Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme de» Montag täglich frSH/ Einzelpreis 70 Heller Redaktion und Verwaltung: Prag XL, Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub - Verantwortlicher Redakteur: Karl Ker»,Prag Nur dem Inhalt: Urteil in Böhm.-Leipa morgen Hodia verhandelt mit den Polen Die Arbeitslosigkeit in den deutschen Bezirken Einmalige Aushilfe für die Bergarbeiter 17. Jahrgang Mittwoch, 8. Dezember 1937 Nr. 288 Französisch-polnische Freundschaft fest Eine Erklärung der beiden Außenminister Krakau.(Havas.) Die Außenminister D e l b o s und Beck empfingen während der Fahrt nach Krakau im Speisewagen die Journa­listen, denen sie nach Abschluß ihrer gemeinsamen Besprechungen folgendes Kommunique übergaben: Im Verlauf der Unterredungen, die Mi­nister Delbos in Warschau mit allen führende« Persönlichkeiten der polnischen Politik hatte, wurde im Geiste loyaler Zusammenarbeit die Prüfung aller Probleme fortgesetzt, welche die franzöfisch- polnischen Beziehungen im" besonderen und den europäischen Frieden im allgemeinen berühren. Mehr als einmal wurde konstatiert, daß das seit dem Jahre 1821 bestehende französisch-polnische Abkommen ein daurprdes Grundelement der Po­litik der beiden Länder bildet, welche gleichzeitig im Interesse der Entwicklung des Friedens dau­ernde Beziehungen mit allen Völkern aufrecht­erhalten. Beide Außenminister bekräftigen gegen­seitig den gemeinsamen Willen, auf allen Ge­bieten der Politik die vertrauensvolle Zusammen­arbeit fortzusetzen, die stets den Interessen und Bestrebungen der beiden Völker entspricht und auf eine allgemeine Beruhigung und internationale Stabilisierung gerichtet ist". StojadlnovIC beschwichtigt Frankreich London.(Ei genberich t) Zmn Be» suche von Stojadinovii!, des jugoslawischen Mi­nisterpräsidenten. in Rom , verlautet in Paris , daß eine weitergehende Bindung der jugoslawischen Politik in Rom als bisher nicht zu erwarten sei. Stojadinovic habe darüber beruhigende Zusagen »ach Paris gegeben. Stojadinovic wird im Lanner auch Berlin besuchen. beim Papst Die Audienz Dr.. DtojadinoviL' beim Papst bauerte eineinhalb Stunden, die Unterredung mit Kardinal-Staatssekretär Pacelli 40 Minuten. Es wird versichert, daß diese Gespräche ausgesprochen herzlich waren. KStorornanlsch anerkannt Ein beispielhafter Beschluß der Schweiz Bern. (SDA.) Der schweizerische National­tat hat einstimmig die Gesetzesvorlage ange- twmmen, wornach neben der deutschen , der fran- -ösischen und der italienischen Sprache die rät>.- 1 o manische Sprache als schweizerische Natio- »alsprache anerkannt wird. In der Debatte be» lonten der Borstand des Departements für innere Angelegenheiten, Bundesrat Etter, und die Redner aller größeren Parteien die Notwendigkeit der An« Erkennung dieser Landessprache und Hecken hervor, aaß dies einen Schritt auf dem Wege der Er­haltung der Freiheit und Unabhängigkeit der schweizerischen Eidgenossenschaft bedeutet. Franco In Flöten t London.(Eigenbericht.) InLondon wird «er dort mitgeteilte Entschluß Francos,. eine wlockade der Valencia -Küste einzu­achten, als ein Anzeichen dafür aufgefaßt, daß »ranco seine Hoffnung immer wenigem auf eine direkte militärische Entscheidung setzt, sondern sich auf die A ji«* u ngerungstaktik verlegen iustl. Franco^önnte nach dem geltenden Seerecht hie Blockade.nur dann verhängen, wenn ihm das "echt einer kriegführenden Partei zuerkannt und er außerdem imstande wäre, die Bwckade effektiv hu gestalten. Mit seinen maritimen Streitkräften «Mn er dies