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Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh/ Einzelpreis 70 Heller

Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62

17. Jahrgang

Versammlungsverbot

in Kraft

Bra g. Eine amtliche Meldung bestätigt nunmehr die Verschiebung der Gemeindewahlen und die Verhängung eines allgemeinen Ver­fammlungsverbotes. Die Meldung lautet:

Das Ministerium des Innern hat über Beschluß des Ministerrates verfügt, daß keine po­litischen Versammlungen abgehalten werden dür fen. Der entsprechende Auftrag ist bereits an die untergeordneten Behörden ergangen. Außerdem wurden die Wahlen in jenen Ge­meinde- und Ortsvertretungen, wo sie für den 14. November d. 3. ausgeschrieben worden sind, verschoben. Dadurch entfällt auch die Möglich teit, Wahlverfammlungen für diese Wahlen abzuhalten".

Deutschdemokratischer Parteitag kann nicht stattfinden

Krumau  . Am Samstag wurde hier der Reichsparteitag der Deutsch  - demokratischen Frei­heitspartei unter dem Vorsik des Senators Rost ta eröffnet. Zu dem Parteitag waren mehr als 200 Delegierte aus allen Teilen der Re­ publik   erschienen. Als Senator Kostka nach Er­

öffnung des Reichsparteitages die Delegierten be­grüßte, erschien ein Beamter der Staatspolizei, welcher die Mitteilung machte, daß nach einer Weisung aus Prag  , mit Rücksicht auf das allge­meine Versammlungsverbot der Parteitag nicht stattfinden dürfe. Es wurde noch gestattet, daß

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Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub

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Berantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag  

Sonntag, 24. Oktober 1937

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Aus dem Inhalt:

Teplitz   ist nicht Sarajewo  

Winterhilfe für Arbeitslose

Zum 150. Jahrestage

des ,, Don Giovanni  "

Zwanzig Jahre nach Karfreit  

Eine neue Bombe Mussolinis Politische

,, Keine weiteren Zugeständnisse Italiens   möglich"

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Nr. 251

Zwischenbilanz

Rom  . Die offizielle Revue Informazione giebigkeit hervorgerufen. Wie die Situation Herr Konrad Henlein   und die Seinen hat Diplomatica" veröffentlicht am Samstag folgende gegenwärtig aussieht, kann man zwar nicht be- ten es schlau einzufädeln geglaubt, als sie am 17. haupten, daß der Nichteinmischungsausschuß sich Oktober in Tepliß- Schönau zu einem ,, leber­Erklärung: ,, Die gestrige Debatte im neungliebrigen neuerdings auf einem toten Bunkte befindet, man fall" von Polizisten auf Abgeordnete der Sdp Ausschusse in London   wurde von den verantwort- kann aber ehrlich sagen, daß es töricht wäre, Ita- die Kulissen stellten und diesen in Szene setzten. lichen italienischen Faktoren mit großem Intereffe lien auch nur die geringste Verantwortung zu- Dem sudetendeutschen Volte sollte ein helden­haftes Martyrium gezeigt werden, auf daß das verfolgt. Es ist zu bemerken, daß die Klärung schreiben zu wollen." Volk in Bewunderung und Begeisterung ob der der Atmosphäre, zu welcher Italien   in der voran­gegangenen Sitzung beigetragen hat, und welche Dieſe Darlegungen haben einen um so grö- Opferfähigkeit der SdP- Abgeordneten den Fall von allen Kreifen guten Willens als ein wirksamer en Eindruck hervorgerufen, als bekannt ist, daß Rutha dem Strom der Vergessenheit anheimgebe Beitrag zur Zusammenarbeit Europas   begrüßt dieses Organ von Mussoliniinspiriert, und am 14. November den Stimmzettel für die wurde, zu keiner solchen Entwicklung geführt wenn nicht direkt selbst redigiert wird. hat, wie sie erforderlich gewesen wäre. Als man Wer lügt? dazu schritt, die angenommenen praktischen Grundsäge durchzuführen, ergaben sich ernste

