Nr. 883 Donnerstag, 2. Dezember 1937 Seite 8 FRANZBRANNTWEIN Der Mord an Welchselberser Eisenstadt. Amtlich wird gemeldet: Zuge der Erhebungen zur Aufdeckung des an dem Landwirte Johann Weichselberger begangenen Mordes wurde festgestellt, daß der wegen des Verdachtes verfolgte Privatbeamte Helmut Brey- m a n n, der eine führende Rolle in der illegalen nationalsozialistischen Organisation des Burgenlandes spielte, sich wenige Stunden nach der Verübung des Mordes in Neustift aufgehalten hat. Da er vor einiger Zeit den Johann Weichselberger, der ebenfalls der nationalsozialistischen Partei angehörte, mit Erschlagen gedroht hat, erscheint er verdächtig, an der Mordtat beteiligt gewesen zu sein. Breymann ist flüchtig und konnte bisher nicht ausgeforscht werden. Hingegen wurde der postenlose Lehramtskandidat Karl Tr e t t,n e r aus Neustist, der vor kurzem einen Mordanschlag gegen Weichselberger ange- kündigt hatte, weiter der Zimmermannsgehilfe Rudolf Gamauf aus Bergwerk, auf dessen Mantel Blutspuren gefunden wurden, sowie der illegale Sprengelleiter der nationalsozialistischen Partei, der Landwirt Josef Lehret aus Reustift, verhaftet. Die Erhebungen zur Ausforschung jener Personen, die mit Breymann in Verbindung standen, wurden eingeleitet. Prof. Bidlo gestorben. Am Mittwoch starb in seiner Prager Wohnung der tschechische Historiker. Dr. Jaroslav.Bidla,...Ptofeü»r der KaM-, Universität, im 68. Lebensjahre. Ursprünglich befaßte sich Professor Bidlo mit dem Studium der Geschichte der Brüder-llnität von der ältesten Zeitepoche bis zum 17. Jahrhundert und schilderte in drei Bänden diese bedeutsamen Zeitperioden. In der letzten Zeit bereitete er den vierten Band der„Geschichte der Brüder-Unität" vor, den er wahrscheinlich nicht beendet hat. An der Universität hielt er Vorlesungen hauptsächlich über allgemeine Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Geschichte Osteuropas und der Balkanhalbinsel . Der Goncourt-Preis wurde Charles P l i S- n i e r für sein Buch„Der falsche Reisepaß" zu- erkannt. Bei der Abstimmung erhielt Plisnier fünf von acht Stimmen. Drei Stimmen wurden für Jean de la Varende abgegeben. Ein rätselhafter Mord. Die Polizei in Mu« kakevo untersucht fieberhaft einen rätselhaften, an Karl Reinholt aus Schwarzwafser bei Mäh risch-Schönberg verübten Mord. Reinholt wurde Sonntag mit einer Schußwunde am Hinterkopf tot aus dem Fluß Latorica geborgen. Er forschte in Mukacevo nach den vermeintlichen Mördern seines Bruders Emil, der während seiner Militärdienstzeit im Mai d. I. an der gleichen Stelle totauö der Latoricage- Sogen wurde. Die Polizei hegte damals den Verdacht, daß es sich um einen Selbstmord handle. Eine Militärkommission ließ eine Obduttion vornehmen, durch welche der Verdacht widerlegt wurde. Karl Reinholt wurde in Mukaöevo am l. November, als er einen Kranz auf dem Grabe feines Bruders niederlegte, zum letzten Male gesehen. Dann wurde er durch einen Monat lang vermißt und es wird vermutet, daß er irgendwo gefangen gehalten wurde. Seine Leiche wurde Nunmehr ohne Ueberzieher und ohne die übrigen Sachen gefunden, die Reinholt nach Mukaöevo neitgebracht hatte. Die Polizei forscht nach dem Besitzer einer Pistole deutscher Provenienz mit dem ungewöhnlichen Kaliber 8.2 Millimeter, aus welcher der tödliche Schuß, gegen Karl Reinholr «Abgegeben wurde. Es wird auch untersucht, wo sich Reinholt den ganzen Monat aufgehalten hat. Das Ende drS„Leviathan". In der Regel enden auch die Ozeanriesen auf den Wersten , wo sie abgewrackt und verschrottet werden. Eine Ausnahme wird jedoch der„Leviathan" machen, der kurz vor dem Kriege gebaut wurde, mit seinen 50.000 Tonnen damals sowohl das größte wie