Sö-te ft„Tozialdemokratt'Mitttvoch, 22. Dezember 1937. Nr. 300Träger LeitungAus aller WeltSüdafrika wird Wüste?Die Ursache der ständig drückender werdenden Trockenheitsperioden in Südafrika erblickendie Geologen darin, daß die Sandwüste Kalaharisich langsam, aber unaufhaltsam vom Westen herüber die Südafrikanische Union ausbreitet, so daßder Feuchtigkeitsgehalt der Luft, ständig abnimmt.Auch der Ngami-See trocknet bereits aus.;• Fallskeine Arnderung des Klimas eintritt, wird sichSüdafrika— wie die Forscher erklären— imLaufe von hundert Jahren in eine Wüste verwandeln.Charlie Chaplin unauffindbar. Charlie Chaplinhat jetzt in.Wirklichkeit die Rolle gespielt, die er sooft in seinen Filmey darstellte: wer kennt nicht denarmen Charlie, der wegen irgend welcher Kleinigkeiten von der Polizei verfolgt wird, sich hinter Zäunenverbirgt, sich möglichst verkleidet und alles tut, um ja/nicht gefaßt zu werden? Nun, Charlie Chaplinwünscht auch jetzt von einem wirklichen Gerichtsvollzieher-Nicht gefaßt zu werden, aber da er im Lebenkeineswegs«in.armseliger Landstreicher ist, sondern«in großer Herr, so muß der Beamte sich verkleidenund ihm Nachläufen— Charlie sitzt einfach zu Hauseund ist für niemanden zu sprechen. Es handelt sichum die Zustellung einer Klage in dem Prozeß zwischen der Tobis und Chaplin, und das amerikanischeGesetz schreibt vor, daß die Zustellung unbedingt persönlich erfolgen muß. Der Sheriff I. P. Lavelle versucht dies nun seit vollen 14 Tagen zu tun, und bisher erfolglos. Er kam einige Male in voller Amtskleidung, und Charlie war nicht zu Hause. Dann kamer' ein paar Mal als Privatmann, und mußt« erfahren, daß Charlie keine Besucher empfängt. Dannverkleidete er sich als Messenger-Boy, der einen dringenden Brief abzugeben hatte, Charlie ließ sagen, erlese überhaupt keine Briefe, weder dringende nochandere. I. P. Lavelle nahm ein großes Wäschepaketund setzte sich die Mütze einer bekannten Wäschereiauf, umsonst, man sagte ihm, daß Charlies..Wäsch«zuj Hause gewaschen würde. Endlich erschien er imFrack mit Monokel, und zwar abends, als Gäste imHause Chaplin waren, aber man schlug ihm die Türvor der- Nase zu. und sagte, er sei nicht eingeladen.Ein Roman auf Zahlunasbrfehlen. Vor kurzemerschien in Paris der Erstlingsroman eines jungenSchriftstellers Leon G a v r o i s, zu dessen Bekanntwerden die höchst merkwürdige Art des Manuskriptsentschieden viel beigetragen hat. Der Verfasser warvorher wenig bekannt. Er arbeitete gelegentlich anZeitungen und Zeitschriften mit, veröffentlichteFeuilleton- und Erzählungen, er konnte damit abernicht auskommen, und so war der Gerichtsvollzieher«in ständiger Gast in seiner Wohnung. In Frankreichdauert er relativ sehr lange, bis es wirklich zur Pfändung kommt.. In jedem einzelnen Fall müssenDutzende• übst Zählüng-befchley,■ bip gefürchteten„blauen Zettel", überreicht sterbe«. Auch Gavroisethielt sie. und da wiederum Dutzende von Klagenglei<^eitig gegen ihn liefen, bekam er Hundert« vonZahlungsbefehlen. Er beachtete sie nicht weiter, aberer warf sie auch nicht weg, denn die Rückseite ist unbedruckt sind eignet sich ausgezeichnet zum Niederschreiben mehr oder minder unsterblicher Werke. Diestat GavröH und er brachte das seltsame Manuskriptzum Berleger, der schon allein diese Idee als ausgezeichnete Reklame erkannte und das Buch sofortannahm..Nationalistische KulturkritikPrag.