flr. 28 Donnerstag, 3. Feier 1938 Seite 3 Eine Versteigerung und ihre Hintergründe Die tschechische und die Henlein-Presse be- Wftigcn sich zur Zeit sehr mit der Versteige« rung eine» tleinen B a u e r n a n w e s e n S in der früher deutschen, jetzt bereits überwiegend tschechischen Gemeinde W a l d h o f in der flauer Sprachinsel. Der Besitz, der zur Bcr« sieigerung steht, grenzt unmittelbar an ein anderer llcineS Anwesen, daS sich im Besitze Walter NonnenmacherS, des Chef­redakteurs derZeit" befindet. Nach dem Berichte derZeit" beabsichtigt Herr Äannenmacher, den Besitz, der bisher deutsch ton, für daS Deutschtum zu erhalten und selbst zu erwerben. Als Bieter traten eine tschechische bienossensckast und Herr Wannenmacher auf, die so auflizitiertcn, so daß die Versteigerung viele stunden lang sich ergebnislos hinzog. Nun be­hauptet derBcnkov", dah Herr Wannenmacher leihst die Versteigerung hcrbeigkführt habe. Er bitte einen der Eigentümerin E ck geliehenen Be­trag e i n g e k l a g t, wodurch die Versteigerung herbcigesührt wurde. Diese Behauptung findet sich auck bereits imTesti Slovo", daS Folgendes schreibt: Der Chefredakteur derZeit" Wannen« zacher hat sich ein Vorkaufsrecht auf daS versteigerte Gut gesichert, aber er hat davon vor der Versteigerung keinen Gebrauch ge­macht. Er war nämlich Ser Meinung, dah eS ihm Lei der Versteigerung um den halben Preis in den Schoß fällt, denn er rechnete nicht mit der Beteiligung der Tschechen... Chefredakteur Wan « mnmacher borgte der Bäuerin Anna Eck vor eini« gen Jahren 12.000 Xi und lieh sich dafür ein VorkausSrecht anmerlen. Weil eS die Bäuerin ab­lehnte, der SdP beizutreten, wurde sie unbequem und sie sollte wirtschaftlich ruiniert Iverden. Es setzte KlagenaufKlagen. Die Wirtschaft sollte unter Zwang-Verwaltung kommen. Die Versteigerung sollte schon im Vor­jahre am 8. Oktober stattfinden, aber den Be­mühungen des Oberlehrer- Josef Stava und deS Dr Veverka au» Jglau gelang e», die eingetrie­benen Beträge zu bezahlen. Darauf spielte Waa- nenmacher den letzt« Trumps au». Er klagte statt aus 12.000 Xi auf 17.140 Xi und begründete die Klage damit, dah er tschsl. Kronen auf G o l d- klausel geliehen habe. Co kam e» zur Ver­steigerung.. Run mögen die sonst so redseligeZeit" und ihr Hauptschriftlcitcr reden! Die Postbehörde und der 18. Feber Zu unserer(demTrautenauer Echo" ent­nommenen) Notiz vom 11. Jänner über die Ver­gebung der Arbeiten im Postgebäude Trautenau teilt unS das Pressedcpartement des Ministerrats« Präsidiums auf Grund amtlicher Erhebungen mit, dah die Post, und Telegraphendirektion drei Fir­men, und zwar zwei ortsansässige und eine orts­fremde Firma aufgefordert hat, ihre Offerten für die Durchführung der Bauhilfsarbeiten bei der Rekonstruktion der elektrischen Lichtanlage iin Lmt»gebäude von Trautenau einzureichcn. ES hoben jedoch nur zwei Firmen, und zwar eine ortiansässige und eine ortsfremde Firma(Eipel) Offerten eingcreicht. Die Arbeit wurde der Firma au» Eipel übertragen, weil ihre Offerte am gün» überreicht, obwohl diese vonderDirektion mehrfach urgiert wurde. Auf die Anfra­gen der Direktion gab sie ausweichende, unbestimmt« und widerspre­chende Antworten und st eilte schließlich die Einreichungs­formulare unauSgefüllt zurück. Zur Einreichung der Offerten für die elektrotech­nischen Arbeiten wurden ebenfalls drei Firmen, zwei ortsansässige und eine ortsfremde aus- niginhof aufgefordert. Auch bei diesen fand die Offerte des billigsten Bewerbers Berücksichtigung. Es war dies die Offerte der Firma in Königin­hof, die in einem Falle um XL 1,410.90, im an­deren Falle(städtisches Elektrizitätswerk) sogar