das luxuriöseste Schiff der Welt war, und nach dem Kriege noch lange in Dienst stand. Ursprünglich gehörte der Dampfer Deutschland und hieß„Vaterland", er wurde während des Krieges fequefttert und umbenannt, aber die moderne Technik ging schnell über seine Möglichkeiten hinweg, und in den letzten Jahren könnte das Schift Natürlich nicht mehr mit der„Normandie " und 365 glückliche Tage im Jahre- jeden Tag Freude, Unterhaltung und Belehrung bdre’rtet, Ihnen in, reichhaltiger Auswahl und Originalschönheit ein vollendeter Radioempfänger SYSTEM TELEFUNKEN. Wählen Sie ein Weihnachtsgeschenk von dauerndem Werft ein einziges für adel U UMT Ke 2.700' Hymnus]! 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Er soll auf der Weltausstellung 1838 in New Dork auf dem Ausstellungsgelände verankert werden, und schon jetzt wird Propaganda dafür gemacht, wie märchenhaft der Ozeanriese, der völlig weiß angestrichen wird, im Lichte der Scheinwerfer erstellen wird. Außer dem Restaurant, das für 2000 Personen Platz bietet, werden drei Nachtklubs, ein Theater und zwei Kinos in das Schiff eingebaut. Barcelona an Madrid . Der Bürgermeister von Barcelona , Hilario Salvador, Mitglied der (bürgerlichen) Linksrepublikanischen Partei, ist mit mehreren Stadträten in Madrid eingetroffen. Sie brachten einen Transport Lebensmittel mit, die für die heroischen Madrider in Katalonien gesammelt worden sind.— In Lerida wurden die auS Sammlungen beschafften Winterkleider für di« Soldaten der Ostarmee feierlich übergeben. Der GeneraRriegskommifsär Cres - cenciano Bilbao feierte in seiner Ansprache die anttfaschisttsche Einheit und die Solidarität von Front und Hinterland. Die koketten Greisinnen. Bor einem Londo ner Gericht spielte sich dieser Tage eine Verhandlung ab, von der man fast annehmen könnte, daß sie von der gesamten kosmetischen Industrie der Welt als Reklame gestellt worden sei. Angeklagt waren zwei Londoner Damen im Alter von 72 und 73 Jahren, die sogar noch älter aussahen, als sie waren, und sich mühsam am Stock fortbewegten. Bor dem Vorsitzenden lag das„corpüs delicti", nämlich zwei Puderdosen raffiniertester Mischung, die die beiden Damen in einem Londoner Warenhaus ohne Bezahlung mitgenommen hatten. Sie schluchzten und erklärten, sie seien völlig verarmt, ein bißchen Puder, um das Gesicht ein wenig jünger erscheinen zu lassen, sei das einzige, was ihnen noch Freude mache. Der Richter hatte Mitleid mit ihnen und verurteilte sie zu einer geringfügigen Geldstrafe mit halbjähriger Bewährungsfrist, wobei er als strafmildernd ansah, daß die beiden Missetäterinnen zu der Verhandlung ohne„make-up " gekommen waren. Göring mit der Schildkröte. Man erzählt sich in Berlin : Es ist noch gar nicht lange her. da liebte es der Generaloberst Göring , mit einem jungen Löwen an der Leine durch Berlin zu spazieren. Er erregte durch diese Spaziergänge Furcht und Schrecken unter der Bevölkerung. und deshalb untersagte der„Führer und Reichskanzler" höchstpersönlich seinem Freunde solche.auffallende Spaziergänge^ Eine-'Tages steht Hitler von seinem Fenster in der Wilhelmstraße Her mann Göring langsamen Schrittes dahinwandeln, diesmal in Begleitung einer Schildkröte. Der „Führer und Reichskanzler" ist auf das äußerste erbost und bei der nächsten Anwesenheit Görings fordert er ihn in ernsten Wotten auf. doch alle derartigen Exzentrizitäten endlich zu unterlassen. Göring mach: ein verdutztes Gesicht und begreift zunächst gar nichr. was Hitler von ihm will. Schließlich aber bricht er in ein resvektwidriges Gelächter aus und antwortet: „Mein Führer, das war ja gar keine Schildkröte, sondern Goebbels mit einem Stahlhelm auf dem Kopf."