Seite 2
Freitag, 12. November 1937
Nr. 263
in Polen weiterhungern, nur deshalb, Weil sie Deutsche find.— Selbstverständlich müssen die Deutschen in Polen mit den Aemtern in der Staatssprache reden, dürfe» sie ihre Muttersprache nur im p r i v a t e n, nicht aber im amtlichen Verkehr verwenden. Ein m u st e r- hafte s, ein beispielhaftes Minder- heitenablommen! Angesichts der Zufriedenheit, welche die„Zeit" über dieses wunderbare Ergebnis der hitlerschen Regierungskunst äußert, muß man sich doch fragen, ob Herr Henlein es vielleicht unterlassen hat, Herrn Hitler mit seinen bekannten nationalen Anträgen bekanntzumachen? Herr Hitler hätte doch in diesen Anträgen eine Grundlage gefunden, die Deutschen in Polen noch besser zu befriedigen, um so mehr, als Henlein die Welt glauben zu machen versucht hatte, daß die parlamentarischen Anträge seiner Partei zur Minderheitenfrage die einzig mögliche Lösung des Minderheitenproblems sindl So aber muß man doch über diesen Tatbestand staunen: daß die Deutschen in Polen nach dem Abkommen u n t.e r e i n a n d e x in ihrer Muttersprache reden dürfen, läßt Henlein frohlocken; daß die"Deutschen in der Tschecho slowakei in ihrer übergroßen Mehrheit auch mit den'AemterN in ihrer Muttersprache verkehren dürfen, dünkt ihm nicht der Erwähnung wert;— daß die Deutschen in Polen deutsche Schulen aus eigener Kraft schaffen und erhalten müssen, ist Herrn Henlein ein Anlaß, Hitler zu loben; daß die deutschen Schulen in der Tschechoslowakei bis auf wenige Ausnahmen vom Staate erhalten werden, übergeht er mit Schweigen;<— daß die Deutschen in Polen „bei der Wahl und der Ausübung ihres Berufes" nicht behindert werden sollen, bedeutet Herrn Henlein einen nationalen Erfolg; daß es bei uns einen 18. Feber gibt, ist ihm höchstens ein Anlaß, auf die Negierung und die deutschen Regierungsparteien zu schimpfen. Ja, noch mehrl Derselbe Herr Henlein , der das deutsch -polnische Minderheitenabkommen als „weitgehend" bezeichnet, scheint ganz vergeffen zu haben, daß er nicht nur die parlamentarischen Anträge der SdP, sondern auch die in seinem OffenenBriefe an den Staatspräsidenten vor kurzem erhobenen Forderungen als die einzig mögliche Grundlage für eine Befriedigung des Sudetendeutschtums bezeichnete. Daß er die Anträge vergessen hat, mag er mit ihrer Kompliziertheit und seinem schlechten Gedächtnis entschuldigen. Aber die Forderungen des Offenen Briefes ? Sollen sie vielleicht durch die Bestim- niungen des deutsch -polnischen Abkommens ersetzt werden, die ihm ja lieber zu sein scheinen als die in der demokratischen Verfassung der Tschechoslowakischen Republik niedergrlegtrn und auch in der P r a r i s anerkannten Rechte der Sudetcndeutschen? Die Zahl der Deutschen in Polen beträgt über eiste Million, und sie siedeln noch geschlossener als die Sudetendeutschen . Herr Hennin hat also nicht die Ausrede, daß es sich bei den Deutschen in Polen um eine zahlenmäßig nicht sehr bedeutsame Minderheit handle. Da er die in dem deutsch -polnischen Abkommen festgelegte Behandlung der deutschen Minderheit in Polen lobt, während er die Behandlung der Deut schen in der Tschechoslowakei durch Herrn Goebbels als die blutigste und schamloseste Unterdrückung hinstellen läßt, wünscht er vielleicht, daß mit den Sudetendeutschen nunmehr sozusagen„polnisch" geredet werden soll? An einer klaren Antwort auf diese Frage ist das gesamte Sudetendeutschtum sehr intereffiertl
Staatsstreich in Brasilien Der Staatspräsident macht gemeinsame Sache mit der Armee Eine neue Verfassung wird dekretiert