—rb— Ein in der Zeitschrift ,Hej Ruv"am 1. September 1936 veröffentlichter Aufruf andie Jugend, der von einer Reihe führender tschechischer Künstler und Schriftsteller unterzeichnet war.steigerte das Mißfallen des'Literatur- und Kunstkritikers der„N a r o d n i L i st v" zu einem Ausfall gegen dessen Autoren, den er hauptsächlich gegendie bekannten Schauspieler und Direktoren des..Befreiten Theaters" Vostovec und Werich richtete. DerErguß dieses Autors. I. O. N o v o t n Ü. strotztegeradezu von.gröbsten Beleidigungen und Anrempelungen. Da war. in bezug auf das Wirken Voskove:und Werich die Rede von„greulicher Blasphemie"von„widerwärtigem Humbug", von„verbrecherischemPharisäertum", das darin bestehe, daß„unter den:Mäntelchen des sozialen Empfindens eine verzweifelteJugend in den gedanklichen und moralischen Nihilismus hereingezogen werde" nsw. Gestern fand vordem Pressesenat des GR. Dr. I l l n e r die Verhandlung aegen den Autor und den damaligen Verantwortlichen Redakteur der.Aärodnt Listv" statt,die damit endete, daß der Verfasser dieser Schimpfernzu 8009 XL bzw. dreißia Tagen Arrestes, der verantwortlich« Redakteur Mal zu 1000 Xc oder zehnTagen Arrestes verurteilt wurdeKubanische Pässe aus b OsselPrag.—rb— Wie bereits mehrfach berichtet,haben zwei exotische Herren, die sich für Kaufleute ausKuba auSgaben und sich auch mit kubanischen Pässenauswiesen, am 6. November den Prager BankierVoticky um dreihunderttausend XL in einem Hasardspiel erleichtert. von dem sie behaupteten, daß es inihrer Heimat allgemein gespielt werd« und den Namen„Nationale" führe. In Wirtlichkeit war es eineAbart des Hasardspieles Baccarat, durch welches die>eHerren in kurzer Zeit zu dem ansehnlichen Gewinnkamen. Auf Anzeige des geschädigten Spielpartnerswurden sie in Haft genommen und wegen unerlaubten Zieles zu je neuntausend Xi Geldstrafe verurteilt. tzvas für sie nicht allzuviel bedeutete, denn siewaren überaus reichlich mit Geld versehen, so reichlich. daß die Prager Polizei lveitere Erhebungen ein-leitete, um sich Gewißheit über die wahre Identitätder Herren Mariano Feren Boncomte und Antonioj Molmi zu verschaffen, die nach den Daten ihres> Passes beide Großkaufleute waren, von denen der| Erstgenannt« angeblich vor allem Börsengeschäfte be»i trieb, während der andere sich in der Obst- und Gemüsebranche betätigte.In der Untersuchungshaft legten beide das Geständnis ab. daß die Pässe nicht die Wahrheit überihre Personalien enthielten. Mariano Boncompteheißt in Wirklichkeit ManuelFerrer undstammt auS Barcelona, sein Gefährte hat noch> weiter nach Kuba, denn er ist«in gebürtiger R u-! m ä ne und beißt eigentlich AlerMarkovici; Dieser benanWt, er habe sich dem MiliMdrenss iftfeiner Heimat entziehen wollen, während Feerer möglichst weit von den spanischen Kriegsschauplätzen entfernt sein wo: Neben dieser Abneigung gegen dasÄriegshan^::if ist den beiden Kumpanen ein ausgeprägter Geschäftssinn eigen, der ihnen in