Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh/ Einzelpreis 70 Heller

Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62 Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag  Freitag, 12. November 1937

17. Jahrgang

Unerfreuliche Feststellungen des Außenministers:

Die internationale Spannung wächst

Das Echo von Teplitz beweist Deutschlands   unfreundliche Haltung

Prag  . In den Außenausschüssen der beiden Kammern erstattete Außenminister Doktor Krofta am Donnerstag ein ausführliches Exposé über die weltpolitische Lage, in dem er ein­leitend mit ziemlichem Freimut den Optimismus korrigierte, den er in seinem letzten Exposé vom Mai dieses Jahres bezüglich der weiteren politischen Entwicklung an den Tag gelegt hatte. Er gab zu, daß heute alle Mächte sich auf einen drohenden Krieg durch forcierte Rüstungen vorbe. reiten, und setzte seine Hoffnung, daß ein Krieg dennoch vermieden werden könne, eigentlich nur mehr auf die furchtbaren wirtschaftlichen Folgen, die ein Krieg für alle mit sich brin­gen müßte.

Bezüglich Deutschlands   erregte feine Erklärung großes Aufsehen, daß er die Fest stellung feines letzten Erposés, daß Deutschland   eine grundsäßlich antitschechoslowakische Politik nicht nachgesagt werden könne, heute leider nicht mehr aufrechterhalten könne. Wir geben Krof­tas Ausführungen über diesen Punkt, die auch eine scharfe Zurückweifung des feinerzeitigen deutschen   Kommuniqués über den Protestschritt des Gesandten Dr. Mastný enthalten, nachfol gend wörtlich wieder:

rung in Rosenberg zu verweisen, wo er ganz klar und entschieden gesagt hat, daß wir jeden äußeren Eingriff in unfere inneren Angelegenheiten, sei es durch die Presse, sei es auf anderen Wegen, kon fe auent und grundsäklich 3- rückweisen, ebenso wie wir selbst uns nach diesem Grundsatze im Verhältnisse zu anderen streng richten wollen und müssen.

Ungeachtet der von wo immer kommenden Drohungen oder Beleidigungen werden wir uns in unserer Minderheitenpolitik wie bisher sowohl nach unseren Verpflichtungen, die wir durch die Friedensverträge auf uns genommen haben und deren Erfüllung der Völkerbund überwacht, als auch nach den Grundsätzen demokratischer Gleich beit, Anständigkeit und Gerechtigkeit richten, zu denen wir uns aufrichtig bekennen.

schaftlichen und sozialen Zustand das Ende des Krieges die beiden Gegner vorfinden wird.

Was den Iterbund anlangt, unters scheidet der Minister die auf politischem und auf wirtschaftlichem Gebiet erzielten Ergebnisse. Gut waren die Ergebnisse der Tätigkeit der techni schen Sektionen, insbesondere der Wirtschafts­fettion. Demgegenüber hat die politische Tätig feit des Völkerbundes in der letzten Reit nur be­scheidene Ergebnisse gezeitigt.

Fieberhaftes Rüstungstempo

Aus dem Inhalt:

Forderungen

der Angestellten

Weltkonjunktur

am Höhepunkt?

Gaskrieg gegen Bomber Turnverein Neudek eingestellt

Nr. 266

Polnisch reden,

Herr Henlein?

Am 5. November wurde zwischen der deut­ schen   und der polnischen Regierung ein Abkom men über den Schutz der Minderheiten abges schlossen, das nach der Versicherung der Zeit" weitgehend ist. Die Grundgedanken dieses Abkommens sind: eine zwangsweise Entnationa lisierung ist unerwünscht; die Angehörigen der Minderheiten haben das Recht, untereinander in ihrer Sprache zu verkehren, sowie Zeitungen in ihrer Sprache hinauszugeben und in ihren Ver­sammlungen ihre Sprache zu verwenden; die An­gehörigen der Minderheiten dürfen sich zu Ver­einigungen zusammenschließen und Schulen in ihrer Muttersprache erhalten und errichten; at den Religionsgemeinschaften der Minderheiten Die unausgeglichenen, unklaren Verhältnisse kann die Sprache der Minderheit gebraucht wer­zwischen den Großmächten führen zu einem fieber- den; die Angehörigen der Minderheit genießen bei baften Tempo ihrer Rüstungen, worin ihnen der Wahl, der Ausübung des Berufes und bei auch die Kleineren Staaten folgen müssen. In die ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit die gleichen Rechte fem Zusammenhang stasift der Minister das Roh- wie das Staatsvolt. stoffproblem und die deutsche Forderung nach Kolonien. Siezu bemerkt er lediglich, daß ein Anlaß, Herrn Hitler   als Freund und Förde= die Frage der Neuregelung der Kolonien die inter­find an dieser Frage nich tdirektinter. nationale Bolitit lange beschäftigen werde. Wir rer des nationalen Friedens zwischen dem Stacts­volt und der polnischen Minderheit in Deutsch­effiert und wir können weder noch wollen wir land hinzustellen und anzudeuten, daß die deutsche  in fie eingreifen. Der Besuch Mussolinis in Deutsch  - Minderheit in Polen   für den Schuß, den sie in­land habe offenbar der Schaffung einer zeitlichen folge des Eingreifens Hitlers   nunmehr genießen und fachlichen Nebereinstimmung zwischen der Boli- wird, dankbar sein darf. Die Zeit" hat für tit Roms und Berlins   auf allen Gebieten ge- die Nachricht über den Abschluß jenes Minder­golten. heitsabkommens zwischen dem Dritten Reich und

