Nr. 289

Donnerstag, 9. Dezember 1937

Sudetendeutscher Zeitspiegel

Um das Reichenberger Stadttheater

Christlichsozialer Angriff abgewehrt

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Faktoren sich der großen, teinesfalls nur örtlichen Bedeutung der Sache bewußt sein und sowohl rasch als auch ausreichend die notwendigen Taten seßen.

Der Kampf in der SdP

Man spricht bereits von einer neuen Parteigründung

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geleuchtet haben. Sie verstiegen sich dabei aber zu folgenden bedeutungsvollen Aeußerungen:

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reits schweren Schaden genommen haben, denn der Winter beginnt bei uns eben schon lange vorher. ,, Ihr werdet die Beitrittserklärung so nicht Deshalb hat die Deutsche Jugendfürsorge bereits unterschreiben, wir lassen sie aber hier, vielleicht im September 7000 Meter Wäsche- und Kleider­überlegt ihr es euch noch; wenigstens könnt ihr stoff an die Faruenausschüsse zur Verarbeitung wir euch im Stiche gelassen haben." nicht sagen, wenn es zu was tommt, daß gegeben, damit diese Bekleidungsstücke vechtzeitig an die Kinder kommen. Gleichzeitig wurden 1500 Baar Ueberschuhe und 196 Anzüge für Lehrlinge Weihnachtsbescherungen und Fürsorge. Die ausgegeben. Neben den Aktionen der Zentrale Deutsche Jugendfürsorge vertritt die Ansicht, daß werden noch durch die Deutschen   Bezirksjugendfür­wirkliche Hilfeleistung nicht nur als Weihnachts- forgen dauernd Bekleidungshilfen geboten. Selbst­überraschung erfolgen kann, sondern dann geboten verständlich werden auch innerhalb der Deutschen  werden muß, wenn sie gebraucht wird. Die Kin- Jugendfürsorge Weihnachtsbescherungen durchge= der, die zu Weihnachten Wäsche und Kleider er führt. Sie sind eine Ergänzung der übrigen plan­halten, können bis dahin an ihrer Gesundheit be- Imäßigen Arbeit.

,, Kompagnie Major Attlee"

