Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh/ Einzelpreis 70 Heller

Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Giegfried Taub Berantwortlicher Redakteur: Rarl Rern, Prag  

17. Jahrgang

Samstag, 18. Dezember 1937

Uebereinstimmung Prag  - Paris  

Das Ergebnis der Gespräche mit Delbos Die Frage der Minderheiten

Prag.( Amtlich.) Der Vorsitzende der Regierung Dr. Milan Hodža erwiderte Freitag vormittags den Besuch des Ministers Yvon Del bos auf der französischen   Gesandtschaft. Bei dieser Gelegenheit setzten die beiden Staatsmänner die bei dem Besuch des Ministers Delbos im Kolowrat  - Palais aufgenommene Unterredung fort. Die Unterredungen flangen in eine voll­tommene Einmütigkeit der Auffassungen der beiden Staatsmänner aus, sowohl hinsichtlich der Beziehungen zwischen Frankreich   und der Tschechoslowakei  , als auch über die künf­tigen Aufgaben der europäischen   Politik.

Unterredungen des Ministers Delbos mit dem

Aus dem Inhalt:

Bericht über ein neues Masaryk  - Buch

Weihnachtsferien

des Parlamentes

Ossietzky schwer erkrankt

2450 Gestapo  - Agenten

im Ausland

Eine Milliarde Zigaretten monatlich

Nr. 297

Präsidenten Dr. B e n e 3, mit dem Borsibenden Ein Sieg der Demokratie

der Regierung Dr. Hodža und mit Außenminis ster Dr. Krofta.

