eite 4 Freitag, 26. November 1937 Nr. 278 Undank Ist der Welt Lohn Wir haben bereits unmittelbar nach dem Verbot derArbeiter-Zeitung  " darauf hinge­wiesen, wie ungerecht es gerade von einer tsche­choslowakischen Behörde war, dcks Verbot eines Blattes auszusprechen, welches so mutig das Unrecht bekämpft^hah, das im Kriege an vielen Tschechen verübt wurde. Diese unsere Auffassung wurde auch von einer Reihe ausländischer Blät­ter darunter dem Pariser  Populaire" zitiert.. Wir wollen nun heute einen Zeugen an­führen, der auch für unsere Behörden eine ge­wisse Autorität darstellt, nämlich den Präsidenten des Senates Dr. Front. Soukup. Dieser hat über die tschechische Politik im Weltkrieg ein Buch geschrieben, das den Titel trägt28. kijen 1918" (Der 28. Oktober 1918), in welchem er(auf Seite 459) auch auf die Haltung derArbeiter- Zeitung  " zu sprechen kommt. Er sagt da: An dieser Stelle ist es auch notwendig fest­zustellen, was für die Sache der Freiheit und Gerechtigkeit dieArbeiter-Zeitung  ", das zen­trale Tagesblatt der deutschen Sozialdemokratie in Wien   und insbesondere ihr Chefredakteur, Friedrich Austerlitz  , geleistet haben. Mit rück­sichtslosem Angriffsgeist und glänzender jour­nalistischer Dialektik trat Austerlitz gegen die Militärjustiz auf und hat alle Hochverrats- und Kriminalprozesse durch seine geistvolle Analyse so zerfasert, daß es in ganz Wien   Entsetzen, Er­starrung und Sensation erregte. Und das war zumal in der Zeit des größten Terrors, da noch nicht einmal die Männer der Rechtswissenschaft und Universitäten, wie Prof. Gleispach in Wien  oder Prof. Ludwig Spiegel   in Prag  , das Wort ergriffen. Die Artikel wurden nicht konfisziert. Es war dazu die Kraft nicht vorhanden. Es ging um ein deutsches Blatt, um ein einflußreiches Organ direkt in der Hauptstadt des Reiches und um die Haupttribüne der deutschen   Arbeiterschaft in Oesterreich  , welche die Militärs zu provozieren sich fürchteten. Es bleibt deshalb das histo­rische Verdienst der-Arbeiter-Zeitung  " und da-- neben auch des Klubs der deutschen sozialdemo­kratischen Abgeordneten in Wien  , daß fie' wesent­lich zum endgültigen Stur» der mittelalterlichen Barbarei in den ersten Kriegsjahren beitrugen. Dr. Soukup war einer der Führer der Maffia  , der revolutionären Geheimorganisation der Tschechen  , er war im Kriege eingesperrt, er hat viele Menschen im Kriege verteidigt dar­unter die Meuterer von Cattaro  , er war der erste Justizminister der Republik  , sicherlich ist er also ein maßgebender," durchaus einwändfreiet Zeuge für jeden anständigen Menschen im tsche­chischen Volke. Ilm so ärger und beschämender ist das Ver­bot derArbeiter-Zeitung  ". Wir kennen nicht dessen geistigen Urheber. Aber ein Ruhmesblatt hat er sich nicht erworben. Militärverrat. Der Senat für Angelegenhei­ten des Militärverratrs beim Kreisstrafgerichte in Prag   verurteilte den 36jährigen arbeitslosen Bergarbeiter Frantisek Zdhchynec aus Stkitöz we­gen des Verbrechens der Nichtanzeige eines Mili­tärverrates zu sieben Monaten Kerker unbedingt. Der Verurteilte hat die Strafe angenommen. Auszeichnungen für die Tschechoslowakei  . Unter dem Vorsitz des Präsidenten der Franzö­ sischen Republik  , Lebrun, wurden Donnerstag die Preise der Pariser Weltausstellung   bekanntgege­ben. Nach den Statuten können höchstens 50 Prozent der Aussteller die drei höchsten Auszeich­nungen erhalten. Die Tschechoslowakei   rangiert j vor jenen Staaten, die eine Höchstzahl von Aner­kennungen erhielten, sie war also ganz besonders erfolgreich. Ihr fielen 70 große Preise, 82 Ehrendiplome, 128 goldene Medaillen, 63 VI« viel Sprachen spricht die Schweiz  ! Von Felix