jedoch nicht. Auch das Minenlegen, «an Zwecke einer Lahmlegung der Handelsschisf- Mrt, widerspricht dem geltenden Seerecht. Aus Men Gründen hat England es abgelehnt, «je Mitteilung Francos über die Verhängung der Blockade zur Kenntnis zu nehmen. In London chird des weiteren bekannt, daß Franco in letzter Zeit größere Zahlungen an Deutschland und Jta- «e» in der Form von Rohstoff- und Lebensmit» 'Lieferungen leisten mußte. Diese Lieferungen haben eine fühlbare Wirkun« auf die LebenSmit- E?lbersorgung in dem von Franco besetzten spa­ nischen Gebiet. Nanking in Flammen? Die Chinesen vernichten ihre Vor dem Einmarsch der Japaner Hauptstadt Nanking. (Reuter.) Die Berteidiger der chinesischen Hauptstadt haben Nanking in Brand gesetzt. Die Munitions- und Betriebsstoff- lager, die Hangare und Werkstätten auf den Flug­plätzen wurden systematisch vernichtet. Es ge­schieht zum erstmal in der Geschichte Nankings, daß dir Hauptstadt in die Hände von Ausländern fällt. Alle chinesischen Flugzeuge haben Dienstag bei Morgengrauen Nanking verlassen und find nach der neuen Basis im Innern des Landes abge­flogen. Die beschädigten Maschinen, die wegen Zeitmangels nicht mehr repariert werden konnten, wurden zerstört. Die chinesischen Militärbehörden haben den Befehl gegeben, drei große Brände zu legen. Zweck dieser Vernichtungsaktipn ist, alles zu zerstören, was dem Feinde als Obdach dienen könnte. Das gelegte Feuer hat die Gebäude an den strategisch bedeutsamen Stellen in Nanking zerstört. Die zurückweichenden chinesischen Trup­pen setzen auch die Dörfer in der Umgebung in Brand. _ Reisende aus Tschinkiang melden, daß die gesamte Bevölkerung dieses einst blühenden inter­nationalen Hafens, insgesamt 130.000 Personen, auf das andere Ufer geflüchtet ist und daß die zu­rückgehenden Truppen die Stadt angezöndet haben. - Die Japaner besinden sich bereits in den Bororten Nankings, das von de« Zivil- und Militärbehörden schon früher verlassen wurde. MarschaU Tschiaugkaischek hat sich Diens ­tag vormittags im Flugzeug nach Rantschan begebe«. Einsetzung einer Vasallenresieruns? Tokio . Wie Domei mitteilt, erwartet man für den Fall der Einnahme der chinesischen Haupt­stadt, daß die japanische Regierung in einer feier­lichen Erklärung der chinesischen Regierung die Anerkennung entziehen werde. Anscheinend beab­sichtigen die Japaner die Einsetzung einer chine­ sischen Basallenregierung in Nanking , doch wird angenommen, daß dies an dem festen Willen der rechtmäßigen Regierung zu weiterem Widerstand nichts ändern, daß also der Krieg fortdauern würde. Tschangkalschek nur knapp entronnen Von japanischen Fliegern hartnädcig verfolgt Nanking. tReuter.) Japanische Flieger verfolgten die schnelle, dreimoiorige Maschine, die Marschall Tschangkaischek, dessen Gattin und dessen australischen Berater Donald aus Nanking fortbracht». Dir Verfolgten und die Verfolger steigerten die Geschwindigkeit bis an die Grenze des Möglichen, doch gelang eS dem chinesischen Flugzeug, das einen Augenblick lang bereits ein­geholt schien, schließlich den japanischen Fliegern doch zu entrinnen, welche die Verfolgung über Anking, der Hauptstadt der Provinz Anwei, aufgaben. polens Volk umjubelt Delbos London . fEigenbericht.) Die Be -! richte der französische« Presse über de« Besuch do« Delbos i« Warschau zeigen, daß die Maffen- stimmnng in Polen eindentiger als je für die innigste Freundschaft zwischen de« beide« Län­der« spricht. In dieser Hinsicht war die Reise des französische« Außenministers.eine wahre Trinmphfahrt. Der polnische Außenminister, Beck, zeigte aber in den Sachfrage« keinerlei Neigung zu nennenswerten Zugeständnissen. Er will daspolnische Systems den Kordon neu­traler Staate« rings«m die Sowjetunion , auf­rechterhalte« und ausbauen und ist nicht bereit, durch ein Entgegenkommen an die Tschechoslowa­ kei Deutschland zu verstimmen. * Delbos nach Bukarest Krakau .