frage

-

Beneš zwei Jahre Präsident

In dem Abendblatt der Linken ,, Ce Soir" Heute sind es zwei Jahre her, daß Eduard behandelt dessen Sonderberichterstatter Paul Nizan   Beneš zum Präsidenten der Republik   gewählt ausführlich das Problem der Beziehungen zwischen worden ist. Es waren Tage voll banger Erivar­der Tschechoslowakei   und Deutschland   und erklärt, hung und atemraubender Spannung, die zwischen Minister Delbos habe bei seinen Unterredungen dem Augenblick der Abdankung Masaryks und der mit den führenden tschechoslowakischen Staats- Wahl seines Nachfolgers lagen. Die Art, in wel­männern die fallweisen Vermutungen zerstreut, daß cher der große Tschechoslowate auf sein Amt ver­er damit betraut worden wäre, der tschechoslowa- zichtete, hatte den stärksten Eindruck gemacht. In fischen Regierung zu Konzessionen gegenüber der weiser Voraussicht wollte Masaryk   der Tschechos deutschen   Minderheit im Intereffe guter Beziehun flowakei die Verwirrung ersparen, welche einges gen mit Deutschland   zu raten. Die Minderheiten- treten, wenn Masaryk   gestorben wäre, ohne daß schreibt der Korrespondent wird der das Steuer des Staates sich in den festen Hän Prag  . Freitag abends wurde folgendes tinnität ihres Bemühens um die Bildung und Si- souveränen Beurteilung und Entscheidung den des gegenwärtigen Staatspräsidenten befun­offizielle Kommuniqué ausgegeben: cherung der Bedingungen für eine friedliebende der Prager   Regierung überlassen werden. den hätte. Der Tod des großen alten Mannes hat ,, Minister für auswärtige Angelegenheiten Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten feststel­seine Weisheit und Voraussicht bestätigt. Statt Unsicherheit und Chaos, eine Trauermanifestation, Delbos hatte während seines Prager Besuches am len können. Die französisch- tschechoslowakischen Der gestrige Tag 16. und 17. Dezember zahlreiche Unterredungen Beziehungen waren Gegenstand einer eingehen- Delbos führ Freitag vormittags zum Grabe welche eine Kundgebung für den Staat und die mit dem Präsidenten der Republik  , dem Vorsitzen- den Ueberprüfung und es wurde mit Dank be- T. G. Masaryks nach Lány. Ihn begleiteten der Demokratie gewesen ist, auf welche ganz Europa  den der Regierung und dem Minister für aus- tont, daß auf politischem und intelellektuellem französische Gesandte de Lacroix und Osustý, am mit hoher Achtung geblickt hat. wärtige Angelegenheiten der Tschechoslowakei  . Es Gebiet diese auf liebevollem und gegenseitigem Friedhof wurde Delbos von Dr. Krofta erivar- Präsident Beneš hat sein Amt in einer wurden alle Fragen, welche die Beziehungen der Verständnis beruhenden Beziehungen beider tet. Der französische   Außenminister weilte in stil- schwierigen Zeit angetreten, ihm ist die Sorge um Tschechoslowakei   zu Frankreich   betreffen sowie die Völker besonders aktiv und herzlich waren. Es lem Gedenken am Grabe und legte einen Stranz den Staat anvertraut in einer Epoche unerhörter allgemeine europäische   Lage geprüft. Diese ein wurde anerkannt, daß der wirtschaftliche Aus- nieder. Auch die französischen   Journalisten ehr- Spannungen und Kriegsgefahren. Es ist nicht ab­gehende Prüfung der Lage, die im Geiste der herz- tausch erweitert werden soll. Die eben in Paris   ten Masaryk durch die Niederlegung eines Kran- zusehen, welche Folgen es gehabt hätte, wenn in lichsten Aufrichtigkeit durchgeführt wurde, ermög- verhandelnde Handelsdelegation wird Instruktio- zes in Lány.- Freitag nachmittags besuchte dieser Zeit ein schwacher, unerfahrener, von allen lichte es, die vollständige Uebereinstimmung der nen erhalten, sich bei ihren Arbeiten nach diesem Delbos das Denis- Institut in Prag  . Abends Seiten oder gar nur von der Rechten beeinfluß­Ansichten der beiden Regierungen über alle alten Willen zu richten. fand in der französischen   Gesandtschaft ein vom barer Präsident an der Spiße des Staates gestan= und neuen Probleme festzustellen. Die Politik bei- Aus der Neberprüfung der Beziehungen, die französischen   Gesandten zu Ehren des französ ben wäre. Ebenso schwankend wie die Außenpoli­der Staaten, die durch einige grundlegende und zwischen Frankreich   und der Tschechoslowakei   seit fischen Außenministers veranstaltetes Diner statt, tit der Republik   wäre die Innenpolitik gewesen, dauernde Prinzipien beherrscht wird, welche gleich der Bildung des tschechoslowakischen Staates be- an dem u. a. teilnahmen: der Präsident der Re- Unsicherheit nach allen Seiten würde herrschen. zeitig durch die natürlichen Bedingungen bestimmt stehen, ging hervor, daß dieses Verhältnis weder publik mit Gemahlin, Ministerpräsident Doktor So aber geht von der Spiße des Staates Festig­und den internationalen Ereignissen angepakt jemals gestört noch getrübt wurde und daß die Hodža, Außenminister Dr. Krofta, die Minister feit und Vertrauen aus, die überwiegende Mehr­werden, bleibt diesen gemeinsamen Prinzipien Busammenarbeit auf allen Gebieten stets ver- Machnik, Dr. Franke, die Generäle Syrový und heit der Staatsbürger weiß, daß das Staatsschiff tren, die sich bereits bewährt haben und keine trauensvoll war. Diese glückliche Feststellung Krejčí, Kanzler Sámal, die Gesandten Osustý einen fundigen Steuermann hat, der durch alle Möglichkeit der Versöhnung ausschließen. Diese kann beide Staaten nur von der Notwendigkeit und Pavlů. Stürme eines aufgepeitschten Meeres uns alle Uebereinstimmung der Ansichten tritt insbeson überzengen, die Zusammenarbeit fortzusetzen, die ruhig und sicher führt und der den entfesselten dere in der gemeinsamen Zuneigung der Tschecho- sich unter allen Umständen so nüßlich bewährt Elementen einer aus den Fugen geratenen Welt slowakei   und Frankreichs   zum Völker bunde hat und die solcher Art ist, daß sie gleichzeitig Brag. Der französische   Außenminister Del- gemeinsam mit allen Menschen guten Willens die zutage. Beide Länder sind auch fernerhin über- die Entwicklung und die Sicherheit beider Staa- bo3 beendet heute, Samstag, seinen Prager   Auf- Stirne bietet. Es gibt viele, denen die Kundge­zeugt, daß der Frieden Europas   und die Sicherten, den Erfolg einer wahrhaft europäischen Bo- enthalt mit dem Empfang der Pressevertreter auf bungen des Präsidenten zu optimistisch sind. Aber heit der Völker tatsächlich und wirksam nur durch litik und die Erhaltung des Friedens sichert. der französischen   Gesandtschaft. Um 11.30 Uhr Beneš tennt genau die Gefahrenzone, welche wir cine allgemeine Zusammenarbeit gesichert werden begibt sich der Gast von der französischen   Ge- jetzt und noch eine Zeit zu passieren haben. Was können, welche die Achtung vor den Rechten und sandtschaft zum Wilson- Bahnhof, ihn vor Pessimismus bewahrt, sind seine guten Pflichten jedes Staates beinhaltet. Im Verlaufe 12.20 Uhr die Rückreise nach seiner Heimat an- Nerven, sein fester Wille durchzuhalten und nicht der Unterredungen in Prag   wurde betont, daß tag tritt. zuießt die politischen Vorkehrungen, die unsere auswärtige Politik wie unser militärisches Bereit­beide Regierungen in ihrer Sorge um die Erhal= fein, getroffen haben. Wir werden infolge unse­tung des Friedens Europas   bereit sind, jede Aktion rer zentralen Lage durch einen zweiten Weltkrieg zu unterstützen, welche die Annäherung mit allen wie ein Schwimmer in einen Strudel hineinge­Nachbarländern erleichtern könnte. Beide rissen werden, aber wir tun mit unseren Freun Regierungen sind überzeugt, daß die bestehenden den zusammen alles, um die Katastrophe von uns, Verpflichtungen kein Hindernis für eine derartige von Europa  , von der Menschheit abzuwenden. Annäherung bilden, die vom politischen und wirt­

