Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 70 Heller

Redaktion und Verwaltung: Prag XII., Fochova 62 Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag

17. Jahrgang

Samstag, 23. Oktober 1937

Keine Gemeindewahlen

Die deutsche Position gegen­über der Tschechoslowakei richtet sich nach dem Grundsatz: Ich for­dere die Freiheit im Namen deiner Prinzipien und ich verweigere sie dir im Namen meiner Prinzipien." Wladimir d'Armesson im ,, Figaro"

Nr. 250

mit anderen Truppenkontingenten fertig genor Kein Spiel im Dunkeln!

Maßnahmen gegen Hetzagitation/ Versammlungsverbot von Gijon den Strieg noch lange durchhalten.

Prag.( Eigenbericht.) Die Regierung hat den Beschluß gefaßt, die für den 14. November geplant gewesenen Gemeindewahlen nicht auszu­schreiben. Die Wahlen werden in einem späteren Zeitpunkt stattfinden, und zwar nur in einer Situation, welche die wirkliche Entpolitisierung der Ge­meindewahlen ermöglicht. Gleichzeitig wurden alle Wahlmanifestationen untersagt.

Zu den freitägigen Verhandlungen des Mi- Regierung schon vor den Ferien entschloffen hatte, nisterrates erfahren wir von gutinformierter die Wahlen des politischen Charakters zu entklei­Seite, daß sich die Regierung bei den Verhand- den, handelt sie angesichts der kürzlichen Greig lungen über die kürzlichen Ausschreitunniffe vollkommen konsequent, wenn sie bis auf gen bei den Wahlagitationen entschloffen hat, weiteres sämtliche politischen Wahlmanifestatio­das Datum für die Gemeindewahlen, das be- nen und Versammlungen verbot. kanntlich für den 14. November festgesetzt wurde, Die Regierung hat auch über die Angelegen­auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen. Es han- heit des Abg. der SdP K. H. Frant verhan­delt sich um die Wahlen in rund 500 Gemeinden, delt und beschlossen, mit dieser Angelegenheit den von denen annähernd ein Hundert eine überwie- Immunitätsausschuß des Abgeordnetenhauses zu gend deutsche Bevölkerung haben. Da sich die befassen.

Gijons Fall nicht entscheidend

Aeußerungen eines spanischen Regierungsoffiziers

Die letzten Wochen haben über die innere

Verfassung der Sdß und über ihre wahren Ziel­

den sei, werde auch mit diesem fertig werden, denn sie sei stärker und besser bewaffnet denn je. Die Regierungsarmee könne trotz dem Fall fegungen erfreuliche Klarheit gebracht. Was bis Es sei auch nicht richtig, daß Italiens her über die Rutha- Affäre in die Oeffentlichkeit Schwenkung lediglich auf die Hoffnung zurückzu- gedrungen ist, bestätigt in vollem Umfange unsere führen sei, die freiwerdende Nordarmee der Re- Kritik, die wir Jahre hindurch an der Führung bellen werde die Entscheidung im spanischen der sudetendeutschen Totalitätspartei übten. Das Bürgerkrieg herbeiführen. Vielmehr sei die Zwielicht, welches die Methode dieser Führung Schwenkung Italiens in der Frage des Freiwil- umgab, beginnt sich aufzuhellen. Es ist von schit­ligenabzuges auf die Festigkeit und Entschlossen. salhafter Bedeutung für das ganze Sudeten von welchen die faschistischen Länder schließlich heit der westlichen Demokratien zurückzuführen, immer zum Nachgeben gezwungen worden seien. Es sei wichtig, daß dafür gesorgt werde, einen Zuzug neuer Truppen zu verhindern. Gelinge das, werde die Lage Francos, der über geringere wirtschaftliche, politische und moralische Hilfs quellen verfüge als die Regierung, im Laufe einiger Monate unhaltbar werden.