(PAT.) Der französische Außen­minister Avon Dslbos ehrte Dienstag vor­mittags das Andenken des Marschalls Pilsudski durch einen Besuch beim Sarge im Schlosse von Wawel und fuhr mittags nach Bukarest ab. Bukarest.(Eigenbericht.) Die natio- nalzaranistische Opposition, der nunmehr auch Titulescu angehört, hat beschlossen, sich an den Empfangsfeierlichkeiten für Delbos nicht zu be­teiligen. Dieser Schritt ist eine Demonstration gegen die Regierung Tatarescu . Labour-Führer in Madrid Auch französische Sozialisten In Spaniens Hauptstadt Madrid .(Ag. Esp.) Die britischen La- bour-Abgeordneten E. Attlee, Ellen Mil­kins o n und PH. Roel Baker besuchten meh­rere Kriegsfabriken und den Leiter der Kommis­sion für Sanität und Wiederaufbau der Haupt­stadt, Julian B e st e i r o. Bei einem Empfang durch die Stadtverwaltung erklärte Attlee, daß sie durch ihre Aufnahme im republikanischen Spanien tief bewegt seien und er fügte hinzu, daß der grandiose Widerstand und die glänzende Arbeit, die sie gesehen haben, nicht nur für Spanien getan seien, sondern für alle Demokratien . Me französischen Parlamentarier Jean Z y- romski.und Andrö Morizet sind hier ein­getroffen. Zyromski äußerte sich in gleichem Sinne wie Attlee. Zur internationalen Lage sagte er, daß zu seinem tiefen Bedauern diese tn bezug auf Spanien unverändert zu sein schein«. Trotz der wachsenden Sympathie Frankreichs für seine Schwesterrepublik könnten Fortschritte nur mit einer Langsamkeit erzielt werden, die alle Freunde Spaniens und des Weltfriedens zur Ver­zweiflung bringen müßten. Der Verlust des Nordens sei für die Entscheidung nicht maßgebend. Diese falle an den Fronten von Madrid , Aragon und des Südens und dank der Regierung, der stärksten in der modernen Geschichte Spaniens , seien diese Fronten inuneinnehmbareFe- st u n g e n verwandelt, an denen sich der Faschis­mus hoffentlich ein für Älemal seine Zähne aus­brechen werde. Barcelona bombardiert Flugzeuge der Aufständischen bombardierten Dienstag gegen 15 Uhr Barcelona . Abends teil­ten die Behörden mit, daß bei diesem Fliegeran­griff etwa 50 Personen getötet und rund 100 Personen verletzt wurden. Lesen die Aufnahme der küssen In den IGB London.(Eigenberich t.) Die bel­gischen Gewerkschaften haben sich gegen die Auf­nahme der Russen in den Internationalen Ge­ werkschaftsbund ausgesprochen. Man erwartet, daß sich auch in den skandinavischen Ländern Widerstand gegen die Aufnahme der Russen gel­tend machen wird. Stalins Kampf gegen die Opposition Die»Berner Tagwacht", eines des führen­den Organe der schweizerischen Sozialdemokratie, veröffentlicht interessante Enthüllungen des frü­heren Führers der schweizerischen Kommunisten Walter Bringolf , der erst vor kurzem aus der Kommunistischen Partei ausgeschieden ist. Die Darlegungen Bringolfs, die hauptsächlich den Kampf Stalins gegen die Opposition in Rußland schildern, berühren sich in vielem mit den Ver­öffentlichungen, die wir im letzten Jahr gebrächt haben. Sie bringen aber darüber hinaus neue bemerkenswerte Einzelheiten und enthalten An­gaben, die bisher der westeuropäischen Oeffent- lichkeit unbekannt waren. Bringolf geht bei seinen Betrachtungen über den Charakter der gegenwärtigen Phase der rus­sischen Entwicklung von der Tatsache aus, daß der enorme wirtschaftliche Aufschwung in der Sowjet­ union , der Millionen Menschen in den Mechanis­mus der modernen Großindustrie und Technik hineinzog, gleichzeitig auch eine recht bedeutende Schicht fähiger und entwickelter Arbeiter und Bauern in den Vordergrund gerückt hat, die mehr und mehr das Bedürfnis nach Freihei t und S e l b st t ä t i g k e i t empfinden .