Sozial- emokrat Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratische« Arbeiterpartei in der Tschechoslowakische« Republik Erscheint mit Ausuahme de» Montag täglich früh/ Einzelprei» 70 Heller Redaktion und Verwaltung: Prag   XL, Fochova 62- Telephon K3077- Herausgeber: Siegfried Taub  - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag  
17. Jahrgang
Dienstag, 30. November 1937
Nur dem Inhalt: Jaksch Uber die Lebensinteressen der Sudetendeutschen  Für eine wehrhafte Arbeiterklasse Volksgemeinschaftliche Watschen in der Weindiele Goebbels  -Offensive in der Schweiz   fehlgeschlagen
Nr. 281
Der erste Tas in toiK  w i Volle Einmütigkeit erzielt Die Franzosen   am Abend äußerst zufrieden London  . Die Beratungen der britischen   und französische« Staatsmänner, bei denen alle bedeutenden Fragen der Wrltpolitik behandelt«erden, begannen Montag vormittags um 11 Uhr am Sitze des englischen Premierministers in Downingstreet. Premierminister Cham- berlain empfing den französischen   Ministerpräsidenten Chantemp s und den Außenminister D e l d o s, welche von dem französische« Botschafter in Loudon E o r b i n, den Generalsekretär Leger, dem politischen Direktor Maffigli und dem Ersten Botschaftssekretär DeMarge» rie begleitet waren. Die französische» Staatsmänner erwartete Chambe-kain mit dem Außenminister Ede« und dem ständigen Unterstaatssekretär Bansittart. Die Beratungen dauerten fast ununterbrochen von 11 Uhr vormittags biS 18 Uhr 45. Sie wurden formlos auch bei dem Diner fortgesetzt, welches Außenminister Ede» am Abend ver» anstaltete. An autorisierte« französischen Stellen wurde abends der große« Befriedigung über den Verlauf der britisch-französischen Beratungen Ausdruck gegeben. Der französische   Mini ­sterpräsident EhautempS sagte: Ich kann nur das sagen, und ich sage es mit großer Freude, daß wir in allen Angelegenheiten einvollesEinveruehme« erzielt haben. Es erfüllt «ich mit Befriedigung und mit Glück, wen» ich erklären Ian«, daß sich zwischen«ns völlige Solidarität gezeigt hat. Wie im Konklave, fügte Chautemps Hinz«, haben wir dieses erst verlassen, bis Einmütigkeit erzielt war.
Kolonialfrage erfordert längere Prüfung ' Wie der Reuter-Berichterstatter erfährt, schil- derte zu Beginn der Sitzung Lord Halifar aus- führlich seine Eindrücke von feinem Berliner   Be­such. Tie französischen   Minister begriffen voll­kommen die Tragweite dieses Besuches und aner­kannten, daß das beabsichtigte beschränkte Ziel er­reicht wurde. Hierauf wurde die Kolonialfrage von alle« ihren Gesichtspunkten auS besprochen und dir Beratungsteilnehmer waren sich darin einig, daß diese Angelegenheit eine längere Prü- f un g erfordert. Sodann  «urde der Besuch deS Ministers DelboS in Mitteleuropa  , so wie er geplant ist, besprochen. Einen weiteren Punkt der Verhandlungen bildete dir Lage im Fernen Ost«. Die beiden Seiten waren sich sichtlich deS Ernstes der Lage und der Notwendigkeit einer sorgfältigen Verfolgung der weiteren Entwicklung zur Sicherung der Interessen der beiden Parteien vollkommen einig. Auch die Lage in'Spanien   wurde besprochen. ES wurde festgestellt, daß die RichteinmischungS- Politik vollkommen richtig ist. Man fand, daß die heutige Sitzung eine der erfolgreichsten war, die je stattgefunden haben. ES wurde beiderseits der Wunsch zur Zusammen­arbeit mit allen Ländern ausgesprochen, obwohl sich die beiden Parteien bewußt waren, daß lange Vorbereitungen notwendig sein werden» bevor an irgend welch« wirkliche Verhandlungen wird ge­dacht«erden können. London.