Sozialdemokrat gentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen RepnbNk Erscheint mit Ausnahme de« Montas täglich früh«i»,elprei» 78-eil», Redaktion«.Verwaltung: PragXII.,Fochova82- Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag 18. Jahrgang Mittwoch, IS. Jänner 1938 Aus dem Inhalt: Die Internationale gegen den japanischen Raubzug 33 Schüler verbrannt Schwelgen um Sebekovsky 12 Milllarden-Ausfuhr Im Jahre 1937 Nr. 15 Ein Kabinett Chautemps Radikalsozialistische Regierung mit sozialistischer Unterstützung ft ii uns d e r R egter u n g Eh au» streuen, erklärte S taIin in seinem Interview Barteiführer ein Ehrengericht des gesamtstaat- lichen VolkSfront-Komiterv angerufen hat. Trotz dem Beschlug de» Kleinen Kongresses besteht die Autorität Lton Blum» und der übrigen hervorragenden Persönlichkeiten der Partei unverändert weiter. ES liegf im Wesen drr französischen Arbeiterbewegung, dass man den Menschen auch dann Vertrauen rntgrgrnbringt, wenn man über taktische Fragen nicht immer mit ihnen übereinstimmt. Drr Kleine Kongreß hat den sozialistischen Ministern de» vergangenen LhantrmpS-Kabinrtt» einstimmig dir Entlastung gegeben und auch die Demission Panl Faurr» als(Generalsekretär, die übrigen» hinausgeschobn» wurde, braucht noch keine endgültige zu sein. Die Resolution Graziani schloss wohl eine Regierungsbeteiligung an», nicht aber eine Unter» ft ü tz u n g der von Chautemps zu bildenden Regierung. Die sozial! st ischeKammer- f r a k t i o n hat denn auch, in der Erkenntnis, dass vorläufig eine andere Lösung der bereit» fünf Tage währenden Regierungskrise nicht möglich ist, eine von Dormoy vorgelegte Resolution an» genommen, in welcher die Bildung einer unter btX Leitung Ehautemp»', Vertreter» einer Volksfront-Partei, stehenden"Regierung, gebilligt wird. Diese Entschliessung, die auch die Unter- Pari».(Eigenbericht.) Wie wir bereit» gestern andeuteten, ist die Bildung eine» radi- talsozialistischen MinderheitS- katinrtt» durch Ehautemp» die letzte M ö g l i ch k e i t, um die Regierungskrise zu beenden. DerBeschlußdeSKleinenKon» gresseü der Sozialistischen Par- tei, den Eint ritt indaSKabinettab» z u l e h»e n, kommt nicht ganz unerwartet, wird ater dennoch nicht nur in Frankreich , sondern auch bei den Sozialisten und Demokraten de» übrigen Europa Bedauern erwecken. Der Wunsch, eine BollSfront-Regierung unter sozialistischer Führung zustandezubringen, war zu groß, al» daß sich die Hälfte der Departements-Verbände der Sozialistischen Partei mit einer andere« Lösung, nnd sei es auch nur di« Fortsetzung de» bisherige» Zustandes, zufrieden geben wollte. Andererseits besteht in gewissen entlegenen Teile« deS Landes auch bei der äußersten Linken keine richtige Einschätzung der drohenden außenpolitischen G e f a h r r n. die eine sozialistische ölegierungsbeteiligung unbedingt ratsam erscheine» lassen müssen. Drr Kleine Kongreß hat den sozialistischen Parlamentariern jedoch die Hände nicht soweit gebunden, daß auch eine bloße llnter- .stühung Ehautemp» unmöglich wäre. Der Regierungschef macht die Tolerierung durch die Sozialisten zur unerläßlichen Vorbedingung für seineKabinettSbildung. Hiedurch vermag die sozialistische Partei noch immer einen beträchtlichen gestaltenden Einfluß in Frankreich anszuüben. Man muß von der neuen Regierung» bei deren personeller Zusammensetzung man die Gefühle der Sozialisten schont, hoffen, daß sie sowohl die von Mar D o r m o tz im Interesse der Staatssicherheit unternoninienen Maßnahmen s-rtsetzt, als auch das soziale Reformwerk nicht versanden läßt. Die sozialpolitischen Ressort» drr neuen Negierung sind übrigen» in den Händen von Mitgliedern der Republikanisch»sozialistischen Union P a u l- B o n e o u