesundheitsministerium errichter wurde, beschloß in ihrer letzten Sikung unter dem Vorsitze des Ministers Dr. Czech auf An­trag des Gesundheitsministeriums, in Joa­dimsthal eine st a a tliche Beratungs­stelle für Lungenkrankheiten 3 errichten, deren Aufgabe die sozial- gesundheit­liche beratende Fürsorge für die Joachimsthaler Bevölkerung, insbesondere für die Bergmanns­Familien sein wird. Diese Beratungsstelle wird am Sonntag, den 17. Oktober, unter Teilnahme thal eröffnet. der Behörden und Korporationen in Joachims­

USA zum Boykott Japans  bereit?

Washington.( Havas.) Der Präsident der Vereinigten Staaten   von Nordamerika Roosevelt soll wahrscheinlich Samstag noch eine Erklärung über die Ereignisse im Fernen Osten abgeben. Wie mitgeteilt wird, erblicken die politischen Stellen Amerikas   in der Ende Oktober in Brüs­fel stattfindenden Konferenz eine analoge Kon­ferenz, wie sie der ehemalige Staatssekretär Stimson   bei der Okkupation der Mandschurei durch die Japaner im Jahre 1932 eröffnete. Die Vereinigten Staaten werden, wie verlautet, an ieder Maßnahme teilnehmen, in­begriffen auch die Verhängung des Boykoties ge­gen die Japaner, welche die Mächte gegen Japan  ankündigen werden.

Die Regierung teilte der belgischen Regie­rung mit, daß sie mit der Wahl Brüssels   als Tagungsort und mit einem Termin gegen Ende Oktober für die geplante Neunmächte- Konferenz einverstanden ist.

Washington.( Reuter.) Die Regie­rung der Vereinigten Staaten von Amerika   gibt offiziell bekannt, daß sie die Neun- Mächte- Kon= ferenz, die am 30. Oktober zusammentritt, be= schickt. Die amerikanische   Delegation wird von Oktober an Bord des Dampfers Washing­ ton  " ein.

feine Ziele erwartet. Henlein ist aber ausgewichen, Mussolinis Daumschraube für England Wahabiten Norman Davis geführt und schifft sich am 20. im Anmarsch Der Mufti geflohen

was zu dem Mißerfolg seines Londoner   Auftre­tens wesentlich beiträgt.

Von 206 auf 68...

Boykott deutscher und

London  . Wie aus Palästina gemeldet wird, Samstag brannten in Luedda, dem größten gestaltet sich dort die Lage immer beunruhigender. Flughafen Palästinas, die Telegraphenstation, das Besonders hat sich die Lage im Hebron  - Gebiet Zollamt und das Gebäude der Paßkontrolle nie­japanischer Waren in Südpalästina verschlechtert. Die Frauen und der. Es wird Brandstiftung angenommen. In Jes Denver.( Havas.) Der amerikanische   Ge­Kinder der Polizeibeamten sollen nach Jerusalem   rusalem kam es noch zu zahlreichen Schieße- werkschaftsbund hat seine Kongreßtagung mit der in Sicherheit gebracht worden sein. Der Nacht reien, ebenso an vielen anderen Orten Palästinas. einstimmigen Annahme einer Entschließung been­verkehr ist auf allen Palästina- Bahnen eingestellt Reuter meldet, daß zwischen Jarusalem und det, in welcher der Krieg verurteilt wird. Die worden. Wie weiter gemeldet wird, ruft der Auf- Haiffa. der gesamte Telephon- und einzige Bürgschaft des Friedens sei das kollek­marsch der Wahabiten längs der Grenze Telegraphenberkehr unter tive Vorgehen der freien Völker und ihre Zusam­von Palästina und Transjordanien starke Be- brochen ist. menarbeit auf wirtschaftlichem Gebiete. Der Kon­unruhigung hervor. Ob mit einem Vormarsch von greß beschloß einmütig den Boykottdent­Truppen Jon Sands nach dem Golf von Akaba scher und japanischer Waren. zu reden ist, steht noch nicht fest. Gerüchtweise verlautet, daß die Wahabiten die Ankunft eines Sohnes Jbn Sauds erwarten, der das Kommando der Wahabiten- Truppen übernehmen soll. Ausnahmszustand

Die Flucht des Mufti

Jerusalem  . Der Neuter- Korrespondent teilt mit, daß der Groß- Mufti von Jerusalem   aus Palästina nach Syrien   geflohen sei.

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Atlantis( New Jersey  ).( Reuter.) Auf dem

Kongresse des Ausschusses für die Organisierung der Industrie wurde eine Resolution angenom­men, die den Boykott sämtlicher japanischer Fabrikerzeugnisse empfiehlt.