• Schwere Differenzen bei der Assicurazioni Generali Der Zentralverband der Versicherungsangestellten schreibt uns: Schon seit längerer Zeit verhandelt der Zentralverband der Versicherungsangestellten mit der„Generali " über eine Aen- derung des allgemeinen Dienstvertrages der Angestellten. Die Verhandlungen wurden dadurch nötig, daß der alte Dienstvertrag von der Direktion des Unternehmens gekündigt worden war. Man durfte um so mehr hoffen, zu einem beide Teile beftiedigenden Abkommen zu gelangen, als gleichzeitig mit der Kündigung von der Leitung der Gesellschaft die Versicherung abgegeben worden war, daß keinerlei Absicht besteh«, die Rechte der Angestellten irgendwie zu schmälern. In dieser. Situation hat die Direktion der„General!" den Angestellten plötzlich den Entwurf eines neuen Dienstvertrages vorgelegt, der gerade das Gegenteil dessen darstelll, was den Angestellten zugesichert worden war. Würde der Entwurf verwirklicht, wäre dies gleichbedeutend mit einer radikalen Verschlechterung der Gehalts- und Arbeitsbedingungen der Angestellten. Der neue Vertrag beseitigte alte Rechte, die den Angestellten von den großen Versicherungs-Gesellschaften bisher eingeräumt werden; er schaffte die jetzt für den Fall einer Krankheit oder die Einbeziehung zum aktiven Militärdienst vorgesehene Abfindung ab! und stellte das Borrücken der Angestellten im Gehalt auf Lahre hinaus ein. Die Zulagen für Verheiratete wären stark beschnitten. Drakonisch- Disziplinarstrafen würden eingeführt. Das sind nur einige Beispiele. Für die geplante weitgehend: Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Angestellten fehlt jede sachliche Begründung. Die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ist durchaus günstig. Die„Generali " ist z. B. in der Lebens- versicherungS-Branche führend. In einer durch die fortschreitende Teuerung und die starke Erhöhung der Besteuerung ohnehin gespannte Atmosphäre ist das Vorgehen der„Generali " geradezu unbegreiflich. Es wird auf den zähesten Widerstand stoßen. Eine Aktion, die Unterstützung verdient. Die Alters- und Jnvaliditätsverficherung der Arbeiter ist bet. uns Terzett,noch sehr unzulänglich..Es. gibt ein«. Reihe von Arbeiterkategorien, welche unterversichert sind und nach einer Verbesserung der Versicherung rufen. Unter diese Kategorien fallen auch die Buchdrucker, die nun die Eingliederung in die Pensionsversicherung der Privatangestellten fordern. Diese Forderung ist gerecht und begründet, wenn wir ihre Arbeit würdigen, welche einen besonderen Grad von Intelligenz erfordert. Um die Forderung der Buchdruckergehilfen zu unterstützen, hat ihre Organisation PetttionSbogen herausgegeben und sammelt in den breiten Volksschichten Unterschriften - Durch diese Unterschriften soll die Zustimmung mit der Forderung der Buchdrucker bekundet werden. Sollte auch Ihnen ein solcher Petitionsbogen zur Unterschrift vorgelegt werden, dann lehnen Sie die Unterschrift nicht cch und unterstützen Sie durch dieselbe die Forderung der Buchdruckergehilfen! Steigender BierauSstoß und Bierezport. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres wurden 7,017.633 Hektoliter Bier ckusgestoßen, gegen 6.407.828 Hektoliter in der gleichen Vorjahrsperiode. Die Zunahme beträgt somit in diesem Falle 8.5 Prozent. Gestiegen ist ferner irn -Ok- tober dieses Jahres der Merexport:~ er betrug 8248 Hektoliter für 1,717.882 Kt. d. i. um 42 Prozent mehr als im gleichen Vorjahrsmonät. Den größten Anteil an der Ausftoßstrigerung vom Jänner bis Oktober dieses Jahres haben die Prager Großbrauereien mit 11.2 Prozent und die Pilsener Brauereien mit gleichfalls 11.2 Prozent. Bemerkenswert ist die Zunahme des Bierkonsums nun auch im Osten der Republik : von den Ländern hat den größten Anteil an der Ausswßsteigerung Karpatho- rutzland mit 21.1 Prozent.