- In derselben Richtung, zur Freiheit und Selbsttätigkeit der Bevölkerung, wird die Sowjet­ union durch die Bedürfnisse der A r m e e und der Wirtschaft getrieben."Die Armee braucht, namentlich im Hinblick auf die drohende KriegS- gcfahr, eine ununterbrochene Arbeit der Juhu« I strie und der.Landwirtschaft. Wie Bringolf be­hauptet, ist die Idee einer neuen Sowjetverfas­sung, die dem Volke mehr Freiheit sichern soll, in den Spitzen der R o te n A r m e e entstanden. ES unterliegt keinem Zweifel, schreibt Bringolf , daß eine ehrliche und vernünftige Verwirklichung dieser Idee eine neue Epoche in der Geschichte Sowjetrußlands einleiten würde. Das wäre aber notwendigerweise verbunden mit der B es e i ti» gung der Diktatur und der T er rorherrs ch a f t. Das jedoch ist für S t a- l i n und den von ihm ge'chaffenen Apparat un­annehmbar. Stalin und sein Apparat erwiesen sich als unfähig, den neuen Weg zu beschreiten. Stalin , dem es an jeder schöpferischen Phan­tasie mangelt, war außerstande, sich von den Fes­seln seiner eigenen Vergangenheit zu befreien. Diesem Umstande ist es zuzuschreiben, daß ge­rade jene Artikel der neuen Verfassung, in denen der Bevölkerung gewisse demokratische Rechte und Freiheiten versprochen werden, im.Politbüro" gegen die Stimme Stalins angenommen wur­den. Diese Tatsache wird dadurch nicht aus der Welt geschafft, daß die gesamte Sowjetpreffe Stalin als den eigentlichen Schöpfer der neiien Verfassung Preist, und daß diese selbst als»stali­nistische Verfassung" bezeichnet wird. Die bedeutendsten Führer der Kommunisti­schen Partei und der Armee haben in den letzten Jahren fortgesetzt darauf hingewiesen, daß die bürokratischen Methoden des Stalin 'schen Appa­rates mehr und mehr in schärfsten Widerspruch geraten mit den Tendenzen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung der Sowjet­ union . Das gleiche ist von unzähligen Delega­tionen wirtschaftlicher und militärischer Organi­sationen Stalin berichtet worden, von dem die Aufhebung einer Reihe von Verfügungen und Dekreten verlangt wurde, die in bürokratischer Beschränktheit die neue Entwicklungsphase in der Sowjetunion ignorieren und ihren Fortschritt hemmen. Es ist allgemein bekannt, daß Stalin jeg­liche Kritik, selbst die kollegialste und sachlichste, stets als eine persönliche Beleidigung empfindet. (Hinweise darauf finden sich bereits in dem be­rühmten.Testament" Lenins , das die Eng­stirnigkeit Stalins geißelt.) Jede Kritik hat bei ihm stets das heftigste Mißtrauen geweckt. Sein Mißtrauen wurde noch verstärkt, als die Kritik, die ursprünglich aus den Kreisen der Wirtschafts­führer und Militärs kam, begeisterten Anllang fand bei solchen Oppositionellen, wie Sinowjew , Kamenew , Rykow . Bucharin usw. Der Verdacht, den Stalin schöpfte, war nicht völlig grundlos. Denn in führenden Kreisen begann man. ange­sichts des Widerstandes Stalins gegen Reformen, davon zu sprechen» daß es notwendig sei, perso­nell« Aenderungen in der obersten Leitung tzes Staates und der Partei herbeizuführen. Es be-