um XL 8.091.95 XL billiger war als die beiden anderen Firmen. Die Vergebung der Arbeiten erfolgte also streng nach den Vorschriften der Re­gierungsverordnung Z. 687/1920 SdGuB. DasTrautenauer Echo", das diese mini« sterielle Mitteilung seinen Lesern gleichfalls in objektiver Weise bekanntgibt, bemerkt dazu, dah dieangeführten Tatsachen auch auf die Ge­schäftsführung unserer heimischen Firmen aller­hand Schlüsse zulassr, ohne dah damit die Ver­gabe der Aufträge an ortsfremde Firmen gerecht­fertigt werden soll." Aufstieg der DSAP audi Im Reidienberger Gebiet Am vergangenen Sonntag tagte in Reichen­berg die JahreSkonfcrenz der Bezirksorganisation Reichenberg der DSAP. Mehr als hundert De­legierte und Gäste nahmen an dieser Tagung teil, die in die Zeit de» Wiederaufstiegs der deutschen Sozialdemokratie auch in diesem Gebiete fiel. TvS Jahr 1937 brachte dem Bezirk dreihundert neue Mitglieder und«ine entsprechende Steigerung des MarkenumsatzeS. Die Zahl der Lokalorganisationen ist fast um ein Drittel gestiegen, so daß man an die neuerliche Errichtung eine» eigenen Bezirkssekre­tariats denkt. DaS politische Referat erstattete Franz Rehwald. Zum BezirkSvcrtrauenSmann wurde Frenze! wicdergewählt. Professor Horptznka gestorben. In Mähr.« Schönberg starb Sonntag der frühere Abgeordnete der Deutschen Nationalpartei, Professor i. R. Otto Horptznka. Horptznka stand im 58, Lebensjahre und war schon längere Zeit lungenleidend. 1928 kandidierte er auf der Liste der Deutschen Natio­nalpartei im Wahlkreise Prag und wurde gewählt 1929 wurde er abermals Abgeordneter. Seit einigen Jahren lebte er zurückgezogen in Schön­berg. Wieder ein Hungerstreik. Auf einem kleinen Schachte in S e r b i h gibt es wieder einen Hun­gerstreik. Tie Belegschaft desFlorian lll"» Schachte » zählt nur zwölf Mann, vier davon find in der Grube und streiken. Der Anlaß dazu soll die Entlassung eine» Arbeiter» gewesen sein. Mißlungener Selbstmord. Al» Dienstag abends, um etwa halb 7 Uhr der Motorzug von Dux nach Bilin fuhr, hielt sich auf der Böschung zwischen Dux und Ladowitz ein Mann auf, der sich dann in selbstmörderischer Absicht vor dem Zug warf. Der Mann wurde vom Zug weggr« stoßen und erlitt nur Verletzungen auf der Stirn. Der Zug hielt an und man nahm den Mann nach Bilin mit, wo ihni erste Hilfe geleistet wurde. ES stellte sich heraus, daß e» sich um den Gemeindesekretär Josef Hanna« k a m p f au» der Gemeinde Flöhau, Bezirk Po« Friedrich Adler gestorben Der sudetendeutsche Dichter Friedrich Adler ist am Mittwoch in Prag im einundachtzigsten Lebensjahre gestorben. Friedrich Adler wurde bekannt vor allem als Ltzrikcr und als formsicherer ünd tief in anders« nationale Dichtung sich einsühlender Ueberseher auS dem Tschechischen, dem Französischen und I Spanischen. Auch al» Dramatiker hat er sich versucht, aber seine Bühnenwerke, obwohl früher oft ausgeführt, sind heute kaum noch bekannt. Biele seiner lyrischen Gedichte aber werden fort« leben, ja, in einer weniger blubobcsessenen Zeit erst wieder entdeckt und gewürdigt iverden. Adler war deutscher Jude. Früher, in Wahrhast geisti­geren Zeiten, hat niemand nach des Dichters Rasse" gesragt, galt allein der Klang seines Wortes, der Gehalt seiner Dichtung, lind Adler war ein Dichter, der sich dem deutschen Volk stark verbunden fühlte, der stolz und dankbar sang: In deutscher Rede lernt ich träumen. Die Brust erzittert ihrem Wort, Und zu den fernsten HimmclSräumen Trug mich daS deutsche Denken fort. Adler war einer jener deutschen Juden, die Böhmen lieben, die deutsche Sprache und deut­sches Volkstum lieben, und in denen sich diese Liebe widerspruchslos vermählt mit starkem so­zialen Empfinden. Doch sind nicht seine sozialen Gedichte seine besten und stärlsten, sondern die rein lyrischen, in denen er von der Schönheit träumen konnte oder von der Natur. Adlers Verse sind wohlgebaut, er war immer streng auf Vollkommenheit t^r Form bedacht. Durch unsere Zeit schritt er wie ein Frem­der. Er war gewachsen und geworden im letzten Drittel de» vorigen Jahrhunderts, war ein Mit­erlebender des Naturalismus, wenngleich>hm eigentlich nicht zugehörig. 