Parisallerlei nicht näher geklärte, aber zweifellos sehr ein«klägliche Geschäfte glücken ließ, wie der reich« Inhaltihrer Geldtaschen beweist- Nach eigener Aussage fanden sie aber, daß die Konjunktur in Frankreich nachlasse und wollten daher ihr Tätigkeitsgebiet in dieTschechoslowakei verlegen, wo sie sich bessere Geschäft:versprachen. Da-sie aber ihre wahren Namen nichtnennen wollten, wandten sie sich an einen Beamtendes Brüsseler kubanischen Konsulates, der ihnen fürein Honorar von je 2000 XL regelrechtek u b an isch'ePässe— allerdings auf falscheNamen auSstellte. Da somit eine eigentliche Fälschutiaeiner öffentlichen Urkunde, wegen welches Verbrechensie vor dem Strafsenat deS GR. Dr. Vycpälekangeklagt waren, nicht gegeben erscheint, wurden sienur wegen Uebertretung d«S Betruges durch Falschmeldung zu vierzehn Tagen strengen Arrestes unbedingt verurteilt und di«Landesverweisung nach verbüßter Strafe ausgesprochen.Die Aktion deS Weibnachtsbaumes der Republikin Gross-Prag hat am Dienstag den Betrag von1.5 Millionen XL erreicht: ES ist dies das- größteErträgnis, das seit Begründung dieser Mion in derStadt Prag(heuer ist di« 13. Feier) erzielt wurde.Ein Information-- und Kassen-Bür» der Bitt»-bosbetriebe der Staatsbahnen wurde im Basar beimWilson-Bahnhof errichtet. Bürostunden: an Wochentagen von 7 bis 15 Uhr für den Kaffendienst, von7 bis 17 Uhr für den Informationsdienst; an Sonn-und Feiertagen von 8 bis 12 Uhr für den Informa»tion-dienst. Telephon 394-9-0.AnSflngSzüqe der Staatsbahnen i 23. Dezemberbis 2. Jänner: Gesenke. 520 XL; 24. Dezencher bis2. Jänner: Spindlermühle, 6ss0 XL; 31. Dezemberbis 2. Jänner:-Erzgebirge, 200 Xi; 31. Dezemberbis 9. Jänner: Vv§nL Ru^bachy 590 XL. Anmeldungen und Informationen im Basar neben demWilson-Bahnhof, Telephon Nr. 383-35.W'ntersport-Nückfabrkarten in dir Slowakei. Di»Direktion der Staatsbahnen in Prag bewilligt« dieAusgabe von RelationSfahrkarten von Prag-Wilkon-Bahnhof in die Stationen Jasina(ermäßigter Rückfahrtpreis 3. Klaffe 182 XL). Rachov(176 Xi),Uzok(166 Xi). Volovec(166 Xi).Kunst und Wlesen-Bedenkliches Niveau verraten die Weihnachtsspielpläne fast aller sudetendeutschen Bühnen. DerTTD registriert: In Aussig wird am ersten Werh-nachtSfeiertag nachmittags und abends.Vorstadtzir-kuS" gespielt; in Brünn bringt das SchauspielhausSamStag nachmittags.Frauen in New Aork" undabends.The Tompson Brothers", das Deutsche HausSamstag nachmittags..Der Lauf ins Glück" undabends„Casanova"; Eger bringt am Samstagnachmittag und am Sonntagabend Stolz'.ServuS. Servus" unter dem Schweizer Titel.Grüezi", amSamstagabend den.»Opernball" und Sonntqgnach-mittag.Die Kosakenbraut"; in Gablonz wird amersten Feiertag nachmittags um 14,30 Uhr»KleinesBezirksgericht", um 17.15 Uhr»Dichter und Bauer"und abends»Die Tanzgrnfin" gespielt. JäLttN-dorf dringt TamSrag abends»Polnische Hochzeit";Leisineritz Samstagnachmittag»DaS Gaffenmädel"und abends»Grete im Glück"; Mähr.-Ostrau SamStag nachmittags»Hilde und die Million" und abendS.Parfümerie"; Reichenberg Samstag nachmittags»Katja, di« Tänzerin" und abends»Liselott von derPfalz"; Saaz Samstag nachmittags»Warum lügstdu. Eherie" und abends»Bei Kerzenlicht"; TroppauSamstag um 14 Uhr»Die goldene Mühle", um17 Uhr»Polnische Hochzeit" und abends»TheThompson Brothers".