RiodeJaueiro. Inder Nacht auf de» 11.' November wurde in Brasilien ein vom Staatspräsidenten B a r g a s zusammen mit der Armeeleitnng von langer Hand vorbereiteter Staats st reich durchgcführt, der dir Republik Brasilien in ein diktatorisch rogiertes Land umwandelt. Der unmittelbare Anlaß zu diesem Schritt solle« angeblich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes sein, deren Lösung der Staatspräsident in seiner den Umsturz begründenden Rundfunkansprache als die dringendste Aufgabe hingestellt hat. Brasilien müsse den Zinsen- und Amortisationsdienst für die Auslandsschuld vorläufig einstellen. Wie jeder Diktator, verkündete auö BargaS, daß das Volk von seiner Diktatur begeistert sei. Er erklärte, .daß die Landarmee und die Marine diese Lösung gefordert habe. Dein Staate werde durch die Ausrufung einer neuen Verfassung Autorität und Freiheit wiedcrgegeben» die«rare- Vcrsassung werde»die demokratische Form des Staates beibehalten", Brasilien werde ein Bundesstaat bleiben. In der Begründung für den Staatsstreich fehlt auch nicht der Hinweis auf die angebliche kommunistische Gefahr. Die beiden Kammern wurden vom Staatspräsidenten, dessen Amtszeit im nächsten Jahr ab- gelaufrn wäre, aufgelöst, ebenso die provinzialen und autonomen SelbsWerwaltungskörper. Bra silien soll in einen Ständestaat nach italienischem Muster umgewandelt werden; Italien soll bei der Vorbereitung des Staatsstreiche- sein« Hand im Spiele gehabt haben.
Der letzte Aufstandsversuch Im November 1935 wurde in einigen Städten und Garnisonen Brasiliens ein Aufstandsversuch unternommen, der blutig unterdrückt wurde. Nach der Niederwerfung des Aufstandes, der als kommunistisch bezeichnet worden war, wurden gegen 3000 Militärpersonen verhaftet. Rach der Aufhebung des Belagerungszustandes, der achtzig Tage dauerte, wurden die gegen das Regime eingestellten Parteien aufgelöst,^Der.Aufstzrnd war von der„Ratio- nalen Frefheitsallranz" organisiert Wörden,, die unter dem Schlagwort„Brasilien den Brasilianern".kämpfte und weit davon entfernt war, eine kommunistische Partei im Sinne der europäischen kommunistischen Parteien zu sein. Es war vielmehr eine nationalbolschewistische Bewegung, die sich auch in scharfem Gegensatz zur sozialistischen Bewegung hesand. Zusammen mit der Nationalen Freiheitsallianz wurde damals auch die Partei der„Integralsten" aufgelöst, eine rein faschistische Bewegung, deren Abzeichen das Hakenkreuz war. Die Jntegraliften arbeiteten jedoch auch nach der Auflösung ihrer Partei in den starken Sportverbänden weiter.— Es ist die Frage, ob der jetzige Staatsstreich von einem länger dauernden Ergebnis sein wird. Brasilien sah schon mehr als einen Aufstand. Bei seiner Abhängigkeit vom Auslände, insbesondere von den USA , ist nicht anzunehmen, daß es unter der Führung des neuen Diktators in die außenpolitische Front der faschistischen Länder einschwenken kann und wird.
Edens Handel mit Franco perfekt London . Am Donnerstag wurde die britische Abmachung mit General Franco betreffend de» gegenseitigen Austausch offizieller Agenten verlautbart. Dir von Eden bekanntgegebene« Vor- aussetz»mgen, insbesondere die Frellaffung der zurückgehaltenen fünf britischen Handelsschiffe, sind bereits erfüllt worden. Es wird ein Agent der britischen Regierung mit dem Sitze in Salamanca oder in einer anderen Stadt ernannt werden und ei» Agent Francos in London , ferner eine begrenzte Zahl von Subagenten in verschiedene» Städten.
Nantao erobert Schanghai . Der Reuter- Berichterstatter meldet, daß die Japaner nach schweren Kämpfen bereits völlig Herren von Nantao sind. Alle chinesischen Soldaten in Nantao haben mit Ausnahme eines Häufchens isolierter Schützen die Waffe« nicdergclegt und Zuflucht in der franzö sischen Konzessiv^ gesucht. Flugantritt auf Japans Inselreich mißglückt Tokio. (Reuter.) Ganz Westjapan wurde Donnerstag durch die Nachricht aufgestört, daß drei chinesische Flugzeuge die Mündung des Jangtse überflogen und Kurs auf Japan genommen haben. Später traf aber die Meldung ein, das zwei dieser Flugzeuge bei der Insel
Saddle von japanischen Flugzeugen abgeschossen wurden. Dem dritten chinesischen Flugzeug gelang es, zu entkommen und seinen Flug nach Ja pan fortzusetzen, doch wurde auch dieses später eingeholt und zum Absturz gebracht.