Ehrung der Labour Party   durch die spanische Armee

Ein neuer Angriff auf das Reichenberger Stadttheater ist in den jüngsten Tagen von den deutschen christlich sozialen Stadtvertre­tern versucht worden. Im Zusammenhang mit Kasper und Dr. Jonak haben Ein­der Beratung über den städtischen Voranschlag für spruch gegen ihren Ausschluß aus der Sdß er 1938 verlangten die Christlichsozialen angeb hoben. Es scheint sich dabei aber um nicht viel lich um ein flares Bild über die geldlichen Grund- mehr als um einen platonischen Protest zu han­Tagen des Theaterbetriebes au schaffen die Auf- deln, denn einerseits ist es völlig unwahrschein hebung des noch bis Ende März 1939 laufenden lich, daß die SdP die Rebellen wieder aufnimmt, Vertrages mit Direktor Barnah zum 31. Dezem anderseits besteht ja kaum eine Aussicht, daß diese ber 1937. Für die restlichen drei Monate der zu ihrem Rechte in der SdP gelangen könnten. Spielzeit 1937/38 sollte die Stadtgemeinde in die Also hat es den Anschein, als ob die Auf­von Direktor Barnay abgeschlossenen Verträge einbruch"-Gruppe nur Zeit gewinnen wollte, um maior Att I e" heißt seit Dienstag mor- Berhältnis, sondern nur unter voller Berücksich Madrid.  ( Ag. Esp.) ,, o mpagnie Recht fordere, feinesfalls im rein arithmetischen treten und die Theaterführung einer Arbeitsge ihre parteipolitische Verselb= Attle" meinschaft des Personals übergeben. Während ständigung vorzubereiten. Es wird auch be- gens ein aus Engländern, Amerikanern und tigung der Kategorien erfolgen, denen diese aus­der Spielzeit 1938/39 sollten nur fremde Gast- reits davon gesprochen, daß an der Spiße der Spaniern bestehender Truppenteil einer der ländischen Kämpfer angehören. spiele stattfinden und erst für die Spielzeit neuen Partei der im Vorjahr ausgeschlossene Internationalen Brigaden  . Diese Ehrung des Rüge für Attlee 1939/40 sollte wieder für einen geregelten Be Friedrich Brehm- Eger stehen und daß ihr Fraktionsführers der Labour Party   und dieser trieb gesorgt werden. Ueber diese Anträge waren Stasper, die Abgeordneten Liebl und Wag- selbst gab der Kommandant der Truppe, ball beantragte Dienstag abends im Unterhaus, London  . Der konservative Abgeordnete Li­in verschiedenen Zeitungen alarmierende Meldun ne r, ferner Ingenieur Haider, Smagon, Gallo, bekannt, als Attlee, Ellen Wilkinson   daß dem Führer der Arbeiteropposition Major gen erschienen; die christlichsozialen Antragsteller Dr. Streißt und Dr. David führend ange- und Ph. Noel Baker   sie besuchten. In seiner Attlee eine Rüge erteilt werde. Er begründete behaupten, sie wükten nicht, wer diese Veröffent- hören werden. Kasper soll mit dem Ausbau der Dankrede sagte Attlee, daß er alles tun seinen Antrag damit, daß Attlee das der Regie­gewerkschaftlichen Grundlage dieser neuen völki­Bei der Verhandlung über den Stadtvoranschen Partei betraut werden. Die Abgeordneten werde, was in seiner Macht steht, um die bri- rung vor seiner Abreise nach Spanien   gegebene schlag in der Sizung der Stadtvertretung am 6. Liebl und Wagner denken nicht daran, ihre Man- tische Regierung zu zwingen, ihre Spanienpoli- Versprechen nicht eingehalten habe, daß er sich Dezember brachte der christlichsoziale bate niederzulegen. Die bI will in den nächsten tik zu ändern, die eine Gefahr für die Demo- jeder Tätigkeit enthalten werde, die mit der Po­Bürgermeister- Stellvertreter Richter die An- Tagen in einer Rede im Parlament offen fratie ist. Zu diesem Zweck habe er sich als litik der Nichteinmischung unvereinbar wäre. träge vor allerdings in einer gegenüber den über die Konfliktsgegenstände sprechen und es ist Hauptredner für das Massenmeeting in der Rebellen- Bomben vorher erfolgten Zeitungsmeldungen wesentlich abaeichwächten Form. Nach längerer, stellenweise anzunehmen, daß ein solcher Schritt die Kluft Londoner Albert- Hall eingezeichnet, das nach der recht erregter Aussprache, in die die Genoffen zwischen den beiden Lagern noch tiefer aufrei- Heimkehr der Abordnung abgehalten werden wird. Von diesem Meeting soll eine neue Welle des englischen Volkswillens ausgehen, die viel leicht imstande sein werde, die Nichtein­mischung" zu brechen.- Ph. Noel Baker   er­innerte daran, daß 1857, als das spanische Volk gegen monarchistische Tyrannei kämpfte, Eng­land offen auf seine Seite getreten ist, 10.000 Freiwillige nach Spanien   geschickt und ihm seine Arsenale geöffnet hat.

lichungen veranlaßt habe.

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Lömit, Hawel und Dr. Kraus wirkungsvoll ein­griffen, wurden die christlichsozialen An träge zur Gänze abgelehnt. Betont wurde insbesondere. daß diese Anträge weder der Stadt, noch dem Theater und dem Bühnen- und

Ben wird.

Von der Flüsterpropaganda zur Drohung

Die Bezirksstelle der SdP in Bensen führt Orchesterpersonal nüben, sondern nur schwere eine sogenannte Werbeaktion durch. Im Zuge die Nachteile bringen würden, daß für die Vertrags- fer Werbeaktion ist die Ortsstelle der SdP Blan­lösung mit dem Direktor überhaupt keine Grund- fersdorf daran, die Beitrittserklärungen einzu­Tage gegeben sei und daß vor allem dafür gesorgt holen. Wie wir erfahren, sind zwei SdP- Funktio­werden müsse, dem Theater größere, halbwegs näre auch zu Sozialdemokraten gegangen. Daß ausreichende Ruwendungen von Staat und Land zu erwirten. Der Staat müse auch die Bedeutung fie dabei leer ausgehen werden, dürfte ihnen ein­

des Reichenberner Theaters als eines Grenzland­theaters" einsehen. Bemerkenswert aus der Wech felrede ist auch. daß ein der Stadtvertretung als Mitglied der AW anaehörender Vertreter er­flärte, er fei felbft Mitglied der SdP und könne erffären. daß die fünftlerischen Leistungen des Dt. rettors Barnan und des gesamten Ensembles un­bedingt anzuerkennen und daß die Vorstellungen ganz ausgezeichnet feien. Auch die chriftlichsozia­Yen Antragsteller selbst hatten ausdrücklich betont, daß sie nicht das gerinaste aeaen die fünstlerischen Qualitäten Barnays und seines Rerfonals vor­zubringen haben und daß es sich ihnen Tebinlich um die Herstellung der finanziellen Ordnung handle.