r S, der sich ausdrücklich zur Planwirtschaft bekennt. Auch die» scheint eine Garantie zu sein, daß da» vierte Chautemps- Kabinett nicht nach der Mitte avzugleiten droht. DaS Volksfront-Programm bleibt näch den Erklärungen der Radikalsozialistischen Kammerfraktion nach wie vor Grundlage der Regierung»arbeit. Zu den ungeklärten Problemen, ans di« man in den nächsten Tagen eine Antwort erwartet, gehört da» Verhalten der Kommunisten. Eine Zusammenarbeit zwischen ihnen und Chautemps ist kaum mehr vorstellbar. Auch die sozialistisch, kommunistischen Beziehungen haben sich in.Folge der persönlichen Angrifse verschlechtert, denen Lto» Blum während drr Ministrrkrise auSgrsetzt war und derrtwegen der sozialistische Ministerpräsident: Camille Chautemps Stellvertreter de» Ministerpräsidenten und Rati-nalverteidigungsminister: Eduard D a l a d i« r Staatsminister: George» Bonnet(mit der Verwaltung der volkswirtschastN- chen Angelegenheiten betraut) und Frossard(Republikanisch-soziali stische Bereinigung) Inneres: Albert Sarraut Justiz: C a m p i n ch i Finanzen: Marchand,«« Auswärtige»: Avon D e l b o» Kriegsmarine: WUliam Bertrand Flugwesen: Gutz la Chambre Handel: Pierre Lot Pensionen: Lassalle Landwirtschaft: C h a p s a l Volkterziehung: Jean Z a y Post: Genti« Arbeit: Ramadier (Republikanisch.so- zialistische Vereinigung) Kolonien: Steeg Oeffentliche» Gesundheitswesen: R u e a r t vrfsentlich, Arbeiten: Queuille. Handelsmarine: E l b r l Dir neu« Regierm», Chautemps zählt in», gesamt 33 Mitglieder, davon 20 Minister und 13 NnterstaatSsrkretäre. Von diesen 83 Regie- ruagSmitglieder« sind 28 Abgeordnete und fünf Senatoren. Bon den Ministern sind 18 Mitglieder der Radikalen Partei und zwei Mitglieder der Partei der Republikanisch-sozialistischen Einigung. Bon den Staatssekretären sind neun Mitglieder dkx Radikalen Partei und vier Biitglirder der Partei der Repntlikanisch. sozialistischen Einigung. • Die Beratunsen der Sozialisten Blum In der Minderheit» Rücktritt Paul Faures tempS beinhaltet, wurde mit 80 gegen 21 Stimmen angenommen. Bemerkenswert ist, das; der„Manchester Guardian", eines der klügsten englischen Blätter, den B e r s u ch L ö o n B l u m s, eine Regierung der nationalen Koalition, also eine über die Volksfront hinauSrcichende starke republikanische Regierung zu bilden, al» st a a t S m ä n n i s ch e Tat würdigt, wenn der Versuch auch gescheitert ist.„Es war notwendig, diese Idee zu lancieren. VlumS Beginnen war möglicherweise vor allein als Warnung an gewisse Staaten gerichtet, das; Frankreich eines Tage» im Notfälle unschwer eine solche Koalition zustande bringen könne."' mit dem amerikanischen Journalisten Roy« tz o w a r d am 1. März 1980 wörtlich: „ES befremdet Sie, daß bei diesen Dahlen nur eine Partei auftreten wird. Sie sehen nicht, wie unter diesen Umständen«in Wahlkampf möglich sein wird. Offenbar wird nicht nur die kommunistische Partei Kandidatenlisten bei den Wahlen aufstellen, sondern dies werden auch alle möglichen gesellschaftlichen Organisationen tun, von denen es bei uni Hunderte gibt."(„Prawda", 0. März 1980). Stalin erklärte also kategorisch, das; bei den Wahlen einwirklicherWahlkampf stattfinden werde, in dem die kommunistischen Kandidaten mit den parteilosen Kandidaten der gesellschaftlichen Organisationen in Wettbewerb treten würden. Dem entsprach auch der Artikel 80 der am 10. Juli 1987 publizierten Wahlordnung, wonach das Recht der Kandidatenaufstellung außer den kommunistischen Parteiorganisationen auch„den Gewerkschaften, den Genossenschaften, den Jugendorganisationen, den Kulturverbänden und anderen gesetzlich registrierten Organisationen" zuerkannt-wurde. Gleichzeitig gewährte der Artikel 07 der Wahlordnung das Recht der Kandidatenaufstellung auch den allgemeinen Versammlungen der Arbeiter und Angestellten in den Betrieben, der Rotarniisten in den Truppenteilen und der Bauern in den Kollektivwirtschaften. Auf diese Artikel weist denn auch der offizielle Kommentar zur Wahlordnung von I. A. Jakowlew al» besonders deutlichen Beweis der Demokratisierung der Sowjetunion hin.