bleue Pressefehde Berlin —Wien Wien . In der„Deutschen diplomatischen Korrespondenz" wurden Mittwoch heftige Angriffe gegen Oesterreich unternommen, das beschuldigt werde, das Abkommen vom 11. Juli gebrochen und verschiedene Dinge begangen zu haben, die geeignet seien, die nationale Opposition zu verbtttern. In einem.inspirierten Artikel bezeichnet nun das„Weltblatt" diese Erklärung als einen heftigen Vorstoß gegen die Unabhängigkeit Oesterreichs in der Form einer durchaus unzulässigen und auf das schittfste zurückzuweisenden Einmischung in die inneren Angelegenheiten Oesterreichs . Oesterreich sei kein Vasall irgendeiner Macht» sondern ein freier unabhängiger Staat.
König Leopold nach London London . Der König der Belgier wird in der Zeit vom 16. bis 18. November zu einer Staats- visite in London erwartet. Unter Berufung darauf, daß dieser Besuch nicht vertagt werden könne, hat der König wissen lassen, daß die Verhandlungen zur Kabinettsbildung bis zu seiner Rückkehr unterbrochen werden müssen.
, io DER KLEINE VON E II G I NE DABIT Berechtigte Uebertragung aua dem Französischen von Bejot
Louise Thevenard, rotbäckig, fidel, näht. Dabei pustet sie ein wenig. Rose Gallais tut nichts. Sie trällert nur vor sich hin. Ich sitze abseits und lese eine Zeitung. Mama strickt eine Weste für Vater. - Sie plaudert und. frischt ihre Reiseerlebnisse auf. „Henri hat den Hof ausgefegt. Wagen gewaschen, Gemüse geputzt. Was sagen Sie- dazu? Hier hatte er doch zu nichts Geduld. In Paris konnte er seinem Chef antworten. Jetzt muß er still sein. Sein Feldwebel ist kein guter. So ein dicker Pfropfen, wissen Sie, dem sie den Spitznamen Bombonne gegeben haben." Louise Thivenard hebt den Kopf. „Gehorchen war Gastons Sache auch nicht. Aber mich kommandieren, das konnte erl" „Als wir beisammen waren", fährt Mama fort,„wurde er alle Augenblicke zu einer Arbeit gebraucht. Es war wie abgepatzt. Was blieb ihm übrig? Er mutzte gehen, sonst— schwapp!— zwei Tage Arrest. Ich will mich nicht beklagen, denn wir hatten trotzdem auch schöne Stunden. Gott sei Dank! Die Reise war nämlich kein Kinderspiels Ich bin doch nicht ans Laufen gewöhnt, und muhte mehr als dreißig Kilometer machen, noch dazu bei strömendem Regen. Heute sehe ich ein, daß es eine gewagte Sache war. Ich glaube, die wenigsten wären bis ans Ziel gekommen." „Das ist gewiß", sagt Louise Thkvenard. „Aber Sie können jetzt doch ruhiger schlafen. Sie wissen wenigstens, wie Ihr Mann leöt." „Ja. Bei Nacht holen sie Proviant im Lager von ChülonS. Das ist nicht allzu gefährlich.