(E.-B.) Ueber die ersten Be­sprechungen zwischen den französischen   und briti­schen Ministern» denen auch Lord Halifax   bei­wohnte, ist eine amtliche Mitteilung bisher nicht ausgegeben worden. Eine solche dürfte erst nach Abschluß der Besprechungen erfolgen. Der vor­herrschende Eindruck ist hier weiter der, daß von den ursprünglich weitgesteiften Zielen der deut­ schen   Diplomaten und ihrer Freunde in England nicht sehrviel übrig geblieben ist. Die Idee, die Bindungen zwischen Frank- reich«nd Mitteleuropa  ' und darüber hinaus mit der Sowjetunion   auf dem Umweg über London   zu lockern, ist für diesmal «ufgcgeben. Der diplomatische Korrespondent derTi- m e s" erklärt autoritativ, daß keine RichtungS» äuderung der englischen Außenpolitik in bezug auf Frankreich   bevorstehe und auch die britische  Regierung diese Konferenz nicht dazu benützen werde,«m von Frankreich   eine solche Kursände­rung zu verlangen. Ausdrücklich wird festgestellt, daß England keine A b ä n der« n g des französisch-russischen Vertrage- fordern werde. Ebenso wird ausgeschlossen, daß eine Annäherung der beiden Mächte an Deutschland   und Italien  auf Kosten einer fünften Macht erfolgen könnte. ES seien auch keine derartigen Lorschläge weder i«»ezug auf Oesterreich   noch in bezug
auf die Tschechoslowakei   gemacht wor­den. Man ist in London   der Ansicht, daß die europäischen   Spannungen gegenwärtig weniger heftig sind«nd daher Chanren für einen Ber- ständigungsversuch vorlicgen. Die Hauptthemen der Diskussion sind» Die spanische Frage, die gegenwärtig nicht mehr alS so brennend angesehen wird, Mitteleuropa  , wofür die Einigung zwischen England und Frankreich   dahin geht, daß keiner­lei Vereinbarungen auf Koste  » anderer Länder getroffen werden können, die Kolonialfragr, für die schließlich anch daS Einvernehmen mit den britischen Dominion» und Belgien   notwendig ist.
Salamanca  . Die Marineleitnng der Aufständischen teilt offiziell mit, daß mit sofortiger Wirkung jeder Handelsverkehr mit den Häfen der blockierten Küste der Valencia  -Regierung ein­schließlich der Insel Menorca   untersagt wird. Die Marinelritung der Aufständischen betrachtet die neutralen SchiffahrtSzonen vor Valencia   und Barcelona   alS aufgehoben und wird von nun an jedes an diesen Küsten anlrgende Schiff angreifen. London.(Reuter.) Wie verlautet, er­hielt der Oberkommandant der britischen   Kriegs­flotte im Mittelmerr den Befehl, mit den Behörden der Aufständischen in Palma   di Mallorca   in Kon­takt zu treten. Großbritannien   bestreitet dem General Frone» daS Recht, dir Blockade auf­zunehmen, denn die Durchführung derselbe würde die Ausübung des Rechtes einer krieg­führenden Partei bedeuten. In keinem Fall, wird erklärt, hab« General Franco   daS Recht» fremde Schiff« außerhalb der HoheitSgewäffer des auf-
Japan   gibt nicht nach Tokio.(Reuter.) Die japanischen Behör­den in Schanghai   haben die chinesische   Zollverwal­tung übernommen«nd die Zolleinkünfte mit Be­schlag belegt. Gegenüber den kritischen Stimme«, die sich gegen diesen japanischen Schritt auf in­ternationalem Forum erhoben, erklärte der Spre­cher deS japanischen AutzeministeriumS: Japan   fft der Ansicht, daß eS»i ch t nötig hat, Großbritannien   oder die Vereinigte« Staa­ten nm Rat z« fragen, wie es in Schanghai   vor­gehen soll. Alle in Schanghai   unternommenen oder geplanten Schritte Japans   müßte« aus­schließlich als eine Frage der Stra­tegie beurteilt werden. Japan   beharre darauf, daß es das Recht besitze, in den einzelnen Phasen