Nähere Aufmerksamkeit widmete der Minister

Das ist alles. Aber es ist der Henleinpresse

Was unser Verhältnis zu Deutschland   anbe­langt, babe ich das letztemal die Ueberzeugung ausgesprochen, daß ihm eine grundsätzlich anti­tschechoslowakische Politik nicht nachgesagt wer­ben könne. Ich wäre froh, wenn ich auch heute diefe Ueberzeugung gleich entschieden wiederholen fönnte. Leider muß ich im Gegenteil mit Bedau­ern an einige Erscheinungen aus letzter Zeit er­innern, in denen unsere Deffentlichkeit natürlich Beweise gegen dieselbe sieht. Ich habe die neue scharfe Stampagne im Auge, welche die deutsche Breffe im Zusammenhang mit dem be­fannten Tepliker Vorfalle gegen uns entfesselt hat. der Kleinen Entente  , von der gesagt wer Polen   gleich einen dreispaltigen Titel Ein Ereignis, wie es heute jeden Augenblick in den tönne, daß das einheitliche Vorgehen in Genf   riskiert, wie er in der Regel bei Nachrichten der verschiedenen Staaten Europas   in weit bedenk­in allen internationalen Fragen und schließlich die" Beit" über den von der SdP angeblich geführ= gemeinsamen Verhandlungen mit Ungarn   über die ten Rechtstampf des Sudetendeutschtums" Ber­licherer Form vorkommt, wurde hier zum Vor­Gleichberechtigung die Stimmen zum Schweigen wendung findet. gebracht haben, welche bei jeder Gelegenheit von wand einer auf entweder ganz unwahre oder Es ist jedoch merkwürdig, daß die deutsche einem Zerfall der Kleinen Entente   sprechen. wenigstens die Wahrheit grob verzerrende Be­Minderheit in Polen   von dem Abkommen keines hauptungen gestützte Beschuldigungen der Tsche­Von Ungarn   erklärt er mit Befriedigung, wegs begeistert ist, sondern der Meinung Aus­Es ist bekannt, daß unser Präsident der Ne­daß die Aussichten einer allmählichen Besserung des choslowakei, die drohend andoutete, daß Deutsch  - publik ebenso wie der Vorsitzende unserer Regie- gegenseitigen Verhältnisses sich seit seinem lebten druck gibt, es werde alles beim Alten bleiben: das land sein zahlenmäßiges nebergewicht und fein rung sich das Ziel gefezt haben, dahin zu gelan parlamentarischen Exposé noch vermehrt haben. Auch heißt, an der Verfolgung der deutschen   Minderheit Uebergewicht an Macht zu einem Drucke auf die gen, daß die Frage unserer Minderheiten gemäß die in der letzten Zeit zwischen den Staaten der in Polen   werde sich ebensowenig etwas ändern, Tschechoslowakei   im Bereiche ihrer Minderheiten- dem Wunsche des Präsident- Befreiers nur eine Kleinen Entente   und Ungarn   geführten Gespräche wie sich an der Bedrückung der polnischen Minder­politik benügen könnte. technisch- rechtliche, des politischen zeugen von dem Wunsche der ungarischen Regierung heit in Deutschland   etwas ändern wird. Schon der Es ist natürlich, daß wir all dies nicht mit Charakters entbehrende Frage werde. Wir behaup- und der Staaten der Kleinen Entente  , fich gegen Text des Abkommens läßt diese Annahme als Schweigen übergehen konnten, und daher den ten nicht, daß bei uns in diesen Dingen bereits seitig zu verſtändigen. Unsere Beziehungen zu Oesterreich   tragen einen Hinweis auf die Methoden der Durchfüh­berechtigt erscheinen. Denn nirgendwo finden wir deutschen   Standpunkt entschieden zu alles vollkommen wäre, doch sind wir stolz darauf. andauernd ihren traditionellen Charakter des freundschaftlichen Zusammenlebens; das Bewußtrung, nirgends eine Aeußerung darüber, ob das fein unserer gemeinsamen Interessen wächst, was ein schon geschehene Unrecht gutgemacht werden weiterer Beleg für die fortschreitende Konsolidie- wird. rung im Donauraum ist. Aber selbst wenn angenommen werden Ein wirklich freundschaftliches und herzliches fönnte, daß das von der Zeit" so sehr gelobte Verhältnis bejizen wir zu Frankreich  . Der und als weitgehend" hingestellte Abkommen in Lille   von dem festen Entschluß Frankreichs   her- Minderheiten in den beiden Ländern durch dieses Minister hebt hier die kürzliche Erklärung Delbos' genau durchgeführt werden wird: was hätten die bor  , in ernsten Augenbliden seinen Verpflichtungen Abkommen gewonnen? Doch nichts anderes als die gegenüber einem angegriffenen Staat nachautom