(Siehe„Prager Presse", 7. Dezember 1937.) Leider sind diese Artikel, die unter anderen Verhältnissen der Ausgangspunkt einer wirklichen Demokratisierung hätten bilden können, durch die Praxis der Diktatur in ihr Gegenteil verkehrt worden. Im Oktober gab der Generalstaatsanwalt Wyschinski — der Ankläger in allen Moskauer Monstreprozessen— eine offizielle Auslegung des Art. 08 des Wahlgesetzes, die das gesamte BerfassungSwerk Stalins auf den Kopf stellte.„Obwohl das Wahlgesetz", schrieb er.„genau den Kreis der Organisationen umschreibt, die daS Recht zur Aufstellung von Kandidaten in den Obersten Rat besitzen, so erhebt sich doch heute die Notwendigkeit, diese Frage noch genauer zu bestimmen." Nnd er gab— sichtlich im Auftrag Stalins — diese„Bestimmung" dahin, daß al» „öffentliche Organisationen oder Vereinigungen der Werktätigen" nur solche verstanden werden dürfen, die die„weitere Entwicklung der so zialistischen Erfolge und Siege" gewährleisten. Damit waren den Behörden alle Vollmachten er- Franco-Offenslve bei Teruel Barcelona.(Ag. Esp.) Das Verteidigungsministerium gibt bekannt: Der Feind hat mit aller Kraft seine O f- fenfivbewrgung auf Teruel wieder aufgenommen, nach einer Pause, die ihui die großen Verluste im Laufe seine» ersten Versuch» auferlegt hatten. Montag morgen» 10 Uhr hat er einen heftigen Angriff in der Richtung auf die Höhen von Colada» unternommen, mit Unterstützung eine» sehr heftigen Artilleriefeuer» und einer großen Menge von Flugzeugen. Unsere Linien haben eine leichte Einbiegung südlich von El Petro« erlitten. Unsere Luftgeschwader beschossen Rebellen- mäschinen auS ihren Maschinengewehren und nahmen den Kampf mit einer großen Zahl Rebellenflugzeuge auf. Die Luftschlacht war sehr hart und langwährrnd. Sie endete mit günstigen Resultaten für un». Wir haben fünf feindliche Flugzeug« abgeschossen, zwei von ihnen, Fiat», sind in unsere Linien abgestürzt. Wir Haien zwei Jagdflugzeuge verloren. Gegenoffensive gegen Italienischen Rat Barcelona .(Ag. Esp.) In den Militärkreisen der Regierung wird unterstrichen, dass der Angriff, den Franco befohlen hatte, um der belagerten Garnison von Teruel zuhilfezukommen, lebhafte Unzufriedenheit seiner italienischen Ratgeber hervorgerufen hat. Diese haben sich einer solchen Gegenoffensive sehr heftig widersetzt, die die Rebellen tausende Menschen gekostet hat. Der Meinung seiner Ratgeber nach hat Franco den Fehler wiederholt, den er bereits gemacht hatte, als er den Belagerten im Alcazar von Toledo zu- hilfekam, statt seinen Marsch auf Madrid fortzusehen. Jetzt hatten di« Ratgeber vorgeschlagen, SÄ b«r designierte Ministerpräsident ert" W""** Der Nationalrat der Sozialistischen Partei (der sogenannte„Kleine Kongreß") beriet bi» in die Morgenstunden des Dienstag. Die Sitzung war reich an dramatischen Momenten, besonders als der Generalsekretär der Partei, Paul F a u r e, seinen Rücktritt erklärte, weil die Mehrheit des Parteirates nicht die Vorschläge der ParteivorstandSmehrheit billigte. Lion Blum legte,«ine Resolution.vor. die eü bedauert, daß eine dem Ebenbild der Volksfront entsprechende Regierung nicht gebildet werden konnte, aber, da es eine solche Regierung nicht geben kann, vom Nationalrat verlangt, das; er seine Vertreter ermächtige, an einer Regierung teilzunehmen, die sich auf eine Mehrheit stützt, die auf dem Programm und der Disziplin der Volksfront fußt.