Schließlich bleibt die Fern-Ost-Frag«, die den Engländern besonders am Herzen liegt und für die Richtlinien weiter bleibt, daß Eng­land so weit zu gehen bereit ist» wie die Vereinig­ ten Staaten  . Eine Extratour derTimes" Der montägige Leitartikel derTimes" läßt ohne es ausdrücklich zu sagen, keine Zweifel über di« Tatsache bestehen, daß Deutschland   in bezug auf die Tschechoslowakei  «nd Oesterreich eine Art Vorrangstellung fordert. Das Blatt schreibt u. a.r Trägt die Tschechoslowakei   keine Verantwort­lichkeit für die gegenwärtige Lage und keinerlei Verpflichtungen, die Bedingungen zu erörtern, un­ter denen bei gegensertiger Zustimmung die Lage der großen deutschen   Minderheit vereinbarlich ge­macht werden kann mit guten Beziehungen zu Deutschland  , zumal der Einsatz der westlichen Groß­mächte gegen einen Angriff zp allen Zeiten wahr­scheinlich ist? Kann man annehmen, daß eine Eini­gung ohne oder gegen Deutschland   durch den ,alleini­gen Machtspruch Frankreichs   und der Sowjetunion  dauernd sein kann? Wer sicht nicht, daß bei derZu« sammensetzung des. Tschechoslowakischen Staates und seiner Grenzformation der g u t e W rl l e D e utschlands wesentlich ist für dessen Si­cherheit? Ez ist die Aufgabe des Staatsmannes, dem Schwachen gegen das überwältigende Diktat des Stacken beizustehrn. Es kann aber, nicht seine Aus­gabe sein, den Antagonismus zu fördern und so tat­sächlich den Starken mit der Kraft einer gerechten Klage auszu statten. All« dies« Fragen verlangen eine weitblickende Eraminierung in P r a g. Parts und London  . Di«Times" oder genauer genommen ihr Eigentümer Lord Astor, gehörten mit dem Di­rektor des SonntagsblattesObserver". Gar« v i n, zu den wichtigsten journalistischen Wort­führern des deutschfreundlichen Kreises in London  .
ständischen Spanien   zu belästigen. Man glaubt, daß die britische   Regierung den Marinebehörden der Aufständischen nachdrücklich diesen Standpunkt zur Kenntnis bringen wird. Pfratenflugzeuge bombardieren französisches U-Boot Marseille  .(HavaS.) Dir radiote- lrgraphische Station in Marseille   fing Monmg nachfolgende Depesche deS UnterseebootesLezar- drieur" auf: Um 7.36 Uhr wurde» wir von einem Flug­zeug in einer Entfernung von etwa 15 Meilen nordöstlich von Kap Creux angegriffen. Nachdem uns die Maschine mit Bomben belegt hatte» fiog sie wiederum in südöstlicher Richtung davon. Um 8 Uhr erschienen neuerdings zwei weitere Flug­zeuge etwa 30 Meilen östlich des Kap Rear; bald darauf verschwanden sie in westlicher Richtung".
dieser Aftion unabhängig zu handeln;«S erkläre jedoch, daß die fremden Rechte und Interesse« werde« respektiert werden. Dm Vertretern der japanischen Presse wurde mitgeteilt, daß die Antwort Japans   aus den brittsch-ameiÄanischen Einspruch bisher noch nicht überreicht wurde. Japan   sei sich dessen be­wußt, daß die chinesischm Zölle eine Garantie für di« Ausländsanleihen bilden, jedoch müßten sie unter der KontralleJapanS strhen, damit dir Zolleinnahmm nicht zum A n» kauf von M u n i t i o n für die chinesischm Truppm verwendet würden. Das könnten die Japaner nicht dulden.