2n ihm lebte noch die Tradition der Nachklassikcr, doch war er dem Neuen aufgeschlossen und zugetan. Adler war rin fcinempfindender, innerlich vornehmer Mensch, um den viele, die sich an seinen Dichtungen er­freut und den Menschen geschätzt haben, aufrich­tig trauern werden. Deutscher Postvorstand in Alt-Harzdorf bei Reichenverg. In den letzten Tagen wurde die Postmeisterstelle bei dem Pvstamte»n Alt-Harz« darf besetzt. Neber Einschreiten der Zentralstelle der deutschen aktivistischen Parteien wurde diese stelle dem deutschen Postassistenten AmbroS l T r i l t s ch verliehen. Erklärung Zu dem imTrommler" vom 10. Juli" 937 unter der UrberschriftRote Terrorgruppen wer- den uniformiert" veröffentlichten Artikel, in wel­chem der VerbandRepublikanische Wehr" de» Terrorismus beschuldigt und alsmarxistische Prügelgarde" undTerrorbande bezeichnet wor­den ist, erklären wir, dah wir dir in dem Artikel enthaltenen beleidigenden Behauptungen und Ausdrücke als unbegründet widerrufen und dem VerbandRepublikanische Wehr" volle Genug­tuung leisten". Tie Schriftleitung deST rammle r". Auch diesmal ohne Devisenzuteilung? Stuttgart. (DNB) 2» Anwesenheit deS tschechoslowakischen Konsuls wurde Mittwoch hier die sudetendeutsche Kunstausstellung erössnet. Unter den zahlreichen Gästen befanden sich die Spitzen von Partei, Staat und Wehrmacht sowie der Führer der Sudetendeutschen Partei Kon­ rad Henlein . An dir AtuS-lllnbrr des VI. llrrisrS! Ende Juni schließen die Schulen ihre Pforten, eS beginnt für Euch die sonnige Ferienzeit. Schon wenige Tage nachher, und zwar am 2. und S. Juli 1938, findet in Karlsbad das große KreiS-Kinder-Turn« undSportfest statt. Ihr toerdet sicherlich daran teilnehmen wollen; wendet Euch sofort an Eueren Turnverein. Sparet jetzt schon für Euer Festl Freie Stellen im LandwlrtschaftSministerium. Die Zentralstelle der deutschen aktivistischen Parteien macht darauf aufmerksam, daß das Landwirt« schaslSministerium 8 Stellen von Aushilfsangestell­ten auf Grund der Regierungsverordnung vom 7. Juli 192g Zl. 11» besetzt. Von den fünf Stellen wird«ine einem Tapezierer und eine einem Buch­binder verliehen werden. Die Ansuchen müssen bi­längsten» 2. März 1938 bei dem Präsidium de» LandwirtschastSministeriumS, Prag ll., Tiänov, einlangen. Desweitgehende" deutsch -polnische Abkommen Warschau . Auf dem gegenwärtig in War­ schau stattsindenden Delegiertenkongreh deS Pol­nischen West-BerbandcS wurde die schlvierige Situation der polnischen Minderheit im Dritten Reiche besprochen. Zahlreiche Redner wiesen dar­auf hin, daß die Polen in Deutschland der pri­mitivsten Rechte, insbesondere auf dem Gebiete deS Schulwesens beraubt und der Entnationalisie­rung ausgesetzt sind. Die einzelnen Kongreßredner hoben ferner den Umstand hervor, daß die Polen im Dritten Reiche mit der größten Aufopferung um ein Minimum der nationalen und kulturellen Existenz kämpfen müssen. Die vorliegende Aeußerung läßt daS be­rühmte deutsch -polnische Abkommen vom 5. No­vember 1937 in einem ganz eigentümlichen Lichte erscheinen. Durch dieses Abkommen wurden nach der Versicherung der deutschen und der