Nr. 296 T Freitag, 17. Dezember 1937 Sette 8 Die Kriesspartei setzt ihren Willen durch „Wir kämpfen nicht für die Fahne Henleins... I“ weiter getragen, auf der kein Konrad Henlein steht.(Begeisterter Beifall.) London.(Eigenbericht.) Die Ber -- suche Roms und Berlins , China zu Verhandlungen mit Japan zu bewegen, werden in London als nunmehr endgültig gescheitert angesehen. In To kio scheint die extreme Richtung innerhalb der Osfizierskreise, die die völlige Unterwerfung Chi nas fordert, gesiegt zu haben, wie die am Dienstag erfolgte Ernennung des Admirals Suetsugn zum Innenminister und auch den Baron Asakis zum Gesundheitsminister beweist. Am gleichen Tage erklärte auch Ministerpräsident Prinz Kanoe, daß der Fall Nankings nur das Vorspiel zu den eigentlichen und voraussichtlich lange währenden Feindseligkeiten darstelle. Andererseits deutet nichts darauf hin, daß die Stellung Tschangkaischeks innerhalb Chinas bedroht. oder seine Absicht, den Krieg fortzusetzen, erschüttert sei. Jenseits von Nantschanz werden die japanischen Truppen auf ihrem Vormarsch in jenes gebirgiges Gelände kommen, wo sich seinerzeit die kommunistischen Truppen trotz ihrer schlechten Ausrüstung fünfeinhalb Jahre im Guerillakrieg gegen die überlegen bewaffnete Armee der Zentralregierung behaupten konnten. Japan , so meint man, unterschätzt bei weitem die Schwierigkeiten, die ihm auf dem Wege zu seinem Ziele noch bevorstehen. Ueber formale Proteste beabsichtigen auch die Vereinigten Staaten vorläufig nicht hinauszugehen, obwohl die Stimmung der Oeffentlich- keit immer aufgeregter wird. Staatssekretär Hüll wurde Mittwoch in einer Pressekonferenz gefragt, ob die Regierung der Bereinigten Staaten eine Flottenkundgebung entweder allein, oder gemeinsam mit EnglanlLerwägen könne. Staatssekretär Hüll ließ daraufhin erklären, daß die Bundesregierung niemals irgendeine Flottenaktion im Fernen Osten in Erwägung gezogen habe. Eine Erklärung über eine mögliche Aenderung des Standpunktes Hat Staatssekretär Hüll nicht abgegeben. Schanghai . Der Chef der japanischen Flugwaffe in China , Kontreadmiral Mitsunami, ist nach Tokio abberufen worden. Wie hiezu verlautet, soll er seiner Funktionen enthoben werden. Seine Abberufung steht im Zusammenhang mit den Zwischenfällen an dem Jangtse -Fluß. Heue Mobilisierung In China Hankau . Nach hier vorliegenden Meldungen hat die chinesische Regierung einen antijapanischen Nationalverband gegründet, dessen Zentrale in Hankau sitzt und der Nebenämter in allen Bezirken hat. Der Verband hat fünf Abteilungen für Militär, Verwaltung, Wirtschaft, Finanzen und Landwirtschaft. Gleichzeitig proklamierte die chinesische Regierung das zweite Stadium der Mobilisierung. In acht Südprovinzen sollen umfangreiche Rekrutierungen vorgenommen werden. Allein in Kwangsi sollen, wie bereits gemeldet, 15 neue Divisionen mit 300.000 Mann aufgestellt werden. Boykott gegen die Angreifer London. (Hs.) Im Exekutivausschusse der Weltfriedens-Vereinigung(RUP) wurde einstimmig beschlossen, mit 1. Jänner des nächsten Jahres in der ganzen Welt einen Boykottjapanischer Erzeugnisse zu proklamieren, zu welchem Zwecke alle 39 in der Vereinigung organisierten Gruppen im Jänner ein genaues Programm ausarbeiten sollen. Zu diesem Zwecke sollen Plakate, Flugzettel und Broschüren ausgegeben werden, in denen Japan als Angreifer bezeichnet wird. In einer Resolution, die angenommen wurde, heißt