Nr. 245Sonntag, 17. Oktober 1937Seite 5Unerhörte Ausbeutungbei Mautner In GrünwaldNach dem unseligen Konflikt bei Mautner,Grünwald, der für die Dauer von 7 bis 8 Monaten den Stillstand des Betriebes zur Folge hatte,wurden vom Jänner dieses Jahres beginnend vonden früher beschäftigt gewesenen mehr als 1100Arbeitern zirka 500 bis 600 wieder in den Betrieb eingestellt. Mehr als 500 ehemalige Arbeiter dieses Unternehmens wurdenbis heute nicht eingestellt. Der Firmagelang es seinerzeit bei der Liquidierung desKonfliktes für die Zusicherung, daß sie den Grün-Walder Betrieb wieder aufnimmt, vom Staat undanderen Stellen kolossale Vorteile einzutauschen,die ihr gewiß gegenüber ihrer Konkurrenz einestjhx günstige Position sichern.Bei der Einstellung der Arbeiterschaft wurden leider die bei den Schlußverhandlungen vonden Vertretern der Firma gemachten Zusagen»daß nur fachliche Fähigkeiten, und soziale Momente bei der Wiederaufnahme der Arbeiter Berücksichtigung finden werden, nicht eingehalten.Mancher Arbeiter, der vorzügliche fachliche Fähigkeiten nachzuweisen vermochte, konnte die Zugehörigkeit zu einer bestimmten extremtschechischenOrganisation nicht nachweisen und wurde nichteingestellt. Die„Erfolge" der Firma lassen dieHerren Leiter dieses Unternehmens aber nicht inRuhe. Nicht genug damit, daß jetzt schon an vierStühlen gearbeitet wird» hat man nach monatelangen„genauen" Berechnungen festgestellt,daß fünf Weber 60 Webstühle>— nichtAutomaten— bedienen können.Dabei verwahren sich die Herren Theoretiker derFirma dagegen, daß sie vom Arbeit« zuviel ver-langen. Man ist also der Meinung, daß der Arbeit«, wenn er nur annähernd mit dem Fleiß andie Arbeit ginge, wie die Herren Leiter undRechtsberater des Mautnerkonzerns, mit Leichtigkeit auch das Doppelte leisten könnte. Hält derArbeit« nicht durch, wird er als ungeeignet entfernt, man kann ja genügend andere haben undherunterwirtschasten. Diese beispiellose Ausbeutung menschlich« Arbeitskräfte, die schon an verantwortungsloses, böswilliges Zerstören gesunderMenschen im Interesse der Zivno-Aktionäregrenzt, mutz mit allen möglichen Mitteln bekämpftwerden. Hi« hat das Gesundheits- und Fürsorgeministerium einzugreifen.Die Union der Textilarbeiter, Reichenderg, ist bemüht, gemeinsammit den-koalierten Textilarbeiterorganisationen,diese neuen Versuche der Firma Mautner, dieArbeitsvuhältnifse in ihren Betrieben zu verschlechtern, zu verhindern. Bereits in zwei stattgefundenen Verhandlungen wurde den Vertreternder Firma mitgeteilt, daß die Gewerkschaften dieEinhaltung der Bestimmungen des rechtsverbindlich erklärten Kollektivvertrages verlangen und diePläne der Firma ablehnen. In den Belegschaftsversammlungen des Betriebes Mautner, die sehrgut besucht waren, berichtete für die Union desTextilarbeiter Genosse Koutnik, Reichenberg, über die bisher unternommenen Schritte.Die Arbeiterschaft lehnte einmüttg das ungeheuerliche Begehren der Firma ab und verlangte,daß alle geeigneten Mittel angewendet werden,um die Firma zu bewegen, von der Durchführungihrer Pläne Abstand zu nehmen.Lohnforderungen der Transport- undSpeditionsarbeiter in Teplife-SchönauDie am 15. Oktober in Teplitz-Schönaustattgefundene- gut besuchte Protestversammlungder im Verbände der Transport- und Lebensmit«tclarbeiter(Aussig) organisierten SpeditionS-und Transportarbeiter beschloß, an die Genossenschaft der Speditionsfirmen das dringende Verlangen zu stellen, daß über die an die Genoffen-schaft überreichten Forderungen der Speditionsund Transportarbeiter unverzüglich dkd Verhandlungen ausgenommen und ehestens zu einem fürdie Arbeiter günsttgen Abschluß gebracht werden.Weiters fordern die. Spedittons- und Transportarbeiter die Einhüllung d« gesetzlichen Arbeitszeit von 48 Stunden pro Woche. In derVersammlung kam sehr eindeutig zum Ausdruck,daß es untragbar ist, daß einige Unternehmungenim Uebermaß Ueberstundenleiftrngen von ihrerArbeiterschaft fordern, während eine große Anzahl arbeitsloser Speditionsarbeiter vergebensMan erhält fürKL100Reichsmark•«.