polnischen Diplomaten alle strittigen Fragen, die beider­seitigen Minderheiten betreffend, geregelt. Und unsere Henleinpresse beeilte sich, das Abkommen alssehr weitgehend" und gewissermaßen als m u st e r h a f t hinzusteUen. Jedenfalls hat der 18. Feber bei weitem keine so herzliche Anerken­nung und Würdigung durch die SdP erfahren wie jenes magere Abkommen. Nun hört man, daß die Polen in Deutschland unzufrieden sind und auS den deutschen Zeitungen wissen wir, daß auch die Deutschen in Polen unzufrieden sind. Aber daS Abkommen bleibt für unsere Henlein- lcute nach wie vor gut und musterhaft, denn eS wurde ja von Hitler abgeschlossen. stigsten, d. h. um 23.3 Prozent billiger al» die Offerte der einzigen ortsansässigen Firma Ivar. Die ztvcite deutsche Firma hat keine Offerte> dersam handelt. Vie Pilger des poetischen Mekka Genf privat MIP Genf. Mit gemischten Gefühlen betrat ich die Hauptstadr des Völkerbundes. Die Welt ist krank, Aerzte ans aller Welt kamen hier zu einem Konzilium zusammen. Wird man den Kranken ret­ten, eder tvird man die Diagnoseunheilbar" stellen? Ich erinnere mich an da» bekannte Bild, das ich der Jahren in Vevey gesehen habe:La Poche kliraeulciise". Christus auf dem Genfer See im stampfe mit Sturnr und Gewitter, um ihn herum ein paar arme Fischer mit leeren Netzen; aber in ibren Augen liegt Hoffnung. Schon steigt am Hori­zont die«onne auf. Ein Wunder! Werden wir auch diesmal am Genfer See ein Wunder, da» die unglückliche Welt retten kann, erleben? In den Presseräumen des Völkerbundpalastes drängen sich mehrere Japaner: Journalisten und Vresseatlachks der Botschaften in Berlin und Rom . Die ausländischen Journalisten werden zu einem Empfang einer GesellschaftFreunde oe» asiatischen Frieden»"«ingeladen. Der Empfang findet in den Räumen eine» der elegantesten Hotels in Genf statt, liniere gelben Gastgeber haben für rin luxuriöse» Frühstück gesorgt, das reichlich mit Champagner be­gossen wird. Wir merken bald, dah es sich um ein ttropagandaeffen handelt. Ilnd was für eine Pro­paganda! Zwischen jedem Gang servieren unS die Söhne de»Landes der aufgehenden Sonne" kleine geschickte Reden:Wir appellieren an da» Gewissen der Welt und an die Gesinnung der Weltpresse. Wir wollen nur den Frieden" oder:Die.beklagens­werte Meinungsverschiedenheit" zwischen China und un» kann nur beigelegt werden, wenn die anderen sich nicht einmischen." Nach dem Dessert werden die schwersten Geschütze aufgefahren:Japan verteidigt in Asien die Zivilisation, Japan hat in China eine kulturelle Mission zu erfüllen. Wir schützen Euch alle vor dem Bolschewismus. Die Welt wird ein­mal unsere Opfer zu würdigen wissen..." Propagandablätter in französisch, englisch und deutsch , wie auch ein Photo des Mikado mit faksimi­lierter Unterschrift werden allen beim Weggehen in die Hände gedrückt. * In und vor den Hotel» der englischen und der französischen Delegation herrscht natürlich das größte Gedränge. Delbo» und Eden, die die Reise wie schon so ost zusammen gemacht haben, wohnen auch hier nicht weit voneinander entfernt. Di« Sekretäre der beiden Staatsmänner wandern dauernd von Haus zu Haus. Alle» wartet auf da» Erscheinen de» neuen rumänischen Außenminister», der auch al» erster so­wohl Avon Delbo» wie auch Antony Eden besuchte. Ossengesagt hat die Silhouette de» neuen Leiter» de» außenpolitischen Schicksal» Rumänien » ein bißchen enttäuscht. Herr MiceScu erinnert nämlich stark an einen Semiten. Drei jüdische Delegationen haben Genf besucht, jede mit der Aufgabe, Frankreich und England Mer die Lag« der rumänischen Juden auszuklären. Sie sind unter sich nicht einig, und wie