DEJIN

FAIMOVA

Sozialdemokrat

Sentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh Einzelpreis 75 Heller

Redaktion u. Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub- Berantwortlicher Redakteur: Rarl Rern, Prag

18. Jahrgang

Samstag, 1. Jänner 1938.

Wechsel im Londoner   Außenamt

Sir Vansittart durch Sir Cadogan ersetzt

Aus dem Inhalt:

Franco in Teruel  ?

Wahlreform in Rumänien  

Gesandter Veverka

bei Micescu

Deutschland und der Antikominternpakt

Die Politik des Vatikans  Wirtschaft im Jahre 1937

Revolution und Reaktion

Nr. 1

Die Menschen werfen sich im Politis  , mochte, die größten Illusionisten wurden West­schen wie auf dem Krankenlager von einer europas Kommunisten. Auf dem Parteitage in Seite zur andern, in der Meinung, beffer Halle 1921 prophezeite Sinowjet, die Welt­zu liegen." Goethe.   revolution werde in unaufhaltsamem Vordringen Die heute lebende Generation hat seit dem binnen kurzem ganz Westeuropa   erfassen und Abschluß des Weltkrieges, der einen entscheidenden Trosti glaubte an einen Strieg, in welchen die Abschnitt in der Geschichte der letzten hundert Sowjet- Union alle Völker befreien werde. die Jahre darstellt, eine Entwicklung durchgemacht, unter Englands Herrschaft stehen. Dieser Glaube die in ihrem Bewußtsein tiefe Spuren gezogen hat sich als eine rrlehre erwiesen. Alle, die

London  . Ministerpräsident Chamberlain fellos eine Ueberschätzung der Einzelpersönlichkeit hat sich entschloffen, das Außenamt während der im politischen Geschehen. Dazu kommt, daß Abwesenheit Edens, der sich in der nächsten Woche Gadogan, wenn er auch ein weniger ausgespro zu einem zehntägigen Erholungsurlaub an die chen Freund Frankreichs   ist, ein um so sicherer Gote d'azur begibt, zu leiten. Chamberlains Ent- Freund des Völkerbundes ist. Sein Verhältnis schluß hat in der Bresse lebhafte Ueberraschung an Eden ist ausgezeichnet und verspricht eine wo hervorgerufen, da Eden durch Lord Halifax   zu möglich noch größere Harmonie in der Leitung vertreten werden pflegt. Aus diesem Entschluß der englischen Außenpolitik. Man kann aus allen erhellt auch das große Interesse, das der Pre- Umständen die Schlußfolgerung ziehen, daß alle hat. mier eben jetzt den Dingen der Außenpolitik wid. sensationellen Gerüchte über die Personalände- Die Männer, welche vier Jahre blutigen met, und er ist zweifellos von dem Ernst der rungen in Withe Hall unbegründet sind. Ringens mitgemacht, die Frauen, welche nicht Lage im Fernen Osten diktiert.

Sir Robert Vansittart   wurde seines Amtes als ständiger Unterstaatssekretär im Außenmini­sterium enthoben und zum Ersten dipinmatischen Berater in diesem Ressort ernannt. Sum neuen ständigen Unterstaatssekretär im Außenmini­sterium wurde der bisherige Stellvertreter Sir Noberts, Sir Alexander Cadogan   ernannt. Das neue Amt des Ersten diplomatischen Beraters wurde von Minister Eden nach einer Beratung mit dem Ministerpräsidenten Chamberlain' er­richtet und diese Funktion muß als Folgeerschei nung der gespannten internationalen Lage an gesehen werden. Aufgabe Sir Roberts wird es fein, Berater des Außenministers in allen wich­tigen internationalen Fragen zu sein sowie das Außenministerium bei allen Gelegenheiten sowohl im Inlande als auch im Auslande zu vertreten fobald es der Minister als wünschenswert an­sehen wird, sich feiner Dienste zu bedienen.

bent:

Dazu berichtet unser Londoner Korreſpon­

Die Personalveränderungen im britischen  Außenamt werden lebhaft besprochen. Man er. Chamberlain

cifert med biborübergehende

Nebernahme

selbst, weil man sich dessen bewußt ist, daß, wenn Chamberlain dies nicht getan hätte, nach altem Brauch Lord Halifax   die Vertretung übernom men hätte, deffen Person zu sehr an die Neiſe zu Hitler   erinnert hätte.