■638.—Markmünzen.>.9700.—100österreichische Schilling••526.50100rumänische Ltt..•-.16.40100polnische Zloty...•f515.50100ungarische Pengö»...•.•550.50100Schweizer Franken*•654.50100ftanzösische Francs»,■•96.451englisches Pfund..v•140.501amerikanisch« Dollar.•28.50100italienische Lire..••118.40100holländische Gulden.••1575,—100jugoslawische Dinare.••60.30100BrlzaS479.—100dänische Kronen..«•628.—100schwedische Krone««■■728.—auf Arbeit wartet, und daß sie Obendrein nichtnach dem Tarif bezahlen.Die Forderungen nach der Wiederherstellungder Lohnverhältnisse aus dem Jahre 1933 halten die Spedttions- und Transportarbeiter beiden derzeittgen Verhältnissen für begründet, zumal jetzt infolge der Besserung der Wirtschaftsverhältnisse sich eine Verteuerung der für denArbeiterhaushalt wichtige« Bedarfsartikel ungünstig auswirkt.Die Arbeiterschaft gibt der Hoffnung Ausdruck, daß sich die Speditionsfirmen den gerechtenForderungen nicht länger hinderlich in den Wegstellen und sich bereit erllären, die Angelegenheitim Verhandlungswege zu beiderselliger Zufriedenheit zu regeln.- Die Speditions- und die Transportarbeiterappellieren an alle Arbeiter, Gewerbetreibendenund Handelsfirmen, sie im Kampfe um eineVerbesserung ihrer Lebenshaltung zu unterstützen,da ja erwiesen ist, daß jede Lohnverbesserung beiden Arbeitern auch für die Geschäftswelt bessereBerdienstmöglichkeiten bringt und sich darausebenfalls wieder Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkte ergeben müssen.Unsere Ausfuhrnach den einzelnen Ländernstellte sich nach den Ausweisen des StatistischenStaatsamtes im September bzw. in den ersten neunMonaten dieses Jahres im Vergleich zur entsprechenden Vorjahrszett folgendermaßen dar(in Millionen KL):Mearing-SevtemberJänner biS Sevtemberlinder: Einfuhr. AuSf.Einfuhr Ausf. Einfuhr AM.19371938Deutschland1451271234>1150956850Oesterreich4070319646249495Ungarn222410816391111Rumänien4880317494289294Jugoslawien649731642622«229Bulgarien6888603547Italien1534174284—w—Gttechenland6270294826Türkei1018100614390Ueittgr europäischeStaate«:Groß-btttannien55100540726314496Schweden4843252278122160Norwegen14181081354472Dänemark4643548181Frankreich4041484841820226Belgien2021285,176153117Hollandw>8045>■ i 805*966209217Schweig- 5139'' 258837225255Polen1619-206161147118Spanien-0.8i 0.08 2745280USSR94696860151Ueberseestaaten:•USA64103647828808491Kanada8721551043Argentinien111718512711561Brasilien127129575432Australien47125454932China42341082647Brk-Jndien271587812321554Aegypten11151648410845Südafrika714311U1859Oer Streik der SchuhfabrikarbeiterIn Tsdiernosdiin geht weiterWir haben schon berichtet, daß am 6. d. M.120 Schuhfabrikarbeiter der Firma GebrüderRichter in Tschernoschin die Arbeit niederlegten,weil sich die Firma weigerte, mit den Avbeiter-organisatwnen über die eingebrachten Lohn- undVerttagsforderungen zu verhandeln. Bis auffünf„Arbeitswillige"(davon drei noch halbeKinder), gelang es allen Anstrengungen derFirma nicht, die Arbeiterschaft uneinig zu machen.Ihr Verhalten ist entschieden und mustergültigdiszipliniert und führte dazu, daß für den 15.d. M. in Plan Einigungsverhandlungen von derFirma angesetzt wurden, die in Anwesenheit Dc.Hergeths(vom Kreis Karlsbad des deutschenHauptverbandes der Industrie) zu einer Annäherung in dem Sinne führten, daß die Firma sämtliche während des Konfliktes vorgenommenenEntlassungen rückgängig machte und den Streikals keine llnteickrechung des Arbeitsverhältnissesauslegen wird. Für den Bekleidungsarbeiterver-band