— Dieser Resolution gemäss sollten also die Sozialisten an einer von Chautemps zu bildenden, auf die Volksfront gestützten Regie- rung teilnehmen. Aber diese Entschliessung wurde abgclehnt und eine von G r a z i a n i vorgelegte, welche die Regierungsbeteiligung ablehnt, mit 0830 Stimmen angenommen. Eine wesentlich radikalere Resolution Piverts. welche die Bekämpfung jeder ausserhalb der VolkSfrontmehrhcit gebildeten Regierung verlangte, bekam nur 1800 Stimmen. Sabotage In den Docks von Portsmouth ? London . Zur Untersuchung der innerhalb kurzer Zeit auf dem in den Docks von Ports mouth liegenden Kreuzer„Birmingham " ausgebrochenen Brände wurde eine Kommission bestellt, die feststellen soll, ob es sich um einen Sabotageakt handelt. Der neueste Brand gewann dadurch an Bedeutung, dass seit dem 1. Dezember 1937 in den Docks von Portsmouth inSgesanit vier Brände ausgebrochen sind, hievon zwei auf der„Birmingham ", einer auf dem Kreuzer„Kö nigin Elisabeth" und einer auf dem Minenleger „Hebe". Alle Brände konnten von der Besatzung gelöscht lverden. Niemöller-Prozeß am 7. Feber Berlin . Wie bekannt wird, ist die Haupi- verhandlung gegen den Pfarrer Niemöller auS Berlin-Dahlem auf den 7. Feber in Berltr anberaumt worden. Pfarrer Niemöller wird heimtückischer Angriffe gegen Staat und Partei, fortgesetzten Missbrauches der Kanzel zu politi schen Zwecken und öfsentlicher Aufforderung zu»:. Ungehorsam gegen staatliche Gesche beschuldigt, stellt worden, jeden missliebigen Kandidaten, be- Das russische Parlament AIS der Vorsitzende de» RateS der VoltS- kommissare Molotow im Feber 1980 aus die Notwendigkeit der Demokratisierung der Sowjetverfassung hinwie» und«ine Reform ankündigte, die die Vorzüge de» westeuropäischen Parlamentarismus mit denen des Sowjetsystems vereinigen sollte, wurde dieser Schritt allgemein als eine verheissungsvolle Wendung in der politischen Entwicklung der Sowjetunion begrüsst. Dieser Schritt ging parallel mit der Wendung in der sowjetrussischen?lussenpolitik, die auf die Zusammenarbeit mit den westlichen Demokratien hinsteuerle. wie auch mit der grundsätzlichen Schwenkung der Kommunistischen Internationale, die im Sommer 1980 die Notwendigkeit der Verteidigung auch der bürgerlichen Demokratie anerkannte. Inzwischen sind in den letzten zwei Jahren Ereignisse eingetreten, die die Hoffnungen auf eine Demokratisierung der Sowjetunion und auf einen Abbau der Diktatur stark herabgemindert haben. Angesickits der neuen Welle deS Terror» und der Selbstzerfleischung der herrschenden Schicht der Sowjetunion hat. der eine zeitlang herrschende Optimismus einem tiefenPessi- m i S m u s Platz gemacht, der die aussenpolitische Rolle der Sowjetunion sehr ungünstig beeinflusst. An diesem Pessimismus trägt in starkem Masse auch die Art und Weise Schuld, mit der der innere Gehalt der angekündigten Reform aus ein Mindestmass herabgedrückt wurde. Schon in dem BerfassungSentwurf vom Jahre 1988 wurde der Monopolcharakter der Kommunistischen Partei auch bei den künftigen Wahlen unterstrichen. Um die deswegen entstandenen Besorgnisse zu zer- statt ohne Erfolg eine Gegenoffensive zu unternehmen, sofort«ine Offensive auf Madrid zu beginnen, die mit Erfolg nicht mehr durchgeführt werden könnte. Erfolg bei Guadalajara Madrid. Die republikanischen Truppen eroberten am Montag ein ausgedehntes Gebiet im nördlichen Teil der Provinz Guadalajara in der Umgebung von Sacecorbo, nordöstlich von Cifuente und Lontanza. Trotz des gegnerischen Widerstandes besetzten die Regierungöabteilungen die Coten 1101, 1172 und 1140.
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18 (19.1.1938) 15
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