Dagegen erregt es Aufsehen, daß der all. mächtige Unterstaatssekretär Sir Robert Van­fittart seinem Nachkommandierenden Sir Cadogan den Platz abgeben muß. Vansittart wurde von der zweiten Arbeiterregierung auf diesen Blat gestellt und hat sich als kräftige Persönlichkeit er­wiefen. Seine Geschäftsführung war eine Ge­währ dafür, daß man im Londoner   Außenamt die Intriguen der autoritären Staaten durchschaute, ebenso wie sie eine Gewähr für die stärkere Bin­dung Englands an Frankreich   war. Es wird in feinem Ausscheiden also eine Gefahr für die demokratische Front erblickt. Dies ist jedoch zwei­

England

nimmt Tokios   Antwort an

Juster

D

Die Glocken läuten das Neue Jahr ein!

London  . Wie Neuter aus Tokio   meldet, hat der britische   Botschafter dem japanischen Außenminister eine Note überreicht, in der Eng­land den Eingang der japanischen Antwortnote bestätigt. England foll darin feine Befriedi. Zöllen, der Poſt und dem Verkehr ermöglichen endenwollende Monate und Jahre des Nahrungs­

würde.

so dachten, sahen nur die russische, deutsche   und österreichische Revolution, die drei mächtige Stai ferreiche beseitigt und die Herrschaft des Voltes vom Rhein   bis an die Gestade des Stillen Ozeans an Stelle von Autofratien gesetzt hatte. Sie ver­gaßen, daß der S apitalismus in den Sie­gerländern, in den Vereinigten Staaten  , im briti­fchen Imperium, in Frankreich   fast unerschüttert geblieben, die Herrschaft der Bourgeoisie nicht um­gestoßen war. Die oft und mitteleuropäischen Revolutionen waren an die Schranken eines nur wenig erschütterten Kapitalismus der Weststaaten gestoßen. In den Jahren der guten Konjunktur bis 1929 hat die stärkste Wirtschaftsmacht der Welt, jene der Vereinigten Staaten  , insbesondere den deutschen   Kapitalismus wieder aufgebaut.

Auf die Revolution der ersten" Nachkriegs­jahre ist die Reaktion gefolgt. Sie hat zu­nächst die neue Ordnung nicht niederwerfen fön­nen, der Kapp- Putsch   von 1920 ist an dem Ab­wehrwillen der deutschen   Arbeiterschaft gescheitert, die 1923 geplante Machteroberung durch Hitler  lief in einer Operette aus. Immerhin wurden die bürgerlichen Parteien bald wieder ein Machtfaktor, die unjelige Zersplitterung der arbeitenden Stlasje, der von den Sommunisten entfesselte Bruderkampf führte 1922 in Italien   den Faschismus zur Macht. Die große Krise der Weltwirtschaft hat in Deutsch  land Zustände geschaffen, die 1933 Hitler in den Sattel setzten, die deutsche   und ein Jahr später die österreichische Demokratie erlagen der faschisti­schen Barbarei. Auch die Reaktion entfaltete eine Gewalt, die stärker war, als es ihren machtmäßi­gen Grundlagen entsprach und eine Zeitlang schien es, als würde der Faschismus überall zur Herrschaft kommen, als seien totalitäre Regierun gen ein notivendiges Durchgangsstadium der menschlichen Gesellschaft auf dem steinigen Pfad vom Kapitalismus   zum Sozialismus. In Engs land Mosley, in Frankreich   de la Roque, in USA  der Ku- Klux- Klan- auch das Schicksal der gro ßen Weltdemokratien schien besiegelt zu sein und Mussolini   konnte der Welt verfünden, Europa  werde faschistisch sein, so wie anderthalb Jahr­zehnte zuvor Sinowjew   den Völkern die Botschaft brachte, Europa   werde kommunistisch sein.