Reichenberg nahm Köller an den Verhandlungen teil.In der Lohnftage hat die Firma nach mehrstündigen Verhandlungen eine zehnprozentige Erhöhung zugestanden. Da die Löhne in diesem Betriebe um 40 bis 60 Prozent niedriger sind wiein anderen gleichgearteten Schuhfabriken, sowurde dieses Anbot von der Belegschaftsversammlung als unzureichend abgelehnt. WettereVerhandlungsmöglichkeiten würden beiderseitsoffen gelaffen, so daß bei nur etwas mehr sozialem Verständnis der Firma eine Einigung möglich wäre. Die Sympathien der ganzen Bevölkerung von Tschernoschin, die zum größten Teile imLager Henleins steht, ist auf feiten der buchstäblich um ein größeres Stück Brot ringendenSchuhfabrikarbeiter.— Bezeichnend ist, daß diegrößere Hälfte der Arbeiterschaft in der DAGsteht und ebenfalls Henleinanhänger find, derselben„Bollsgemeinschasts"-Partei, welcher auchder eine Firmenchef immer noch als eingeschriebenes Mitglied und„Kamerad" angehört, derseine Arbeit« so wenig kameradschaftlich behandelt. Es zeigt sich auch hier wieder, daß die Arbeiter in dieser Volksgemeinschaft gut zu Staffagefür große Kundgebungen sind, sonst aber nichtszu sagen haben.Großhandelsindex fast unverändertDer vom Statistischen Staatsamte nach demStande vom 1. Oktober 1937 ermittelte Indexder Großhandelspreise weist ein Sinken um 0.8Prozent, d. i. von 755 Puntten im Septemberauf 749 im Oktober aus. D« Index der Rah-rungs- und Genußmittel verzeichnet ein Sinkenvon 724 auf 718. Der Index der Jndustriestoffeund-Erzeugnisse ist ebenfalls gesunken, u. zw.von 810 Punkten im September auf 803.Von den pflanzlichen Nahrungsmitteln verbilligten sich Kartoffeln um 22.4Prozent(Saisonerscheinung). In der Gruppe dertierischen Nahrungsmittelschwächten die Preise von Rindfleisch um 3.6 Prozent» Schöpsenfleisch um 17.1 Prozent, inländischem Schweinefett um 3.8 Prozent und ausländischem um 1.5 Prozent ab. Einen PreiSauffttegverzeichnen dagegen Schweine- und Kalbfleischum mehr als 8 Prozent, Eier um 10.8 Prozentund- in-^geringem-Maße auch Butter. DieGruppede r le weist'iMt Ausnahmevon Zink einen allgemeinen Preisrückgang aus.Weitere Preissenkungen weisen in der Gruppe derTexttlien aus: Rohbaumwolle, Baumwollgarn,überseeische Schafwolle, Rohseide und Jute.Prager LebensmittelmärkteGemüse. Schnittbohnen um 2 bis 3 K£ auf6 bis 7 KL gestiegen, Zwiebel um 30 Heller auf1 bis 1.20 KL.Obst. Sowohl heimische als auch bosnischeZwetschken sind auf 8 bis 12 KL gestiegen, heimischeWeinttauben kosten nurmehr 2.50 bis 3.50 KL.Schwämme. Frische Pilze sind auf 8 bis 12 KLgestiegen, Eierschwämme kosten 2 bis 3 KL, Rötlinge6 bis 10 KL, Herbstschwämme 5 bis 6 KL.Fleisch. Rindfleisch: Vorderes mit Zuwaage 10chis 14 KL, hinteres 12 bis 17 KL, vorderes ohneZuwaage 12 bis 16 KL, hinteres 14 bis 19 KL;Lungenbraten mit Zuwaage 18 bis 20 KL, ohne Zuwaage 20 bis 28 KL; Schweinefleisch: Vorderes mitZuwaage 9 Lis 12 KL. hinteres 12 bis 16 KL, vorderes dhne Zuwaage 11 bis 14 KL, hinteres 14 bis20.KL; Kalbfleisch: Vord«eS mit Zuwaage 7 bis10 KL, hinteres 11 bis 14 KL, vorderes mit Zuwaage9 biS 12 KL. Hinterer 14 bis 22 KL; Schöpsenfleisch: Vorderes mtt Zuwaage 8 bis 11 KL, hinteres10 bis 14 KL. vorderes mtt Zuwaage 10 bis 13 KL,hinteres 12 bis 16 KL; Rindszung«, roh 11 biSNorwegischer Fischdampfer aufgelaufenDek' norwegische Fischdampfer„Garnes" lief an der irischen Küste in der Nähe von TonHead auf die Klippen.