Aus allen Statistiken über die Bevölkerungs­bewegung des Sudetendeutschtums ist ersichtlich, daß das Reichenberg- Gablonzer Ge­biet die geringste Geburtenziffer aufweist. Ein erschütterndes Beispiel dafür gibt Ditters bach im Bezirk Friedland, wo die Zahl der deut schen Schulkinder von 206 im Jahre 1920 auf 68 im Jahre 1937 zurückgegangen ist. Diese katastrophale Entwicklung ist wesentlich bedingt durch die Einstellung der dortigen beiden Fabriken. Die Firma Neumann beschäftigte einst 300 Arbeiter. Der Betrieb steht seit 1926 still, die Fabrikgebäude wurden abgerissen. Die Firma Preibisch, welche bis zum Jahre 1934 arbeitete und 600 Arbeiter beschäftigte, ist seit dieser Zeit ohne Beschäftigung. 900 deutsche Ar­beiter, welche früher im Orte ihren Lebensunter­halt fanden, sind zum Großteil seit Jahren Angesichts der zahlreichen Terroratte haben London  . Die Londoner   Organisation der arbeitslos oder verdienen kümmerlich den not- die Behörden die Verlängerung des Labour Party   und der Trade Unions- Rat berie­wendigsten Lebensunterhalt für sich und die Ihren Ausnahmszustandes auf unbestimmte fen für Sonntag 15 Uhr ihre Anhänger auf den in den umliegenden Städten. Zeit beschlossen. Freitag abends wurden alle Trafalgar- Play, um dortselbst eine Protests Straßen, Pläge, sowie die Caféhäuser geräumt bersammlung gegen den Angriff Japans  und gesperrt. Durch die Straßen patrouillieren Jerusalem  . Auf dem Straße Jerusalem  - auf China   zu veranstalten. Aehnliche Versamm­andauernd Polizeistreifen. Zahlreiche Personen Jaffa   wurde eine Brücke gesprengt. Ueber das lungen werden an demselben Tage in Nordeng­aus der Umgebung des Mufti wurden verhaftet, Stadtgebiet von Lydda   wurde für 24 Stunden land, namentlich in Manchester  , Liverpool   und desgleichen in Jaffa  . Wiewohl ein großer Feier- der Belagerungszustand verhängt. Die Stadt Glasgow  , veranstaltet werden. tag war, leitete der Mufti nicht die öffentlichen wurde von Militär umzingelt, während die Po­Gebete, was wohl zum ersten Male der Fall war. lizei alles durchsucht. Vor Sonntag früh fieben Er zeigte sich auch in der Moschee nicht.

Hat Abg. Stangl bewußt

die Unwahrheit gesagt? Um Aufklärung wird gebeten! Wir werden auf einen Versammlungsbericht des Sdp- Organs Heimatruf" vom 22. Sep­tember aufmerksam gemacht, wonach ein Abge­ordneter dieser Partei, Herr Stang I, in einer Versammlung in Schönbrunn   folgendes erklärt haben soll:

zur

,, Als die Parlamentarier der SdP seiner­zeit einen Antrag auf Verbilligung uns bes 3uderpreises stellten, ist anschei­nend dieser Antrag irgendwo in einer Schublade des Herrn Jakich, der Vor­sitzender der Ernährungskommission fei, lie gen geblieben".

Diese schwerwiegende Anschuldigung ist etwas zu allgemein gehalten. Es müßte doch hinzuge­fügt werden, wann und wo die Abgeordneten der SdP einen Antrag auf die Verbilligung des Buders gestellt haben. Dann wird sich feststellen laffen, in welcher Schubla de der bes treffende Antrag- falls er überhaupt existiert liegen geblieben ist.

-

Wir fordern den Herrn Abgeordneten Stangl in aller Form auf, darüber nähere An­gaben zu machen.

Die interessierte Deffentlichkeit wird dann urteilen können, ob Herr Stangl bewußt die Un­

auf unbestimmte Zeit

Beirut  . Es bestätigt sich, daß der Groß- Mufti von Jerusalem   Freitag abends an der Libanon­Küste in der Nähe von Natoura auf einem Segler angekommen ist. Er wurde, als Beduine ber­fleidet, von Zollbeamten erkannt. Noch während der Nacht begab sich der Groß- Mufti nach Bei­rût und reiste von dort am Morgen mit unbe­tanntem Ziele ab.

Brücke gesprengt

Uhr darf niemand seine Behausung verlassen.

Chinas   Widerstandskraft wächst

Die chinesische   Gesandtschaft in Prag   stellt ein Bulletin über die Situation in China  Verfügung, in welchem es heißt:

trotz der heftigen japanischen Beschießung wider­standen. Am Donnerstag nachmittag begann der chinesische   Gegenangriff an sämtlichen Fronten in Dazan, Tschapei und Linho  . Am Donnerstag Abend haben chinesische Flieger japanische Kriegs­fchiffe beschossen.

Die Beschießung von Schanghai   am Don­nerstag ist ohne Erfolg geblieben. Unter Nicht­achtung der neutralen Stellung der internationa­Tientsin.( Havas.) Beim Vormarsch längs len Konzession warfen die Japaner zwei Bomben südlich von Sutschau ab, wodurch ein Wagen der der Eisenbahnstrecke Peiping- Hankau erreichten Straßenbahn getroffen und Reisende getötet und die japanischen Abteilungen die chinesischen Ste!- verwundet wurden. Augenzeugen teilen mit, daß lungen bei Schintefu, 400 Kilometer südwestlich die japanischen Flieger die vor den Bomben von Peiping. In Nordchina sind die Japaner um flüchtenden Bewohner aus Maschinengewehren 15 Kilometer vorgerückt. Hier sollen fie 300.000 beschossen. Mann eingesetzt haben; zusammen mit dem Vier Versuche der Japaner, Truppen zu Truppenfontingenten in Schanghai   und Man­landen, wurden durch die chinesischen   Truppen dschutuo betragen die japanischen Streitkräfte. verhindert. Große chinesische Gegenangriffe im insgesamt eine halbe Million Mann. Süden von Vencaopan warfen die Japaner bis Schanghai  . Central News" meldet, daß bei hinter ihre ursprüngliche Stellung zurüd. An der dem wiederholten Bombardement der Städte Front von Riantwang wurden die japanischen Utschen und Koeiling in der Provinz Schansi Angriffe mit schweren Verlusten zurückgewiesen. durch japanische Flugzeuge über 700 3isilper­In Tschapei dauern die heftigen Kämpfe fort und ſonen getötet und ein ungeheurer Materialscha­die chinesischen Truppen haben überall dem Feinde den angerichtet wurde.

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Auch in Arabien   hat eine lebhafte ,, Nicht­intervention" eingesetzt.