Zeutralorga« der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme de» Montag tSglich früh/ Einzelpreis 70 Heller Redaktion und Verwaltung: Prag   XL, Fochova 62- Telephon 83077- Herausgeber: Siegfried Taub  - Verantwortlicher Redakteur: Karl Lern, Prag  17. Jahrgang Sonntag, 31. Oktober 1937 Kur dem Inhalt: & SdR-Bticf, dtt ut*>«**» Häute diet Nr. 256 Das Todesbataillon rettet sich Durch Rückzug In die Internationale Konzession Schanghai.  (Reuter.) Das letzte chine» sische Infanterie-Bataillon, das sich bisher in einem Magazin im Stadtviertel Tschapei zur Wehr setzte, hat Samstag gruppenweise dieses Viertel verlassen und seine zahlreichen Berwun» deten mitgenommen. Das Bataillon zog mit 300 Verletzten, mit allen Waffen von seinem bisheri­gen Standort ab und mußte mehrere von japani­schen Scheinwerfern beleuchtete und von japani­schen Maschinengewehren beschossene Straßen pas­sieren, bis eS zur internationalen Konzession gelangte. Die chinesischen Soldaten wurden von den britischen   Truppen aufs herzlichste ausgenommen und die Verwundeten verbunden. Sie wurden dann enttvasfnet und der internationale» Polizei do« Schanghai   überstellt. * An der Schanghaifront versuchen die Japa­ner ihre Stellungen auf der Linie Nanfiang Kiatinq vorzuschieben, konnten bisher jedoch nur geringe Fortschritte verzeichnen. Das Nordufer des SutschaugrabenL. ist von der Grenze der internationalen Niederlassung bis zwei Kilometer nördlich von Kiangkiao von den chinesischen Trup­pen geräumt worden. Chinesische   Flugzeuge bom­bardierten seit Wochen zum ersten Male wieder japanische Stellungen bei Honkiu. Vier britische   Soldaten getötet In der Nähe des britischen   Militärlagers i« Feßfield bei Schanghai   expkvtzierte eine Gra­nate. Zwei englische Soldaten wurden getötet und zwei weitere verwundet. Zur selben Stunde wurden durch die Explosion eines Artilleriege- schoffeS in der Straße Jujurn zwei britische   Sol­daten und zwei chinesische Zivilisten getötet. In der französischen   Konzession explodierte in der Nähe des KlubsCerrle Francaise" eine Granate großen Kalibers. Khokho Japans   neueste Staatengründung London.  (Eigenbericht.) In der Inne­ren Mongolei   hat Japan   nach dem Muster von Mandschukuo einen neuen Pufferstaat errichtet, der den Namen Khokho trägt und die Provinzen Tschachar und Suiyuan umfaßt. Staatsoberhaupt ist der Prinz P e h, der unter dem Schutz der japanischen Bajonette in die Mongolei   zurückge- krhrt ist, auS der er vertrieben worden war. Der neue Staat wird ungefähr vier Millionen Ein­wohner zählen, davon 3.8 Millionen Mongolen «nd eine halbe Million Chinesen. Zum Weltspartag Signorello Mussolini, Papa Duce hat depe­schiert, Sie möchten heute nur kleine Bom­ben werfen. Man soll nicht sagen, daß der Faschismus nicht sparsam sei! Englandfeindlicher Kurs in Tokio  Faschistische Treueschwüre im Rundfunk? Tokio  . DerRat für aktuelle Situatio­nen", ein«»offizieller Organismus, der sich aus Mitgliedern des Parlamentes und einflußreichen Industriellen zusammensetzt, hat eine Resolution angenommen, in welcher die Notwendigkeit be­tont wird, sofort ein« gesamtnationale Bewegung zu organisieren, die auf den Abbruch der diplo­matischen Beziehungen mit Großbritannien   ab­zielt. Am 29. November wird, dem Domei-Büro zufolge, in Tokio   eine Maffen-Bottsversammlung zur Feier des ersten Jahrestages des deutsch  - japanischen Antibolschewisten-Pakte- veranstaltet werden. Ministerpräsident Fürst Konoye wird eine große politische