Das Verhältnis zu Deutschland  

Paris  . Die Pariser Abendblätter vom Frei­berichten ausführlich über die entscheidenden

Heute Abreise

wo Pr um

Der Mikado muß antworten!

schaftlichen Standpunkt für alle intereffierten Steigende Erregung in Amerika  

Staaten und für ganz Europa   vorteilhaft wäre.

In diesem Geiste beglückwünschen sie sich, daß sie die Solidarität der KleinenteEntente und die Kon­

Die Teplitzer Vorfälle

im Immunitätsausschuẞ

Das Subkomitee des Immunitätsausschusses nahm Freitag einen Bericht des Referenten Dr. Neumann über die Vorfälle in Tepliß- Schö­rau entgegen, die der SdP Anlaß zur Beschwerde gaben. In seinem umfangreichen Bericht legte Dr. Neumann die Meldung des Kommandanten der Staatspolizei, einen Situationsplan über den Zwischenfall mit dem SdP- Abg. Frank und

Ausschnitte aus reichsdeutschen Blättern vor, die über diese Zwischenfälle berichteten. Ferner wur

Hongkong   im Verteidigungszustand

London  . Die Times" berichten aus Washington  , daß sich die anti­japanischen Strömungen in den Vereinigten Staaten   durch die offizielle Bestätigung der Presseberichte über den Hergang der Versenkung des Kano­nenbootes Panay" wesentlich verstärkt haben. Lediglich eine entgegenkom­mende Antwort des Kaisers von Japan   werde erst in der Lage sein, diese Stimmung in den Vereinigten Staaten   zu beruhigen. Der japanische  Botschafter in Washington   habe auf einer Pressekonferenz erklärt, daß der Kaiser von Japan   auch ohne ausdrückliche Botschaft des Präsidenten Roose­ velt   von den Vorfällen unterrichtet worden wäre. Dem Aufrufe Greens, des amerikanischen   Labour- Führers, zur Verschärfung des Boykotts japani scher Waren in den Vereinigten Staaten   wird sehr große Bedeutung beige messen. Es wird weiters berichtet, daß eine zweite Note, die einen noch entschiedeneren Ton aufweisen dürfte, demnächst an Japan   abgesandt wer­

den wird.