-14 KL; Rindsleber 8 bis 12 KL; Rindshirn 16 bis18 KL; Schweins- und KalbShirn 18 bis 24 KL,Kuttelflecke 6 bis. 7 KL; Selchfleisch: roh, vorderes14 bis 18 KL. hinteres 16 bis 18 KL. vorderes gekocht 20 bis 24 KL, hinteres gekocht 24 bis 28 KL;geselchte Rindzunge 16 bis 18 KL.Fette. Landbutter 17 bis 18 KL. Teebutter ingroßen Paketen 20 bis 22 KL. Margarine 10 bis12 KL, Rindsfette, roh, um 1 IQ billiger(4 bis6 KL), ausgelassen 7 bis 8 KL. Schweineschmalz,heimisches, tot 11 bis 12 KL, ausgelassen 18 bis14 KL. Bakontzerschmalz 12 bis 13 KL, Speck 13bis 15 KL.Geflügel und Wild. Heimische Gans, Stück 40bis 125 KL, geschlachtet um 1 KL billiger(11 bis14 KL per 1 Kg), Schmalzgans um 1 KL billig«(13 bis 14 KL) abgehackte um 2 KL(16 bis 20 KL),Huhn um 1 KL(19 bis 20 KL).Glerchschaltungsbeamte.Wien. In den österreichischen Staatsratwurde vor einiger Zeit Dr. Seyse-Jnquart undin das vollspolttische Referat der HeimatfrontDr. Pembauer berufen. Diese beiden Vertret«der sogenannten nattonalen Kreise wurden mttder Aufgabe betraut, ihre Anhäng« an die Hei«matsfront und mit ihr verwandte Institutionenzu fesseln. Samstag hat die Vaterländische Frontin dieser Richtung einen weiteren Schritt getanund für ihre vollspolitischen Landesreferate Vertrauensmänner der- nationalen Kresse berufen.Es sind dies insgesamt ehemalige Großdeutsche,so für Wien Dr. Miltschinkey, für Niederösterreich>Dr. Straffe, für Oberissterreich Karl Bretten«thäler, für Salzburg Dr. Adalbert'Reitter ufw.Nationalsozialisten befinden sich'nicht auf dieserLifte.Bernhard Demburg,dessen Tod wir bereits gemeldet, war d« Sohn einesgroßen Leitartttlers des„Berliner Tageblatt",Friedrich Dernburg, und daß ein Mann von solchbürgerlicher und obendrein oppositionell« Herkunftzum Kaiserlichen Staatssekretär«nannt wurde, gattdamals, vor mehr als 30 Jahren, als eine ArtWeltenwende— freilich nur dem braven, innerlichstets Wilhelmtreuen, fortschrittlichen, also linken(was damals noch nicht als Eigenschastswott angewendet wurde) Bürgertum. Allerdings war er schonlange ein wichttger Bankmann und die geldschluckenden Kolonien sollten endlich etwas bringen. Darumwurde Dernburg Kolonialsekretär, natürlich nichtetwa gar auS dem Parlament heraus, dem er nochlängst nicht angehörte.(Parlamentarische Ministergab es nicht und als Wilhelm wieder einmal hörenmußt«, daß man doch vielleicht endlich Taggelder fürdie Abgeordneten einführen wollte, antwottete er mttdem Ausrufe:„Diäten auch noch den Kerls?!")Aus den Kolonien hat auch Dernburg kein Geschäftmachen können. Mer als d« andere Bernhard,nämlich der Bülow, 1906 den Reichstag wegen Ablehnung eines strategischen Bcchnbaues in Südwestafrika auflöste, kam DernburgS große Zeit. Landauf. landab zog er als Wahlredner gegen die Neinsager, Sozialdemokratte und Zentrum. Und dabeierzählte er seinen begeistetten Hörern die schöne Geschichte von der ungeheuren Fruchtbarkeit jenes jung-ftäulichen Bodens. Dort sei einmal von einem derKarawanenkamele eine Datte.lkiste in denSand gefallen und ein paar Jahre später sei andieser Stelle schon der schönste Wald von Dattel-palmen aufgebaut gewesen. So und anders wurdeein richttger Kolonialrummel ensseffelt. Die„Hottentottenwahlen" im Jänner 1907 brachten dennauch d« Sozialdemokratte nicht den bereits gewohnten starken Stimmenzuwachs und bei dem proporzlosen Einmann-Wahlrecht und dem Zusammenschlußder Rechten mir dem Bürgertum«ine bedeutendeVerminderung ihrer Mandate, von 81 auf nur57. Aber der Blocksrühling dauerte nicht allzulange,bald kam der schwarz-blaue Block, di« Fortschrittlerwurden wieder nach links gedrängt und fünf Iah«nach jener Wahl«rang die Sozialdemokatie 112Mandate von den insgesamt 897. Bernhard Dernburg trat erst in der Republik ins Parlament ein.zumal er die Demokrattsche Partei finanziell fördern konnte. Eine größere polittsche Roll« hat err cht mehr gespiett.(hn)Patts. Die.Information Financiäre" meldet,daß die französsschen Eisenbahngesellschasten beiSchwerz« Kredittnstituten in Züttch und Basel eineAnleihe von 200 Millionen Schweiz« Franken inForm vierprozenttg« in zwei Jahren fälliger Obli-gattonen ausgenommen haben.