Aber morgens sind sie natürlich erledigt. Und der. Kaffee ist schlecht." „Mein Mann beklagt sich auch über daschlechte Essen", erklätte Marie Primault. „Ich habe ja mit ihnen gegessen. Mein Sohn kann's Ihnen bestätigen: sie kriegen einen elenden Fratz. Natürlich haben sie keine richtigen Köche. Sie essen also, was man ihnen vorsetzt, und halten sich am Weine schadlos. Zu Hause hätten sie sich schön angesteltt! Zweimal in der Woche schicke ich ein Paket." „Das können Sie auch", meint Rose Gallais.„Sie haben Ihren Jungen, der mit verdient. Nicht wahr, junger Mann?" Bei jedem Satz, den Mama ausspricht, sehe ich Vater vor mir. Ich höre ihn reden, still und sehr einfach, und sehe seine seltsamen Gesten wieder, die mich anfangs beftemdeten. Ein- oder zweimal bemerkte ich, wie er die Hände ballte und mit den Zähnen knirschte. „An dem Wend, an dem man uns zur Bahn brachte", fährt Mama fort,„war Henri auf Stallwache. Er hat alles stehen und liegen lassen und ist an den Zug gekommen. Als ex abfuhr, ist er noch ein Stück mitgelaufen und hat gerufen: .Auf bald! Das Schlimmste haben wir hinter uns'. Und dann kam eine Kurve, und wir konnten ihn nicht mehr sehen." Sie hört auf zu stricken. „Sie sehen ihn bald wieder", sagt Marit Primault.„Es heißt, sie sollen bald Urlaub bekommen... Doch! Fragen Sie Ihren Sohn." „Ja, das stimmt. Ich hab's in der Zeitung gelesen." „Geh mir ab mit deiner Zeitung I Was erzählt sie heute wieder für Märchen?" „Man spricht von einer Offensive. Im Frühling." „E- wäre besser, sie machten Schluß. SS hat schon genug Opfer gekostet, finde ich. Allein aus unserem Hause sind drei als vermißt gemeldet."
.^Vielleicht sind sie nur gefangen?" ttöstet Louis« Thevenard. „Glauben Sie? Nie wird man erfahren, was aus ihnen geworden ist." Ich bin Mam-s, Meinung. Bouleau, Am- broise, Dazin wird man nie mehr Wiedersehen. Auch der große Moncel soll gefallen sein, der sich 1913 freiwillig gemeldet hatte. Ein fauler Kerl, ein Mädchenjäger. Wer ich bewunderte ihn wegen seiner Kraft. Ich stand unter seinem Schutz. Auf der Straße verteidigte er mich, wenn die anderen über mich herfallen wollten. Er soll bei Char- leroi den Tod gefunden haben. „Trinken Sie Glühwein, Kleiner?" fragt mich Rose Gallais. Ich mutz die Augen vor ihr niederschlagen. Ich kann den Blick nicht aushalten, den sie mir zuwirft, einen liebkosenden, herausfordernden Blick, der mich an Frau Harbulot erinnert. Rose GallaiS spricht nicht vom Kriege. Ihr Mann ist nicht in Gefahr. Ex ist Soldat in Ren nes , und sie scheint sich wenig Sorgen um ihn zu machen. Immer hott sie die anderen Frauen zu sich hinein.'• „Seit die Männer fort sind, herrscht Langweile auf dem Flur", erklärt sie. Und einmal hat Mama mich aufgefordert, mitzugehen. Die Themen wechseln. Man beklagt sich: aller wird teurer auf dem Markt. Man tratscht: im dritten Stock wohnt eine — viel ist nicht dran an ihr— die ihren Mann betrügt. Rose GallaiS bringt Gläser. Während sie meins füllt, sagt sie: „Er ist stark, tut aber keinen Schaden." Ihre Bluse steht vorn etwas ab. Eine Locke fällt ihr auf die Stirn. Rose GallaiS kleidet sich besser als die anderen. Sie ist auch jünger. Klein, mager, aber lebhaft. Sie hat fiebrige
keine einseitige nationale Expansion! In der dieswöchentlichen.Pritomnoft" seht Wg. I a k s ch seine Artikelserie über das deutsch -tschechische Problem fort. Er schreibt u. Es wäre noch verfrüht, schon jetzt ein fertiges Urteil abzugeben, ob die Vereinbarungen vom 18. Feber als ein glücklicher Ausgangspunkt zur positiven Regelung der tschechisch-deutschen Beziehungen gewertet werden können. Von deutscher akti- vistischer Seite wurden sie als«in guter Anfang zur einvernehmlichen Äsung der wichtigsten Streitfragen betrachtet. Mit Widerständen haben wir gerechnet. Außerdem sind auf deutscher Seite nicht überall die subjektiven Voraussetzungen für eine lineare Anwendung des Prinzips der Proportionalität im öffentlichen Dienst gegeben. Die deutschen Bewerber drängen mehr zu den