Smialü emokrat gentralor-an der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoflowakischen Republik Erscheint mit«««»ahm» fte» Montag täglich friih f Einzelpreis 75 Heller Redaktion u. Verwaltung. Prag XU., Fochova 62 Telephon 53077 Herausgeber: Siegfried Taub Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag

18. Jahrgang

Freitag, 11. Feber 1938

Aus dem Inhalt: Zwei neue Aktionen des Gesundheitsministeriums: RachltlBbekttmpfunK 'Zahnpflege für mittellose Kinder Die Leistungen der ZSVA: 364 Millionen KL Sozial­renten Vormarsch bei Granada Erinnerung, an Schuhmeier

Nr. 35

Hilfe für Rothau Der Ministerrat genehmigte in feiner Sit- zung am D-nnerStag Maßnahmen zur Milderung der Arbeitslosigkeit im Bezirk Neudek . Auf dem Gebiet der ArbeltSlofenfiirforge be­willigte die Negierung weitere Mittel zur Fort- lehmig der ErnShrnngSakion für arbeitslose und beschränkt arbeitende Personen, sowie der Milch- und Brotaktion.

Italien schwankt Verhandlungen mit England bis zur Festlegung Hitlers ? London . Der intalienische Botschafter Ciranbi stattete DonnerStag dem Außenminister Eden neuerlich einen Besuch ab. Gegenstand die­ser llnterredung bildeten hauptsächlich die Arbri- len deS RichtinterventionSauvschuffeS. Hiezu er­fährt der diplomatische Neuter-Berichterstatter iui» zuständigen britischen Kreisen: Die britische» Kreise heben hervor, daß die britische Negierung die rascheste Lösung der Frage der Abberufung der Freiwilligen auS Spanien wünscht, bevor man zur Lösung der übrigen daS britisch, italie­nische BerhältnlS betreffenden Probleme schreitet. Die italienischen Kreise sind dagegen der Ansicht, daß die Frage der Abberufung der Freiwilligen nunmehr in den Händen de» NichtintrrvrntionS- auSschusse» liegt, in dem sie gründlich besprochen wird, und daß demnach die zweiseitigen britisch- italienischen Besprechungen schon alle übrigen Probleme enthalten können. Die letzten Vor­schläge betreffend die Prozedur bei der Abberu­fung der Freiwilligen sind nach Rom mitgeteiN werden, eine Antwort darauf ist aber noch nicht eingelangt. Newö Chroniele" berichtet au» Rom , cS be­stehe in maßgebenden italienischen Kreisen ein« zögernde Haltung hinsichtlich der Fixierung einer endgültigen Politik für eine italienisch-bri­tische Annäherung. Man wolle erst die Spanien - »olitik Ribbentrops abwarten. Sollte diese ent­schiedener für Franko Partei ergreifen, waS mög­licherweise schon au» der ReichStagorrde Hitler » hervorgehen werde, dann würde sich die Bereit­willigkeit Mussolini » zu einem Kompromiß in der Freiwilligen-Frage verringern. Japanische Mord- organisation In Schanghai Schanghai, Mittwoch abends wurde eine Bombe in die Büros de» BlatteoWenwaj- pao" gkworfen. Zur Zeit deS Attentates wehte auf dem Gebäude die britische Flagge. Der In­haber Cumlne erhiel vorher einen Brief von dem sogenanntenWahrhritsbund", in welchem er davor gewarnt wird, in dem BlatteWen- waspav" antijapanische Meldun» gen zu veröffentlichen, daß ihn sonst daS gleiche Schicksal ereilen werde, wie jenen chinesischen Redakteur, dessen Haupt am Montag in der fran­ zösischen Konzession gefunden wurde. In der französischen Konzession wurde wie­der der Kopf eines Chinesen gesunden. Der Kopf lag auf einem Stück Papier , welche» die Auf­schrift trug:Hingerichtet wegen antijapanischer Tätigkeit".

Dar Vormarsch bei Granada Erfolg größer als bisher bekannt Barcelona.(Ag. Esp.) Die Tätigkeit an der andalusischen Front konzentriert sich auf den Sek­tor von G r a n a d a, den Schauplatz der kürzlich gemeldeten Operationen- der republikanischen Truppen, welche hier die feindlichen Linien durch­brechen und die wichtigen Stellungen von Penon de la Mata und Cogollos Bega erobern konnten. Die Niederlage der Rebellen ist hier erheb­licher, als man ursprünglich absehen konnte. Bei den Operationen wurden zwei aufständische Trup­penteile dezimiert. Die Umgebung von Penon de la Mata ist von Leichen bedeckt, hauptsächlich von Mauren , die von unseren Truppen beerdigt werden. Zahlreiche Ueberläufer berichten, daß die Demoralisation des Feindes sehr groß ist und seine Verluste über 1500 Mann betragen. Ein Major und mehrere untere Offiziere, die den Rückzug der Rebellen geleitet hatten, sind auf Befehl ihre? Kommandos erschossen worden.