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rüd weisen müssen, als ob der Protest daß wie heute die Mehrheit Europas   anerkennt unseres Gesandten gegen eine solche Schreibweise von allen Staaten mit Minderheiten wir in der deutschen   Preffe nicht am Blaze gewesen wäre. ihrer menschlichen und gerechten Lösung am weite­Ich bedauere alles dies deshalb, weil dadurch unser sten fortgeschritten sind. Wenn diefe Tatsache auch Streben nach einem guten Verhältnisse zu Deutsch   in Deutschland   gehörig erfaßt und entsprechend land nicht gefördert wird. bewertet würde, könnte die Frage unserer deutschen In der Sache selbst genügt es, auf die kürz Minderheit kein Hindernis für unsere guten Be­liche Erklärung des Vorsitzenden unserer Regie- ziehungen bilden.

Allgemeine Unruhe in der Welt

land.

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men. In England dauert das Interesse der Feststellung der primitivsten und selbst. Deffentlichkeit für mitteleuropäische Fragen an und verständlichen Rechte, die eine nationa.e verstärkt sich. Was Sowjetruk I and an- Minderheit überhaupt haben kann mit Aus­Einleitend gedachte der Minister des Todes des spanischen   Angelegenheiten verhandeln, hat jeder langt, tönnen sich trob unserer bekannten Vorbe- nahme der Deutschen   Südtirols  , die allerdings Bräsidenten Masaryk. Die tiefe und disziplinierte der Teilnehmer gleichzeitig die Situation im er halten bezüglich der sowjetischen   Staatslehre unsere von dem Verbündeten des Herrn Hitler unter­Trauer der Tschechoslowakischen Republit hat bei nen Osten im Auge. In der Civalität der Groß- Beziehungen zu diesem mächtigen Gebilde ganz glatt drückt werden. allen ausländischen Teilnehmern des Begräbnisses mächte stoßen wir auf Mittel, die heute in einem entwideln; unser Baft über gegenseitige Hilfelei Welch ein Erfolg, die platonische Zusiche einen gewaltigen Eindrud hervorge- noch nie dagewesenen Umfange angewende werden. stung dokumentiert das gemeinsame Interesse an rung, daß nicht mehr zwangsweise entnationalis rufen; die geschlossene und schöne Anerkennung von Erinnern wir uns nur der panarabischen der Erhaltung des Friedens. Masaryks Persönlichkeit und seines Werkes im Aus Bewegung, die heute von Maroffo über Tunis   nach| Mit Italien   find wir stets bereit, um so fiert wird! Man sehe doch, wie ernst es den lande hat einen ungewöhnlichen Wert Palästina und Irak   hinübergreift. eher zusammenzuarbeiten, als wir die italienischen Hitleristen und den Pilsudstisten ist: die Minder­für unseren Staat und dessen Stellung zum Auss Hieher gehört auch das Argument der ver- Interessen im Donaugebiet anerkannt haben und heiten dürfen sogar Schulen in ihrer Mutter­meintlichen bolichewiftifchen Ge- anerkennen. Ueber unser Verhältnis zu Polen   sprache errichten und erhalten! Das heißt, Nach dieser Einleitung ging der Minister zur fahr für die ganze Welt, das einerseits der Bar- fönne leider nichts Neues gesagt werden. wenn sie Schulen haben wollen, wird die Min­Analyse der allgemeinen internationalen Lage trümmerung der inneren Einbelt der öffentlichen derheiten niemand daran hindern, sie selber zu Meinung in einzelnen Staaten, andererseits dazn Am Schluß der politischen Uebersicht widmete bezahlen. Keines der beiden vertragschließenden Die in seinem letzten Exposé vom 21. Mai d. I. dionen soll, die Sympathien zu diesem oder jenem der Minister ein Kapitel der Zirkumstriptionsbulle Länder verpflichtete sich, Minderheitenschulen von ausgesprochene Hoffnung, daß allmählich eine inter  - Staate zu schwächen, der momentan im Brennpunkte des Bapstes, die für unseren Staat die definitive it a at 3 wegen zu errichten und zu erhalten! ber nicht erfüllt. Im Gegenteil: Die Entfeffe­nationale Beruhigung eintraten werde, hat sich lei- des politischen Intereffes steht. äußere Abgrenzung der Diözesen festsetzte, besprach dann unsere Außenhandels-, Verkehrs- und Luft- und so etwas stellt die Henleinzeitung als einen ten Krieges mit Millionenaemeen im Fernen Often fahrtpolitik, konstatierte deren gute Ergebnisse in der nationalen Erfolg hin, als einen musterhaften ung eines weiteren, wenn auch nicht formell erflär. lebten Zeit und spezifizierte auch in diefer Be- Zustand, für dessen Herstellung das Deutschtum und andere Ereignisse haben diese allgemeine Un­Im spanischen Konflikt, dessen chronologische ziehung unser Verhältnis au den einzelnen Staas dem Hitler dankbar sein müsse! Ja, die Deut­the noch vergrößert. Die Gefahr wei- Entwicklung der Minister ausführlich darlegt, ist die ten am Schlusse seines Erposés jagt er: schen in Polen   dürfen sogar Versammlun terer Berwicklungen und Konflikte ist unstreitig noch Situation heute so, daß es den Verhandlungen des Wir fehren in die Zeit schwerer Prüfungen in ihrer Muttersprache abhalten, zei- erfannten Führerscharen und sich