Rom  . Die Agenzia Stefani meldet: Die Schwierigkeiten, welche die Verhandlungen be- italienischen Botschaften in Paris   und London  lasteten und die Ergebnisse der ersten Sihung be- haben den Auftrag erhalten, den Regierungen drohten. Der Sowjetvertreter trat scharf gegen Frankreichs   und Englands amtlich davon Mittei= die Beschlüsse des Unterausschusses auf, wobei sich lung zu machen, daß die italienischen   Freiwilligen das französisch- britische Verhalten gegenüber dem in Spanien   rund 40.000 Mann zählen, wie das Sowjetstandpunkte nachgiebig zeigte, was die ver- bereits von der Informazione Diplomatica" fest­antwortlichen Faktoren Italiens   nicht allzu sehr gestellt worden ist. Wer etwas anderes behauptet, fpricht bewußt eine Lüge aus." überrascht hat.

110.000 Italiener allein in Asturien  

Es wäre töricht anzunehmen, daß Italien  noch irgend welche weiteren wesentlichen Zuge Der eben aus Gijon   in Frankreich   eingetrof­ständnisse machen kann. Italien   hat seine Papiere in Ordnung. Die Liquidation der afturifchen fene fozialistische Bergarbeiterführer Thom a 8 Front hat aber an linksgerichteten Stellen Frank- erklärt, daß in Asturien   allein 110.000 Italiener reichs und Englands Erbitterung und Unnach mit einem kompletten Armeestab gekämpft haben.

Sudetendeutsche Partei   in die Urne werfe. Es sollte eine Volksabstimmung sein, das Ideal Konrad Henleins war, daß für ihn ebenso viel Stimmen abgeben werden sollten wie bei der letzten Reichstagswahl für seinen Herrn und Meister Adolf Hitler  .

Aber schon Wilhelm Busch   hat etwas gesagt, was jetzt Konrad Henlein   den Mitgliedern des Führungsrates wird sagen können: Erstens fommt es anders und zweitens als man denkt. der SdP kommt der Statt des Triumphes Kazenjammer der Gleichgeschalteten. Tepliß und

die Folgen haben bewirkt, daß vor den Augen

aller Einsichtigen der Schleier zerrissen ist, der die SdP für viele noch umhüllte. Seit ihrem Aufkommen hat die Partei Konrad Henleins thre Loyalität zum tschechoslowatien Staat betont, der Stammesführer" selbst hat davon in feinen ersten öffentlichen Auftreten in seiner Vorstel= ,, Blauen Stern" gegeben hat, mit frommem Augenaufschlag gesprochen. Troß aller Auslands­

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Bahlen in die Reichsvarteileitung durchzu Ein Versuch, die Sowjetunion   zu isolieren ung, bie er den Prager   Journaliſten 1988 im

führen. Dann wurde der Reichsparteitag geschlof fen. Anschließend fand eine erweiterte Sigung der Parteileitung statt,

Der Eindruck in London London.  

( Eigenbericht.) Zu dem italienischen will, die Feststellungen dieser Kommission von reisen, trotzdem die Politik der SdP nur der vornherein zu akzeptieren.

in welcher einige Referate erstattet wurden. Der Kommuniqué, daß keine weiteren italienischen borgesehene Begrüßungsabend konnte stattfinden. Zugeständnisse in der Spanien  - Frage erwartet werden dürfen, wird hier bemerkt, daß Italiens Taftif offenbar darauf ausgeht, die größere Kon

Schachts Abgang bevorstehend? effionsbereitschaft Englands und Frankreichs   in Berlin  . Hier kursieren Gerüchte, daß der der Spanien  - Frage auszunüßen und so die bereits wiederholt angekündigte Rücktritt Dottor Sowjetunion au isolieren, Schachts vom Amte des Reichswirtschaftsmini- der die Schuld an den neuen Schwierigkeiten im ſters im Laufe der nächsten Woche durchgeführt Nichteinmischungsausschuß zugeschoben werden werden soll. Diese Stelle dürfte unbesetzt bleiben. soll. Der leitende Staatssekretär Posse und Staats­sekretär Neumann, der von Göring   mit der Durchführung des Vierjahresplanes betraut wurde, dürften sich in die Arbeit teilen.

