Sozialdemokrat Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme de» Montag täglich frLH/ Einzelpreis 70 Heller Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub  - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern,Prag  17- Jahrgang Dienstag, 26. Oktober 1937 Aus dem Inhalt: Van Zeeland zurückgetreten Autokatastrophe bei Aussig  Unmenschen hinter dem Lenkrad Die Million gezogen Prag   feiert Mozart Nr. 252 Frankreich wird nicht immer Eine bedeutsame Rede des Ministerpräsidenten Chautemps Paris. Ministerpräsident Chautemps  erklärte Sonntag in Chateauroux  , daß die gegen­wärtige Bolksftontmehrheit die einzige staatS- bildende Majorität in Frankreich   sei. Falls ans irgendeinem Grunde diese Mehrheit zerfallen sollte, wäre die Bildung einer anderen, insbe­sondere einer Rechtsregierung nicht möglich; es müßten vielmehr Neuwahlen durchge­führt werden. Was Spanien   anlangt, werde die franzö­ sische   Regierung ihre bisherige Politik und die vertranensvolle Zusammenarbeit mit England nachgebeni beibehalten. Es sei jedoch notwendig» betonte Ministerpräsident Chautemps, daß das Ausland wisse, daß diejenigen, welche die Verträge und ihre Verpflichtungen gewaltsam verletzten, sich nicht der Hoffnung hingeben dürfen, daß die übrigen Staaten ihnen bei ihrem gewalttätigen Vorgehen immer nach geben werden. Zum Schluffe sprach Chautemps seine Befriedigung darüber aus» daß die französische   Regierung dank der Umsicht und der Autorität des Rationalver­teidigungsministers imstande sei, dem Frieden alle Garantien seiner Stärke zu geben. kibbentrops römische Sendung Japan  , Spanien  , Palästina und Deutschlands   Kolonlalfforderungen Neuer Zwischenfall in Schanghai  Schußbefehl an die britischen   Truppen Schanghai  . Am Sonntag wurde eine bri­ tische   Patrouille an der Grenze der internatio­nalen Konzession von japanischen Flugzeugen aus Maschinengewehren heftig beschossen. Ein britischer Wachposten wurde tödlich verletzt und starb kurz darauf im Krankenhaus. Der britische kommandierende General und der brftische Generalkonsul erhoben bei den zu­ständigen japanischen Stellen sofort scharfen Protest. Ganz im Gegensatz zu früheren Zwischen­fällen drückten der japanische   Kommandant General Sugijama und der japanische   General­konsul den britischen Vertretern ihr lebhaftes Be­dauern aus- Sofort nach Bekanntwerden dieses Zwi­schenfalles erhielten die britischen Truppen den Befehl, in Selbstverteidigung ftemde Flugzeuge, wann immer es notwendig sei, ohneZögern unter Feuer z» nehmen. Die briti­schen Truppen find zwar mit Flugabwehrge­schützen nicht ausgerüstet, es stehen ihnen aber Kanonen des Typs Lewis zur Verfügung, welche sich sehr schnell zur Bekämpfung von Flug­zeugen ummontieren lassen. » Fünf japanische Flieger Haven den Bahnhof in Sikiang und die Häuser in der Umgebung bombardiert. Mehr als 200 Personen wurden bei dem Fliegerangriff getötet und 400 verwundet. Schanghai.(Reuter.) Sonntag vormittags begann die japanische   Generaloffensive an der Schanghaifront. Die japanische   Infanterie übt durch unablässige Angriffe einen starken Druck gegen die chinesischen   Posttionen in den Abschnit­ten Taschang und Kiangwan aus. Aus javanischer Quelle wird behauptet, daß es den japanischen Truppen gelungen sei, im Gebiete von KiangwanTatschang 100.000 chinesische Soldaten zu umzingelst. Der Sprecher der chinesischen   Armee er­klärte, daß die Japaner bestrebt seien, gegen den Süden vorzustoßen, um die Strecke von Tatschan nach Nanshung besetzen zu können. Gegen 100 Flugzeuge unterstützten die japanischen Angriffe und bombardieren ständig die chinesischen   Posi­tionen. Den Japanern ist eS inzwischen gelungen, bis auf drei Kilometer vor Nanschang vorzudrin­gen. Taffchang und Umgebung befindet sich bis­her in chinesischen   Händen. Kritische Rundf unkpropaganda? London.