Staatsbetrieben(Post, Eisenbahn , Tabakfabriken) hin. Für den Sicherheitsdienst fehll es an genügend geeigneten deutschen Anwärtern schon deshalb, weil in diesem Sekwr der Maßstab der politischen Verläßlichkeit sehr rigoros gehandhabt wird. Unter den jungen Juristen und Technikern finden wir nicht genügend zweisprachiges Element. Dieser Bildungsmangel besteht auch Lei dem akademischen Nachwuchs der Tschechen , ohne daß er aber ein entscheidendes Hindernis einer öffentlichen Laufbahn wäre. Wenn von den deutsche » Bewerbern, insbesondere der niederen Kategorien, die Kenntnis der Staatssprache nur nach Maßgabe des Dienstbedarfes gefordert würde, könnte sich manches bessern. Dieser Teil der Feber-Vereinbarungen harrt aber noch der praktischen Anwendung. Bei beiderseitigem guten Willen werden sich die technisch-organssatorischen Schwierigkeiten einer angemessenen Vertretung des deutschen Elements in der Administrative in absehbarer Zett überwinde» lassen. Ole psychologischen Hindernisse Wir dürfen nicht generalisieren. Es ist nicht wahr, daß nur die Unvernunft der Bürokratie daran schuld ist, wenn der versöhnliche Geist des Herrn Staatspräsidenten und des Ministerpräsidenten noch nicht in allen Lebensäutzerungen des Staates zum Ausdruck kommt. Es gibt vernünftige Beamte und unvernünftige. Es gibt aber auch mehr oder weniger vernünftige Polttiker. Im Amtsbereich des Herrn Landespräsidenten von Böhmen haben z. B. personelle Wünsche der staatS« erhaltenden Deutschen «in weitgehendes Verständnis gefunden. In großen böhmischen Landesanstalten, die von einem aktiven KoalittonSpolisi« ker als Landesausschuß-Beisitzer verwaltet werden, sind die deutschen Bewerber— auch nach dem 18. Feber— mit leeren Versprechungen abgefertigt worden. Ueberhaupt scheint mir der monopolistische Anspruch einzelner Parteien auf den Personalstand bestimmter Refforts' eines der wesentlichsten Hennnnisse einer gerechten Befriedigung der Deutschen zu sein. Soweit sich nach den bisherigen Erfahrungen schließen läßt, liegen di« schwersten Hindernisse einer loyalen Anwendung des Feber-Abkommens auf psychologischem Gebiet Wir stoßen bei unseren Bemühungen vielfach auf eine praktische Auslegung des Nationalstaats- Begriffes, welche die Erreichung der Proportio« nalität durch die Deutschen einfach ausschlietzt. Darüber muß man einmal offen sprechen. Aus dem Nationalstaatsbegriff wird bis weit in die Reihen der tschechischen Linken hinein das Recht auf einseitige nationale Expansion abgettitet. Das
Wangen und leuchtend rote Lippen, die sie blusig beißt. Sie seht sich und" plappert. Ihre Bewegungen sind nicht so gemessen wie die der Frau Harbulot: Mein Herz schlägt schon wieder so schnell, mir wird ganz heiß. „Du bist ja so rot. Kleiner", bemerft Mama. Die Folge ist, daß ich noch mehr erröte. Marie Primault und Louise Thövenard scheine» mich zu beobachten. Ich ttage meinen Stuhl vom Ofen weg. Rose Gallais sieht mir zu. Sie zwinkert mit den Lidern und lächelt ein wenig. Ich habe einen schweren Kopf, und meine Arme sind wie mit Blei gefüllt. Ich versuche zu lesen, aber die Buchstaben verschwimmen. „Glauben Sie, daß es noch in diesem Jahre Frieden gibt?" fragte mich Marie Primault. „Ja. Diesmal gelingt die Offensive." Ich finde allmählich die Beherrschung wieder. Ich erkläre, worauf mein Vertrauen beruht. Man hört mir zu, stellt weitere Fragen. I» Mamas Gesicht lese ich etwas wie Stolz. JÄ bin nicht mehr der Kleine, über den die Kameraden sich lustig machen. Ich spreche für eine Frau, deren dunkle Augen mich nicht verlassen. Mama steht auf. „Wir müssen schlafen gehen." Louise Thövenard und Marie Primault räumen ihre Arbeit zusammen. Ich gehe zuletzt hinaus. Rose GallaiS gibt mir ihre weiche Hand. „Träumen Sie süß", flüstert sie. Unsere Wohnung erscheint mir leer und arm. Ich lege mich ins Bett. Bald höre ich Mama schnarchen. Ich kan» nicht schlafen, wälze mich umher, werfe die Decke fort, deren Berührung mich erregt. Wünsche verfolgen mich. (Fortsetzung folgt)