Stössinger  Das Ausland glaubt drei. Aber seit dem Sommer kennt die Schweiz   vier Staatssprachen: deutsch, französisch, italienisch, rätoromanisch. Der Schweizer   zählt fünf, denn zu den Staatsspra­chen kommt noch die Volkssprache, das Schwyzer­dütsch, Aber die Kenner des Schwyzerdütsch zäh­len an 100 selbständige Dialekte mit mehr als 1000(tausend) greifbaren Abweichungen. Und um dieses Babel der Berge und Täler auf einen Nenner zu bringen, arbeiten seit kurzem wissen­schaftliche Kommissionen an dem Problem, die verschiedenen Dialekte des Schwyzer Dütsch erst einmal, orthographisch zu fixieren, dann aber sie zu einer neuen Sprache zusammenzufasien, zum Alemannischen. Die Bewegung zur alemannischen Schriftsprache hin ist seit einigen Jahren so stark geworden, daß das Ausland fie nicht mehr igno­rieren kann. Was macht die Alemannen-Bewegung start und bedeutsam? Das fremde Schlagwort: Ein Volk, eine Sprache, ein Führer. Eine Sprache, fragen nicht wenige Schweizer  ? Wo gibt es zwei Schweizer  , die miteinander deutsch   sprechen? Di- Schweizer deutscher Sprache, sprechen unterein- der tatsächlich nie anders als Dialekt. Schwei­Der kleinste Flughafen der Welt Auf Santa Catalina   in Kali­ fornien   befindet sich der Wohl kleinste Flughafen der Welt, der aber gleichzeitig auch das größte Landungsfeld besitzt, nämlich den weiten Ozean. Mittels be­sonderer Vorrichtungen werden die Flugzeuge aus der Halle und zu Wasser gebracht. silberne Medaillen und 11 bronzene Medaillen zu, also insgesamt 354 Auszeichnungen. Etwa zehn dieser Auszeichnungen fallen deutschen  Ausstellern und Teilnehmern zu. Die Aus­stellung zählte mehr als 20.000 Aussteller. Er­teilt wurden 2293 große Preise. 2449 Ehren­diplome, 3798 goldene Medaillen, 3810 silberne Medaillen und 1957 Bronzemedaillen, insgesamt also 14.307 Auszeichnungen. Lansbury   nach Prag  . Der englische   Politiker George Lansbury   kommt nach Prag   und wird Freitag, den, 10. Dezember vom Präsidenten der Republik empfangen werden. Am gleichen Tage wird er einen Vortrag in der Produktenbörse Mer das ThemaDie Verhütung des Krieges" halten. Polnisches Verkehrsflugzeug vermißt. Ein mit drei Passagieren und drei Mann Besatzung be- setzes Flugzeug der polnischen Gesellschaft LOT, das Dienstag vormittags in Saloniki zu einem Flug nach Sofia   startete, ist seither verschollen. Man glaubt, daß es im Nebel im griechisch-bulga­rischen Grenzgebiet zerschellt ist. Aus Sofia   und Philippopel wurden militärische- Rettungsabtei­lungen dorthin entsandt. Auf dem Flugplatz in Sofia   und Philippopel stehen sechs bulgarische Militärfkugzeuge' und ein polnisches FlüAzeüjs flfr Fahndungsflügen bereit, doch konnten sie infolge des dichten Nebels noch nicht starten. Sollten bis Freitag keine Nachrichten über das Flugzeug vor­liegen, so muß es wohl für verloren angesehen werden. 1300 Dockarbeiter streiken. Die Arbeiter in den Docks von DMlin, 1300 an der Zahl, haben beschlossen, in den Streik zu treten. Hochwasser in Jugoslawien  . Infolge der un­günstigen Witterung sind in Jugoslawien   zahl­reiche Flüsse über die Ufer getreten. Auch in der Umgebung Belgrads   trat die Donau   aus den Ufern und überschwemmte das umliegende Gebiet. Die Save   führt ebenfalls Hochwasser. In der Umgebung von Sisak   wurden 30.000 Katastral- joch Bodens unter Wasser gesetzt. Em Leuchtturm fliegt in die Lust. Der große Leuchtturm von Le Croisic bei Nantes   im atlantischen Ozean wurde gestern durch Explo­sion einer Gasflasche völlig zerstört. Der Schein­werfer wurde durch die Wucht der Explosion Mer hundert Meter weit fortgeschleudert. Der Leucht­turmwärter hakte sich durch einen Zufall für we­nige