(Eigenbericht.) Demnächst wird die brittsche Rundfunkgesellschaft zur Abwehr der italienischen   Propaganda unter den Arabern mit Kurzwellen-Sendungen in arabischer und hebrä­ischer Sprache zu arbeiten beginnen. Es verlau­tet auch, daß England sich in Südamerika   nach der Möglichkeit der Aussendung von spanischen, portugiesischen, deutschen und italienischen Mel­dungen erkundige. Es erscheint nicht ausgeschlos­sen, daß England in allen diesen Sprachen Nach­richten ausgeben wird.Evening Standard" schreibt, man könne das Empire nicht schutzlos der ausländischen Propaganda überlassen. Mobilisierung auf Menorca  Barcelona  . Meldungen aus Mahon  (Insel Menorca  ) zufolge, die von Sonntag da­tiert sind, hat General Franco   die Insel Menorca  aufgefordert, sich zu ergeben. Alle waffenfähigen Männer der Insel von 16 bis z« 50 Jahren wurden, wie es heißt, zu ihrer Verteidigung m o- bjlisiert. Absewehrter Luftangriff auf Barcelona  '. Montag um 4 Uhr 45 morgens wurde eine im Anflug gegen Barcelona   befindliche Gruppe von Franco-Flugzeugen gesichtet. Regierungs­jagdflugzeuge stiegen sofort auf und es kam zu einem Luftkampf, in dessen Verlaufe eine drei« motorige Maschine in der Nähe Barcelonas   ab- stnrzte und verbrannte. Eine andere Franco- Maschine soll ins Meer gestürzt sein. London.(Eigenbericht.) Das als sehr italienfreundlich bekannte Pariser   BlattL e Jour" berichtete, daß Ribbentrop die Aufgabe hatte» Mussolini   die deuffchen Mindestfor­derungen in der Kolonialftage mitzuteilen. Deutschland   fordere als Mindestprogramm Togo» Kamerun  , Uanda-Urandi (jetzt zum belgischen Kongo   gehörend) und die Einrichtung einer Internationalen Afrika  - Gesellschaft zur gemeinsame« Erschließung des Erdteils, an der England,' Deutschland  , Frankreich   und Italien   gleichmäßig beteiligt sein sollt». I« der spanischen   Frage habe Ribbentrop Mussolini geraten, die Richtinterventionspolitik nicht auffliegrn zu lassen, vielmehr auf Zeitge­winn zu arbeiten. Mussolini   fordert von Deutsch- land angeblich die Unterstützung der antibritischen Propaganda im Vorderen Orient. Deutschland  lehne diese Forderung nicht ab, wünscht aber, daß Italien   dem trittschen Palistinaplan ein Gegenpojekt entgegenstelle. Und zwar schlage Deutschland   ein Biermächte- Mandat für Palästina vor, das England, Frankreich  , Italien   und Deutschland  (!) die Verwaltung und die Aufstellung einer inter­nationalen Miliz auftragen solle. Hitler soll Mussolini   ferner dringen, dem deutsch  -japani­schen sogenanntenAnti-Komintern-Pakt" offi­ziell beizutreten. »Evening Standart" meldet, daß der Bot­schafter M a i s k i den Auftrag erhalten habe» Lord Plymouth die Einstellung der russischen Zahlungen für das Nichteinmischungs-Komitee anzukündigen. Wie die russische   Botschaft er­klärt, handelt es sich hier um eine Mystifi­kation. Offenbar werden derartige Nachrich­ten lanziert,«m im Sinne des neuesten italie­nisch-deutschen Manövers Rntzland die Berant- wortung für das Scheitern der Verhandlungen aufzubürden. London  . Die Abreise Ribbentrops von Rom  soll in ebenso mysteriöser Weise erfolgt sein, wie seine Ankunft, so berichtet der«Daily Tele­ graph  ". Das große Diner, das Ciano   in der Billa  Madame" in Rom   zu Ehren Ribbentrops gab nnd> bei welchem auch der japanische   Bot­schafter in Berlin   anwesend war, wurde nicht in der Oeffentlichkeit bekanntgegeben. Stunden nachher, nachdem Ribbentrop   bereits abgeflogen war, wurde im Hotel, wo er wohnte, noch die Auskunft