— Also neben wenig Gutemviel Wertloses!Hugo HaaSals Dr. Galen im Film„Weiße Krankheit".Wochenspielplan des Neue« Deutsch« Theaters.Mittwoch 7% Uhr: Frauen in New Uork. B 8.— Donnerstag und Freitag geschloffen.— Samstag 2^: Frauen in New Aork. 7%: AndriChinier, Erstaufführung, A 2.— Sonntag 2ss>:Schottenring.' Gastspiel Werbczirk. 7l4: WienerBlut, neueinstudiert, B 1.Wochenspielplan der Kleinen Bühne. Mittwoch 8 Uhr: Axel an der Himmelstür, volkstümliche Vorstellung.— Donnerstag 8: AchtRuder im Takt. Theatergemeinde de- Kulturverbandes und freier Verkauf.—Freitag: geschloffen.— Samstag 3: Georg und Margaret. 7%: Erinnerst du dich? Erstaufführung.— Sonntag 3:Firma. 8: Erinnerst du dich?/Mitteilungen aus dem Publikum.Unangenehme Weihnacht-Überraschungen? Wiepeinlich, wenn sich ein Geschenk als minderwertig opexverdorben herausstelltl Wer Marmeladen, Kompotteoder ander« Delikateffen in GlaS schenkt, erspart'sichund dem Beschenkten solche Enttäuschungen!‘ T?T" 1•""'y**SBetrieb-versRtMüiißGewerkschaftsversammlung,GenossenschaftSbersammlung,Wählerversammlung,Frauenversammlung,poliüschen Versammlung,Bersammlung oder Sitzung einerproletarischen Organisationsollt Ihr für dieGenoffen! Genossinnen!tz»h»t»WaldemkratW Mchresieintensivste Werbearbeit leisten.Aus Saladas StadtVon Dorothea MarkovitsDer Tag war heiß, aber jetzt gegen Abendkst die Lgft wunderbar mild und duftig undunter den Palmen des Ezbekija-Parkes wandeltdas Polt von Kairo friedlich einher. Ganz wiebxi uns im Juni ist dieser ägyptische Feber-Sonntagnachmittag. Durch dunkles Grün älterBäuiye spielt die Sonne weich auf üppige, gepflegte Rasenflächen nieder und Vögel zwitschernda und.dort im Laub. Wer ahnte heute, daß sichhier«inst ein großer, ungesunder Teich zwischenden Häusern der aufstrebenden Stadt breitete, bisgegen Ende des vorigen Jahrhunderts ein französischer. Gartenbaumeister aus dem fruchtbarenSchlammbpden dies leuchtend frische Wunderwerk. des. Parkes schuf! Nur die hohen Palmenund rytfn Tarbuschs der Männer— fälschlichFes genannt— betraten den schläfrig blinzelnden Augen, wo sie sich eigentlich befinden. Auchdie Terrasse und der Kaffee sind heimatlich; bissich auf- einmal das Fremdartige deutlich bemerkbar wacht: mächtig lärmend dringt plötzlichein Lastauto in die Stille des Parks und lädt aufhem Platz gerade vor uns eine Menge kleinerMusikanten gb. Es ist das Orchester der Waisenknaben/ Las'sich jetzt zum Sonntagskonzert indem offnen, runden Pavillon gruppiert. Undschon'schmettern sie einen europäischen Marsch mitviel Elan und falschen Tönen in den friedlichenAbend hinaus. Dann folgen einige Stücke arabischer Musik voll seltsamer Eigenart Sie klingtstark'ans Türkische an,' hat aber doch ihreneigenen Charakter, das Sich-immer--wiederhole»eines Motivs, wodurch das Ganze so eintönigwird. Auch ist unser Ohr an die Bierteltöne nicktgewöhnt und-kann, ihnen keine-Schönheit abgewinnen. So kommt es, daß wir trotz wirklichenInteresses dennoch bald genug bekommen unddas»kleine" Orchester, während es gerade au'afrikanischen