Turch die Ablehnuma der chriftichinzialen Anträge hat die Stadtbertretuna gezeiat, daß sie gemillt ist. den weiteren Bestand der Reichenberner Bühne zu sichern. Mit offer Eindrinalichkeit mitk aber auch an diefer Stelle meiagt merden, daß die auitändigen staatlichen Stelen die Meichenherner Theaterfrone mit dem rnite behandeln miffen, der ihr gebührt. Was Staat und Rand bisher für das hiesige Theater getan haben, ist bei aller An­erkennung des auten Willens und Verständnisses doch viel zu wenig und steht auch weit unter dem. toos onderamo netan wird. Mönen alle herufenen

,, Der Kampfth

Sozialistische Revue

Heft 12, Dezember 1937, hat folgenden Inhalt:

Wenzel Jaksch  : Die Idee als Waffe. Karl Kern: Der achtzehnte Feber und das

Lesebuch.

Mark Rudowsky: Die Schicksale der Sowjet­jugend.

,, Unverschämter

auf unbefestigte Orte Barcelona.  ( Ag. Esp.) Das Pressekabinett des Generalfommissärs für öffentliche Ordnung Tenflugzeuge Bomben auf Städte und Dörfer der teilt mit: Dienstag 16.15 Uhr haben 15 Rebel­Küste abgeworfen, auf Punkte, die weit entfernt sind von allen militärischen Objekten. Zahlreiche Opfer sind unter der Zivilbevölkerung zu bekla gen. Allein in Barcelona   find bis jetzt über 50 Tote und über 100 Verlegte gezählt. Sechs Dreis  motorbomber der Rebellen versuchten Dienstag früh mehrere Orte an der Küste nahe von Tara­gona zu bombardieren. Abwehrbatterien und Jagdflieger verhinderten die Ausübung dieses

Marionettengeneral" Borhabens. Unter den Opfern des gestrigen Luft­

Eine Rede Majskis

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angriffes befindet sich auch der Vorstand des Pressedienstes im Präsidium der katalanischen Regierung Joaquim Vila.

Gibraltar.( Ag. Efp.) Die Vorbereitungen zur Rebellen- Offensive gehen weiter. Ihre Ar­mee zwischen Pozoblanco   und Almeria   soll bereits 150.000 Mann zählen, meist Italiener   und Mas rotfaner.( Ebenso stark ist übrigens die Gesamt­zahl der ausländischen Soldaten Francos etn schließlich der Maroffaner.) jüngsten Wochen waren in weiter Umgebung von Während der zwei Cadiz   alle Fahrzeuge zum Abtransport des dort ausgeschifften Kriegsmaterials an die beiden er­wähnten Fronten und nach Aragon   requiriert. Katalonien   für Madrid  

im Nichteinmischungsausschuß London.  ( Ag. Efp.) Im Unter- Nicht­cinmischungsausschuß der die Antworten der svanischen Regierung und Francos als ausrei­Adolf Sturmthal( London  ): Haldane und chend zur Fortsetzung seiner Arbeit erklärte Halifax  . bezeichnete Sowjetbotschafter M aisti die Ant­wort Francos als vage, dunkel, aufgeblasen und obendrein schlecht konstruiert. Man könne ihr nicht entnehmen, was sie eigentlich sagen wolle. Der Versuch Francos, die Anfrage bei ihm als seine offizielle Anerkennung auszulegen, sei vollkom­men unberechtigt, aber seine Forderung von Aus­künften des Unterausschusses nicht nur deplaciert, sondern einfach unverschämt, zumal von einem Marionettengeneral, der ohne fremde Hilfe sich nicht auf den Füßen erhalten Barcelona.( Ag. Efp.) Die volle Solidarität fönne. Der Ausschuß sollte ihm darauf die wohl Kataloniens   mit der Republik   wird durch folgende verdiente Lektion erteilen. Ein schlechter Scherz Bahlen bewiesen: 900.000 Flüchtlinge aus Res oder eine zweite Unverschämtheit sei das Verlangen| bellen- Spanien   und aus unmittelbarer Frontnähe Francos, wenn er 3000 feiner Freiwilligen" leben in Katalonien  , 75.000 Katalanen stehen in abschaffe, als kriegführende Macht anerkannt zu der Front und Lebensmittel für 216 Millionen werden. Die Entfernung der ausländischen Pesetas hat Katalonien   bisher nach Madrid   ge= Kämpfer dürfe, wie die spanische Regierung mit schiet..