erteill, er sei lediglich spazieren ge­gangen und auch die besondere Bewachung des Hauses wurde auftechterhalten. Der Korrespon­dent des Blattes meldet, sicher zu wissen, daß eine Ausdehnung der Achse Rom-Berlin nach Tokio   vereinbart wurde und daß nun­mehr diese auch die japanischen Interessen um­faßt. Während der Anwesenheit Ribbentrops in Rom   soll dem«Daily Telegraph  " zufolge u. a. Uebereinstimmung erzielt worden sein über die Einzelheiten der künftigen Zusammenarbeit im Spanienausschuß und die deutsch  -italienische Zu­sammenarbeit in Spanien   in wirtschaftlicher, politischer und industrieller Hinsicht nach Beendi­gung des Krieges, wobei die Abgrenzung be- sttmmter Einfluß-Sphären geplant sei. Was wird in Rumänien  Von unserem Bukarester   Mitarbeiter Die zwei- oder dreitausend Menschen, die in Rumänien   Politik machen, Berufspolitiker, Journalisten und sonstige am politischen Geschehen Interessierte sind in heller Aufregung: es steht nun endgültig fest, daß zwischen dem 8. und 15. November die Entscheidung darüber fallen wird, ob die Regierung Tatarescu   zurücktritt. Auf diese eine Frage konzentriert sich im Augenblick die all­gemeine Aufmerksamkeit. Was nachher kommen !wird, weiß niemand, so viele Antworten diese Frage in der Presse der verschiedenen Richtungen auch findet. Die Regierung Tatarescu   tritt zu­rück, weil ihre Amtsdauer abgelaüfen ist. Im November des Jahres 1033 wurde die liberale Partei mit der Regierungsbildung beauftragt. Die Mandatsdauer einer rumänischen Regierung umfaßt verfassungsmäßig vier Jahre und diese vier Jahre sind eben jetzt, im November 1037 abgelaufen. Damit ist vermutlich auch die Frage beantwortet, was mit dem Parlament geschehen wird. Die Herbsttagung des Parlaments, welche am 15. Oktober hätte eröffnet werden sollen, ist um einen Monat, bis zum 15. November verscho­ben worden, aber sie wird an diesem Tage nicht eröffnet werden, vielmehr wird sich an diesem Tage eben die Frage der Nachfolge für das Kabi­nett Tatarescu   stellen. Ginge es normal zu oder auch nur nach den Regeln des gesunden Menschenverstandes, so müßte die Frage der Nachfolge der Wählerschaft überlassen werden. Auflösung des Parlaments, wie sie zum 15. November stattfinden soll, bedeu­tet gleichzeitig Ausschreibung der Neuwahlen und das Ergebnis der Neuwahlen müßte, die Zusam­mensetzung der folgenden Regierung bestimme«. Aber es geht nicht normal zu, es ist in diesem Sinne in Rumänien   niemals normal zugeganqen. In Rumänien   wurde immer eine Regierung be­rufen und diese Regierung hat dann die Wahlen gemacht. Und sie hat sie so gemacht, daß das Par­lament eine Zusammensetzung aufwies, wie sie die betreffende Regierung eben wollte. Das innec- politische Interesse gilt also zunächst garnicht den bevorstehenden Neuwahlen, es gilt vielmehr der Regierung, welche diese Neuwahlen durchführen wird, beziehungsweffe der Partei, welche durch diese Regierung repräsentiert sein wird. Um wieder auf dienormalen Vorausset­zungen" zurückzukommen: Gemeindewahlen, welche in den letzten Monaten stattgefunden ha­ben, haben angezeigt, daß die rumänische Bauern­partei, die Nationalzaraniften, mit der cegre- rungsnachfolge zu betrauen wäre. Diese Partei hat in diesen Wahlen zwar nur den zweiten Platz errungen, aber es muß beachtet werden, daß die liberale Partei, welche den efften Platz errang, diese Wahlen eben gemacht hat, was für ihre Gegner mit bettächtlichen Schwierigkeiten bei der Wahlpropaganda sowohl, wie auch in der Aus­übung des Wahlrechts verbunden ist. Und es ist weiter zu beachten, daß die liberale Partei bezie­hungsweise die mit der administrativen Durch­führung der. Wahlen betrauten Verwaltungs­behörden