Dudelsäcken einen tollen Tanz aufführt. lächelnd, verlassen./.Durch den Park, an der Oper vorbei, woheute Richard Tauber singt, bummeln wir durchdie Altstadt weiter, kaufen um 1^ Piaster(etwa2 XL) einen Bund mit 18 Bananen und stehennach etwa halbstündiger Wanderung mit einemMal wieder auf einem gepflegteren und parkierten Platz, vor uns zwei der größten GotteshäuserKairos: die alte Sultan-Hassan-Moschee unddie moderne Gami el Rifai. Es sind gewaltigeGebäude und ihre schönen Silhouetten heben sichmächtig gegen den Abendhimmel.Noch 200 Schritte weiter und wir stehenüberrascht: ein zu Wirklichkeit gewordenes Märchenbild l Da. wo die Straße zwischen den beidenMoscheen eine Wendung macht, öffnet sich plötzlich der Blick hinauf zur Zitadellenhöhe, von woin diesem Augenblick wie eine unendlich zartePiston die Alabastermoschee in rosenfärbigemWiderschein der Abendsonne herniederleuchtet.Ein wundervoller Bau, der mit seinen zierlichschlanken Minaretten mehr ein Werk und Teildes Himmels als der Erde scheint. Noch heute sehich ihn vor den geschloffenen Augen zwischen dendunklen Mauern der Moscheen rechts und linksim Vordergrund, in feinem Himbeerrot als unwirklichen Hauch im lichten Blau des Abendhim«mcls schweben— einmalig und unvergeßlich lStill und verlassen liegt heute der Saladin-platz in den ersten Schatten. Die Phantasie aoerbelebt ihn mit den abenteuerlichen Gestalten vonMenschen und Tieren. Alljährlich einmal sammeln sich hier Karawanen aus Nubien, demSudan. Libyen und allen Gegenden Aegyptens,um gemeinsam gegen Mekka zu ziehen. Da gibt«» stolze, prächtige Berber, sehnige Beduinen,dunkle Nubier und hagre Fellachen des Nillandes. Ihre weißen Burnuffe leuchten in dergrellen Sonne. Dazwischen ruhen schöne Kamele.Maultiere und Esel, die tapferen Kameraden derMenschen auf den weiten Ritten durch die einsamen, unberechenbaren Meere deS Sandes.Doch' die Sonne läßt uns keine Zeit zumTraumen, sie sinkt rasch und wir wollen sie nochauf der Hübe erreichen. Die Straße empor, durcheinige Tore, eilen wir auf Saladins Spurenweiter. Hier lag einst eine Araberburg, der Ursprung Kairos. Erst zur Zeit der Kreuzzüge läßtder kurdische Söldnerführer Salah el Din, dergroße Kalif und Sultan, von drüben aus Gizadie Steine der kleinen Pyramiden herüber holenund erbaut die Zitadelle neu. Er läßt die Stadtmit einer mächtigen Mauer umgürten und machtsie so erst zu el Kahira, der Siegreichen.—Heute dehnen sich auf dem nicht enden wollendenPlateau Kasernen, Wohnungen, Friedhöfe, Moscheen und. wieder Befestigungsanlagen. Dochplötzlich ist die Straße zu Ende und Mauern umgrenzen uns ringsum. Auf einer Holzstiege ersteigen wir den Rundgang, erreichen einen kleinenEckturm— und gebannt stehen wir vor demAusblick, der sich uns durch die hohen Schießscharten bietet."Fast unmöglich ist es, das ganze Bild, wiewir es mit den Augen in einem umfassen, mitWorten ebenso zu schildern. 