Neuer Mißerfolg der Japaner vor Schanghal

Katzenjammer in London  

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Die englische Presse bringt unbeschönigt die Tatsache zum Ausdrucke, daß der Londoner   Opti­mismus, mit dem die Einigung" am Mittwoch im Spanienkonflikt und Donnerstag in der polis tischen Debatte des Parlamentes gewertet wurde berfrüht war. News Chronicle" er­flärt offen, der Verdacht, daß Italien   nur Zeit zu gewinnen suche, vertiefe sich. Das Blatt Die nächste Sigung des Nichteinmischungs- rügt, daß London   über das Mittwoch- Ergebnis Subkomitees, die für Montag nachmittags einbe- der Nichtinterventionsausschuß- Tagung so großen rufen worden war, wurde nach Bekanntwerden der Optimismus gezeigt habe, und geht so weit zu italienischen Erklärung auf Dienstag jagen, daß Chamberlain in seiner Unterhausrede nachmittags verschoben. Die Haupts am Donnerstag einen geradezu find schwierigkeit besteht gegenwärtig darin, daß Jtas lichen Glauben an den Wert des Wortes lien zwar die Entsendung einer internationalen Mussolinis und seine Befriedigung darüber an Kommission nach Spanien  , die die Zahl der frem- den Tag gelegt habe. Mussolinis jüngste Demon­den Truppen auf beiden Seiten festzustellen stration zieht den Wert seiner Zugeständnisse sehr hätte, annimmt, sich aber nicht bereit erklären in Zweifel.

Was macht Ribbentrop  in Rom  ?

Schanghai.( Reuter.) Nach einem Kampf, der fast ununterbrochen 70 Stunden dauerte, wurde nach chinesischen Nachrichten an ber Schanghai- Front die Gefahr beseitigt, die bon japanischer Seite T azan gedroht hat. Die chinesischen Nachrichten geben den Rückzug ber chinesischen Truppen bei Kwangfu zu, trotzdem die Stadt selbst in chinesischen Händen verbleibt. Es London.( Eigenbericht.) Außer Herrn scheint, daß die Japaner die Taktik ändern und von Ribbentrop ist auch der italienische Botschaf statt auf Tazan gegen Nanhian durchzudringen ter in Berlin   Baron Musha koji in Nom eingetroffen. Hier vorliegende Berichte laffen dar­bersuchen werden.

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Wie die ,, Times" und Reuter melden, soll auch die Frage der deutsch   tschechoslo= wakischen Beziehungen bei den Un­terrebungen zwischen Ribbentrop   und Muffolini behandelt worden sein.

An japanischen Stellen Roms wird behaup auf schließen, daß der Versuch unternommen tet, daß Mussolini   bisher den japanischen Bot­Das Reutersche Büro erfährt aus Peiping wird, Italien   zum Beitritt zum deutsch- japani- schafter in Berlin  , welcher seit Donnerstag in daß die Chinesen den Damm beim Tuhai- Fluß schen Antikomintern- Pakt zu gewinnen. Angesichts der italienischen Hauptstadt weilt, nicht empfan­bernichtet und so das Gebiet unter Wasser gesezt der Teilnahme Italiens   an den bevorstehenden gen habe und daß dessen Aufenthalt privaten haben, um der: japanischen Vormarsch in der Pro- Brüsseler Beratungen über den Stillen Ozean Charakter trage. Insbesondere habe dessen Reiſe bing Schantung aufzuhalten. würde damit Italien   bei der Konferenz zum De- mit dem Aufenthalte Ribbentrops in Rom   nichts gemein. daß sie bis legierten Japans   werden.

Die Japaner erklären, Linfien, 14 Meilen südlich von Tentschau| auf der Straße nach Tsinan  , vorgerückt sind.

Die japanischen Truppen, die längs der Eisenbahnstrecke Peking Hantau Fuß gefaßt haben, ziehen sich unter dem Druck der chinesischen Truppen, die unter dem Schuh zahl= reicher Panzerzüge operieren, gegen die Grenze der Proving Hopei zurück.

Japanische Flugzeuge haben heute zweimal Kanton überflogen und den Bahnhof und die Eisenbahnstrecke bombardiert. 79 Menschen wur­

ben getötet.

General Fritsch nach Aegypten  

Berlin  . Der deutsche   Armeechef General Fritsch wird in den nächsten Tagen einen Ur­laub antreten, den er dem Deutschen Nachrichten­

Vollmachten für Daranyi

zur Unterdrückung der extremen Rechten?