Auch Avila besetzt

London.( E. B.) Die Truppen Francos, die Donnerstag in Gijon eingedrungen sind, ha­ben heute auch den Hafen von Avila besetzt, der die äußerste Grenze des bisher von den Regie­rungstruppen verteidigten Streifens von Nord­spanien bildet. Damit ist tausenden Flüchtlingen der Weg auf das offene Meer abgeschnit ten. Das letzte Zentrum des Widerstandes gegen Franco in Nordspanien ist das Grubengebiet bei Oviedo . Im Laufe des Freitag find zahlreiche Flüchtlinge aus Gijon in französischen Häfen ein­getroffen, darunter auch der sozialistische Berg­arbeiterführer Belarneno Thom a 3, der bisherige Kommandant von Gijon . England und Frankreich

appellieren an Franco

Schande über unser ganzes Volkstum bringen deutschtum, ob es gelingt, einem Zustande ein Ende zu bereiten, der nachgerade Spott und muß. Darin wissen wir uns mit allen anständigen Menschen im sudetendeutschen Bereich eins, day nicht geduldet werden kann, wie unter dem Dec= mantel politischer und sittlicher Erneuerung moralische Seuchenherde gezüchtet werden. Hie bei geht es in erster Linie um den Schutz der jungen Generation. Sie kann und darf nicht frankhaft veranlagten Menschen ausgeliefert wers. den; die sie für ihr ganzes Leben.ruinieren. Aus der Affäre um Rutha ist eine Affäre Konrad Henlein geworden. Unbeschadet der gerichtlichen Austragung der Verfehlungen. die den verhafteten SdP- Anhängern zur Last gelegt werden, wäre es die selbstverständlide Pflicht einer sauberen Führung gewesen, einen dicken Strich zwischen sich und solchen bedenklich- n Erscheinungen zu ziehen, wie sie nicht erst se: t dem Eingreifen der Polizei die weitesten Streise des Sudetendeutschtums beschäftigen. Ein durch= aus nationales und verläßlich antimargistisches Blatt wie die„ Bohemia" hat unwidersprochen be­hauptet, daß Konrad Henlein schon

Prag . Wir hatten Gelegenheit, einen hohen militärisch entscheidend. Damit, daß es möglich Offizier der spanischen Regierungsarmee nach sein werde, die Nordfront zu halten, habe im seiner Meinung über den Fall Gijons zu be- spanischen Regierungslager niemand gerechnet. fragen. Er erklärte, daß sowohl im Baskenlande, Man habe sich höchstens darüber zu wundern. wie auch in Asturien kein regelrechter Strieg ge- daß die Entscheidung in Nordspanien nicht schon führt worden sei. Die Regierungstruppen hatten früher fiel. Der Heldenmut der Basken und der Anfang dieses Jahres mit dem weder Flieger, noch auch leichte Artillerie, wäh- Asturier sei nicht nur bewundernswert, sondern Privatleben Ruthasbefaßtwurde. rend die Truppen der Aufständischen, die vor habe auch der Republik einen wichtigen Zeit­Aus der gleichen Quelle wissen wir, Henlein habe allem aus italienischen regulären Verbänden be- gewinn gebracht, der es ihr ermöglichte, die auf Grund eines angeblichen Ehrenwortes des standen, sowohl über schwere Artillerie 30.5 militärischen Kräfte für den Einsatz an der ent- nimmt in seinem Leitartikel vom Samstag unter die gravierenden Protokolle zerrissen. Jeder London.( E. B.) Der„ Daily Herald" Beschuldigten das Verfahren niedergeschlagen und Zentimeter, als auch über genügend Flug- scheidenden Zentralfront zu stärken. Die Er- Hinweis auf den Aufruf der beiden Internationa- demokratische Parteiführer eines jeden Kulturs zeuge verfügten. Den Regierungstruppen fehl- oberung des Nordens sei nicht im militärischer len zur Frage der Evakuierung Stellung. Er voltes würde einen dermaßen gravierenden Vor­ten sogar Gewehre, so daß sie sich in vielen Fäl Programm Francos gewesen, sondern auf das verlangt, daß die britische Flotte wenigstens einen wurf keine 24 Stunden auf sich sißen lassen. Ten mit veralteten Waffen und z. B. durch das Einwirken Deutschlands und Italiens zurückzu- Teil der afturischen Bevölkerung evakuiere und Wenn nicht aus freien Stücken, so doch unter dem Herabrollen von Felsblöcken auf die angreifen- führen, welche die Nordküste zur Bedrohung nach England bringe. Neville Chamberlain Zwang der öffentlichen Meinung würde ein ders den Truppen wehrten. Die Besiegung der Bas. Frankreichs brauchen. Die Behauptung, daß hat General Franco auf diplomatischem Wege um art bloßgestellter Parteiführer sich entweder rein­fen nud der Asturier sei also weder ein militäri- durch die Eroberung von Gijon 100.000 Mann äußerste Milde gegenüber der afturischen Bevöl- waschen oder augenblicklich aus dem öffentlichen scher Erfolg, noch ist sie erstaunlich, oder auch der Rebellenarmee frei würden, sei vollkommen ferung ersucht. In gleichem Sinne ist rank- Leben auf Nimmerwiedersehen verschwinden. unrichtig. Im Norden operiere eine Rebellen- reich vorstellig geworden. armee in der Stärke von höchstens 50.000