es u. a., daß alle dem Frieden ergebenen Regierungen aufgefordert werden, alle Maßnahmen zu treffen, die zu einer Beendigung des japanischen Angriffes führen können und China rationelle Hilfe zu leisten. In dem gleichen Sinne appelliert das Exekutivkomitee an alle Organisationen der Industrie und des Handels. Der Ausschuß verurteilte ferner die ausländische Intervention in Spanien ... Vorstoß der Arbelter-Oppossition In der SdP Der„Volkswille" berichtet über eine Zusammenkunft der oppositionellen SdP-Arbeiter in P r a ch ä t i tz und zitiert aus" dem Hauptreferat, das dort gehalten wurde, unter anderem das Folgende: »Man hat uns das Blaue vom nationalen Himmel versprochen, nur um«ns auS der sozialdemokratischen Gewerkschaft herauszureißen. Wir haben an die Ehrlichkeit völkisch eingestellter Menschen geglaubt und haben die Gewerkschaft gewechselt. Wir sahen unter den vielen Gewerkschafts- führergestalten, die uns vorgestellt worden sind, aber nur einen im gewerkschaftlichen Kampfe', das war Kasper... Deshalb mutzte Kasper langsam aber sicher kaltgestellt werden. Man m'tz- brauchte seinen abgelegten Eid zu einer bedingungslosen Treue und Gefolgschaft sowie zum Gehorsam und knebelte ihn mit parteiamtlichen Aufträgen... Als er sich gegen diese wehren wollte, kam es zum offenne Konflikt zwischen ihm und der Parteileitung. Sie nahm daher die Watschenaffäre im Prager Deutschen Haus als einen willkommenen Anlatz, um Kasper nicht nur billig los zu werden, sondern ihn auch als einen„Schädiger der Volksgemeinschaft", bzw. als einen Geächteten an den Pranger zu stellen. Doch wir Prachatitzer Arbeiter sagen: Kasper, recht hast g'habt! Und wenn die Führertreuen Dir das Recht zu dieser Watschen streitig gemacht haben, so geben wir Dir das Recht zu noch hundert Watschen!(Großer Beifall.) Wenn also unser Ge- werkschastskampf auf der Straße Konrad Henleins nicht mehr vorwärts getragen werden kann, dann wird er eben aus einer anderenStraße Aber kämpfen müssen und werden wir, und zwar nicht für die als heilig erklärte und alle Stände umfassende Fahne Konrad Henleins, sondern für uns Arbeiter und unsere Familien(Ungeheurer Beifall.) Noch nie sind wir so gottverlassen dagestanden, wie heute auf den Platz, auf den uns die gebracht haben, die wir vorher nicht gekannt haben und die plötzlich mit einer roten Fahne und den Zeichen SHF drauf als Führer vor uns gestanden sind. Wir haben uns mit einem blinden Vertrauen hinter sie gestellt und haben ihren Worten geglaubt, uns einer Zukunft entaegen zu führen, in der jeder Arbeiter, wenn auch. nicht jeden Sonntag, sein Huhn im Topfe, so wenigsten- doch eine ganze Hose am Hintern hat. Sehen wir uns heute diese akademisch gebildeten Führer an. Alle sitzen mit horrenden Monatsgehältern in Parteikanzleien und uns pfeift noch immer der Wind durch die zerrissenen Hosen. Wielangenoch, frage ich Sie?" Die auf eigene Faust und ohne Wissen der Ortsleitung durchgeführte Arbeiterversammlung hat nach ihrem Bekanntwerden eine große Bestürzung bei der Orts-, Bezirksund Kreisleitung hervorgerufen. Man hört, daß die rebellierenden Parteimitglieder wegen parteischädigenden Verhaltens und wegen Disziplinlosigkeit aus der Partei ausgeschlossen werden. Gegenwärtig werden darüber noch bei der Kreisleitung Beratungen gepflogen. Kart« zu dem japanischen Eroberungszug über Schanghai nach Nanking '■-f?' Errichtung eines Angestellten-Betriebsausschusses- „Störung