London.( Eigenbericht.) Der japanische| Wie hier verlautet, hat die Regierung in

In das zweite Präsidentenjahr des Häus­Tersohn aus Kožlany fällt der erste Schritt, der zur Bereinigung des nationalen Problems in die­sem: Lande getan wurde. Daß Beneš ein Haupt­verdienst am 18. Feber 1937 und an der Durch führung der an diesem Tage gefaßten Regierungs­beschlüsse hat, steht außer allem Zweifel. Es hat sich da wieder gezeigt, daß nur Staatsmänner, deren Blickfeld nicht bei Raudniß aufhört, son­dern ganz Europa   umfaßt, wie es bei Benes und seinem ersten Mitarbeiter Dr. Hodža der Fall ist, die innerpolitischen Probleme des Staates zu lösen imstande sind. Der Präsident will das deutsch  - tschechische Verhältnis mit demokratischen Methoden regeln und darin trifft er ſich mit den heißesten Wünschen der deutschen   Sozialdemokra tie. Nicht mit den Mitteln der Gewalt, sondern auf der Grundlage des Rechts wollen wir die neue Ordnung der Völker im Donauraum be= gründen.

An jenem 18. Dezember 1935, den diejeni

ben die protokollarischen Ausia- Ueberfall auf die" Panay  " stellt sich auf Grund der Tokio Marschall Tichangkaischek wissen lassen, daß gen, welche dem dramatischen Ablauf der Ereig­ben von lieben Wachleuten sowie des nugget i anden Einzelheiten als eine faſt die ihm vor einigen Wochen gemachten Friedens- nisse aus der Nähe zugesehen haben, niemals ber­unbegreifliche Reihe von Roheitsakten dar, die die angebote nicht mehr gültig sind. Japan   sei so weit, gesien werden, hatten wir demokratisch gesinnten Polizeifommiffärs adek über die Erregung in Amerika   weiter ansteigen lassen. daß es ihn nicht mehr als das Haupt der chinesi- Deutschen das Gefühl, die reaktionären halb- und Vorführung des Abg. Frank auf die Wachstube So wird berichtet, daß javanische Flugzeuge nach schen Regierung anerkennen könne. Es ist aller- ganzfaschistischen Mächte hätten ihre Marneschlacht und über die Verhandlung mit ihm verlesen, den Bombenabwürfen Maschinengewehrfeuer auf dings anzunehmen, daß es sich dabei in Wahrheit geschlagen. Die 44 Abgeordneten und 22 Sena­ebenjo bie Aussagen von fünf Bivilisten ein offenes Boot richteten, in dem Verwundete an um einen Schreckschuß handelt, der Tschang- toren, welche die parlamentarische Gefolgschaft über den Angriff bes Abg. Frant auf erfitt Dabei eine weitere Berber Verwundeten faischek veranlassen soll, sich endlich zu Ver- Adolf Hitlers   und Konrad Henleins darstellen, Verlegung. Das Boot handlungen herbeizulassen. die wa ch e. Endlich wurden auch die poli- wurde durchlöchert und konnte nur mit Mühe das zeiärztlichen Zeugnisse über die Verlegun Land erreichen. gendreier Wachleute und der Abges Hongkong   bereitet sich vor

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ordneten ranf und Dr. Köllner vorgelegt

uad die Protokolle der beteiligten Wachleute über die Zwischenfälle mit den Abgeordneten Ing Rich ter und Sandner zur Kenntnis gebracht. Die wei­teren Beratungen wurden sodann bertagt.

London.( Eigenbericht.) Der erwartete Angriff Japans   auf Südchina hat mittlerweile eingesetzt und die britiſche   Festung Hongkong   ift infolgedessen von den britischen   Soldaten in Ver­

teidigungszustand gesetzt worden.

hatten den Vorhang von ihrer eigenen läglich­leit und Gottserbärmlichkeit weggezogen, die Saft­Alle Zeitungen der britischen Hauptstadt be- and Kraftlosigkeit des Kolosses auf tönernen richten ferner in diesem Zusammenhang, daß der Füßen war enthüllt. Vom 19. Mai bis 18. De­Kaiser von Japan   den Marineminister, Kontre- zember 1937 war die Gefahr der Untergrabung admiral Yonai, in einer Sonderaudienz empfan­sen habe und daß die japanische Admiralität in der Folge den ungewöhnlichen Schritt einer separaten

Entschuldigung unternommen habe.

ter demokratischen Gefahr an größten, die Wahl Beneš' war die siegreiche Abwehr des stärksten Eingriffes der antidemokratischen Kräfte, am 18. Dezember konnten jene, welche die Burg der

Demokratie verteidigen, die Fahne des Sieges von