Augenblicke von dem Turm entfernt. Er kam mit dem bloßen Schrecken davon. Di« zweite Nichtigkeitsbeschwerde der Marie Belgo gegen das Urteil, durch welches fie bei der neuerlichen Verhandlung in Neu-Titschein zu zwölf Jahren schweren Kerkers verurteilt wor­den war, wird in den nächsten Tagen Merreichr werden. Erst dieser Tage wurde das schriftliche Urteil der Verurteilten, bzw. deren Verteidiger zügesteltt. Das Urteil umfaßt an 200 Maschi­nenseiten. Wie verlautet, wird der Verteidiger Dr. Loria die Nichtigkeitsbeschwerde und Be­rufung demnächst einbringen, so daß sich das Oberste Gericht zum zweiten Male mit diesem Kriminalfall zu befassen haben wird. Man er­wartet die oberstgerichtliche Verhandlung in etwa einem Vierteljahr. Gnadengesuch Svatoslav Stkpäneks. Wie be­richtet wird, hat der Leitmeritzer Lustmörder Stöpänek, dessen Nichtigkeitsbeschwerde die­ser Tage vom Obersten Gericht Mgewiesen wurde, durch seinen Verteidiger Dr. Neumann ein Gna­dengesuch an den Staatspräsidenten eingereicht. Japanische Europasendung. Tie japanische Gesandtschaft in Prag   gibt bekannt, daß der ja­ panische   Rundfunk mit dem 15. November d. I. für seine Europa  -Sendungen die Wellenlänge ge- ändert hat. Er seMet nunmehr täglich von 21 bis 22 Uhr m.-e. Z., das ist Von&6 Uhr japani­scher Zonenzeit, für Europa   Unterhaltungspro­gramme und Nachrichten in englischer, französi­scher, deutscher und zum Schluß in japanischer Sprache von der Station IZJ von 11.800 Kg. Zyklen auf Wellenlänge 25.42 Meter und von der Station, JZJ von 9535 Kg. Zyklen auf Wel­lenlänge 31:46 Meter. Macdonald wieder in England. Der britische  KreuzerApollo" ist mit der sterblichen Hülle Ramsay Macdonalds an Bord Donnerstag frM in Plymouth   eingetroffen. Die Seelenmesse wird Freitag in der Weftminsterabtei stattfinden, worauf die Einäscherung vorgenommen und die Urne nach dem Sitz des verstorbenen Staats­mannes in Lossiemouth überführt werden wird. Ein Taubstummer kommt zur Sprache. In Mähr.-Ostrau machte«in Mann die Runde durch die Gast- und Kaffeehäuser, der durch Zeichen andeutete, daß er taubstumm sei und den Gästen irgendein Druckwerk- über die Lage der Taubstummen anbot. Er hatte gute Einnahmen zu verzeichnen als Ta­geseinnahme wurden 300 festgestellt. Da er aber gegen solche, die nicht in der Lage, oder nicht gewillr waren, ihm einen Beitrag zu spenden, grob und ra­biat wurde, legte sich schließlich die Polizei ins Mit­tel. Auf dem Polizeikommissariat war zunächst die Verständigung mit dem armen Taubstummen schwer, der auf keine Weise die ihm vorgelegten Fragen ver­stehen wollte. Als aber«in gewisser Geheimpolizist das Lokal, in welchem der Taubstumme verhört wurde, betrat und ihn als alten Bekannten mit der Frage begrüßte, was derHerr Wolf" denn wieder auf dem Gewissen habe, gewann der Taubstumme die Sprache und bekannte resigniert, daß er auf ver­schiedenen-äußerst einträglichen Kreuz- uiw Quer­zügen durch die Republik   als falscher Taubstummer ein ansehnliches Sümmchen verdient, aber allerdings sogleich wieder durchgebracht hab«. Ter 36jäbrige Alexander Wolf ist ungarischer Staatsbür­ger. Ein Tag in'Mähr.-Ostrau warf ihm, wie er­wähnt, 300 ab. Mit ähnlichem Erfolg ga­stierte er auch.i«Prag  , wo ihm ähnlich reichliche Einnahmen zuteil wurden. Nun sitzt er in Untersuchungshaft beim Kreisgericht in M.