Rede halten, die auch von den deutschen Sendestationen übertragen werden wird. Es verlautet, daß Beratungen atgehalten werden, um die Aussendung der Reden HitlerS  und Mussolinis, die bei dieser Gelegenheit ge­halten werden sollen, durch die japanischen Rund­funkstationen zu sichern. Man erwartet, daß an diesem Tage Konove, Hitler und Mussolini   Bot­schaften von Nation zu Ration auStauschen werden. Uebersiedlung nach Barcelona   angeordnet Valencia  . Der Präsident der spanische» Republik unterzeichnete das Dekret über die Uebersiedlung der Regierung nach Barcelona  . Mit der Durchführung des Dekretes ist der Vor­sitzende der Regierung im Einvernehmen mit den Ministern betraut. Die Regierung hat über ihre Uebersiedlung nach Barcelona   eine Erklärung veröffentlicht, in der sie betont, daß diese Uebersiedlung im öffent­lichen Interesse erfolge und daß sie bereits von der vorhergegangenen Regierung erwogen wor­den sei. Einer der Hauptgründe für die Ueber­siedlung sei, daß Barcelona   ein viel wichtigerer und besserer Hafen sei als Valencia  ; außerdem sei Barcelona Mittelpunkt einer starken Nssdu- strie, die jetzt im Kriege einen bedeutenderen Faktor darstelle, als dies bisher der Fall sein konnte. Katalanien   werde so eine neue Gelegen­heit gegeben werden, seine Begeisterung für den gemeinsamen Kampf gegen die Aufständischen und gegen die in Spanien   eingedrungenen frem­den Truppen zu beweisen. Regen behindert die Kampftätigkeit Madrid  . Der Feind hört nicht auf, Madrid  zu beschießen. Auch an der Madrider Front in Guadalajara   und in Jarama   im Abschnitte Cuesta de la Reina versuchten die feindlichen Ab- teilungen einige heftige Angriffe, die von den Republikanern durchwegs abgewiesen wurden. Der Südwestflügel des gewaltigen Eisen­betonbaues der Madrider   Hospitalsklinik ist in­folge der gestrigen Explosion einer Mine der Republikaner   nun vollkommen zerstört und bis zum Erdboden abgetragen. Riesige Material­blöcke waren durch die Explosion hochgeschleudert worden und haben eine große Anzahl der Rebel­lensoldaten erschlagen. Kn Norden dauern das schlechte Wetter und der heftige Regen an, die die Kampftätigkeit zeit­weise zum Stillstand gebracht haben. An der Front um H u e s c a herrscht Ruhe. In Hocharagonien ist das Terrain' uwegsam geworden; beide Parteien beschränken sich auf erforderliche Ausbesserungen der Deckun­gen und die Befestigung der Schützengräben. Wechsel Im Oberkommando der Italienischen   Interventionsarmee Rom.  (Havas.) Der Militäranzeiger teilt mit, daß General   Ettore B a st i c o, der Kom­mandant des italienischen   Freiwilligen-KorpS in Spanien  , vom italienischen   Armeekommando in Alessandria   in Norditalien   abberufen und in das Kriegsministerium berufen wurde, wo er mit einer besonderen Mission betraut worden ist. Botschafter Cerruti geht auf Urlaub Paris.  (Eigenbericht.) Der italienische Botschafter C e r ru t 1 ist aus Paris   abberu- fcn worden. Er wird Paris   Sonntag abends verlassen und einen Urlaub von unbeschränk­ter Dauer in Italien   verbringen. Diese Abberu­fung stellt einen Protest Italiens   gegen dir Hal­tung Frankreichs   dar, das in Rom   seit der Pen­sionierung des Botschafters Chambrun nur einen Geschäftsträger unterhält» da Italien   darauf be­steht, daß ein neuer Botschafter beimKönig von Italien und Kaiser von Abessi- n i e n" akkreditiert werde. Paris   lehnt es jedoch ab, aus diese Weise indirekt die de-j«re-Anrr- kennung der Eroberung AbessinienS