Die Welt ist weder fommuni­stisch noch faschistisch geworden. In der Sowjet- Union   hat sich das kommunistische Regime stabilisiert, in Deutschland   und Italien  regiert der Faschismus, in USA  , Großbritannien  und Frankreich   die Demokratie. Wenn wir die Welt nüchtern betrachten, müssen wir bekennen, daß die Erde zwischen autoritären und demokratischen Staaten ge teilt ist. Sicherlich ruht Hitlers   Herrschaft in Deutschland   und jene Mussolinis in Italien   nodi auf festem Grunde. Aber die Entwicklung steht auch in den beiden faschistischen Großstaaten Euro­ pas   nicht still. Beide haben mit großen wirt fchaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, es fehlen mittel- und Kleidermangels erlebt hatten, wurden ihnen Stapital und Rohstoffe. Kredit ist für durch ihr Striegserlebnis revolutioniert. Deutschland   und Italien   weder in New York  , noch Die heimfehrenden Soldaten, ihre Eltern, Frauen in London   oder Paris   zu haben und Rohstoffe und Kinder wollten nie wieder ein solches Grauen fehlen den beiden Ländern troß aller Autarkie, erleben, sie wollten nie wieder unter das alte Ersaßwirtschaft und Vierjahresplänen. Deutsch­off, curüidfehren, jie wollten sich selbst regie- tangen Strieg führen, das ist trop aller welches Staiser und Adel über sie geworfen land und Italien   tönnen teinen ren und forderten eine Gesellschaft, in der jeder Großmäufigkeit und Propaganda ihre Schwäche. das Glück finden konnte, nach dem der einzelne Wir verkennen nicht die außenpolitischen Erfolge durchstrebt. Friede, Demokratie, SoziaHitlers und Mussolinis. Deutschland   hat die all­13mus waren die Sehnsucht der Massen, die gemeine Wehrpflicht eingeführt, das Saarland   sich durch das Tal der Tränen viereinhalb Jahre ge- angegliedert und das Rheinland   militarisiert und wandert waren. Mussolini   hat Abessinien niedergeworfen. Aber

gung über die japanische Zusicherung aus. 2. China   schließt sich dem Antikomintern­brücken, gleichzeitig aber darauf hinweisen, daß vakt an. einer oder zwei der Punkte weiterer Erläuterun­3. Einführung ständiger japanischer Garni­fonen in China  . gen auf mündlichem Wege bedürften. 4. Errichtung einer entmilitariſierten Zone in den von den Japanern bestimmten Gebieten. 5. Errichtung einer unabhängigen Regierung in der inneren Mongolei  . 6. Zahlung von Kriegsreparationen

In Tokioter   politischen Kreisen erklärt man, baf die friedliche Regelung des Jangtse  - Zwischen­falles mit Amerika   und England ein erster Schritt zum besseren Verständnis des japanisch- chinesischen Konfliktes in Eurapo und Amerika   darstelle. Japans   Friedens­bedingungen präzisiert?

China  .

Rettet Liesl Hermann!

Jede Revolution hat eine gewaltige Schwung die Kreuzigung der spanischen   Demokratie ist nicht ( J. J.) Von allen Seiten erheben sich Pro- fraft in sich, die sie hinausträgt über die Grenzen, geglückt, das Beispiel Italiens   von 1922, Deutsch  Scha ng ba i.( Neuter.) Aus verantwort- teste gegen das Todesurteil, bas die Hitlerregie- welche ihr die sozialen Verhältnisse sezen. Auf| lands von 1933 und Desterreichs von 1934 in licher Quelle verlautet, daß die japanische Regie- ung über Liesl Hermann verhängt hat. In die französische   Revolution folgte der napoleoni Spanien   zu wiederholen, ist weder 1936 noch rung China   durch Vermittlung des deutschen Bot- ollen Ländern wird in Sundgebungen, die aus sche Absolutismus, auf die Revolution von 1848 1937 gelungen, die Demokratie hat e schafters folgende Friedensbedingungen notifi- den verschiedensten Streifen, von den Liberalen in Frankreich   Napoleon III.  , in Desterreich die gelernt, sich zu schlagen. Ebenso ist es ziert hat: bis zu den Kommunisten, von Frauen aller absolutistische Aera Vachs, auf die russische Revo- Hitler nicht gelungen, Desterreich in die Tasche zu 1. Abschluß eines chinesisch- japanischen Wirt. Schichten und Berufe kommen, gefordert, daß lution von 1903 eine neue reaktionäre Spoche ſtecken, schon deswegen, weil hier die Machtinter­fchaftsabkommens, das Japan   die Teilnahme und dieses Urteil aufgehoben und die junge Frau Nikolaus 11. Auch die Revolution von 1918 essen zweier Faschismen aufeinanderstoßzen- Beteiligung an den chinesischen Einkünften aus ihrem Rinde wiebergegeben werde. steckte sich weitere Ziele, als sie zu erreichen ver- troß der Verbrüderung der beiden Diktatoren, zu