Kabinett Goga zurückgetreten

Gar Ende einet autoritären Zwischenspiels Bildung einer Konzentrationsregierung? B u k a r e st. Die Regierung Goga hat deniissioniert. Dem Rücktritt der Negierung vorangegangen war der Empfang einer Reihe außerhalb der Negierung stehender, also oppositioneller Politiker, durch den König. Empfangen wurden: die ehemaligen Ministerprästdrnken Jorga und Bajda Boevod, der ehemalige Justizminister Junia », Marschall AvercScu» der ehemalige Ministerpräsident und Außenminister MironeScu, der ehemalige Ministerpräsident und Unterrichtsmlnister Angeles«» und der ehemalige Minister­präsident Man!». Seit seinem Rücktritt vom Amte deö Ministerpräsidenten im Jahre 1032 ist Maniu zum erstenmal wieder in Audienz erschienen. Er überreichte bei dieser Gelegenheit dem König rin Memorandum, in welchem er seine Meinung über die allgemeinen politischen Ver­hältnisse der rumänischen Innen- und Außenpolitik darlegt. Maniu erklärte nach dem Berlassen de» KönigSpalaste», daß die Regierung Goga demissioniert habe. Die Regierungsbildung werde auf der Grundlage einer Formel erfolgen, deren Urheber der König sei. Neber den Inhalt dieser Formel sagte Maniu nicht». Doch wird angenommen, daß der König die Bildung einer Konzentrationsregierung wünscht. Dieser Regierung würden Bertreter aller Parteien mit Aus­nahme der äußersten Rechten angehörrn. Zwei Versionen gibt über die Person deS künftigen Ministerpräsidenten. Genannt werden der ehemalige Außenminister MironeScu(parteilos ) und der Patriarch Mirea Ehrt st ea.

Die Krise In Deutschland

London.(Eigenbericht.) Fast alle Lon­ doner Blätter verzeichnen Gerüchte au» Deutsch­ land , von denen sie ausdrücklich sagen, daß eS Gerüchte seien, die man jedoch ernst nehnten könne. Rach diesen Meldungen ist die deutsche Krise kei- nrSwrg» als beendet anzüsehen.' Die Nachrichten lassen sich wie folgt zusammensaffen: 1. ES wurde gemeldet, daß der deutsche Kronprinz in Begleitung von zwei höheren Offi­zieren au» Deutschland geflüchtet sei und sich ohne Paß über Kufstein nach Italien begeben habe. Allerdings läßt der Kronprinz diese Nachricht de­mentieren mit der Bemerkung, er beabsichtige in etwa 14 Tagen nach Deutschland zurückzufahren. 2. DerKurier Warszawski" meldet, daß in den ostprenßischen Garnisonen Stolp und Allen» stein Unruhen auSgebroche» und viele Offiziere desertiert seien. Die Bewachung der polnischen

Grenz« in Pomrrellen wurde verschärft. 3. Der Korrespondent de» LondonerStar" berichtet auS Berlin über Unruhen in der Kaserne deS Berliner Wachregimente». 4. In München wurden antiitalienische Plakate detvrefsck,' die'sehr ausführlich über die Lage der Deutschen in Südtirol sprechen. 8. Der frühere österreichische Vizekanzler Winkler, der in Berlin seit längerer Zeit al» nationalsozialistischer' Propagandist tätig ist, wurde verhaftet. Der unangenehme Niemöller-Prozeß Berlin . Meldungen au» glaubwürdiger Quelle zufolge wird der Niemöller-Prozeß erst in der nächsten Woche wieder ausgenommen werden. Der Ex offo. verteidiget Niemöller» ist bisher noch nicht bekannt.