Werden die Mächte die Wirklichkeit erkennen? London. ( E. V.) Die Sozialistische Arbeiter Internationale und der Internationale Gewerk­schafts- Bund veröffentlichen eine gemeinsame Er­flärung, die von Citrine und Schevenel3 für den JGB, de Broudère und Friedrich Adler für die SAJ unterzeichnet ist. In die­ser Erklärung heißt es u. a.:

Paris. ( Eigenbericht.) In Malaga Mann und man müsse damit rechnen, daß min- wurde Mister Merrick, Beamter des britischen Sto­diesem unruhigen Gebiete bleiben müßten. Es gerichtshofes in Gibraltar , von den Rebellenbe­destens 10.000 Mann als Besagungsarmee in Tonialamtes und Beisitzer des Kolonial- Kriegs­würden höchstens 40.000 Mann für die Zentral- hörden verhaftet. Die Ursachen sind vollkomen un­front frei, aber die Regierungsarmee, die schon bekannt.

Freiwilligen- Verhandlungen

Vorbehalte Itallens und Rußlands

ergebnislos

Herr Henlein glaubte sich aber bereits in sicher im Besize einer totalitären Allmacht, daß er weder das eine oder das andere zu tun für nötig hielt. Ja, er leistete sich sogar die aufgelegte " Linksblätter" in ehrverlebender Weise anzugrei Provokation, in seiner Leitmerizer Rede jene fen, die im Interesse der Reinheit und Sauberkeit

unseres öffentlichen Lebens jene Tatsachen mel deten, die inzwischen durch einen amtlichen Bericht erhärtet worden sind. Aus einer sozusagen par­teiamtlichen Verlautbarung der SdP war zu ents nehmen, daß dem Herrn Rutha in einer rein fri­minellen Angelegenheit ein besonderer Anwalt beigestellt wurde, ein Vorgang, der ebenfalls in der Geschichte unseres Parteiwesens seinesgleicher sucht. Jener Teil des Sudetendeutschtums, dec noch nicht ganz dem faschistischen Totalitätswah verfallen ist, unter ihnen auch die Eltern der mißbrauchten und sittlich auf das schwerste gefähr= deten jungen Menschen, mußten dieses unerhörte Vorgehen als einen Faustschlag ins Gesicht empfinden. Herr Henlein hat sich in dieser An­gelegenheit nicht nur für demokratische, sondern auch für nationalsozialistische Begriffe einfach un­Eine wirklich ehrenhafte innerparteiliche möglich benommen.