Budapest  . Wie ,, Pesti Napló" meldet, befaßte sich der Ministerrat in den letzten Sit­zungen mit dem Plan des Ministerpräsidenten Darányi, demzufolge dem Parlament ein Dieses Ermächtigungsgeseh für die Dauer eines Jahres vorgelegt werden wird. Gesetz wird der Regierung weitgehende Vollmachten zur Unterdrückung der rechts­ extremen   Propaganda einräumen. Das erwähnte Blatt ist der Ansicht, daß das Er­mächtigungsgesetz vom Parlament einmütig angenommen werden wird. Die Zusammenkunft

dort weißenden österreichischen Bundeskanzler Schuschnigg   als Gastgeber zu begrüßen. Daranyi- Schuschnigg Der ungarische Ministerpräsident begibt sich noch im Laufe des Samstag- Abend nach der ungari­Budapest. Der ungarische Ministerpräsi- schen Hauptstadt zurück, während Schuschnigg  tags nach Babolna begeben, um den seit Freitag tritt.

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Widerschein der Außenpolitik des Dritten Reiches  gewesen ist, haben das viele, die mit der SdP als Sturmbock gegen die Sozialisten rechneten, gerne geglaubt. Die bergangene Woche hat nun das Zusammenspiel zwischen Berlin   und Asch enthüllt. Wie auf Kommando hat die Propaganda Artillerie des Herrn Goebbels   ein Trommelfeuer auf die Tsche= choslowakei eröffnet, weil man dem Herrn Abg. Frank buchstäblich auf die Fußspißen getreten iſt. Wie kann man an eine ehrliche Entrüstung glau­ben, die aus einem Lande kommt, in dem der Henker triumphiert, in dem Tausende zu Tode gemartert wurden und in dessen Wappen das Bild eines Konzentrationslagers mit Marterfel­ler und Nilpferdpeitsche gehört? Diese Woche hat allen Demokraten im tschechischen und deutschen  Volfe dieses Landes die Erkenntnis geliefert, daß die Herren von der SdP die Haustnechte des Dritten Reich   es sind, die es sich als Ehre anrechnen, so zu tanzen foie man in Berlin   pfeift. Sie haben sich als das enthüllt, was sie sind: sie machen keine Politik im Inter esse des Sudetendeutschtums, deren Massen einen schweren Kampf ums Dasein führen; sie dienen der braunen Barbarei, welche in der ganzen Welt den Abscheu aller jener hervorgerufen hat, denen Freiheit und Menschlichkeit ein hohes Gut sind. Das Doppelspiel der SdP ist zu En de, enthüllt ist vor der ganzen Welt, daß diese Partei fremden Interessen dient und auch die Sudetendeutschen werden, so glauben wir, der Welt ihren Willen fundgeben, daß sie feine Preußen werden wollen und daß sie sich von dem Turnlehrer aus Asch an das Dritte Reich nicht verkaufen lassen.

Diesem politischen Intermezzo gegenüber sind die Beratungen über das Budget für 1938 und seine Bedeckung zurückgetreten und müssen in der nächsten Zeit ihrem Ende zugeführt wer= den. Der Finanzminister hat bereits in einer Rundfunkrede einige neue Steuern angekündigt. Zweifellos werden noch andere Abgaben dazukoms men. Man wird dabei verhindern müssen, daß die Konsumenten nicht getroffen werden, die Vers brauchskraft der Bevölkerung darf keine Schwä> chung erfahren. Der Kleine Konjunkturrückschlag, der in den letzten Wochen eingetreten ist, muß eine Mahnung sein, jede Schwächung der Kaufs traft auf dem Binnenmarkt zu vermeiden und unseren Export noch mehr als bisher zu fördern. Die Behörden können wohl ein Jahr damit ver­bringen, ehe sie einem Staatsbürger erlauben, den Namen zu ändern oder ehe sie einen Markt­flecken zur Stadt erheben, aber sie müssen schon eine Ersatzindustrie zu schaffen oder der Ter

büro zufolge in Aegypten   zu verbringen bent Daranyi hat sich am Samstag vormit ebenfalls am Abend die Heimreise nach Wien   an- ein rascheres Tempo einschlagen, um in Rothan

gedenkt.