Der Sieg gehört der Regierung Pari».(Havas.)L'Oeuvre" bringt ein In­terview des sozialistischen Senators Morizet mit dem spanischen Ministerpräsidenten N e g r i n, der im wesentlichen erklärte: Wir haben genügend Männer noch für fünf Offensiven zur Verfügung, während General Franco niemanden dagegen auf­stellen kann. ES fehlt uns aber an Kriegsmaterial. Ich will unsere Ju­gend nicht überflüssig auf die Schlachtbank treiben und warten ab bis ich das haben werde, was uns bisher fehlt. Wir erzeugen ständig mehr und mehr, aber diese Erzeugung genügt bisher nicht, ES liegt an unseren Freunden im A u s l a n d a, daß diese Zeit abgekürzt werde. Wir wollen nur, daß uns die Durchfuhr dessen, was wir unS beschafft haben, gestattet werde. Ich wiederhole, waS ich bereits im Dezember vergank,enen Jahres gesagt habe:Wenn wir genügend Kanonen und Flugzeuge nach Spanien erhalten, werden wir noch Heuer im Sommer den Sieg erringen".

Franco-Faschisten organisieren Attentate In Frankreich Pari». Im Zusammenhänge mrt der Verhaftung eines MarquiS P o r t ä g o untersucht die fran­ zösische Polizei eine Affäre, m der cS. ihr bisher gelang, weitere vier Personen festzunchmen. Mar­quis Portago, der durch zwanzig Jahre in Biarritz lebte, erklärt, daß er ein Neffe deS ehemaligen spa­ nischen Königs sei. Portago steht unter dem ver­dachte, im Auftrage eines Kapitäns der spanischen Aufständischen Personen organisiert zu haben, die in Frankreich Bazillenverbretten sollten, durch welche schwere Krankheiten hervorgcru» fen werden können. Portago soll sich sehr oft nach Franco-Spanien begeben haben, wo er mit Perso­nen auS der Umgebung der Negierung von Sala­ manca in Verbindung trat. Diese Personen sind der französischen Polizei bekannt. Man nimmt an, daß die Affäre deS Marquis Portago mit zahlreichen

Attentaten zusmnmenhängt, die in verschiedenen Orten SüdsrankreichS verübt wurden. Nach Nachrichten auS Bayonne wurden dort Flakons mit Bazillen und Giften aufgefunden, durch deren Inhalt zahlreiche Personen hätten er­mordet werden sollen, deren Verzeichnis sich in den Händen der Polizei befindet. Die aufgefundenen Fla­kons wurden nach Paris gesandt, um eine genaue Un­tersuchung ihres Inhaltes durchzuführen. Einer der Angeklagten namens Jesu Escoriaza beschuldigte den MarquiS de Portago, daß er ihm Fläschchen mit Gift übergeben habe, mit welchem drei derzeit in Frankreich lebende spanische republi­kanische Persönlichkeiten hätten vergiftet tverden sol­len. Der Marquis bestritt dies auf das entschie­denste, der Untersuchungsrichter erklärte jedoch, daß es notwendig sei, die Anklage gegen den Marquis und die Mitangeklagten in diesem Punkt zn er­weitern.

Schlußsitzung der Flüchtlingskonferenz Genf . Donnerstag wurde die Flüchtlings­konferenz mit der Unterzeichnung des getroffenen Abkommens beendet. Sieben Delegierte(Belgien , Großbritannien , Dänemark , Spanien , Frankreich , Norivegen und Holland ) unterzeichneten mit Vor­behalten. Dr. Zourck erklärte, daß die Tschecho­ slowakei ihre Entscheidung über die Unterzeich­nung deS Abkommens erst treffen könne, bis rS die zuständigen innerstaatlichen Faktoren geprüft haben. Die luxemburgische Delegation nahm an der Schlußsitzung nicht teil. Der niederländische Delegierte verlangte in einer Deklaration, daß die Schaffung eines internationalen Organs, das sich mit der Auswanderung der Flüchtlinge, besonders aus den Nachbarstaaten Deutschlands , befassen würde, auf die Tagesordnung der näch­sten Völkerbundstagung gesetzt werde. Es scheint, daß Lolland ohne solche definitive Lösung da« jetzige Abkommen nicht ratifizieren wird. Diese Deklaration wurde von einigen anderen Dele­gationen(insbesondere der britischen, schwedi­schen und bosnischen l unterstützt.