Flucht Ins Leben EinstmqlS verkauften deutsche   Fürsten  'hre Landeskinder für klingendes Gold als Soldaten an kriegführende Länder. Diese Schmach hat Schiller   in seinem DramaKabale und Liebe  " verewigt, das'mmer aufs Neue den Haß gegen jene habgierigen Fürsten weckt.»Kabale und Liebe  " behandelt«ine geschichtliche Begebenheit; das heißt aber nicht, daß das Dramenthema un­modern ist. Der Verkauf von Landeskindern>st,^ wenn auch in anderer Form als einst, auch heute noch üblich, und der Mann, der ihn vollbringt, heißt Adolf Hitler  . Viele tausende junger deut- scher Menschen hat er schon nach Spanien   gesch'ckt, viele tausend« von ihnen sind auf den blutgetränkt ten Schlachtfeldern des spanischen   Krieges geb'ie- ben. Er hat der deutschen   Jugend eingeredet, sie müsse dort gegen den kulturzerstörenden Bolsche­wismus kämpfen. In Wirklichkeit wurde sie hin­geschickt, um fremde Interessen wahrzunehmen. Interessen,, die mit jenen, des deutschen   Volkes nichts zu tun haben und von denen es nichts wis­sen will. Von dem bisherigen Eingreifen deutscher  Truppen in Spanien   hatte bisher lediglich Herr Mussolini   Gewinn. Aber Herr Hitler   hört nicht auf, das Blut deutscher   Menschen in Spanien   zu investieren. Er hört auch nicht auf. Waffen nach Spanien   zu schicken. Tas deutsche   Volk kann oen Hungerrkemen noch so eng schnallen, deutsche   Müt­ter mögen noch so laut um ihre Söhne weinen: das autoritäre Regime hat es nicht notwendig, daraus Rücksicht zu nehmen. Dieses Regime ist nicht für das Volk, das Volk ist für das Regime da. Die modernen braunen Landesfürsten haben geglaubt, daß sie die Herzen»nd Hirne ihrer Opfer durch nationalsozialistische Phrasen restlos ver­nebeln können; sie haben geglaubt, eS gmüge eine geschickte Propaganda,, um die deutschen   Jungen glauben zu machen, ihr Entsendung nach Spanien  sei einer Auszeichnung gleichznsetzen. Es zeigt sich, daß daS nationalsozialistische Regime einem Irr­tum erlegen ist: die deutsche   Jugend will vom Ma­nischen Krieg nichts wissen, sie lehnt eS. auch wenn sie schon jahrelang den nationalsozialistischen Er­ziehungsmethoden unterworfen w"rde» ab, in Spanien   im Namen deSAntibolschewismus" zu sterben. Es wurde schon im Sommer dieses JahreS bekannt, daß deutsche   Flieger, die den Auftrag hatten, ihre Flugzeuge nach Franco-Spanien zu bringen und sich auch selber den Rebellen zur Ver» fügung zu stellen, auf Flugplätzen der Va­le n c i a- Regierung gelandet sind und dann' n der Seite der Regierungstrupven sockten. Andere» die in die Gefangenschaft der Regierungsarmee ge­rieten, gaben an, daß bei ihrer Entsendung nach Spanien   von Freiwilligkeit nickt die Rede sein könne; sie seien auf die spanischen   Schlachtfelder kommandiert worden. Und eben jetzt haben einige deutsche   Jungen den Entschluß gefaßt, nicht erst die lange Flugreise nack Spanien   anzutrerey; sie ffückteten nach Oesterreich  , um den Zwang des Strickens in Spanien   zu entgehen. Es sind nicht DurchschnittSjungen, um die es sich da handelt» sondern junge Leute, die der Elite der deutschen  Fliegerei angehören: sie entstammen der berühm­ten Richthofen-Staffel, die nur ganz besonders ausgesuchte Flieger hat. Diese Flucht beweist, daß die Weigerung deutscher   Soldaten, nach Spanien   zu gehen, schwer bestraft wird: die Geflüchteten hätten es Wohl sonst vorgezogen, in Deutschland   zu bleiben. Sie be­weist aber auch, daß die nattonalsozialisttsche Be­einflussung der Jugend nickt nachhaltig genug ist, um sie zu Opfern zu veranlassen, die sie als sinn­los betrachtet. Es scheint noch deutsche   Jungen zu geben, denen das Gehirn ein Mittel zum D e n k e n ist: wenn eS in Funktion tritt, tverden selbst die gefährlichsten Massen der Diktatur un« brauchbar. Als bei der Schlacht von Guadalajara   italie­nische Soldaten gefangen worden waren, die durch mehr als ein Jahrzehnt faschistische Erziehung ge­noffen hatten, sangen sie das Revolutionslied der italienischen Arbeiter, die»Bandiera Rossa", und viele von ihnen meldeten sich zum Kampfe in die Reihen der Regierungsarmee. Der Faschismus und der Nationalsozialismus können eben nicht verhindern, daß die Menschen denken, und selbst der stärkste geistige Druck vermag in der Jugend nicht die Bereitschaft zu entwickeln, für die sanken Ideale einer Mordideologie in den Tod zu gehen. Tie Flucht der jungen deutschen   Flieger in die-Freiheit und das Leben ist ein Symbol für die Sehnsucht nach Freiheit, und Frieden, die in den Herzen von Million->n Deutscher glüht.
Franco   kündigt Blockade an England bestreitet Francos Kompetenz
Zuspitzung des Schanghaier Zollkonlliktes