Die faschistischen Angreifer haben mit der Eroberung Gijons einen neuen Sieg gerade in dem Augenblick davongetragen, da die Diktatu­ten in London zynisch die Aufrichtigkeit ihrer London.( Reuter.) Ueber die freitägige| Rechte kriegführender Mächte zuzuerkennen, bebor Nichteinmischungspolitik beteuerten. Zweifellos werden sie wiederum diesen Erfolg ihrer Waffen Sitzung des Subkomitees des Nichtinterventions- die Abberufung der Freiwilligen abgeschlossen sei. und Diplomaten schrankenlos feiern. Werden die ausschusses wurde folgendes Kommuniqué aus- Botschafter Grandi erklärte, daß die italienische demokratischen Mächte endlich die tragische Wirk- gegeben: Regierung, ohne zu zögern, sämtliche weun Punkte lichkeit erkennen? Werden sie endlich ihre Pflicht Das Subkomitee hat eine Reihe von Vors des britischen Planes mit dem einzigen Vorbehalt erfüllen gegenüber Spanien auf Grund des Arschlägen vorbereitet, welche in die geplante Reso annehme, daß auch die übrigen Ausschußmitglies titels 10 der Völkerbundsakung, gegenüber sich lution aufgenommen werden sollen, die der Ple- der den Plan in dem gleichen Geiste aufnehmen. selbst, deren Sicherheit durch die faschistischen Er- narsizung des Nichtinterventionsausschusses bor­Der italienische und der portugiesische Deles folge ernstlich bedroht ist, gegenüber der ganzen für verpflichtet erachten könnten, irgend welche Menschheit, die sie noch vor dem Schreden eines gelegt werden soll. Diese Anträge betreffen die gierte erflärten, daß ihre Regierungen sich nicht Methode, welche zur Durchberatung der Haupt­neuen Weltkrieges bewahren können? Beide Internationalen werden wie bisher unkte der vorliegenden Fragen angewendet wer- iffern über die Anzahl ihrer an den Stämpfen in Liquidierung der Affäre um Rutha müßte Serra auch fünftig mit allen ihnen zu Gebote stehenden den soll. Die Vertreter der einzelnen Staaten Spanien wirklich teilnehmenden Freiwilligen an- Henlein nach den Regeln des gefunden Menschen­Mitteln dafür kämpfen, die kollektive Sicherheit haben sich dahin geeinigt, ihren Regierungen die in zunehmen, nämlich an den Ziffern, welche von den berstandes die Führerstellung kosten. Dessen zur Wirklichkeit werden zu lassen. Heute haben Vorbereitung befindliche Resolution vorzulegen. licht werden. Konkrete Ergebnisse hatte die heutige tung 3 manöver von Lepli B. Ueber nach Spanien entsandten Kommissionen veröffent- waren sich auch die Drahtzieher der SdP offen­veröffent- bar ble n= wir eine dringende Aufgabe zu erfüllen; Zehn- Die nächste Sißung findet am 25. Oftober nach Gibung so gut wie gar keine. Als der britische die durchaus kindische Inszenierung dieser Rau Delegierte vorschlug, für die symbolische Abbe- ferei ist nach der einwandfreien amtlichen Da.. sind dem schrecklichsten Gemegel ausgeliefert! Ihr Zu dieser Sizung des Subkomitees erfährt rufung der Freiwilligen die Ziffer von 1000 ftellung kein Wort mehr zu verlieren. Auch so­Leben muß gerettet werden! Die Mächte müssen der diplomatische Korrespondent des Reuter'schen Mann für jede der beiden Parteien in Erwägung weit sich das Echo in der Henlein - Partei ſelbſt unverzüglich bei der Evakuierung der Bevölke Wert der Menschlichkeit zur Verfügung stellen! Anzahl der Personen bei der sogenannten symbo- auf das Entschiedenste zurück, eine absolut gleiche rafters. Die Mehrzahl der SdP- Wähler erwar= Die den Internationalen angeschlossenen Organi- lischen Abberufung der Freiwilligen te in Ein- Anzahl in Erwägung zu ziehen und erklärte, daß tet ungeduldig die endliche Einlösung der empfan sationen müssen unverzüglich bei ihrer Regierung bernehmen erzielt. Es wird jedoch vor- das Minimum, dem seine Regierung zuzustimmen igenen Versprechungen und keinen Führerkult, der geschlagen, daß es je tausend Mann von jeder der bereit wäre, ein 5: 1 ist, das heißt beiden Parteien sein sollen. Der Sowjetbelegierte alſo, je fünf Mann von den Truppen Francos und meradschaftsbündler einen neuen katastrophalen Majsti erklärte namens seiner Regierung, daß sie ein Mann von den Truppen der republikanischen Fehlschlag zu verzeichnen gehabt, wenn nicht geneigt sei, den Parteien in Spanien die Regierung. prompt die Katzenmusik der Goebbelspropaganda

ſen die öffentliche Meinung in Bewegung seben! Das Volt Asturiens , die Freiheit Spaniens , der Friede der Welt müssen gerettet werden!