Weniger überraschend als der Regierungs­antritt GogaS kommt sein Rücktritt. Hatte man ihn auch noch nicht schon jetzt erwartet, vor den bereits ausgeschriebenen Wahlen, so wußte man doch, daß er nicht der starke Mann ist, als der er sich gebärdete, und man konnte schon nach ver­hältnismäßig kurzer Regierungszeit sehen, daß er im Begriffe war, ein heilloses Durcheinander zu schaffen. In der Innen« und Außenpolitik! Mancherlei Einflüsse haben zusammenge- tvirkt, um Goga an die Macht zu bringen. Die Balkanstaaten sind alle reichbedachte Propaganda­felder der faschistischen Staaten, Deutschlands und Italiens , die gleichzeitig in der selben Richtung wirken, gegen die Demokratie im Innern, gegen die außenpolitischen Beziehungen zur Tschechoslo­ wakei und zu den großen westlichen Demokratien, die aber auch, da ihre Balkanzicle nicht identisch sind, in mancher Beziehung gegeneinander wir­ken. Auch in Rumänien hatte die faschistische Pro­paganda Erfolg. In einem Lande, in dem der Parlamentarismus stets mehr Dekoration al» Werkzeug einer gut funktionierenden Demokratie war, in dem feit alterSher die Volksmassen mehr Material" der Berufspolitiker waren als selbst agierende politische Kraft, waren gewisse Voraus­setzungen für die Verächtlichmachung der Demo­kratie, für daS Gedeihen des Gedankenspiels mit autoritären Plänen gegeben. In einem Lande, in dem der Antisemitismus fast traditionell ist, konnte die Nazipropaganda gegen die Luden leicht Erfolge erzielen. Wie überall aber, wo es zur Aufrichtung autoritärer Regime» kam, wurde von den Totalitätssüchtigen die Macht nickit erobert. So wenig wie Mussolink oder Hitler hat Goga die Macht im Kampf gewonnen er wurde wie seine Vorbilder in die Macht eingesetzt. Der Kö­nig versuchte e». weil er damit einer werdenden Volksabstimmung zu entsprechen glaubte, einmal mit einem autoritären Regime. Er scheint den Versuch auch gemacht zu haben, um den Teufel mit Belzcbub auSzutreiben, nm einer besonders radikalen Gruppe, die auch ihm unter Umständen gefährlich werden könnte, zuvorzukommen, den Eisernen Garden". ES hat sich gezeigt, daß die Rechnung falsch war. So wie jede Spekulation auf die Möglich­keit einer Zähmung des Faschismus. DieEiser­nen Garden" waren nickst zufrieden damit, daß ein autoritäres Regime installiert wurde, denn sie wollten ja selber, wollten für sich die Macht. Sie ließen sich durch Goga in ihrer Agitation nicht beirren, aber Goga, der wohl gegen die De­mokraten und gegen die Juden Aktionen wagen konnte, war nicht imstande, auch gegen die äußerste Rechte, die ja mit den gleichen Argumenten, aber schärfer, entschiedenerarbeitete", vorzugelien. Zugleich aber weckte er die Erbitterung der links von ihm stehenden Parteien, unter welchem Links" an keinerlei volitischcn ErtremiSinnS zn denken ist. DaS Ergebnis der Regierung der starken Hand" Ivar also wachsende politische Unzufriedenheit, aber auch steigende wirtschaft­liche Unsicherheit. Die antijüdischcn Aktionen be­gannen bereits das Wirtschaftsleben zu lähmen. Nicht minder unglücklich war daS außenpo­litische Ergebnis. Wohl beteuerten Goga und sein Außenminister, der sogar eilends FreundsckmftS« besuche in Präg und Belgrad mackste, die Treue zur Kleinen Entente . Aber gleichzeitig wurden die Svmpathien für die faschistischen Staaten verkün­det. Erst vor wenigen Tagen wurde die Sehnsucht laut, mit dem Dritten Reich Schulter an Schul­ter" zu marschieren. Aber ein so praktisches Re­zept das zu sein scheint, zugleich mit den Demo­kratien und den Diktaturen Freundschaft zu pfle­gen es hat nur den Anschein des Praktischen. Der König dürfte erkannt haben, daß auf weitere Sicht die Bindung an Italien und Deutschland seinem Londe gefährlich werden kann, daß die Freundschaft mit Frankreich und England und die Aufrechterhaltung der Kleinen Entente als wirklichem Freundschaftsbündnis auf die Dauer Sicherheit gewährt. Es scheint übrigens, daß in jüngster Zeit die englische Diplomatie wie­der energischer arbeitet und mit Erfolg. Daß zugleich mit der Mitteilung über GogaS Demis­sion auch die Meldung auSgegeben wird, König Carol werde im März dem englischen Königspaar einen Besuch abstatten und Gast im Buckingham- Palast sein ist kein Zufall.