der Ordnung im Betriebe“ Volksgemeinschafts-Angestellte gegen Volksgemeinschafts-Unternehmer! Kündigung des ersten Vertrauensmannes! Neuer Schweizer Bundespräsident Bern . Die Schweizer Bundesversammlung wählte mit 15 von 18 gültigen Stimmen den gegenwärtigen Vizepräsidenten des Bundesrates, Dr. Johannes Baumann , zum Bundespräsi denten für 1938. Zum Vizepräsidenten wurde mit 148 von 168 gültigen Stimmen Bundesrat Phi lipp Etter bestimmt. Beide gehören dem Bundesrat fett etwa vier Jahren an. Bundespräsident Dr. Baumann, der der freisinnig-demokratischen Partei angehört, leitet gegenwärtig das Justiz- und Poliqeidepartement. Vizepräsident Etter leitet das Departement des Innern und ist Mitglied der katholisch-konservativen Partei. Demonstrationen gegen Carol London.(Eigenbericht.) Infolge der rumänischen Zensur erfährt man erst heute über eine große Demonstration gegen den rumänischen König und die Madame Lupescu. Diese Demonstration wär am vergangenen Sonntag. Ihr Ausgang war eine Versammlung der Ratio-- nalzaranistischen Bauernpartei, in de? Manin sprach. Im Anschluß an die Versammlung zogen etwa zehntausend Bauern gegen den Königspa- last. Sie konnten erst mit Mühe nach dem Einsatz von Soldaten vertrieben werden. Bukarest . Amtlich wird mitgeteilt, daß das Innenministerium den ihm unterstellten Behörden den Auftrag erteilt hat, jedermann, der bei öffentlichen Versammlungen in irgendeiner Form den König, die Mitglieder der königlichen Familie oder die Monarchie angreift, unverzüglich der zuständigen Staatsanwaltschaft anzuzeigen.(Wegen eines Vergehens in dieser Richtung wurde bereits gegen den Kammerkandidaten der Nationalen Bauernpartei Serdici das Verfahren eingeleitet.) Das Innenministerium hat femer das bisher nur in Buka rest bestehende Verbot politischer Kundgebungen unter freiem Himmel auf das ganze Land ausgedehnt. Blutiger Wahlkampf Bukarest . Die Blätter berichten von Zusammenstößen in verschiedenen Orten Rumäniens . 11. a. wurde in einer deutschen Gemeinde im Banat ein Mitglied der offiziellen deutschen Minderheitspartei, der„Deutschen Volksgemeinschaft in Rumänien ", von einem Mittzlied dec oppositionellen„Deutschen Bölkspartei Rumä niens " erschossen. In einer altrumänischen Gemeinde in Rosnov wurde aus einer Gruppe von Propagandisten der Eisernen Garde auf liberale Parteianhänger geschossen. Die Regierung hat weitere Sicherheitsmaßnahmen verfügt. Nicht schadel Genf . Die italienische Regierung sandte dem Sekretariat des Internationalen Ar- beitsamtes eine Note, in der sie mitteilt, daß sie mit 15. Dezember aus dieser Organisation austritt. Der provisorische Direktor des Internationalen Arbeitsamtes Phelan hat dem italienischen Außenminister Ciano den Empfang des Telegramms bestätigt, mit benv Italien seinen Austritt anzeigt. Das sagenhafte Kapitel der„Volksgemeinschaft" erfährt eine neue Bereicherung durch einen Vorgang, den die völkische Angestellten-Gewerkschaft, der GdA, der Oeffentlichkeit unterbreitet. In.der Lackfabrik Dür sch m i d t in Aussig , die nach der Angabe des Betriebsinhabers 175 pensioflsversicherte Angestellte beschäftigt, haben die Deutschen Angestellten-Gewerkschaften durch ihre Vertrauensmänner das Verfahren zur Wahl des Angestellten-Betriebsausschuffes angebahnt. Obwohl der 8 1 des Betriebsausschußgesetzes ausdrücklich anordnet, daß ein Betriebsausschutz zu wählen ist, wenn im