-Ostrau. Der Kerl ist ja verrückt!" Wie oft bekamen Erfinder diese Wertung ihrer Lebensarbeit zu hören, erst eine spätere Zeit bringt den Erfolg, nicht selten zu spät für den Mann, der an seinem Lebenswerk ver­blutet. ABC beginnt in seiner neuen Nr. 28 die dra­matischen Lebensläufe von Erfindern und Entdeckern zu erzählen, denen die Welt zuerst zugerufen hat: Der Kerl ist ja verrückt!" Außerdem bringt das neue Heft einen Bericht über«inen heimischen Film, der die Prager   Revolution von 1848 im Hintergrund hat, einen Aufsatz Mer dieBlaue Lotterie", die es in vielen Städten der Republik   noch gibt, eine Wür­digung der zeitlos zeitgerechten Graphiken Goyas, «ine Schilderung aus dem Leben der illegal in Deutschland   Tätigen, daneben Verse eines unbekann­ten BolkSdichterS, viele Bilder von den Kriegsschau­plätzen und aus aller Welt und, nicht zuletzt, die Fortsetzung des aufregenden KriminalromansDer ABC Fahrplan", dessen Räffel sich zu lösen beginnen. ABC, di« deutsche illustrierte Wochenschrift, die trotz ihres großen Formates und ihres überaus reichen Inhaltes an Lesestoff und schönen BMern nur KC 1.80 kostet, ist überall erhältlich. Niederschläge und Abkühlung. Unter Einwir­kung der Störungen, die in der letzten Zeit unerwar­tet. rasch von Holland   her bis Mer das Gebiet der Republik" vorgedrungen ist, war der Himmel Don­nerstag in ganz Mitteleuropa   bedeckt. Stellenweise fiel Regen oder Schnee bei Temperaturen von we­nig über dem Geftierpunkt. Die unbeständige Wit- terung wird bei uns voraussichtlich auch in den nächsten Tagen vorherrschen, da gegen Süd-Skay- dinavien vom Westen her warme, marttime Luft m»t einer neuen RiederschlagSzone vordringt. Die Besse­rung. di« Freitag in Böhmen   im Hinblick auf einen starken Druckanstieg auftreten dürfte, wird daher voraussichtlich nur vorübergehend sein. Wahr­scheinliches Wetter Freitag: Ziem­lich bewöltt, leichte Niederschlagsneigung, in Böh­ men   Temperaturen nah« dem Gefrierpunkt, Nord­westwind. Später Zunahme der NiederschlagSnei« gung, leichte Erwärmung und Winddröhung gegen Westen. In den übrigen Ländern bedeckt. Nieder« sAäge, Temperaturen um 2 bis 4 Grad, Süd oft- bis Süwestwind. Wetteraussichten fürSamstag: Andauern der uMeständi« gen Witterung mit Niederschlägen, weiter« Erwär­mung, auffrischender Westwind. Vom Rundfunk biptehlenswertu«es See Programmen: Samstag:, Prag  , Sender I: 7: Morgenmusik, 10.05: Deutsche Presse, 10.15: Deutsche   Sendung: für sie Frau, 10.30: Schallplatten, 11.05: Blechmusik. 12.10: Schallplattenkonzert, 14^Deutsche   Sendung: Fröhliches Wochenende: Milionta, Rundfunkspiel von H. Fuchs, 17.55: Deutsche   Sendung: Franz Hauptmann: Bauernkrieg  , 18.45: Deutsche   Presst. 18.55: Deutsche   Aktualitäten, 20:.Lar und Zim­mermann", Oper von Lortzing  . 22.30: Tanzmusik. Prag  , Sender II: 14.20: Deuffche Sendung: Liederkonzert aus Kompositionen unserer deutschen  Komponisten, 14.55: Deutsche Presse. 18.15: Salon­orchesterkonzert. Brünn 17.40:. Deutsche   Sen­dung: Stienicka: Die Martinsnacht in Südmäbren, Rundfunkspiel für Kinder: Wer dem andern eine Grube gräbt. Preßburg   10.15: Schallplatte». Kascha» 15.20: Buntes Konzert. Mähr.,Ottrau  12.35: Rundfunkorchesterkonzert. 18: Blechmusik. zer sprechen miteinander so wenig deutsch  , wie etwa Tschechen  . Das ist keine Uebertreibung, jeder Eidgenosse würde es als Provokation betrachten, von einem Eidgenossen anders als im Dialekt des Sprechers angeredet zu werden. Des Spre­chers, Mer nicht des Angesprochenen. Denn so­wenig der Berner zürcherisch redet, wünscht der Zürcher   vom Berner zürcherisch angeredet zu werden. Jeder spreche seinen Mutterlaut und tue nicht so, als ob er bei einem andern, etwa dem eines Orts, der eine Autostunde fern ist, aufer­zogen wäre. Das wirkt unnatürlich. Ebenso un­natürlich aber wirkt es, außer bei ganz bestimm­ten Anlässen, hochdeutsch zu reden. Hochdeutsch ist die Sprache des Buchs, der Schule, des Gerichts, der Parlamente, der. öffentlichen Diskussion, der