50 bis 70 Meterstürzt der Blick entlang der Festungsmauern jähhinab in ein Wüstental, durch das ein tiefes,trocknes Flußbett sich eingräbt, und jenseits steigen kahle, steil abgebrochene Höhen zu einemhöher liegenden Plateau an, dem Mokattäm.Ohne Karte wandernd wähnten wir uns bereitsdort oben, nicht ahnend, daß ein solches Tal vollweichen, tiefen Wüstensandes und eine steileSteigung uns noch davon trennte.Aber wie wenn die Welt zu Ende wäre, wiewenn ein Messer Gottes die Stadt mit scharfenSchnitten entlang der Feftungsmauern aus derWüste geschnitten hätte, so unmittelbar schließ',hier die Fruchtbarkett des Niltales mit den Werken der Menschen an die wilde, kompromißloseUrsprünglichkeit der Natur. Die einzigen Zeugenmenschlicher Nähe sind zwei Wege; der eine führtüber ein« Brücke gaiiz gerade und steil zum Bek-taschi-Derwischkloster auf das Plateau hinauf,der andere steigt links hinüber an den Höhlen deralten Steinbrücke vorbei auf die Höhen. Dort,wo sich die beiden Wege trennen, gleich an derBrücke, liegt eine stille, einsame Moschee— unddas ist alles. Sonst nichts als Sand und Felsen.Aber die Farben, diese Farben, die mirjeder Minute der weit drüben im Westen sinkenden Sonne wechseln! Als wir kamen, war allesleuchtend gelb, vom lichtesten Ocker bis ins dunkelste Rostrot, dazu ein blauer, leuchtender Himmel. Dann wandelt sich alles mählich in Rosaund Purpur, der Himmel dazu merkwürdig grünlich und rosa schimmernd, bis endlich alles immermehr in zartes Lila und Heliotrop bis zum dunkelsten, samtigen Violett sich löst. Himmel undErde verfließen in dieser einen Farbe, werdeneinige Momente ganz ätherisch, bis die ersten,starken Schatten der hereinbrechenden Nacht sie.wieder in sich selbst verwandeln. Aber auch all,die feinen, unnennbaren Zwischentöne, dieses Singen und Klingen der Luft in unendlicher Stille,die merkwürdige Plastik und Nähe aller Dinge,das stark gewölbte Firmament gleich dem Rundhorizont einer Bühne, gegen den sich die scharfenKonturen unwirklich zeichnen,— all das nehmenwir auf mit sämtlichen Sinnen und es bleibt unsunauslöschlich eingeprägt.-.In ruhiger Pracht versinkt die Sonne jenseits der Stadt und des Niltales in der Wüste,wir grüßen Noch einmal in der Ferne die Pyramiden und setzen uns in die Mauerfenster, umunsere Bananen zu verzehren.Ganz dunkel ist es geworden. Bon der Höhekommt ein kleiner Zug— Beduinen hätte ichfast gesagt, denn so wirken sie in diesem Rahmen.'Sie ziehen mit-ihren zweirädrigen'Karren gegendie Stadt,- die Laute ihrer seltsamen Sprachetönen in die- Stille zu uns herauf und wir träumen uns in ferne, längst vergangene Zeiten. Dochder Dämmerung folgt rasch Finsternis und wirwenden uns- zurück zur Stadt. Im schwarzenHimmel steht- jetzt noch dunkler die Alabaster-»mosSee und über ihr glänzen die ewigen Sterneund die schmale Sichel des wachsenden Mondes.So ist-eS> auch heute noch— Tausend undeine Nacht.Bez ug s b e d t n g u n g e n: Bei Zustellung ms Hau- oder bei Bezug durch dre Post monatlich XL 16. vierteljährlich XL 48—, halbjädng XL 96- ganziährig ¥ 192—.— Inserate werden lautCörif biUtgft berechnet. De^ öfteren Himchaltunsten Preisnachlaß.- Rückstellung on Manuskripten ersolnt nur bei Einsendung der Retourmarken— Die HeitungSfranka'ür wurde von der Post- und Tele-•*- fgravhendirektton mit Erlaß Nr. 18.800/VH/1980 bewilligt.(Konrrnllpostanu Praha 25.— Druckerei:„OrbiS", Druck«. Verlag, und ZeitungS'.L.iG. Prag.