vorzunehmen. Ein Zusammenhang zwischen dem italieni­schen Schritt und den scharfen antifaschistifchen Reden von Delbos und Herriot   auf dem radikal­sozialistischen Parteitag in Lille   besteht nach ita­lienischen Erflärungen nicht. Die Abberufung sei den Pariser   Stellen bereits vor der Rede Her- riots bekanntgegrben worden. Einladung Mussolinis an den Großmufti... Haifa  . Die italienischeR e g i e- r u ng hat den Großmufti von Jerusalem  , der vor kurzem auf stanzösisches Mandatsgebiet geflüchtet ist und dessen Unterbringung den französischen  Behörden großes Kopfzerbrechen verursacht, nach Libyen   eingeladen, wo er sich vollster Bewe­gungsfreiheit erfteuen soll. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, daß er dorthin gelangen kann. Menorca   im Vordergrund B. B. Paris  . General Franco   hat sich di« Kriegführung leicht gemacht. Seine militärische Basis waren die von Halbzivilisierten bevölkerten, spanischen Kolonien, seine Siege, die Vernichtung von regierungstreuen Gebieten, deren geographi­sche Lage eS verwehrte, daß die Volksarmee in irgendeiner Weise Hilfe leisten konnte. Nun hat Franco   alle Nebenfronten liquidiert, an denen seine zahlenmäßig und technisch überlegenen Trup­pen billige Lorbeeren ernten konnten, alle bis auf eine: Menorca  . Es läge gänzlich im Sinne der bisherigen.nationalistischen' Taktik, die Offen­sive gegen di« letzte regierungstreue Insel des Balearen  -Archipels zu eröffnen, und es spricht viel dafür, daß dies geschehen wird. Das Wieder­aufleben der Piraterie in den Balearen  -Gewäs­sern, die Einschüchterung der ohnehin schwer dar­benden Zivilbevölkerung Menorcas   durch«ine großsprecherisch« Flugzettelpropaganda sind deut­liche Anzeichen für die Richtung, in welche der Hauptkriegsschauplatz verlegt werden soll. Würde Franco   einen spanischen Krieg führen, so müßte er trachten, die Hauptstadt, an der er sich schon einmal die Zähne ausgebissen hat, in seinen Besitz zu bekommen.^ Da er jedoch nur das Vollzugs­organ italienischer Interessen ist, so wird der Krieg so geführt, wie eS der faschistische General­stab braucht, und Menorca   muß ihm im Augen­blick wichtiger als alles andere erscheinen. Menorca   mit seinem Kriegshafen Mahün gilt von jeher als die strategisch wertvollere Posi­tion gegenüber Mallorca  . Bor dem Kriege schon begann der Wettlauf der Großmächte um di« Er­oberung oder wenigsten- um ein« Beteiligung an diesem ausgezeichneten Flottenstützpunkt. Dabei wirkte der Umstand mit, daß eine di« nationalen spanischen   Interessen preisgebende Bourbonen- Monarchie von sich aus die Insel an den Meist­bietenden zu verhökern suchte. Marschall Joffre  erzählt in seinen Memoiren, daß König Alphons XIII. Frankreich   auf den Balearen eine See­festung angeboten hat. Die französische Republik  lehnte ab/ Daher kam es zu einem öffentlich Ni« eingestandenen,«wer auch niemals dementierten Geheimvertrag mit England, wonach Großbritan­ nien  , welches damals auf seine Stellung im Mit- telmeer noch in stärkerem Maße bedacht war, das Recht erhielt, Mahün als Marinebasis zu benützen^ falls Italien   auf feiten der Dreibundes in btn Krieg eingetreten wäre. Nach dem Kriege kam das Balearen-Problem wieder aufs Tapet,, als Mussolini   seine erste Extratour mit der spanischen  Reaktion betrieb. Die Balearen für Italien   in irgendeiner Weise zu erobern daS ist der ge­heime Plan Mussolinis, seitdem er daS Amt eines Ministerpräsidenten bekleidet. Ta er Primo d^ Rivera als Partner auf der anderen