Vereinssitzung; und doch wird jeder Schweizer  , der etwa am Vortragstisch zur Versammlung hochdeutsch.spricht, den Nachbar leise schwyzerisch um ein Glas Wasser bitten. Die sogenannten deutschen Schweizer   sind also ein zweisprachiges Volk, und daraus leiten sich zahlreiche Eigenhei­ten ihrer Geistesentwicklung seit dem 16. Jahr­hundert her, d. h. seit der Zeit, in der sie, im Unterschied zu den Holländern, versäumt haben, eine eigene Sprache aus ihrem Dialekt zu ent­wickeln. Das soll jetzt geschehen. Die Weltinfla­tion neuer Sprachen, die seit dem Krieg in Europa  , Asien  , Afrika   herrscht, stimmt viele Schweizer   dazu, ein gleiches zu versuchen, lln* wenn auch das Beinühen zur Kristallisierung des Schwyzerdütsch noch Widerstand auslöst, so ist es doch ohne Zweifel eine echte Bollsbewegung, de: man so leicht nicht beikommt, weil sie gerade an das Gefühl des Schweizers appelliert, das allen Eidgenossen gemein ist: an das Bedürfnis, keine schweizerische Eigenart preiszugeben, im Gegen­teil sie zu erhalten und zu entwickeln. Die Bewegung Schwyzerdütsch enthält etwas, das alle Schweizer   angenehm berührt, also auch, was nicht jeder erwarten wird, dir Schweizer   stanzösischer Sprache, die schon vor dem Krieg wünschten, daß die Schweizer   deutscher Sprache zum Bewußtsein einer eigenen Sprache, nämlich des Schweizerischen  , wie sie es nannten, kommen sollten. Zu den Freunden dieser Bewe­gung gehörte ein PMIizist vom Range Mil­lam M a r t i n s, ein. Philosoph wie Ernest B o v e t. Ganz allgemein ist Mer der Schweiz  eine sprachliche Distinktion von dem, was wir französisch" oderdeutsch  " nennen. Es gibt in der Schweiz   keine französischen Schweizer   son­dern nur welsche, keine deutschen   Schweizer   son­dern alemannische. Dem entspricht auch der fran­ zösische   Sprachgebrauch der Suisse romande   und der Suisse alemanique. Während aber bis 1933 nur die welsche Schweiz   in der Förderung des Schweizerischen ein Mittel sah, die alenumnischen Eidgenossen vom Reich deutlicher abzugrcnzen, wird heute, die Bewegung Schwyzerdütsch von Persönlichkeiten wie dem Theologen Em i l B a e r oder dem Mitherausgeber des Schweizer   Spiegel Adolf Guggenbühl   als außenpoli« t i sch es Palliativ gefordert. Dazu kommen allerdings auch allgemeine Erwägungen, die jeder verstehen müßte, der das Problem eines zweispra­chigen Bolls durchdenft. Der alemannische Schwer­zer, fühlt und redet alemannisch. Es ist ihm des­halb unmöglich, Lessings ewig gültige Regel zu befolgen: Schreibe wie du redest, so schreibst du schön, denn das Alemannische hat einen anderen Wortschatz und eine andere Syntax. Die Schwei­ zer   kennen natürlich die Gefahr, die darin liegt, sich von einer Weltsprache abzuwenden, aber sie wollen ja nicht das Deutsche   eliminieren, sondern das Heimatsidiom autonom machen. Der Sielt der norwegischen Volkssprache über die dänische Staatssprache, die Entwicklung uM Aus­bildung des Slowakischen  , die Neubelebung des Hebräischen machen das große Wagnis einer neuen Sprache, des Alemannischen  , nicht mehr so unmöglich. Freilich, ein Argument geht fehl. Ein Boll, das sich auf seine Sprache zurückzieht, sMert sich nicht vor fremden, unerwünschten Einflüssen, wenn es nicht in sich selbst Gegengifte produziert. Die Rettung Europas   liegt nicht in immer neue» Atomisierungen sondern in der schöpferischen Synthese. Der Sprachwille der Schweiz   ist Mer ein Symptom der Selbstbehauptung, die in die­sem Fall an sich wertvoll ist. In den fünf Haupt­sprachen und in den hunderten Dialekten der Schweiz   schlägt ein Ton durch, der unübersetzbar ist: der Ton eidgenössischer Freiheit, den jeder Schweizer   versteht.