(DRD) Dritte» Reich Im Bllfelldit Die Einnahmen der d e u.t scheu Landwirtschaft aus dem Verkauf ihrer Produkte sind nach einer Darstellung in„Wirtschaft und Statistik"(2. Oktoberheft 1837) von 6.4 Milliarden RM im Jahre 1982/33 auf 8.86 Milliarden RM im Jahre 1836/37 gestiegen. Die Zunahme beträgt 38.3 Prozent. In der gleichen Zeit haben die Löhne unb Gehälter der Landarbeiter und der Angestellten in der Landwirtschaft von 1.38 Milliarden auf 1.87 Milliarden zugenommen. Die Steigerung beträgt hier nur 18 Prozent. e Die Brotgetreideversorgunsi wird immer knapper. Die den deutschen Mühlen zur Verarbeitung zugewiesenen Monatsquoten liegen in den ersten vier Monaten des laufenden Getreide-Wirtschaftsjahres bei Weizen im Durchschnitt um 20 Prozent niedriger als 1835/86. Im August 1838 haben die Mühlen 386.000 Tonnen Roggen verarbeitet, im August 1837 nur 258.000 Tonnen. Im September der beiden gleichen Jahre betrug die Verarbeitung 284.000 Tonnen bzw. 244.000 Tonnen. Obwohl das Roggenmehl bei der Brotherstellung mit Kartoffelstärke- und Aufschlutzmehl vermengt werden muß, tritt die Roggenknappheit infolge der gegenüber 1835 um 720.000 Tonnen niedrigeren Ernte immer schärfer in Erscheinung. » Die Vorversorgung««Kriegs- bedarf wird in..gewaltigen-AuÄysßen fortgLj»,, setzt. So hat sich die Einfuhr an Dieselöl von 818 Millionen dz in der Zeit vom Jänner-September 1833 auf 758 Millionen dz in der gleichen Zett des Jahres 1837 erhöht. Für dieselbe Zeit ergibt sich in der Einfuhr von Schmieröl eine Zunahme von 188 Millionen auf 302 Millionen dz und bei Heizöl eine solche von 206 Millionen auf 317 Millionen dz. 1828 betrug die Produktion der deutschen Lederhandschuh-Industrie 18.8 Millionen Paar. Der Jnlandsverbrauch erreichte die Höhe von etwa 10 bis 12 Millionen Paar. 1936 war die Produktion auf 8.3 Millionen Paar, gesunken und der Jnlandsverbrauch weift einen. Rückgang auf 6.4 Millionen Paar auf. Einführung der Arbeitslosenversicherung i» Kanada ? Premierminister Mackenzie King hat an die Ministerpräsidenten der Provinzen einen Brief gerichtet, in dem er einen neuen Versuch zur Einbringung eines allgemeinen Arbeitslosenversicherungsgesetzes im kanadischen Bundesparlament vorschlägt. Dieser Vorschlag gründet sich auf einer Untersuchung der Landeskommission für Beschäftigung über die Lage der Arbeitslosen:, die Regierung ist zur Ueberzeugüng gelangt, daß ein System der Arbeitslosenversicherung in Verbindung mit einem öffentlichen Arbeitsvermittlungsdienst sowohl zur Existenzsicherheit der Arbeiter als auch zur industriellen Stabilität beitragen würde. Um eine Verschleppung zu verhindern, wie es bereits ein ähnliches Projekt der Regierung Bonnet betroffen hatte, schlägt Mak-. kenzie King auch eine Verfassungsänderung vor. Die Arbeiterpartei hat ihm ihre-Unterstützung zugesagt.. Man erwartet, daß die Einführung der Arbeitslosenversicherung in Kanada auch auf tue Vereinigten Staaten eine moralische Wirkung üben würde. Man erhält für K£ 100 Reichsmark«*,*.. 613.— Markmünzen..... 650.— 100 österreichische Schilling.. 528.50 100 rumänische Lei.... 16.10 100 polnische Zloty..„.. 503.50 100 ungarische Pengö...,.. 550.50 100 Schweizer Franken «.. 656— 100 französische Francs.... 06.50 1 englisches Pfund.... 140.90 1 amerikanischer Dollar... 28.30 100 italienische Lire.... 120.40 100 holländische Gulden... 1574.— 100 jugoslawische Dinare ,' 61.30 100 BelgaS....... 483.— 100 dänische Kronen... r 630.— 100 schwedische Krone««... 729.—
Ausgabe
17 (2.12.1937) 283
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