Seite hatte, so war eS nicht schwer, daS Spiel vorübergehend zu gewinnen. Nach Austausch verschiedener Freundlichkeiten, dem spanischen Königsbesuch in Italien  , dem Rundflug des Balbo-Geschwaders in Spanien   unter besonderer Berücksichtigung der Ba­learen, wurde zwischen den beiden Diktatur-Regie­rungen ein Geheimabkommen abgeschlossen, das die.wohlwollende Neutralität" der Inselgruppe, für den Kriegsfall regelte. Die Ausrufung der Republik   am 141 April 1931 war ein schwerer Schlag für die italienische Außen- und Marine-Politik. Spanien   zeigte sich in Genf   radikal pazifistisch und allen Geheimver­trägen abgeneigt, es war aber auch bereit, alles zu tun, um kein verlockender Objekt für AngriftS- lustige zu werden. Als im zweiten J-chr« der Republik   die Ausschachtung des KriegShafenS von Mahün und die Modernisierung der Befestigungs­werke auf den Balearen vorgenomm«» wurde, be­gannen auf italienischer Seite die ersten dunklen Angriffspläne zu reifen, zumal auch der recht harmlose Besuch HerriotS in der spanischen   Haupt­stadt, welcher Ende Oktober 1932 stattfand, die Nervosität der Faschisten gesteigert hatte. In einer Korrespondenz derBossischen Zeitung" au» Madrid   mit dem Datum vom 21. Oktober 1932 finden wir die erste Andeutung der kommende» Dinge: .Da Frankreich   bei einem europäischen . Kriege wiederum Massen von Kolonialtrupp«» heranziehen würde, könnten diese Truppentraus­porte, auS Algier   hauptsächlich, aber auch aus Marokko  , von den Balearen  -Inseln auS sehr ge­fährdet bzw. nahezu unmöglich gemaO werden. Für eine Frankreich   feindliche Macht^Ita­ lien   wird durchaus offen,al» solch« genannt Wären die Inseln als Stützpunkt der Flotte, der Unterseeboote und Flugzeuge do» Der Kongreß von Lille  einmütig für die Volksfront Lille  . Nach den bereits gemeldeten Zwischen­fällen gelangte am Samstag der radikalsoziali­stische Parteikongreß zu einem vollen Einverneh­men über den Text der Schlußresolution. In die­ser Resolution wird der Bolksfrontregierung unter der Leitung des Radikalen Chautemps das Vertrauen ausgesprochen und die Notwen­digkeit der Disziplin der Republikaner   im Kampfe gegen die Gegner der Republik   hervorgehoben. Ferner wird darin die Respektierung der Ver­pflichtungen bestätigt, die die Partei im BolkS- frontprogramm übernommen hat, und der Wunsch ausgesprochen, daß alle Republikaner die Ord­nung und die Legalität respektieren. Ferner bil­ligt die Resolution die Finanzpolitik des Mini­sters Georges Bonnet  , hebt die Notwendigkeit eines ausgeglichenen Staatsbudgets hervor, lehnt eine Berfaffungsrevision Wwie die Währungskon« trolle ab u. ä. Die Resolutionskommiffion empfiehlt den Zusammentritt des nächsten außerordenflichen Parteikongreffes in drei Monaten in Paris  , um die Frage der Einführung des Proportional- wahlrechtes zu flären.- Als der Parteivorsitzende Dalädier über die Resolution abstimmen ließ, wurde sie bloß mit einer Mehrheit, nicht aber einmütig angenom­men. Hierauf betrat.Ministerpräsident Chau­temps die Rednertribüne und forderte alle Dele­gierten dringend auf, die vorgeschlagene Resolu­tion einmütig anzunehmen und so die Ein­heit der Partei, die unter den gegenwärtigen schweren Umständen unbedingt notwendig sei, öffentlich zu manifestieren und gleichzeitig die Autorität der radikalen Minister in der Regie­rung zu stützen. Nach diesem Eingreifen des Ministerpräsidenten ließ Daladier   neuerlich über die Resolution abstimmen, die diesmal ein­mütig angenommen wurde.