Emil Strauß  : Rückschlag oder neue Krife? Peter Hauta m p: Ein Stüd fudetendeutscher Sozialgeschichte.

Aus dem geistigen Leben: Masaryk  und die deutsche   Literatur Unberechtigter Pessimismus? Die tschechisch- deutsche Ata demie"( 1897-1899) Gedanken eines Fensterputzers Mazzini und Mussolini  . Bücherfch a ut.

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Preis des Heftes 5, Jahresbezugspreis 50 Redaktion und Verwaltung: Brag II., Lützowova 37

Wanderungen der Wör er Borfahren, dictare" und tractare", zurück; die

Von Will Schaber

Ist es verwunderlich, daß uns in der Sprache die meisten Belege dieser gleichzeitig spendenden und zueignenden Kulturarbeit begegnen? Man richte den Blick von der Gegenwart in die Tiefen bergangener Zeit, bis zu jenem Punkt, da sich die chronische Kunde ins Vage und Unbestimmte ver­Tiert: immer wieder tauchen überraschende Zeug­nisse für die Völkerbewegung der Wörter auf. Wir erleben, wie diese Signale des Gedankens von Mund zu Mund fliegen, wie sie die Meere und Kontinente überqueren, dem Gesetz der Abwand­lung und Anpassung vielfach unterliegen und doch bis zum Schluß unverkennbare Spuren ihrer Her funft behalten.

Dieser Umstand allein würde genügen, manche Selbstherrlichkeit zu dämpfen, manchen Prioritätsanspruch als nichtig zu erweisen- wenn nur das Bewußtsein jener Verwandtschaft in den Massen der Völker lebendig geblieben wäre. Tatsächlich existiert es so gut wie ausschließlich im Streis etymologischer Fachmänner.

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von Nachahmen" sprechen. Heute noch aber ver­

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Folklore dem Ursprünglichen, also dem Landfrem­den, näher ist als die zivilisatorisch- kulturelle Spiße der Sprachpyramide, von der aus man die Basis kaum noch gewahrt.

tief deutschen Sinnbegriffe blicken auf lateinische wendet man in bayerischen Gegenden das Wort flanglich- geistige Affinität ist mit großer Gewis Ahmen" in seinem ursprünglichen tonkreten fenhaftigkeit übertragen. Auch unser Meister", Sinne. Man bezeichnet damit die Nachprüfung der häufig genug den Begriff des Deutschen  " eines Fasses mit dem Visierstab. So ist der para als adverbiale Zierde trägt, hat einen verbürgt dore Fall eingetreten, daß die Ueberlieferung der lateinischen Vater, den magister". Dessen Schule" hat" schola" zum Vorbild unser mittelalterlicher Scholar" ist gewiß eine anhei melnde Erscheinung; daß er einheimisch sei, wird niemand behaupten können. Wir haben das Ka­pital und den Zins, die Pflanze und ihre Frucht, den Kalk und das Tünchen aus dem Lateinischen adoptiert. Zusammen mit dem Kloster traten der Mönch und die Nonne in unsere Wirklichkeit und unser Sprachgebäude, mit dem Wein das Faß, mit dem Kaiser die Münze; lauter Fremdgut der Sprache und Kultur.

Buweilen gibt es bei diesen Leihaktionen wahre Wortodysseen, wie die Sprachschöpfung Pferd" bezeugen mag. Das Vorbild heißt pa­raveredus" und ist keineswegs eine Einheit, son­dern ein Kuppelwort, gemischt aus einer griechi­schen und einer italienischen Hälfte. Paravere dus" war zu Zeiten der merowingischen Könige ein Postgespann, das die Nebenlinien der Post erledigte, abzweigend von den Hauptstationen, die der beredus" verband. Aus dem Wortamalgam wurde dann nach einer Reihe von Umschmelzungen unser heutiges Pferde".