Betriebe mindestens 30 Arbeitnehmer dauernd beschäftigt sind, und daß selbständige Angestellten- oder Arbeiter-Ausschüsse zu bilden sind, wenn jede Gruppe mindestens 20 Wahlberechtigte zählt, weigert sich die Firmenleitung, der Errichtung des selbständigen Angestellten-Ausschuffes zuzustimmen, weil angeblich„bloß" 35 Angestellte an der Betriehs- versammlung teilnahmen, die den Beschluß auf Errichtung eines Angestellten-Ausschuffes faßte. Der erste Vertrauensmann brachte die Angelegenheit vor die Schiedskommission. Der B e- triebsinhaber erklärte dort, daß er die Errichtung des Betriebsausschusses avlehne, well er in ihm eine Störung der Ordnung im Betriebe erblicke, ungeachtet der gesetzlichen Vorschrift, daß die Be- triebsäusschüsse bei der Aufrechterhaltung der Ordnung und Disziplin im Betriebe m i t z u- wirken haben. Am Montag ließ der Dienstgeber den ersten Vertrauensmann der Angestellten seinen Dienst nicht länger verrichten und kündigte ihm. Dieses Borgehen wird eine Strafanzeige und eine Anzahl weiterer Maßnahmen zur Folge haben./ Wir mischen uns in den häuslichem Streit der Firma Dürschmidt und ihre Angestellten nicht ein, müssen aber doch feststellen. datz der Vorgang ein bezeichnendes Licht wirft auf die Zustände, die in all den Gruppen vorhanden sind, die sich um die Partei der„Volksgemeinschaft" scharen. Znaimer SdP gespalten Wie wir erfahren, fand am Dienstag, den 14. d. M.. in Znaim eine Sitzung des„Auf- bruch"-Kreises statt, in der der Bruch mtt Henlein offen zutage trat. Veranlaßt wurde diese Sitzung anscheinend durch eine Gauamtswafter- Tagung des Südmährischen Turngaues, di« am Sonntag in Brünn stattfand und in der Henlein di: Gefolgschaft verweigert wurde. Weser offene Bruch ist hauptsächlich auf die R u t h a- A f f ä r e und auf die Auseinandersetzungen zwischen Kams- radschaftsbund- und Aufbruch-Kreis zurückzuführen. In der Leitung der neuen„Aufbruch"- Ortsgruppe soll sich unter anderen der O ll m a n n des völkischen Turnvereines, Doktor Harald Schindler, befinden, der seit der Gründung der SdP hervorragend in ihr gewirkt hat und mit den nun viele Turner die S<Aven- >kung gemacht haben sollen. Die Sohrusaner Vorfälle bei der Bezirkswahl vor Gericht In der Nacht vor den Bezirkswahlen im Mai 1936 ist es in Sobrusan zu politischen Zusammenstößen gekommen. Die Folge war eine Reihe von Gerichtsverhandlungen, in deren Verlauf Emil Pilz aus Wschechlab wegen Körperverletzung verurteilt wurde. Emil Pilz hatte selbst gegen die Genossen Weiß und Vorsteher Vrba eine Strafanzeige erstattet und hiebei die beiden Genossen beschuldigt, sie hätten ihn schwer verletzt. Im Verlaufe der Untersuchung, welche ein halbes Jahr dauerte, und der Hauptverhandlungen haben sich die Behauptungen als unglaubwürdig herausgestellt. Bei der am 14. Dezember 1937 stattgefundenen Hauptverhandlung beim Kreisgericht in Brüx wurden die Genossen Weiß sind Vorsteher Vrba von der Anklage frei- gesprochen, wobei das Gericht in der Begründung ausdrücklich hervorhob, daß dem Emil Pilz kein voller Glaube beigemessen werden kann. Berdächtig. Der Kassier der SdP in T a- ch a u wurde wegen des dringenden Verdachts verhaftet, an einem eben schulentlassenen Mädchen eist Sittlichkeitsverbrechen begangen zu haben. Außenminister Delbos auf der Burg
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17 (17.12.1937) 296
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