über

auf

Spanien   tangiert auch uns!

dens stützt sich heute eher auf die wirtschaft weitere ärgere Ereignisse zu verhindern. bisher gen zurück, wo es galt, daß sich alle um die an- tungen in ihrer Muttersprache hinausgeben. liche Analyse der internationalen Situation. Wir in der Tschechoslowakei   haben unsere be- an die uns alle unmittelbar betreffenden wefent. untereinander deutsch   reden und deutsche fonderen Gründe, die Verhandlungen betreffs Spa- lichen Dinge des Lebensinteresses halten. Der Aufschriften auf den Grabsteinen haben- mertiam, welche wirtschaftlichen Folgen ein totali niens sehr sorgfältig zu verfolgen denn bei den sich schwere Schlag, der für uns der Tod des Präsident- was die südtiroler   Deutschen   bekanntlich tärer" Krieg, auch wenn er mit Erfolg geführt wird. trenzenden Interessen der Großmächte werden uns Befreiers war, hat uns alle nur gestählt, hat die nicht haben dürfen Herz, was begehrst du für eine Großmacht haben kann. Auch die schred- manchmal sehr deutlich die offensichtlichen Zusam. Atmosphäre unter uns aufgehellt und hat uns aufs mehr?! Ist Hitler   nicht würdig, von den Deut­lichen Erfahrungen der Flugzeugmassenangriffe menhänge des spanischen   Ringens mit den mittel- neue ins Gedächtnis gerufen, daß es in der Außen- schen in Polen   als Beschüßer angeboten zu wers Lösung politischer Probleme durch einen solchen Grundsatz ,, Spanien   den Spaniern" ist naturgemäß keine Parteien,

Strieg

auch weiterhin unfer Grundfah.

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feine Verschiedenheit der übung eines Berufs dürfen die Deuts Anschanungen über die Lebensfragen des Staates schen in Polen   fortan Der Minister erwähnt sodann den japanisch gibt. Für eine Außenpolitik in einer Zeit, in der angeblich nicht mehr Dazu tritt noch, daß der wechselseitige ursäch liche Zusammenhang zwischen den einzelnen Ereig chinesischen Zusammenstoß und erklärt, daß für die wir heute leben, ist Hauptbedingung des Erfolges behindert werden: nur daß ihre nationale Zuge= niſſen, und awar nicht nur in Europa  , sondern auch europäischen Großmächte und die Vereinigten Staas biefe Gefchloffenheit, diefe Einheit im In- hörigkeit kein Grund sein darf, ihnen eine Stel­in der ganzen Welt gewachsen ist. Wenn heute die ten fait größere Bedeutung als die Ereignisse auf nern; wenn wir sie haben, und wir haben fie, fung zu verweigern, steht nicht in dem As­Westmächte mit Sowjetrußland in London   über die den Schlachtfeldern die Frage hat, in welchem wirts dann muß uns vor dem Morgen nicht bange sein. tommen. Und so werden zehntausende Deutscher