im Auftrage der Zentralregierung, das heißt des Bukarester   Innenministeriums, die rechtsstehenden Gegner der Nationalzaranisten, insbesondere die faschistischen Christlichnationalen, mit allen Mitteln offen, oder heimlich unterstütz­ten. Umso höher aber ist der Erfolg der Raffonal- zaranisten einzuschätzen, als. er anzeigt, daß der demokratische Gedanke in den rumänischen Wäh« lermaffen noch immerhin ausreichend Widerhall findet, um, man muß wieder das Wortnormal" gebrauchen, unternormalen Voraussetzungen* dem Lande für die Zukunft eine demokratische Re­gierung zu sichern. Ob trotz dieser Voraussetzungen die Raffo« nalzaranisten zur Regierung berufen werden, ist eine Frage, welche nicht einmal die genauesten Kenner der rumänischen Innenpolitik, und der vielfach verschlungenen Wege, die sie geht, mit Sicherheit beanttvorten können. Gegen diese Be­rufung erheben sich zahlreiche sichtbare und un­sichtbare Kräfte, für welche zum Teile faschistische, zum Teile Gründe der persönlichen Sympathie oder Antipathie maßgebend sind. Die sichtbaren Kräfte sind wie gesagt auf der faschistischen Seite zu suchen, also im Lager der Christlichnationalen und der Eisernen Garde, welche bereits die Parole ausgegeben haben, daß eine Regierung der Ratio- nalzaranisten eine Regierung von Judenknechten Iwäre. Die unsichtbaren Kräfte sind natürlich un« Französischer Dampfer von Piratenfliegern versenkt Paris  . Der französische   Dampfer O«edmella h", der auf der Fahrt von Casablanca nach Port Vendres begriffen war, wurde Sonntag um 17 Uhr 50 Meilen von Barcelona   von zwei unbekannten Flugzeugen mit Bomben angegriffen und so schwer beschädigt, daß er von der Besatzung verlassen werden mußte und später unterging. Ein französischer Zer­störer nahm die Mannschaft an Bord. In Paris  hat differ neue Zwischenfall große Erregung ausgelöst. Es wurde eine strenge Untersuchung angeordnet, um die Herkunft der Flugzeuge zu ermitteln. Der Kapitän des Dampfers sagte aus, daß zur kritischen Zeit zwei Wasserflugzeuge drei­motorige Doppeldecker von dunkelgrauer Farbe auftauchten. Er habe auf einer der Ma­schinen ein schwarzes Kreuz bemerkt, andere Mit­glieder der Besatzung sahen jedoch ei« weißes Kreuz. Das eine Flugzeug warf zwei Bomben ab. Da der Dampfer hiebei schwer beschädigt wurde, ordnete der Kapitän an, daß die Be­satzung das Schiff verlasse. Der an der Küste bei Port Vendres statt»- nierte Kontrolldienst sichtete am Sonntag zwi­schen 12 und 14 Uhr oberhalb der französischen  Gewässer einen Hydroavion der TypeS a- v o i a". Er sichtete wohl auch zwei Flugzeuge der spanisches» Regierung, diese wiesen jedoch rote Kokarden auf und begleiteten den DampferEl Kantara", welcher aus Algier   nach Port Vendres unterwegs war. Auch ein Boot der Kriegsmarine getroffen I Port Mahon. Ein Wasserflugzeug der spanischen   Aufftändischen überflog Montag vor­mittags Port Fornelles im Norden der Insel Minorra und warf auf ein Drpeschrnboot der ftanzösischrn Kriegsmarine, das der Marine­minister der Gesellschaft Air France   zur Ver­fügung gestellt hatte, Bomben ab. Das Schiff, das von einer Bombe gettoffen wurde, gab auf das Wasserflugzeug Schüsse ab. Den ersten Nach­richten zufolge, hat die Boombardierung des Schiffes' keine Opfer gefordert. * Der Radiosender Marseille   hat in der Nacht auf Montag gegen 1 Uhr Hilferufe des franzö­ sischen   SchiffesP r o c i d a" aufgesangen, das meldete, daß es zwölf Meilen südwestlich von Bauduz durch einenausländischen" Kreuzer .angehalten und ihm befohlen worden sei, nach I Südosten zu fahren. Etwa eine halbe Stunde später wurde jedoch derProcida  " erlaubt, ihre I Fahrt nach Soto(Spanien  ) fortzn,'etzen.