sollten e» dann die Mächte sein? Die gut Informierten wußten gleich nach Ankunft MiceScu» Bescheid, der sich acht Tage vorher schon mit aller Welt unterhalten hatte. ES wird nicht» geschehen. Ein neue» Komitee wird gebildet.. Nach dem NichtinterventionS-Komitee für Spanien ei» NichtinterventionS-AuSschuß für Ru­ mänien . Mehrere fragten sich, ob man nicht auch ein NichtinterventionS-Komitee für die Chinesen bil­den wird. Freitag abends haben aber die Chinesen einen großen Coup gelandet. Ein amerikanischer Journa­list kam mit einer kleinen Sensation: Die Chinesen drohten mit dem Austritt au» dem Völkerbund. Also ein Schlag, der der Genfer Institution endgültig zum Tode verhelfen wird. Der Amerikaner wußte noch mehr. Wellington Koo besitzt ein genaue» Dossier, woran» hervorgebt, daß di« amerikanisch « und eng­lische Industrie Japan nicht nur mit Rohstoffen, son- öcrn auch mit Waffen versorgt. So soll die ameri­ kanische Industrie zum Beispiel in den letzten fünf Monaten de» Jahres 1987 Japan für 300 Mil­lionen Dollar Waren verkauft haben und noch dazu zwei Drittel auf Kredit. Wellington Koo droht mit Enthüllungen auf der Tribüne des Völkerbundes. Unser Amerikaner hatte recht. Eine Stunde später kamen Delbos und Eden zusammen, bald dar­auf wurden Litwinow und der chinesische Delegierte gerufen. Es begann eine sehr lange Unterredung. Eine Sensation bildete die plötzliche Ankunft de» amerikanischen Botschafter», der, telephonisch herbei­gerufen, in Eile im Auto au» Bern gekomnicn war. Die Sensation wurde noch gesteigert, al» wir erfuh­ren, daß nach der Unterredung der Vertreter der Ver­ einigten Staaten «ine Verbindung mit Washington verlangte und sich mit dem Präsidenten Roosevelt telephonisch unterhielt.Der Völkerbund bekommt Injektionen", sagte melancholisch der einzige italieni­sche Journalist, der al» Beobachter in Genf weilt aber nicht» an die italienische Presse berichtet, die die Tagung einfach totschweigt. In der Rue dez Granges , wo die alten Häuser der Schweizer Patrizier stehen, wo Jean FacqueS Rousseau geboren wurde, und wo er sich eine» Tage» vor der Wut der Menge flüchten mußt«, wo Calvin seine ersten Predigten hielt, befindet sich ein kleines Kaffehaus,Excelsior", da» vor dem Krieg fast ein geistiges Zentrum der Welt war undDas Phanal" hieß. Die Sozialisten nannten e»Parlotte" dieSchmuS-Stube". Hier kamen alle Emigranten der Welt zusammen, die nach 1018 die ersten Män­ner Rußland », der Tschechoslowakei , Polens , Oester­ reich » und anderer Länder wurden. Hier traf ich einen alten Bekannten, einen spa­nischen Journalisten, der bei einem Glas Bier saß und ausgerechnetRacine" la». Sie interessieren sich Wohl nicht für die Debat« ten? Für den Paragraphen 16?" fragte ich. Rein, wahrhaftig,Racine" interessiert mich mehr", antwortet« er mit Ueberzeugung,ich warte auf die Kommuniquö», ich gebe sie telephonisch" weiter, aber an einen Erfolg dieser Rederei kann ich nicht mehr glauben. Richt hier liegt die Lösung der Frage. Sie liegt hinter der Pyrenäengreuze. Nicht in Genf spielt sich da» Schicksal der Welt ab, bei Tcruel, bei Madrid , dort wo die größte Entscheidung der Welt­geschichte auSgctragen wird. Wer in Spanien siegt, der hat in der Welt gesiegt. Deshalb schätze ich die Sprache unserer Kanonen mehr al» die Reden unse­rer Diplomaten." » Am Bahnhof herrscht wieder Leben. Eden und Beck fahren nach Hause. Die anderen bleiben über Weekend. Die wunderschöne Landschaft de» Kanton» Waud wird über Sonntag die müden Pilger der Politik beherbergen, und an Stelle de» diplomatischen Kampfe» wird da» Golfspiel die Völkerbundstadt be­herrschen. T. N. HudeS.'