Wer etwa, außer diefen geübten Stennern sprachlicher Alchimie, beſitzt heute noch das Wissen darum, daß das Wort Reich", das für uns einen so spezifisch deutschen Klang und deutschen Inhalt hat, wie nur weniges in unserem Vokabular Wir bedienen uns des Begriffes nach daß diefes Wort fremden Ursprungs, sein Glanz erborgt ist? Es stammt aus dem Keltischen, dessen ahmen" und wissen nicht, daß dieser selbst eine rig" nur einer Heinen Modifikation bedurfte. Produktion nachahmender Sprachgestaltung ist. um bei unserem Sprachgefühl Zustimmung und Denn in ihm steckt das griechisch- lateinische ama" Einstimmung au finden. Wer, um ein nicht weni- das einen Wassereimer bedeutet und als" Ohm" ahnt die im Sinne eines Maßes bei uns eingebürgert ger frappantes Beispiel zu nennen, frembländische Herkunft unferes unauflöslich ver- wurde; finngemäß bildete man das Verbum bündeten Wörterpaares Dichten und Trachten"? ahmen", das so viel wie messen befagen will. Diese lieblich- innigen und, wie uns scheinen will, und so konnte Luther   in übertragener Bedeutung

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frommen Lernbereitschaft aufgenommen wurde, so

hat sie in nicht wenigen Fällen die Rolle des An­leibegebens gespieltum mitunter nach einiger Reit die eigene Gabe in transformierter Gestalt zurüdzunehmen. Dies war das Schicksal des Wortes" Herold". Als es aus dem romanischen Sprachbereich zu uns kam, befann man sich taum darauf, daß hier ein althochdeutscher Begriff neu erstanden sei: der bariowalt" oder Heerwalter. Jezt noch empfinden wir das Wort Infanterie" als ein Lehntwort, wiewohl der Kernbegriff Fant" ( als Bezeichnung eines träftigen Burschen) aus dem Altnordischen stammt. Unser Bollwerk ist als Boulevard, unser Faltstuhl als Fauteuil, unser Stapel als Etappe aus dem Französischen  zurückgekehrt. Zwei niederdeutsche Wörter ver­schmolzen auf französischen   Boden zur sprachlichen Figur des Piloten: er entpuppt sich als ein peilen. der( die Tiefen messender) Lotse. Von unseren Verkehrsmitteln haben wir die Kutsche aus der ungarischen und die Droschte aus der russischen Sprache übernommen. Und während die Städte= gründungen des deutschen   Westens und Südens noch mit vielen Namen auf keltische und römische Abkunft deuten, sind Potsdam   und Brandenburg  , die nachmaligen Zentren des fridericianischen Preußentums, echtbürtig slawische Schöpfungen. Bodstupimi und Branibor  : keine der beiden Festen hat ihre höfische und kasernenhöfische Zukunft vor­

Mit dem Import der Waren aus der Ferne verbindet sich die üppige Zuwaage der Sprache. Von den Arabern haben wir den Kaffee und den Zucker, den Kattun und den Taft, den Elefanten und das Kamel, den Tarif und die Ziffer, den Kofer und das Magazin bezogen aber auch den Admiral( er heißt ursprünglich emir- ol- bahr, Fürst des Meeres"), die Gala( ar- chalaat", Ehrenkleid") und den Alkohol. Aus dem Ar­menischen stammt unsere Kastanie, aus dem Indi­fchen der Kampfer, aus dem Malayischen der Zimt, aus dem Aztekischen die Schokolade, aus dem Ver­fischen der Scharlach( als Bezeichnung für ein tiefrotes Wollzeug), aus dem Türkischen   die Tulpe und aus dem Hebräischen die Mandel. Semitischen Ursprungs ist übrigens auch der Sack, worin die Ware verpackt wird obzwar das Wort saq" ursprünglich die härene Trauerkleidung benennt. Aber ein solcher Bedeutungswechsel ist oft charak teristisch für die wandernde Sprache. Glauben ausgeahnt. nicht manche, der Kampf sei- sowohl dem Wort, als auch der ausgedrückten Tätigkeit nach altgermanisches Vorrecht? Er ist es mitnichten; wohl aber hat eine Metamorphose des Sinnes stattgefunden, wodurch der Ort des Kampfes. campus"( eld), sich in die Tätigkeit wandelt. die auf dem Felde statthat.

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ein

Und wie von außen her fremdes Wortgut zu unserer Sprache stieß, und von ihrer jugendlich

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Vorstehende Betrachtungen und Feststellungen sind dem einleitenden Kapitel des Buches Welt­bürger- Bürgen der Welt" von Wi II Schaber entnommen. Das Buch, das dem­nächst im Saturn- Verlag in Wien   erscheint, zeigt das Entstehen aller Kultur aus Austausch und Verschmelzung, zeigt also auch, wie verhängnis­voll sich die Autartie auswirken muß.